Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Bildbearbeitung
Rauschunterdrückung durch Mehrfachaufnahme
2011-07-04 Einige Kameras zum Beispiel von Nikon und Sony bieten die Möglichkeit, ein Motiv in rascher Folge mehrfach abzulichten und die Aufnahmen dann zu einem Bild mit deutlich reduziertem Rauschen zu vereinen. Diese Technik zur Rauschminderung lässt sich mit nahezu jedem Bildbearbeitungsprogramm realisieren, so es mehrere Bilder in Ebenen stapeln kann. Besonders komfortabel funktioniert die Rauschreduktion per Mehrfachbelichtung mit den Extended-Ausgaben von Photoshop ab Version CS3. (Martin Vieten)
Bildrauschen ist ein ärgerliches Phänomen in der Digitalfotografie, das viele Ursachen hat: Photonenrauschen, Rauschen des Ausleseverstärkers, Fehler bei der Digitalisierung etc. Insbesondere mit steigenden ISO-Wertennimmt die Anzahl der Störpixel dramatisch zu und beeinträchtigt die Bildqualität. Unglücklicherweise ist längst nicht jede Aufnahme bei nahezu rauschfreien ISO 100 oder ISO 200 möglich, weil dabei schnell nicht mehr zu handhabende Belichtungszeiten erforderlich werden. Aber es gibt einen Ausweg aus diesem Dilemma: Wird das Motiv mehrfach aufgenommen, lassen sich die einzelnen Aufnahmen derart verrechnen, dass das Rauschen einer einzelnen Aufnahme kaum mehr ins Gewicht fällt. Möglich wird dies, weil Rauschen ein stochastisches Phänomen ist – ein Störpixel tritt bei zwei oder mehr Aufnahmen nicht an der derselben Stelle auf. Um also die Störungen möglichst zu minimieren, werden grob gesagt Pixel für Pixel die Helligkeitswerte überlagert und daraus der arithmetische Mittelwert gebildet. Einige wenige Digitalkameras beherrschen diese Mulit-Shot-Noise-Reduction bereits von Haus aus, etwa die NEX-Serie von Sony oder Nikons Coolpix P300.
Im Prinzip lässt sich die Rauschunterdrückung durch Mehrfachaufnahme auch mit jedem Bildbearbeitungsprogramm realisieren, das mehrere Bilddateien in Ebenen stapeln kann. In Frage kommen also zum Beispiel das kostenlose Paint.NET, Gimp aber auch PaintShop Pro, Photoshop Elements und natürlich Photoshop. Die beiden Bildbearbeiter aus dem Hause Adobe bieten dabei den Vorteil, dass sie die Einzelaufnahmen vollautomatisch passgenau überlagern können. Bei vielen anderen Programmen müssen die Ebenen dagegen von Hand ausgerichtet werden.
Zunächst ist aber die Aufnahmeserie an der Reihe. Je mehr Aufnahmen vorliegen, desto wirksamer lässt sich durch deren Überlagerung das Rauschen reduzieren. Bereits vier Fotos zeigen ein sichtbar besseres Ergebnis als eines, mehr als 16 Aufnahmen benötigt man in der Regel nicht. Wichtig ist nur, dass sich Kameraposition und Bildinhalt während der Aufnahmeserie möglichst nicht ändern, kurze Verschlusszeiten bei gegebenenfalls nochmals erhöhter ISO-Zahl können also durchaus sinnvoll sein. Zudem sollte die Kamera-interne Bildaufbereitung bei der Mehrfachaufnahme soweit wie möglich abgeschaltet sein, das gilt insbesondere für die Rauschunterdrückung.Ist die Aufnahmeserie im Kasten, werden die einzelnen Fotos als Ebenen in einer neuen Datei gestapelt. Besonders bequem geht dies in Photoshop mit der Befehlsfolge "Datei, Skripten, Dateien in Stapel laden". Dabei hilft die Option "Quellbilder nach Möglichkeit automatisch ausrichten", die Einzelaufnahmen möglichst passgenau übereinander zu legen. In Photoshop Elements lässt sich die Panoramafunktion zum Stapeln zweckentfremden: "Datei, Neu, Photomerge-Panorama" lautet die entsprechende Befehlsfolge. Im Dialog wählt man unter "Layout" die Vorgabe "Automatisch", die Option "Bilder ineinander übergehen lassen" muss unbedingt abgeschaltet sein. Kann das eingesetzte Bildbearbeitungsprogramm die Ebenen nicht automatisch ausrichten, ist Handarbeit angesagt: Im Überblendmodus "Differenz" wird jede Ebene solange gegenüber der Hintergrund-Ebene verschoben, bis sich idealerweise ein rein-schwarzes Bild zeigt. Anschließen wird der Modus aller Ebenen wieder auf "Normal" gesetzt.
Nachdem alle Ebenen möglichst deckungsgleich übereinander liegen, werden sie miteinander verrechnet: Die unterste Ebene, also die Hintergrund-Ebene, behält die maximale Deckkraft 100 Prozent bei. Die nächsthöhere erhält eine Deckkraft von 50 Prozent, die darüber von 33 Prozent, die vierte von unten 25 Prozent und so fort. Nachdem auf diese Weise der Mittelwert aller Ebenen gebildet wurde, kann der ganze Stapel auf eine Hintergrundebene reduziert werden, die Mehrfachbelichtung ist damit fertig.
Viel Handarbeit kann sich ersparen, wer eine der Extended-Varianten von Photoshop besitzt. Hier reicht es, alle Ebnen im Stapel zunächst per [Shift]+Klick auszuwählen. Dann wird dieser Stapel mit "Ebene, Smart-Objekte, In Smart-Objekt konvertieren" in einem Smart-Objekt zusammengefasst. Über "Ebene, Smart-Objekte, Stapelmodus" lässt sich nun die gewünschte Verrechnungsmethode einstellen. "Arithmetisches Mittel" entspricht dabei dem bereits dargestellten Verfahren. Als Alternative bietet sich "Median" an. Bei dieser Methode werden deutliche Abweichungen vom Mittelwert weniger stark berücksichtigt, was von Vorteil sein kann, wenn die Ebenen-Inhalte nicht exakt deckungsgleich sind.