Rubrik: Bildpräsentation
Personen fotografieren Teil 2: Veröffentlichungsrecht
2012-05-07 Wann ein Fotograf, egal ob als Hobby oder beruflich, eine Person fotografieren darf, war Thema des ersten Teils dieser Fototippserie. Doch selbst wenn man eine Person aufnehmen durfte heißt das nicht automatisch, dass man das Bild auch veröffentlichen darf, denn hier gelten sehr eindeutige Restriktionen. Welche Besonderheiten also zu beachten sind, soll Thema dieses zweiten Teils zum Persönlichkeitsrecht sein. (Wolfgang Rau, Benjamin Kirchheim)
In § 22 Satz 1 KUG heißt es: "Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden." Es gilt das so genannte "Recht am eigenen Bild", für das gilt: "Ein Recht am eigenen Bild kann nur dann entstehen, wenn es sich einerseits um ein Bildnis des Abgebildeten handelt und andererseits der Abgebildete darauf auch erkennbar ist." Auch der Begriff "Bildnis" ist definiert: "Unter dem Begriff Bildnis fallen alle Abbildungen einer einzelnen oder mehrerer Personen in ihrem äußeren Erscheinungsbild, die erkennbar sind". Was aber bedeutet nun Erkennbarkeit für den Fotografen? Für die Erkennbarkeit einer Person kommt es nicht darauf an, ob die Gesichtszüge auf dem Bildnis zu erkennen sind. Es reicht aus, dass durch sonstige Merkmale oder begleitende Umstände oder Gegenstände die Person identifizierbar ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die abgebildete Person tatsächlich erkannt wird, es genügt nach der Rechtsprechung für eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild, wenn die abgebildete Person begründeten Anlass hat, anzunehmen, sie könnte als abgebildet identifiziert werden.
Der Fotograf hat die Möglichkeit, die Person(en) unkenntlich zu machen, aber auch hier gibt es eine Falle, denn: Es reicht in vielen Fällen nicht aus, sogenannte Augenbalken anzubringen oder das Gesicht der fotografierten Person durch Verpixelung unkenntlich zu machen. Wer ein Personenfoto ohne Einwilligung der betroffenen Person veröffentlicht und dabei nur Gesichtszüge oder gar nur die Augenpartie unkenntlich macht, begibt sich auf sehr dünnes Eis und muss im Zweifel damit rechnen, zu Unterlassung und Schadensersatz herangezogen zu werden. Noch restriktiver werden Aktaufnahmen gehandhabt: Bei Akt- bzw. Nacktaufnahmen kann ein Bildnis im Sinne des § 22 KUG auch dann vorliegen, wenn die abgebildete Person nicht erkennbar und auch nicht identifizierbar ist. Solche Aufnahmen bedürfen deshalb zu ihrer Veröffentlichung grundsätzlich der Einwilligung der fotografierten Person.
Übrigens gibt es einen kleinen aber feinen Unterschied zwischen einer Einwilligung und einer Genehmigung, denn: Einwilligung ist immer die vorherige Zustimmung, wird die Zustimmung nachträglich erteilt, spricht man von Genehmigung. Auch sollte man den Zweckübertragungsgrundsatz im Hinterkopf behalten: Immer dann, wenn das zwischen den Parteien vereinbarte Nutzungsrecht unklar ist, ist davon auszugehen, dass der Fotograf die Nutzung eines Bildes dem Vertragspartner nur insoweit einräumt, als es der Vertragszweck unbedingt erfordert. Und: Eine erteilte Einwilligung zu einer Veröffentlichung ist unwirksam, wenn der abgebildeten Person nicht bekannt ist, wie, wo, in welchem Umfang und zu welchem Zweck die Verwertung ihres Bildnisses erfolgt. Selbst nach dem Tod gilt noch ein Bildnisschutz: Für die Verbreitung und Zurschaustellung von Bildnissen Verstorbener muss für einen Zeitraum von zehn Jahren ab dem Todestag die Einwilligung der Angehörigen eingeholt werden.
Die Rechtslage bei der Einwilligung zur Verwertung von Fotos Minderjähriger, insbesondere bei Nacktaufnahmen, ist nicht klar. Selbst wenn man den Gedankenansatz des BGH von der Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen zugrunde legt, ist nicht zu prognostizieren, ob das Gericht, das sich letztlich mit der Problematik zu befassen hat, im konkreten Fall die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen als gegeben ansieht oder nicht. Will man als Fotograf auf der sicheren Seite sein, sollten man deshalb Bildnisse von Minderjährigen, insbesondere Nacktaufnahmen, grundsätzlich nicht ohne Einwilligung ihrer Erziehungsberechtigten veröffentlichen – schon gar nicht dann, wenn es sich um eine kommerzielle Verwertung der Fotos handelt, weil in der Regel die Einsichtsfähigkeit eines Minderjährigen sich nicht auf die Bedeutung und Tragweite einer kommerziellen Verwertung seiner Bildnisse erstreckt. Bei Minderjährigen ab 14 gilt noch eine Besonderheit: Bei Aufnahmen von Minderjährigen, die über ausreichende Einsichtsfähigkeit verfügen, was in der Regel ab einem Alter von 14 Jahren vermutet wird, reicht es für eine Verwertung von Bildnissen nicht aus, wenn lediglich der gesetzliche Vertreter zustimmt. Vielmehr bedarf es in diesen Fällen auch der Einwilligung des Minderjährigen. Lohnt sich das Risiko wirklich? Angesichts der Tatsache, dass man sich auch strafbar machen und peinlichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt sein kann, wenn man Nacktaufnahmen von Jugendlichen verwertet, sollte man sich als Fotograf gründlich überlegen, ob es sich – insbesondere wenn man Amateurfotograf ist – wirklich lohnt, ein derartiges Risiko einzugehen.
