Workflow-Software
Adobe bringt Lightroom 6 und Lightroom CC
Seite 2 von 2, vom 2015-04-21 (Autor: Martin Vieten)Zur Seite 1 wechseln
Erster Eindruck
digitalkamera.de hat die endgültige Version von Lightroom 6 bereits seit ein paar Tagen im Test. Auf einem inzwischen etwas betagten Windows-7-System mit i7-Prozessor fällt der versprochene Geschwindigkeitszuwachs eher gering aus, ist aber durchaus spürbar. Im Entwickeln-Modul reagiert Lightroom 6 sehr direkt und flüssig auf Änderungen; selbst bei der Bearbeitung einer 36-Megapixel-Datei aus einer Nikon D800E. Dass Lightroom 6 für viele Aufgaben die GPU verwendet und so den Hauptprozessor entlastet, merkt man vor allem bei langwierigen Aufgaben. Lässt man etwa die Vorschaubilder neu berechnen und arbeitet währenddessen mit einem anderen Programm, wird dieses kaum gebremst. Wesentlich stärker wahrnehmbar ist der Geschwindigkeitsvorteil auf einem zwei Jahre altem Macbook Pro Retina, Lightroom 6 profitiert durchaus von aktueller Hardware.
Die automatische Gesichtserkennung vereinfacht die Verwaltung von Personenfotos spürbar. Das Verfahren ist schon seit Längerem aus Photoshop Elements bekannt: Wird die Personensuche gestartet, listet Lightroom zunächst alle Bilder auf, die mindestens ein Gesicht zeigen. Die Trefferquote ist hoch, in einem Katalog mit knapp 40 Portraits (davon auch einige unscharfe) hat Lightroom 6 lediglich ein Bild (von einem Küchenschrank) fälschlich ebenfalls als Gesicht herausgefischt. Portraits von noch nicht erfassten Personen landen zunächst in der Rubrik „Unbenannte Personen“. Sobald man hier nun ein Bild mit dem Namen der gezeigten Person versieht, findet Lightroom viele weitere (aber nicht alle) Aufnahmen von dieser Person und verschiebt diese zu „Benannte Personen“. Das gilt sogar für solche Aufnahmen, auf denen nicht nur die bekannte Person vorkommt. Eventfotografen werden die Funktion sicherlich schnell zu schätzen wissen, aber auch die Verwaltung von Familienschnappschüssen vereinfacht sie deutlich.
Dass nun bei der Vergabe von Stichworten per Sprühdose ein kleines Kontextmenü geöffnet werden kann, ist eine kleine Detailverbesserung. Wer viel mit Stichworten arbeitet, wird es zu schätzen wissen. Lightroom-Anwender, die dagegen ihr Bildarchiv bevorzugt mit Sammlungen und Sammlungssätzen organisieren, finden nur kleinere Neuerungen: Die Sammlungen-Palette lässt sich nun filtern, wichtig vor allem bei sehr vielen Sammlungen. Und beim Import neuer Aufnahmen kann man nun vorgeben, ob diese gleich einer neuen oder bestehenden Sammlung hinzugefügt werden sollen. Diese Option ist vor allem interessant, wenn man seine neuen Bilder direkt mit Lightroom mobile synchronisieren möchte, das ist nämlich weiterhin nur mit einer einzigen Sammlung möglich.
Richtig gut gelungen sind die Panorama- und HDR-Automatik in Lightroom 6. Die HDR-Funktion kombiniert unterschiedliche belichtete Aufnahmen von kontrastreichen Motiven zu einem neuen Bild, bei dem Tiefen und Lichter perfekt durchgezeichnet sind. Und die Panorama-Automatik setzt mehrere Aufnahmen nahtlos zu einem Breitbild zusammen. Für beide Aufgaben war bislang Photoshop nötig, oder ein anderes externes Programm. Dass die Automatiken nun in Lightroom 6 integriert sind, verringert nicht nur den Aufwand deutlich. Vielmehr speichert Lightroom die aus dem Zusammenfügen resultierenden Bilddateien wieder als Raw-Datei im DNG-Format. Das Ergebnis lässt sich also wie gehabt in Lightroom 6 bearbeiten, bei HDR-Bildern sogar noch mit einem ganz besonderen Bonbon: Lightroom speichert sie offenbar mit einer Wortbreite von 32 Bit, wodurch sich ein ungeheuer großer Bearbeitungsspielraum ergibt. Belichtungskorrekturen sind bei HDR-Bildern zum Beispiel im immensen Bereich von +/-10 EV möglich. Sogar HDR-Panoramen lassen sich direkt in Lightroom 6 stitchen.
