Rubrik: Bildgestaltung
Schmunzelfotos im Zoo
2003-04-07 Zoologen mögen es gar nicht, wenn man Tiere "vermenschlicht". Wer aber bleibt bei den tollpatschigen Kapriolen von Tierbabys ungerührt? Und auch das Agieren tierischer Zooveteranen gerät in unseren Augen zu umwerfender Komik. Wer Geduld und Glück hat, dem bietet sich Gelegenheit, eines der seltenen Schmunzelfotos zu schießen. (Jürgen Rautenberg)
Porträt Nandu [Foto: Jürgen Rauteberg]
Junge Tiere haben eine rundere Kopfform, besondere Farbreize oder
andere Merkmale, die sie vom ausgewachsenen Tier unterscheiden. Sie
signalisieren damit: "Achtung, hilfsbedürftiges Jungtier; Angst machen
und beißen verboten!" Zwar sind wir über Verhaltensweisen unseres eigenen
Nachwuchses einigermaßen informiert. Aus dem Tun von Tieren ziehen wir
jedoch meist falsche Schlüsse. Das Spiel eines Katzenjungen mit dem
Wollknäuel zum Beispiel bereitet das Tier auf den Mäusefang vor.
Eisbärmutter mit Jungem [Foto: Jürgen Rauteberg]
Das "freche" Gehabe des straußartigen Nandus auf dem ersten Bild
entspricht nicht etwa einer jungen Göre, sondern einer ausgewachsenen
Henne. Sie wartet nur darauf, dass der Besucher sein Butterbrot einen
winzigen Moment aus den Augen lässt. Und wenn die Eisbärmama ihrem Baby ein
"Lübecker Hütchen" zu schenken scheint, dann ist das, was folgt, nicht nur
ausgelassenes Spiel, sondern Vorbereitung auf einen erbarmungslosen Kampf
ums Überleben in einer unwirtlichen freien Wildbahn. Im Kölner Zoo wurde das
Halbstarke zum Star. Es erheiterte tausende Besucher über Stunden mit seinen
unermüdlichen, ebenso vergnüglichen wie tollpatschigen Versuchen, den
"Gegner" zur Strecke zu bringen. Ausbeute an diesem Tag: rund neunzig Fotos,
davon nur sechs (!) den Erwartungen entsprechend – damit muss man leben.
Kamele turteln mit langer Lippe, Robben schmusen in elegantem
Wasserballett. Die junge Möwe kennt noch kein Eis und legt eine filmreife
Bruchlandung hin. Lange Belichtungszeiten können, wie dieses Bild zeigt, von
Vorteil sein. Hier wird Geschwindigkeit durch Verwischung symbolisiert. Eine
kurze Zeit würde die Bewegung aufheben, scheinbar "einfrieren".
Eisbärjunges mit Lübecker Hütchen [Foto: Jürgen Rauteberg]
Lassen Sie sich warnen: Derart gehäuft wie in diesem Tipp begegnen Ihnen
solche Schmunzelmotive bei Ihrer Fotosafari nicht! Allerdings können Sie
die Häufigkeit beeinflussen: Je öfter Sie Ihren Zoo besuchen, je mehr Infos
Sie sich bei den Tierpflegern holen, je besser Sie die Verhaltensweisen
Ihrer Lieblingstiere studieren, desto öfter werden Sie erfolgreich und im
richtigen Moment ihr Foto machen können.
Schmusende Kamele [Foto: Jürgen Rauteberg]
Es kann schon geschehen, dass Sie für ein einziges gelungenes Bild zig
andere machen müssen, aber gerade dafür sind Digitalkameras ja
ideal. Sorgen Sie nur für ausreichend Platz auf der Speicherkarte und
halten Sie Ersatzakkus griffbereit. Einige Situationen dauern nur Sekunden.
Können Sie diese nicht nutzen – weil Sie im entscheidenden Moment woanders
hinschauten, nicht im Voraus dachten oder die Kamera nicht aufnahmebereit
war – ist die Chance auf einen vielleicht einmaligen Schnappschuss verpasst.
Je länger die Brennweite, umso besser der Bildausschnitt. Sogar das
ungeliebte (weil Auflösung reduzierende) "Digitalzoom" kann im Zoo schon
einmal ausnahmsweise zum Einsatz kommen. Bei schwachem Licht oder/und sich
schnell bewegendem Motiv erhöhen Sie die Empfindlichkeit der Belichtung auf
ISO 200 oder gar 400. Es ist besser, Ihre Bilder sind nicht messerscharf
(trotz höherem Bildrauschen), als dass Sie überhaupt kein brauchbares Foto
von einem unwiederbringlichen Erlebnis haben.
Robbentanz [Foto: Jürgen Rauteberg]
Bruchlandung junger Möwe [Foto: Jürgen Rauteberg]