Immerhin: Grundsätzlich ist eine einmal erteilte Einwilligung unwiderruflich. Nur in Ausnahmefällen kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Einwilligung später widerrufen werden. Die Rechtsprechung und die juristische Literatur halten einen wichtigen Grund nur dann für gegeben, wenn sich die Lebensumstände der fotografierten Person seit der Aufnahme so sehr verändert haben, dass sich die Verwertung der Fotos aus aktueller Sicht als eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellt und der betroffenen Person eine Verwertung der Fotos deshalb nicht mehr zugemutet werden kann. Hieran sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Ein bloßer Gesinnungswandel reicht für einen wirksamen Widerruf einer einmal erteilten Einwilligung nicht aus! Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist stets der Widerrufende in vollem Umfang beweispflichtig.
Auch bei der modernen Bildbearbeitung gibt es Dinge zu beachten. Bei der digitalen Bearbeitung von Bildnissen sollte man sich darauf beschränken, nur maßvolle Korrekturen vorzunehmen, durch die in jedem Fall gewährleistet ist, dass die Person auch noch als diejenige erkannt werden kann, die sie in Wirklichkeit auch ist. Die zur Verwertung eines Bildnisses gegebene Einwilligung bezieht sich auf das Bildnis, das bei der Aufnahme entstanden ist. Bei nicht nur geringen Änderungen durch digitale Bildbearbeitung sollte die fotografierte Person unbedingt auch die Einwilligung zu der bearbeiteten Version des Bildnisses erteilen. Es macht einen Unterschied, ob man zulässigerweise einen einzelnen Pickel retuschieren oder persönlichkeitsprägende Merkmale wie Narben, Falten, Muttermale etc. unzulässigerweise entfernt. Man mag es kaum glauben, aber bei Verlinkungen auf Fotos muss ebenfalls die Einwilligung der aufgenommenen Person vorliegen: Im Zeitalter von Internet und Verlinkungen von Seite zu Seite ist dann allergrößte Vorsicht geboten, wenn von einer Website auf andere Websites verlinkt wird, auf denen Personen abgebildet sind, wenn die abgebildeten Personen in die Verlinkung nicht eingewilligt haben.
Es gibt aber auch einige Ausnahmen etwa bei Personen der Zeitgeschichte, bei öffentlichen Veranstaltungen, Demonstrationen, wobei auch hier jeweils wieder Ausnahmen gelten. Einen Grundsatz sollte man aber stets beachten: Alle Fotografen mit ethischem und moralischem Anspruch sollten das Recht am eigenen Bild und damit das Persönlichkeitsrecht anderer ernst nehmen und strikt respektieren, auch wenn die Aussicht auf ein finanziell lukratives Geschäft lockt.
Fazit Die Verbreitung von Bildnissen erfordert grundsätzlich eine Einwilligung der fotografierten Person. Ein Bildnis setzt Erkennbarkeit der abgebildeten Person voraus. Liegt keine Erkennbarkeit und damit kein Bildnis vor, darf eine Verbreitung ohne Einwilligung erfolgen. Bei Akt- und Nacktaufnahmen ist Verbreitung ohne Einwilligung auch dann unzulässig, wenn keine Erkennbarkeit vorliegt. Ob Minderjährige ohne ihre Erziehungsberechtigten in die Verbreitung einwilligen können, ist umstritten. Deshalb sollte man besser die Einwilligung der Erziehungsberechtigten einholen. Vorsicht ist bei der Verbreitung von Aktfotos Minderjähriger dringend geboten. Eine einmal erteilte Einwilligung kann später nur ausnahmsweise und aus einem wichtigen Grund widerrufen werden.
Dieser Fototipp besteht hauptsächlich aus Auszügen des Buchs “Recht für Fotografen“ aus dem Galileo-Verlag, mit dessen Einwilligung dieser Fototipp entstand. Wer sich eingehender mit Rechtsfragen auseinander setzen möchte, auch das Thema dieses Fototipps wird im Buch sehr viel ausführlicher und mit Beispielen und Urteilen angereichert behandelt, dem sei das 350-seitige Hardcover ans Herz gelegt. Der Autor Wolfgang Rau ist Rechtsanwalt und gibt deutschlandweit Seminare zu den Themen Bild- und Fotorecht für Fotografen. Er selbst ist seit Jahrzehnten passionierter Fotograf und darüber hinaus Vizepräsident und Justiziar des Deutschen Verbandes für Fotografie (DVF) e. V. Das Buch “Recht für Fotografen“ ist für 34,90 EUR im Buchhandel sowie hier bei digitalkamera.de erhältlich.