Rubriken: Aufnahmeeinstellungen, Bildgestaltung

Reflexe

2002-08-26 Reflexe können sich negativ oder positiv auswirken. Sie sind schwierig zu beherrschen, bringen durch zu starke Kontraste auf dem Foto oft ein ganz anderes Ergebnis als den Eindruck, den man vor Ort gewinnt. Mit ein paar Tricks kann man Reflexe aber in den Griff bekommen.  (Jürgen Rautenberg)

Stößt der Ball beim Billard an eine Bande, dann ändert er seine Bahn nach dem Gesetz "Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel". Beim Licht ist das nicht anders. Nur lassen sich dessen Winkel nicht so leicht berechnen wie beim Billard. Die Billardbande ist eine schnurgerade Kante. In Fotomotiven sind Reflektionselemente alles andere als das. Sie können einerseits glatt, rund, körnig, faltig sein; andererseits matt, glänzend, transparent. Als Beispiel seien zwei extreme Gegensätze genannt: Schwarzer Samt reflektiert kaum, ein Spiegel reflektiert alles in starkem Maße. Das Gesetz "Einfalls- gleich Ausfallswinkel" bleibt beim Licht absolut bestehen – nur  wie wollen Sie es in den Griff bekommen, wenn jedes Blatt eines Baumes eine andere Form hat, auf andere Weise gekrümmt, in eine andere Richtung gedreht ist? Wollen Sie weder überstrahlte noch flaue, glanzlose Bilder riskieren, dann sollten Sie sich darüber Gedanken machen.

Beim Betrachten des ersten Bildes sind die schönen Intarsien an den Wänden dieser Nische in einem schwedischen Schloss kaum zu erkennen; sie sind "überstrahlt". Der Grund: Licht fällt durch das Fenster, trifft auf die Seitenwände, wird abgelenkt – und fällt in das Objektiv Ihrer Kamera. Und weil die Intarsien dadurch völlig vom Licht überlagert werden, sehen Sie eben nur Licht und kaum Intarsien.

Nun kommt Ihre Intention ins Spiel: Hieße diese: "Wunderschön, wie die Lichtsituation wiedergegeben wird!", dann ist das in Ordnung. Denken Sie aber: "Verflixt, ich will doch aber gerade die Intarsien zeigen"!", dann haben Sie Pech. Es gibt einen Ausweg: Wenn Sie bei geringem Aufnahmeabstand Ihr kleines eingebautes Blitzgerät hinzu schalten, wird sein Licht wahrscheinlich stärker sein als das ohnehin schwache, weil gestreute Sonnenlicht und damit die Reflexe aufheben. Zwar könnten jetzt die Fenstersprossen reflektieren, doch das dürfte kaum stören. Sie können auch vom Fenster aus in den Raum fotografieren. Ein anderer Ausweg: Das Polfilter. Mehr dazu im Tipp "Das Polfilter, der Farbenzauberer".

Um Ihnen zu zeigen, dass Reflexe nicht immer negativ sein müssen, folgen zwei Fotos, die aus Reflexen erst ihre Wirkung beziehen. Bild zwei wurde nach Sonnenaufgang bei starkem Gegenlicht gemacht. Alle dem Fotografen zugewandten Flächen erhalten kein direktes Licht und werden schwarz. Nur von wenigen Flächen reflektiert das Licht in die Kamera. Daher der starke Kontrast, der zwar kaum Einzelheiten erkennen lässt, aber durch die Reduktion auf Hell und Dunkel starke Spannung ins Bild bringt. Dies ist kein Motiv für den "Abfotografierer", der sich von Stimmungen nicht beeinflussen lässt.

Wir machen uns kaum eine Vorstellung davon, wie oft und vielfältig unsere Bilder von Reflektionen beeinflusst werden. Die Wasseroberfläche beim dritten Bild beispielsweise ist ausschließlich durch Reflexe so wunderschön strukturiert. Jeder Quadratzentimeter der von leichten Wellen bewegten Oberfläche steht in einem anderen Winkel zu Sonne und Kamera und die Wirkung der Reflektion fällt entsprechend jedes Mal anders aus. Eines nur ist wichtig, um mit positiven Reflexen spielen zu können; man muss sie erkennen!

Artikel-Vorschläge der Redaktion