Die neue Panorama-Automatik setzt direkt in Lightroom Einzelfotos zu einem Breitbild zusammen. [Foto: Martin Vieten]
Auf Wunsch schneidet die Panorama-Automatik in Lightroom 6 das Panoramabild gleich so so zu, dass es keine weißen Ränder gibt. [Foto: Martin Vieten]
Der neuen HDR-Funktion genügen meist zwei unterschiedlich belichtete Aufnahmen ... [Foto: Martin Vieten]
... um daraus ein Bild mit sehr großem Dynamikumfang entstehen zu lassen. [Foto: Martin Vieten]
Ebenfalls neu: Die vom Verlaufs- oder Radialfilter erfassten Bereiche lassen sich per Pinsel verfeinern. [Foto: Martin Vieten]
Bei den Kernfunktionen des Entwickeln-Moduls hat sich leider wenig getan. Es bleibt bei der Prozessversion 2012, deren Belichtungsautomatik produziert weiterhin in vielen Fällen zu helle Ergebnisse. Immerhin kann man nun die korrekten Werte für den Schwarz- und Weiß-Punkt automatisch setzen lassen, mit einem [Shift]-Klick auf die entsprechenden Reglerbezeichnungen. Schade, dass Adobe die Funktion „Klarheit“ nicht überarbeitet hat, Capture One liefert da eindeutig bessere Ergebnisse. Auch bei der Rauschunterdrückung hat sich nichts Neues getan, das kann zum Beispiel DxO Optics inzwischen besser als Lightroom.
Nichts Neues gibt es vom Karte- und vom Buch-Modul zu berichten, hier hat Adobe alles beim Alten gelassen. Schade, dass beim Buch-Modul die Möglichkeit fehlt, frei ein Seitenformat vorzugeben. Es lassen sich weiterhin nur Seitenformate wählen, in denen Adobes Kooperationspartner Blurb Fotobücher anbietet. Das oft totgesagte Web-Modul hat Adobe in Lightroom 6 dagegen aufgefrischt, es erzeugt jetzt auch Web-Galerien im HTML-5-Format mit ansprechenden Layouts und dezenten Animationen.
Enttäuschung hat das überarbeitete Diashow-Modul im ersten Test hinterlassen. Zwar kann es nun mehr als eine Sounddatei nutzen, um eine Präsentation zu untermalen – aber auf unserem Windows-PC stürzte Lightroom 6 beim Versuch, Sounddateien auszuwählen, jedes Mal komplett ab. Keine derartigen Probleme gab es auf dem MacBook Pro. Als schnell ermüdende Spielerei erwies sich die neue Zoom- und Schwenkfunktion. Sie lässt sich nämlich überhaupt nicht konfigurieren, die Bewegung in den einzelnen Dias wirkt meistens nur aufgesetzt. Dass Adobe das besser kann, hat schon vor Jahren Photoshop Elements gezeigt – im „kleinen Photoshop“ können exakte Zoomfahrten und Schwenkpfade für Diabilder festgelegt werden.
Fazit
Mit Lightroom 6 führt Adobe nützliche Zusatzfunktionen in die Workflow-Software ein. Für HDR- und Panoramabilder ist jetzt kein zeitraubender Umweg über Photoshop mehr nötig; auch die verfeinerten Funktionen für lokale Korrekturen sparen Zeit und so manche zusätzliche Bearbeitung in Photoshop. Die Bildverwaltung profitiert von der automatischen Gesichtserkennung, sie vereinfacht die Verwaltung von Personenfotos spürbar. Hinzu kommt eine Vielzahl kleinerer Neuerungen, die meist recht pfiffig sind, im Falle des Diashow-Moduls jedoch zu schwach ausfallen. Nicht genutzt hat Adobe die Chance, die Kernfunktionen des Raw-Konverters weiter zu verbessern. Die automatische Belichtungskorrektur kann nicht immer überzeugen, Rauschunterdrückung und Nachschärfen arbeiten gut, ihnen droht aber, den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren. Auch dass das Buch-Modul nur Formate von Blurb unterstützt, hätte Adobe gerne ändern dürfen. Unterm Strich ist das Update empfehlenswert, wer zukünftig eine neue Kamera kauft, kommt ohnehin um die neue Version nicht herum.