Rubrik: Zubehör

Variable Graufilter näher beleuchtet

2012-07-16 Graufilter eignen sich für viele verschiedene Einsatzzwecke. Am bekannteste ist wohl ihr Einsatz für die Verlängerung der Belichtungszeit, damit Wasserbewegungen „samtartig“ dargestellt werden oder um Plätze menschenleer erscheinen zu lassen. Aber auch im Studio ist ein Graufilter nicht fehl am Platz, denn oftmals möchte man eine kleine Blendenzahl wählen, um den Schärfebereich klein zu halten. Doch für jeden Einsatzzweck den korrekten Graufilter parat zu haben, ist logistisch nicht anspruchslos. Findige Hersteller bieten seit geraumer Zeit variable Neutralgraufilter an. Wie diese sich schlagen und wo Probleme auftreten können, wollen wir in unserem Fototipp ein wenig beleuchten.  (Harm-Diercks Gronewold)

Tiffen ND Filter [Foto: MediaNord]In einem früheren Fototipp (siehe weiterführende Links) haben wir den Einsatz von Graufiltern beschrieben und eine Tabelle mit Verlängerungsfaktor, Dichte und der Anzahl der Blendenwerte die ein solcher Filter schluckt. Während herkömmliche Neutraldichtefilter, auch ND-Filter genannt, aus einem getönten optischen Glas oder Gelantine bestehen, so bestehen variable ND-Filter aus zwei Polarisationsfiltern, von denen einer feststehend ist und der andere drehbar gelagert ist. Die Idee zu dieser Filterart stammt aus der Welt des Films und wurde ursprünglich dazu gedacht, um schnell eine Schwarzblende zu erzeugen. Um den Abdunklungseffekt zu erziehlen, wird nun einfach der vordere Teil des Filters gedreht. Für diesen Fototipp lag als Testgerät ein Tiffen „variable ND“ vor. Dieser besitzt zwar ist eine Skala, doch ist diese nicht kalibriert und bietet nur ein ungefähre Angabe der Dichte des Filters. Laut Angabe entspricht der Filter einer Dichte von ND 0,6 bis ND 2,4 was einem Blendenbereich von zwei bis acht Schritten entspricht.

Fototipp: mittlere Einstellung kein Farbstich [Foto: MediaNord]Üblichweise sieht der Einsatz von starken ND-Filtern eine Reihe von Handgriffen voraus, die sich mit einem variablen ND-Filter umgehen lassen. Der Workflow sieht normalerweise so aus: Zunächst wird der Bildausschnitt gewählt, dann die Kamera fixiert, danach fokussiert man das Objekt an und schaltet den Autofokus ab. Dann wird die Belichtung gemessen und mit dem jeweiligen Filterfaktor multipliziert beziehungsweise die Anzahl der Blendenstufen abgezählt. Hierzu gibt es auch Rechenhilfen als Smartphone App oder Tabellen aus dem Internet. Danach wird der Graufilter vor die Kamera geschraubt beziehungsweise auf die gewünschte Dichte eingestellt. Schließlich wählt man die errechnete Belichtungszeit und stellt diese ein. Um Verwacklungsunschärfen zu minimieren empfiehlt sich der Einsatz eines Stativs und eines Fernauslösers. Besitzt die Kamera eine Spiegelvorauslösung, dann sollte diese auch benutzt werden. Wie üblich muss ein Bildstabilisator auf dem Stativ deaktiviert werden, damit er nicht genau das verursacht, was er eigentlich vermeiden soll.

Selbstverständlich kann man auch die automatische Belichtungsmessung benutzen, um sich so Arbeit zu sparen. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Dichte des Graufilters nicht zu hoch ist. Wird beispielsweise die Zeitautomatik benutzt, dann kann die Kamera nur bis zu einer bestimmten Zeit belichten. Die Nikon D800E belichtet beispielsweise nur maximal 30 Sekunden lang. Das kann gerade bei gewünschten "samtigen" Wasserfällen, dramatischen Wolkenzügen und dem "entvölkern" von Architekturaufnahmen nicht lang genug sein.

Wird ein variabler ND-Filter eingesetzt, so wird dieser von Anfang an auf dem Objektiv montiert und auf die maximale Durchlässigkeit gedreht. Nun kann der Fotograf ganz einfach den Ausschnitt einstellen und Schärfe durch den Filter hindurch messen. Dann wird ebenfalls der Autofokus abgeschaltet und der Filter wird ungefähr auf die gewünschte Dichte oder Belichtungszeit verstellt. Hier kann es unter Umständen zu Fehlbelichtungen kommen, deshalb ist eine Belichtungsreihe ratsam.

Fototipp: maximale Verlängerungswirkung starker Farbstich [Foto: MediaNord]Die Nachteile der variablen Graufilter sind fehlenden Richtwerte, so dass man nicht von vornherein die richtige Zeit- und Blendenkombination ermitteln kann. Außerdem wird ein Farbstich bei höherer Dichte sichtbar. Der unserem Test vorliegende Tiffen-Filter zeigte nicht einen Bereich von zwei bis acht Blendenstufen, sondern zwei bis zehn Blendenstufen an. Die beiden letzten Schritte zeigten aber einen starken Blaustich, der nur mit massiven Bildbearbeitungsaufwand zu beheben wäre. Genau diese Problematik macht die Idee zwei günstige Polfilter voreinander zu schrauben, um so einen günstigen variablen ND-Filter zu „basteln“, problematisch. In einem im Internet zu findenden Video ist zudem ein einfacher Test zu finden, wie man vorher ermitteln kann, ob ein variabler ND-Filter einen Farbstich produziert. Dazu benötigt man lediglich gebürsteten Edelstahl oder ein Apple iPad. Legt man nun den Filter auf den Edelstahl oder die Rückseite des iPad, so zeigt sich ein starker Farbton, je nachdem wie herum der Filter liegt. Dies ist ein ziemlich sicherer Indikator für einen späteren Farbstich, auch wenn das Testverfahren wenig wissenschaftlich ist.

Somit sollte man sich überlegen, ob man auf herkömmliche Graufilter setzt, die sich auch übereinander montieren lassen, um einen stärkeren Effekt zu erzielen. Oder ob man recht tief in die Tasche greift, um einen variablen Graufilter zu kaufen.

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