Rubrik: Sonstige Tipps
Qual der Wahl: ultrakompakt – "Prosumer" – DSLR?
2005-08-08 Infolge des immer größer werdenden Angebotes des digitalen Kameramarktes in allen Preisklassen ist es für Einsteiger besonders schwer, sich bei Kaufentscheidungen zurechtzufinden. Hier soll keine hersteller- oder auch modellspezifische Kaufberatung erfolgen. Vielmehr sollen einige wichtige Auswahlkriterien genannt werden, welche dem Kaufinteressenten zumindest die Wahl der "Kameraklasse" erleichtern und etwas mehr Hintergrundwissen vermitteln. (Bernd Jaeger)
Die erste und wichtigste Frage ist, welche Art von Aufnahmen man denn am
häufigsten machen wird. Hier kann man zumeist auf die bisherigen
fotografischen Erfahrungen zurückgreifen. Außerdem ist – neben dem als
persönliche Höchstgrenze gesetzten Anschaffungspreis – sehr wichtig, welche
individuellen Anforderungen man an Gewicht und Größe und der Kamera hat.
Man bekommt heute bereits durchaus sehr leistungsfähige Digitalkameras,
welche in jede Jacken- oder Hosentasche passen. Dagegen muss man bei den
leistungsfähigsten Geräten schon mit wesentlich mehr Volumen und Gewicht
rechnen, bekommt dafür natürlich auch ein universelleres Gerät.
Wenn es unbedingt auf möglichst geringe Größe ankommt, muss man
naturgemäß zumeist Abstriche vom verfügbaren Brennweitenbereich des
Zoom-Objektivs machen; hier kommt man im Normalfall bei sehr kleinen Kameras
auf 3- bis max. 5-fachen Zoom. Das Gleiche gilt auch für die Lichtstärke;
größere Öffnungen als Blende 3,5 oder bestenfalls 2,8 darf man nicht
erwarten. Auch das eingebaute Blitzgerät hat – schon größenbedingt – zumeist
keine große Reichweite. Die sehr kleinen Kameras haben zumeist keine
manuellen Einstellungen oder die freie Wahl von Blende und Belichtungszeit
(Zeit- oder Blendenautomatik). Es handelt sich also zumeist um Kameras zum "Immer-dabei-haben"
sowie für im wahren Sinn des Wortes unbeschwerte Urlaubsaufnahmen. Grenzen
bei Aufnahmen unter schlechteren Lichtverhältnissen (Verwacklungsgefahr
infolge zu langer Belichtungszeit) sowie auch bei Blitzaufnahmen in
Innenräumen werden folglich schnell erreicht.
Wenn es etwas oder gar deutlich größer sein darf, so kann man schon
Kameras bekommen, welche neben sehr viel größeren Brennweitenbereichen
(inzwischen mit 8- bis 15-fachem Zoom) häufig auch wesentlich lichtstärkere
Objektive anbieten. Und sie gestatten dem Fotografen auch manuelle oder
halbautomatische Einstellungen, die man bei den ultrakompakten Kameras
zumeist vermisst. Darüber hinaus sind auch die eingebauten Blitzgeräte
häufig leistungsfähiger. Diese Kameras gibt es sowohl als relativ preiswerte
Einsteigermodelle wie auch als sehr anspruchsvolle so genannte "Prosumer"-Kameras;
man kann mit ihnen (theoretisch) die meisten Aufnahmesituationen bewältigen.
Zunehmend verfügen einige Modelle auch noch über eingebaute
Bildstabilisatoren unterschiedlicher Bauart, welche Freihandaufnahmen bei
langen Brennweiten sowie bei schlechteren Lichtverhältnissen noch
ermöglichen. Gemeinsam ist diesen Kameras auch, dass sie zwar teilweise
deutlich größer und schwerer als die zuvor genannten Ultrakompakten sind,
dafür aber mit einem sehr weit reichenden Funktionsumfang aufwarten, welcher
auch höhere Ansprüche befriedigt. Da Spitzenmodelle dieser Kamerakategorie
vom Preis bereits direkt mit den immer günstiger und auch kleiner werdenden
digitalen Spiegelreflexkameras (DSLRs) konkurrieren, bietet es sich an, hier
einmal abschließend die grundsätzlichen Vor- und Nachteile im Vergleich zu
einer DSLR zu benennen.
Vorteile von digitalen Kompaktkameras (aller Klassen):
- je nach Bauart sehr leicht und kompakt, sie sind immer mitzunehmen
- Bildvorschau vor der Aufnahme über den eingebauten und teilweise
schwenkbaren Monitor
- Bedienung ist im Vollautomatikmodus auch für Anfänger leicht
- gute Eignung für Bilder, welche von "vorne bis hinten" scharf sein
sollen (große Schärfentiefe infolge kleiner Aufnahmesensoren)
- zumeist gute integrierte Makro-Eigenschaften, d. h. gut geeignet für
Nahaufnahmen ohne weiteres Zubehör
Nachteile von digitalen Kompaktkameras (nach Klasse unterschiedlich
ausgeprägt):
- Nutzung von ISO-Werten über 200 (je nach Kamera) wegen erhöhten
Bildrauschens nicht sinnvoll; hiermit einhergehend
- geringe(re) Eignung für Aufnahmen bei Available Light
- z. T. deutlich höhere Auslöseverzögerung durch langsameren Autofokus,
insbesondere bei schlechteren Lichtverhältnissen; hiermit einhergehend
- geringe(re) Eignung für Sportfotografie
- geringere kreative Bildgestaltungsmöglichkeiten infolge der zumeist
vorherrschenden sehr großen Schärfentiefe (Freistellung von Objekten – z.
B. auch bei Portraitaufnahmen deutlich erschwert bis nicht zufrieden
stellend möglich)
Vorteile von DSLR-Kameras (auf nahezu alle angebotenen Modelle
zutreffend)
- Möglichkeit des Auswechselns von Objektiven für alle fotografischen
Aufgabenstellungen
- Nutzung hoher ISO-Werte bis ISO 800 oder ISO 1600 ohne gravierenden
Qualitätsverlust; hiermit einhergehend
- sehr gute Eignung für Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen oder
Aufnahmen bei "Available Light" (z. B. Konzertfotografie)
- zumeist sehr schneller Autofokus (allerdings auch objektivabhängig)
und damit sehr gute Eignung für Sport- und Actionaufnahmen aller Art
- große kreative Bildgestaltungsmöglichkeiten wegen der bei offenen
Blenden zumeist geringen bis sehr geringen Schärfentiefe
- sehr guter Sucher, auch für manuelle Scharfstellung gut geeignet,
dafür aber (mit einer Ausnahme) keine Bildvorbetrachtung auf dem
Kamera-Monitor möglich
Nachteile von DSLR-Kameras
- keine Bildvorbetrachtung auf dem Kamera-Monitor (Ausnahme: Fujifilm
FinePix S3 Pro)
- größer, schwerer und (zumeist) teurer als digitale Kompaktkameras der
gehobenen Ausstattungsklasse ("Prosumerkameras")
- Anschaffung zusätzlicher Objektive zumeist sinnvoll und notwendig, um
mit den "eingebauten" Brennweitenbereichen der best ausgestatteten
Kompaktkameras mithalten zu können – mithin mehr Transportgewicht und
deutlich höherer Gesamtpreis
- für Anfänger Einarbeitung in die fotografischen Grundlagen notwendig