Rubrik: Bildbearbeitung
RAW-Dateien vollautomatisch entwickeln und optimieren – Teil 2
2011-12-05 Heutige RAW-Konverter ermöglichen es, RAW-Dateien gleich stapelweise zu entwickeln und zu optimieren. Wie’s in Lightroom und Photoshop gemacht wird, war Thema des ersten Teils dieser kleinen Serie. Beide Programme erlauben darüber hinaus, RAW-Aufnahmen vollautomatisch zu entwickeln, entsprechende Vorgaben können für jedes Kameramodell und jede ISO-Zahl definiert werden. Ebenso gut lassen sich aber auch Entwicklungsvorgaben jeder Art festlegen und dann mit einem Klick auf ausgewählte Dateien anwenden. Es ist sogar möglich, einer RAW-Datei verschiedene Entwicklungsvarianten zuzuweisen. Unser Fototipp zeigt, wie Camera Raw und Lightroom entsprechend eingerichtet werden. (Martin Vieten)
Sowohl Camera Raw, der RAW-Konverter von Photoshop, wie auch Lightroom können die ärgsten Belichtungs- und Weißabgleichsprobleme mit nur einem Klick auf die jeweilige "Automatisch"-Schaltfläche beheben. Die Einstellungen dieser Automatik sind meist eine gute Ausgangsposition, um RAW-Aufnahmen nach Geschmack anzupassen. Da liegt es also nahe, zunächst einmal ausnahmslos jede RAW-Datei gleich von Camera Raw oder Lightroom automatisch optimieren zu lassen. Dazu aktiviert man im Dialog "Camera Raw-Voreinstellungen" unter "Standard-Bildeinstellungen" die Vorgabe "Automatische Farbtonkorrektur anwenden". Geöffnet wird dieser Dialog über das "Bearbeiten"-Menü in Bridge. In Lightroom lautet die entsprechende Befehlsfolge "Bearbeiten, Voreinstellungen, Vorgaben, Automatische Tonwertkorrektur anwenden".
Beide Programme präsentieren in den Voreinstellungen zudem die Optionen "Standardeinstellungen an Seriennummer der Kamera ausrichten" sowie "Standardeinstellungen an ISO-Empfindlichkeit der Kamera ausrichten". Diese Optionen lassen sich prima nutzen, um jede RAW-Datei automatisch zu schärfen und zu entrauschen – und zwar jeweils passend zur bei der Aufnahme gewählten ISO-Zahl. Allerdings reicht es noch nicht, diese Optionen zu aktivieren, zusätzlich muss noch für jede ISO-Stufe eine Entwicklungsvorgabe hinterlegt werden. Idealerweise nimmt man dazu eine ISO-Reihe eines typischen Motivs auf und öffnet gleich alle Fotos dieser Reihe auf einen Schlag in Camera Raw. Dann geht es mit dem ersten Bild des Stapels gleich ins Register "Details". Hier gibt man in den Bereichen "Schärfen" und "Rauschunterdrückung" die gewünschten Einstellungen vor. Ist das erledigt, wird mit einem Klick auf das kleine Symbol rechts neben der Registerbezeichnung das Optionsmenü geöffnet und dann mit dem Befehl "Neue Camera Raw-Standards speichern" die Vorgabe definiert. Anschließend ist das nächste Bild im Stapel dran, also das mit der nächsthöheren ISO-Stufe. In der Regel wird man mit zunehmender ISO-Zahl höhere Einstellungen für die "Rauschunterdrückung" vorgeben. Sie werden für jede ISO-Stufe mit dem Befehl "Neue Camera Raw-Standards speichern" dauerhaft abgelegt. Camera Raw kann dann mit einem Klick auf "Abbrechen" geschlossen werden. In Lightroom ist das Verfahren ganz ähnlich: Hier werden die Vorgaben für jede ISO-Stufe im "Entwickeln"-Modul unter "Entwickeln, Standardeinstellungen festlegen" gespeichert.
Derart gerüstet verhalten sich Lightroom beziehungsweise Camera Raw zunächst einmal wie die JPEG-Aufbereitung in der Digitalkamera – die Entwicklungseinstellungen aller Bilder werden abhängig von der ISO-Stufe automatisch über einen Kamm geschoren. Allerdings mit einem Vorteil: Die gewünschten Einstellungen hat der Fotograf festgelegt, nicht die Entwicklungsabteilung des Kameraherstellers. Und: Sowohl Camera Raw wie auch Lightroom arbeiten völlig nicht-destruktiv, sämtliche Automatikkorrekturen lassen sich ohne Qualitätsverlust überschreiben und sogar komplett zurücksetzen. Dazu müssen die entsprechenden Aufnahmen nicht einmal in Camera Raw beziehungsweise im "Entwickeln"-Modul von Lightroom von Hand angepasst werden. Zum einen kann man Entwicklungseinstellungen eines beliebigen Bildes auf andere Aufnahmen übertragen (mehr dazu im ersten Beitrag dieser kleinen Serie). Zum anderen lassen sich aber auch beliebig viele Entwicklungsvorgaben definieren und dann aufrufen, etwa für Portraitfotos und Architekturaufnahmen aber auch für Schwarzweißumsetzungen, stark gesättigte Farben oder gar eigene Kreativstile. Dazu geht man wieder vor wie bei den Vorgaben für die Entwicklungsautomatik: Zunächst wird ein Bild in Camera Raw mit den gewünschten Einstellungen entwickelt. Dann ruft man das Optionsmenü auf, diesmal wird der Befehl "Einstellungen speichern" gewählt. Es erscheint ein Dialog, in dem sich die gewünschten Parameter festlegen lassen. Wichtig dann: Im nachfolgenden "Speichern"-Dialog wird zunächst der Ordner "C:\Users\[Benutzername]\AppData\Roaming\Adobe\CameraRaw\Settings" gewählt (unter Windows 7, bei anderen Windows-Versionen lautet der Ordnerpfad eventuell etwas anders), dann speichert man die Vorgabe unter einem aussagekräftigen Namen, etwa "Portrait" oder "Available Light". In Lightroom geht’s noch etwas komfortabler, hier speichert man die Presets über "Entwickeln, Neue Vorgaben", im nachfolgenden Dialog lässt sich bequem ein beliebiger Vorgabenordner auswählen. Angewendet werden die Vorgaben blitzschnell in Bridge oder dem Bibliotheksmodul von Lightroom: Einfach ein Rechtsklick auf die entsprechende Bildminiatur und schon erscheinen alle Presets fein säuberlich aufgelistet.
Wer also Camera Raw oder Lightroom etwas vorbereitet, erhält genauso schnell fertig entwickelte Aufnahmen, als hätte er gleich in JPEG fotografiert – bewahrt sich aber all die vielen Vorteile, die das RAW-Format bietet. Dazu zählt übrigens auch die Möglichkeit, gleich mehrere Entwicklungsvarianten als Schnappschuss in einer RAW-Datei zu speichern, etwa eine Schwarzweiß-Version und eine farbige. In Camera Raw dient dazu das Register "Schnappschüsse", ganz unten rechts findet sich dort das Symbol "Neuer Schnappschuss". In Lightroom speichert man einen Schnappschuss über das "Entwickeln"-Menü oder mit einem Klick auf das Plus-Symbol in der "Schnappschüsse"-Palette links – dort ruft man auch zugewiesene Schnappschüsse ab.