Rubrik: Grundlagenwissen
Was ist eigentlich Moiré?
2004-04-19 Manch einer hat sich in seinen Digitalfotos schon über Bildinformationen gewundert, die ganz offensichtlich im Motiv gar nicht vorhanden waren. Häufig ist Moiré die Ursache für diese Effekte. Genau genommen gibt es in der digitalen Fotografie sogar zwei Erscheinungen, die als Moiré bezeichnet werden: so genanntes Farbmoiré, das durch Interpolationsfehler bei der Farbinterpolation entsteht sowie andererseits störende Strukturen, die im Bild durch Wechselwirkungen von Objektstruktur und Sensorstruktur entstehen. (Michael Guthmann, Jan-Markus Rupprecht)
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Um das Phänomen Farbmoiré zu verstehen, muss man sich anschauen, wie
gängige Bildsensoren in Digitalkameras die farbigen Bildinformationen
"sehen". Mit Ausnahme der X3-Sensoren des Herstellers Foveon sind alle in
digitalen Kameras eingesetzten Bildsensoren prinzipiell zunächst einmal
"farbenblind" und möchten sichtbares Licht jeder Wellenlänge in
elektrische Ladung umwandeln. Ein "roher" Sensor könnte von jedem Pixel
also nur die verschiedenen Helligkeitsstufen aufzeichnen – am Ende würde
ein Graustufenbild entstehen. Um dennoch Farbbilder zu erhalten, wird zu
einem Trick gegriffen: Es wird ein Filtermosaik (sog. Bayerpattern) mit
den Grundfarben Rot, Grün und Blau aufgebracht, so dass jedes einzelnes
Sensorelement nur noch für einen begrenzten Farbbereich empfindlich ist.
Da die Farbempfindlichkeit des menschliche Auges bzw. des Gehirns seine
höchste Empfindlichkeit im grünen Wellenlängenbereich besitzt, wird eine
Verteilung gewählt, bei der doppelt so viele grüne wie rote und blaue
Pixel vorhanden sind.
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Farbrauschen durch Vergrößerung und
Erhöhung der Farbsättigung sichtbar gemacht
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Die Entstehung von Moiré als Interferenzmuster
zweier Raster (hier Linienraster der Vorlage
und Punktraster des Bildsensors)
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Durch diese aufgebrachten Filter zeichnet jedoch jedes Pixel nur eine
Farbinformation auf. Damit nun in an jeder Stelle im Bild später die gesamte
Farbinformation vorhanden ist, werden die fehlenden Farbinformation aus den
jeweiligen Nachbarpixeln errechnet. Diese Berechnungen sind recht komplex
und können – besonders an Stellen mit sehr feinen Strukturen und hohem
Kontrast – zu Fehlern führen. Bei der Berechnung der Farbinformation wird
angenommen, dass benachbarte Pixel auch die gleiche Farbinformation
beinhalten. Ist dies nicht der Fall, verrechnet sich der Algorithmus und das
entsprechende Pixel im Bild wird in falscher Farbe dargestellt. Ein
typisches Beispiel für die falsche Berechnung der Farbe sind farbige Kanten
bei Übergängen von Schwarz nach Weiß (siehe Bild Siemensstern).
Das andere "echte" Moiré ist schon bekannt aus der Druckindustrie. Kurz
gesagt entsteht das Moiré durch Wechselwirkungen von Strukturen im
aufgenommenen Objekt mit der regelmäßigen Sensorstruktur. In der analogen
Fotografie gibt es dieses Phänomen nicht, denn dort sind die für die
Aufnahme verantwortlichen Silbersalzkristalle zufällig verteilt und haben
unterschiedliche Größen. Um die Erscheinung in der digitalen Fotografie zu
verstehen, ist es am einfachsten die Moiré-Entstehung im (Offset-)Druck
näher zu betrachten. Das übliche regelmäßige Druckraster liegt in einem
bestimmten Winkel auf dem Bild. Eine regelmäßige Struktur im Bild bildet
ebenfalls einen bestimmten Winkel zum Raster. Je nachdem, ob beim Druck ein
Rasterpunkt auf dem "Schwarz" oder "Weiß" des Motivs liegt, wird er voll
oder gar nicht gedruckt. Probleme ergeben sich aber auf den Kanten der
Strukturen. Hier muss entweder ein Punkt gedruckt werden oder nicht. So
werden in regelmäßigen Abständen "Punkthaufen" gedruckt, die unser Auge
unwillkürlich miteinander zu neuen Strukturen verbindet. Da in der digitalen
Fotografie die Vorlage ebenfalls mit einer regelmäßigen Struktur abgetastet
wird, kommt es hier zum gleichen Effekt.
Das Phänomen Moiré ist also physikalisch bedingt und tritt bei jeder
digitalen Kamera auf. Es kann nicht vermieden werden. Zur Unterdrückung
können lediglich einige Tricks angewandt werden, die allerdings negativen
Einfluss auf andere Qualitätsparameter haben. Diese Maßnahmen zielen immer
darauf, die Moiré verursachenden Strukturen möglichst nicht auf den Sensor
zu übertragen. Eine Methode, die jeder anwenden kann, ist ein leichtes
Defokussieren (unscharf stellen). Andere Methoden, wie beispielsweise
optische Filter, sind meistens den professionellen Kameras vorbehalten. Im
Amateurbereich wird oft schon beim Design der Objektive darauf geachtet,
dass dieses Moiré verursachende Strukturen nicht überträgt. Würde man dies
jedoch zu weit treiben, wäre wieder eine generelle Verschlechterung der
Bildschärfe die Folge.