Rubrik: Sonstige Tipps

Schutzklassen bei digitalen Kameras

2014-11-03 Wer kennt das nicht? Urlaub am Strand und die hochwertige Kamera liegt im Hotelzimmer, weil man sie nicht dem Sand und dem Wasser aussetzen möchte – denn sie könnte irreparable Schäden an der Hardware nehmen. Doch es gibt Abhilfe: Man kauft sich eine wasser- und staubdichte Kamera für den Einsatz bei Wind und Wetter sowie Sonne und Strand. Doch oftmals geben Hersteller den Wasser oder Staubschutz sehr vage mit dem Verweis auf eine Schutzklasse an. Was genau bedeuten diese Schutzklassen? In diesem Fototipp bringen wir Licht ins Dunkel, damit Sie keine bösen Überraschungen bei der vermeintlich „unverwüstbaren“ Kamera erleben.  (Harm-Diercks Gronewold)

Zunächst unterscheiden wir die Schutzklassen in drei verschiedene Kategorien. Zum einen in den Schutz vor Staub, den Schutz vor Feuchtigkeit und den Schutz vor Fallschäden. Während der Staub- und Wasserschutz in den meisten Fällen mit der Schutzarten-Klassifikation nach IEC 60529 klassifiziert wird, so wird der Schutz vor Fallschäden nach dem US-Militärstandard MIL-STD-810 angegeben.

Die Kennziffer der Schutzart nach IEC 60529 sieht grundsätzlich vor, dass der Feuchtigkeitsschutz und der Schutz vor festen Partikeln in einer Bezeichnung angegeben wird. Viele Kamerahersteller sind allerdings dazu übergegangen, den Feuchtigkeitsschutz von dem Schutz vor festen Partikeln zu trennen. Die Kennziffer beginnt immer mit einem IP. Dies steht für „international protection“. Die erste Ziffer danach gibt an, welchen Schutz die Kamera vor festen Partikeln besitzt. Die zweite Zahl gibt den Schutz vor Flüssigkeiten an. Besitzt eine Kamera beispielsweise einen Staubschutz von IP6X und einen Flüssigkeitsschutz von IPX8, dann hätte man dies auch als IP68 zusammenfassen können.

Doch was bedeuten nun diese Zahlen? Die Klassen 1-4 bieten Schutz vor eindringenden Partikeln von 1 bis 50 Millimeter Größe. Klasse fünf besagt, dass das Gerät nicht vollständig gegen das Eindringen von Staub geschützt ist. Dennoch eindringender Staub soll, so die Vorgabe, die Sicherheit und das „zufriedenstellende Arbeiten“ nicht behindern. Klasse sechs wiederrum zeigt eine vollständige Abschirmung gegen Staub an.

Beim Flüssigkeitsschutz ist es etwas umfangreicher, da die Richtung, aus der das Wasser auftrifft, berücksichtigt wird sowie eine sehr schwammig formulierte Wassermenge. Klasse eins und zwei bedeuten einen Tropfwasserschutz senkrecht beziehungsweise 15° beidseitig der Senkrechten. Klasse drei deckt Sprühwasserschutz mit maximal 60° Auftreffwinkel von beiden Seiten ab. Klasse vier bedeutet einen Schutz vor Spritzwasser von allen Seiten des Gerätes. Klasse fünf und sechs bedeutet Schutz vor einem 6,3 beziehungsweise 12,5 Millimeter Wasserstrahl, der direkt auf die Kamera trifft. Klasse sieben bedeutet, dass die Kamera bis zu einer Wassertiefe von einem Meter nur so viel Wasser eindringen lassen darf, dass die Funktionstüchtigkeit gewährleistet bleibt. Die achte Klasse gibt eine komplette Wasserdichtigkeit ab einem Meter oder mehr an. Es ist allerdings so, dass Klasse acht vom Gerätehersteller definiert wird. Diese Definition muss aber einen höheren Schutz bieten als Klasse sieben. Somit ist eine zeitliche Begrenzung im Rahmen der Nennung der IPX8-Klassifizierung nicht ungewöhnlich oder falsch. Gerade bei japanischen Kameraherstellern findet man oft anstelle der IP-Klasse die Angabe einer JIS-Klasse. Hier muss man nicht verunsichert sein, da die JIS-Klassenangabe identisch mit der korresppondierenden IP-Klasse ist.

Da eine echte Outdoorkamera neben Staub- und Wasserschutz auch gegen mechanische Einflüsse (Stoß oder Fall) gesichert sein soll, findet man auch hier oft eine Klassifizierung. In diesem Fall ist oftmals der MIL-STD-810 die Bezeichnung für den Schutz. Hier muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass der Hersteller das Produkt nicht nach allen Teilen der Norm getestet hat und diese vor allem auch bestanden hat. MIL-STD-810 umfasst nämlich von niedrigem Luftdruck über Pilzbefall bis hin zu ballistischem Schock (Beschuss) insgesamt 23 verschiedene Testarten. Aus diesem Grund gibt der Hersteller auch in einem vierstelligen Code das genaue Testverfahren an. In den meisten Fällen ist das 516.5 oder 516.6: mechanischer Schock. In MIL-STD-810 516.6 gibt es acht verschiedene Vorgehensweisen, um den mechanischen Schock zu simulieren (siehe weiterführende Links). Meistens wird Methode 8 verwendet, deren Umfang ist abhängig vom Gewicht des Geräts. Geräte mit einem Gewicht von weniger als 100 Pfund (ca. 50 Kilogramm) müssen insgesamt 26 Mal einen Sturz auf ein fünf Zentimeter dickes Sperrholz auf Beton aushalten, und das aus einer Höhe von ca. 1,2 Meter. Dabei wird das Gerät auf alle Ecken und Seiten fallengelassen und muss nach jedem Sturz funktionsfähig sein.

Anstelle von durchweg gut dokumentierten und international anerkannten Standards geben Kamerahersteller oft gar keine Informationen zur Sturzfestigkeit an oder haben ein eigenes Testverfahren. In solchen Fällen bleibt dann nur noch die E-Mail zum Kundensupport.

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