Rubrik: Motive und Situationen
Unterwasser-Fotografie – Teil 3 Die richtige Beleuchtung
2008-08-11 Zu Zeiten der analogen Fotografie war die Sache klar: ohne starke Blitze keine Unterwasser-Fotos. So entstanden Fotografien, die meist alle dieselbe Stimmung aufwiesen – mit knackigen Farben, die zwar oftmals spektakulär wirkten, die tatsächliche Stimmung aber kaum wiederzugeben vermochten. Die technische Entwicklung hat parallel zur Digitalisierung der Fotografie mittlerweile zwei Alternativen hervorgebracht, die das Spektrum und die Chancen für Kreativität weit öffnen: Die Ausleuchtung per Video-Lampe – und der Verzicht auf jegliche künstliche Belichtung, die Fotografie mit "available Light", also dem verfügbaren Licht. (Christian Fischer)
Nach wie vor ist der Blitz die am meisten eingesetzte "Waffe" gegen die Dunkelheit und den Mangel an langwelligem Licht, also des Rot-Anteils in den Farben. Mit seiner hohen Farbtemperatur von 5.000 K oder mehr ersetzt er nahezu das Sonnenlicht, das mit zunehmender Tiefe schwindet, und lässt Fische und Korallen in jenen Farben leuchten, die sie an der Wasseroberfläche hätten. Sein Einsatz geht einher mit kurzen Belichtungszeiten, was die Bewegungsunschärfen minimiert – ein gutes Argument gerade in der bewegten Umwelt unter Wasser.
Die Funktion der eingebauten Blitze von Kompaktkameras bleibt auch im wasserdichten Plexiglas-Gehäuse stets erhalten; in der Regel schaltet sich der Blitz im Automatik- oder Unterwassermodus automatisch zu. Dieses Licht-Angebot ist einfach in der Bedienung, für Schnappschüsse ausreichend – hat aber zwei Nachteile: Erstens ist die Lichtleistung eingebauter Blitze in der Regel eher mager, so dass oft nur ein Teil des Fotos aufgehellt wird. Zweitens bedingt der geringe Abstand des Blitzes zum Objektiv, dass Schwebeteilchen wie Plankton Licht reflektieren, die dann auf dem Foto als weiße Punkte störend auffallen.
Für die Systemblitze von Spiegelreflex-Kameras werden ebenfalls Unterwasser-Gehäuse angeboten. Sie sind zwar lichtstärker als die fest verbauten Blitze, aber trotzdem eher für den Einsatz an Land konzipiert. Die unter Wasser typischen Weitwinkel-Szenarien vermögen sie nicht immer ausreichend auszuleuchten. Ambitionierte Fotografen greifen deshalb zu externen Blitzen, die speziell für Unterwasser-Zwecke angefertigt und zu den meisten TTL-Systemen kompatibel sind. Beispielhaft sei hier der Hersteller Sea & Sea genannt, dessen Produkte einen Winkel von meist 105 Grad ausleuchten. Einer oder mehrere dieser Blitze lassen sich an Armen am Unterwasser-Gehäuse befestigen; die Steuerung erfolgt entweder über den normalen Blitz-Schuh oder über eine Sklaven-Funktion parallel zum eingebauten Kamera-Blitz.
Vielfältige Varianten ermöglichen Einsätze für fast jeden Zweck: So beleuchten Ring-Blitze Makro-Motive; mehrere verteilte, per Sklaven-Funktion mitblitzende Geräte vermögen sogar Wracks aufzuhellen. Das bedeutet allerdings einen Aufwand bei der Infrastruktur, den sich meist nur die Profis unter den Unterwasser-Fotografen leisten können. Für den Hobby-Taucher mittlerweile erschwinglich sind dagegen Videolampen, die mit LEDs oder Gasentladung arbeiten. Die Xenon-Technologie bietet (auch wenn LED-Hersteller gerne etwas anderes behaupten) derzeit die höchste Energie-Effizienz auf dem Lampen-Markt. Ihr Licht, das oft auch aus Autoscheinwerfern strahlt, entspricht in etwa der Temperatur von Blitzen und erfordert dieselbe Voreinstellung wie beim Weißlicht. Obwohl Lampen vor allem als Werkzeug von Video-Filmern gelten, haben sie auch für Fotografen Vorteile: Schon vorab ist zu erkennen, welche Farben das Motiv unter Beleuchtung aufweist. Sind Fische etwa in Höhlen versteckt, fallen sie dem Fotografen überhaupt erst auf, wenn er die Korallen per Lampe inspiziert (der Blitz-Nutzer müsste dafür seine Ausrüstung noch um ein Pilot-Licht erweitern).
Gerade Getier in Höhlen ist aber oftmals lichtscheu und wird durch eine Lampe eventuell verscheucht oder dreht sich weg, während es ein Blitz – gemein, aber wirkungsvoll – voll erwischt. Der sanfte Fotograf verzichtet auf das Gewitter unter Wasser und fängt die Atmosphäre unter Wasser mit dem verfügbaren Licht, dem "available Light" ein. Das ergibt in tropischen Gewässern selbst mit Kompaktkameras bis ca. 20 Meter deutliche Bilder – bei akzeptablen Belichtungszeiten. Doch die Digitaltechnik hat Fotografen mit dem entsprechendem Etat etwas beschert, das über kurz oder lang den Blitz ganz ersetzen könnte: Sensoren und Kamera-Software, die bis in den vierstelligen ISO-Bereich hinein kaum Rauschen aufweisen. So liefert die Nikon D700 noch bei ISO 6.400 – adäquate Optik vorausgesetzt – klare Bilder. Was Fotografen in Konzertsälen und Kirchen schätzen, funktioniert auch unter Wasser: eine künstlerische Abbildung, ohne eben jene Stimmung zu zerstören, deretwegen man diese Orte aufsucht und dokumentiert.
Den fehlenden Rotanteil des Lichts bringen solche Kameras allerdings auch nicht zurück. Das kann man als naturgegebenes Kennzeichen von Unterwasser-Szenerien durchaus akzeptieren – oder mit Hilfsmitteln kaschieren. Rotlichtfilter sind das Mittel, das sich aus der Analog-Fotografie in das digitale Zeitalter gerettet hat, inklusive ihrem Nachteil, das Licht um eine oder mehrere Blendenstufen weiter zu vermindern. Die Nachbearbeitung am Computer wiederum ermöglicht es, das Farbspektrum zu verschieben oder den Rot-Anteil zu erhöhen. Doch dazu mehr in einem der folgenden Teile dieser Serie.