Aus dem digitalkamera.de-Testlabor
Bildqualität der Nikon D800E mit drei Festbrennweiten getestet
2012-06-10 Noch wird die Nikon D800E kaum angeboten. Doch wir konnten bereits ein Testgerät von Nikon ergattern, um es in unserem Lübecker Testlabor durchzumessen. Die D800E ist eine Kamera ist, die es auf besonders hohe Bildschärfe anlegt – daher haben wir sie nicht mit einem Zoom, sondern mit drei Festbrennweiten getestet. Darunter das AF-S 105 mm 2.8 Micro VR IF ED, das wir schon an der D800 getestet haben, so dass ein Vergleich der beiden Kameras möglich ist. Das Makro diente als Setobjektiv, das heißt, mit diesem wurden auch Dynamik, Farben, Rauschen etc. gemessen. Hinzu kommen Tests mit dem neuen lichtstarken Weitwinkel AF-S 28 mm 1.8G und dem Normalobjektiv AF-S 50 mm 1,8 G. (Benjamin Kirchheim)
Um es vorweg zu nehmen: Die höchste Auflösung erreichte die D800E mit dem 50er Normalobjektiv. Aber auch mit dem Makro zeigt sie eine sehr hohe Auflösung von bis zu 72 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast. Zum Vergleich Die Nikon D800 erreicht "nur" 64 Linienpaare pro Millimeter (siehe die Diagramme zum Vergleich aus den jeweiligen Labortests unten). Die D800E löst also etwa ein Achtel beziehungsweise 12,5 Prozent höher auf als die D800. Interessant ist dabei auch der Blick auf die Auflösung bei zehn Prozent Kontrast, die wir nicht ausgeben. Hier zeigt sich, dass diese Entscheidung richtig ist, denn beide Kameras erreichen das theoretische Maximum von 102 lp/mm über einen großen Blendenbereich. Bei 50 Prozent Kontrast hingegen zeigen sich deutliche Unterschiede, die auch in den Bildern selbst sichtbar sind. Das soll an dieser Stelle die D800 nicht abwerten, denn auch sie erreicht eine phänomenal hohe Auflösung wie kaum eine andere Kamera, allenfalls die Canon EOS 5D Mark III spielt noch in dieser Liga mit. Was wir im Labor nicht messen, man aber im Hinterkopf behalten sollte: Durch den Wegfall des Tiefpassfilters muss man bei der D800E aufpassen, dass keine Moirés entstehen. Diese mindert der Anti-Alasing-Filter auf dem Sensor normalerweise, was eine nachträgliche Bildbearbeitung kaum leisten kann.
Überraschenderweise zeigen sich aber auch bei den Kameramesswerten teilweise leichte Abweichungen der D800E zur D800, meistens zum Positiven hin. Etwas größer sind die Abweichungen der Farben bei der D800E. Besser ist sie hingegen beim Dynamikumfang, der bei den meisten ISO-Stufen leicht über dem der D800 liegt. Die D800E erreicht bis zu 10,7 Blendenstufen im Spitzenwert. Die Blitzausleuchtung der D800E ist mit dem 105er Makro logischerweise recht gut, der Helligkeitsverlust liegt bei nur rund 0,7 Blendenstufen. Auch der Autofokus ist inklusive Auslöseverzögerung mit 0,28 Sekunden sehr schnell, wobei der Fokusbegrenzer am Objektiv aktiviert war. Dies sollte jedoch, da die Fokussierung von unendlich auf zwei Meter erfolgt und der Autofokus sein Ziel sicher und ohne Umwege direkt anfährt, keinen Unterschied machen. An der Auslösezeit von 0,28 Sekunden hat die Auslöseverzögerung einen Anteil von 0,06 Sekunden, für eine DSLR ein sehr guter Wert. Im LiveView-Betrieb wird die D800E spürbar langsamer. Die Auslöseverzögerung liegt bei 0,21 Sekunden, inklusive Fokussierung vergehen im Mittel gar über 1,4 Sekunden.
Sehr gut schlägt sich die D800E beim Ausgabe-Tonwertumfang und bei der Farbtiefe. Bei niedrigen ISO-Empfindlichkeiten wird jeweils das Maximum von 256 Stufen beziehungsweise 16,7 Millionen Farben erreicht. Der Ausgabe-Tonwertumfang bleibt bis ISO 800 im grünen Bereich von über 160 Stufen, bei ISO 1.600 schaffen es der Blau- und Rot-Kanal nicht mehr. Die Farbtiefe ist sogar bis ISO 1.600 mit über zwei Millionen unterschiedenen Farben im grünen Bereich. Beim Blick auf das Rauschen zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Signal-Rauschabstand ist bis ISO 200 mit über 40 dB im guten Bereich, bis ISO 1.600 hält er sich im befriedigenden Bereich von über 35 dB. Während das Farbrauschen insgesamt recht gering ausfällt und bis ISO 1.600 praktisch keine Rolle spielt, ist das Helligkeitsrauschen etwas höher und bleibt nur bis ISO 800 kaum sichtbar, darüber kann man leichtes Grieseln ausmachen. Dreht man die ISO-Empfindlichkeit in den Hi-Bereich auf, werden Helligkeits- und Farbrauschen sehr deutlich. Die Texturschärfe fällt über den gesamten ISO-Bereich nur sehr langsam ab, die D800E gibt also Details auch bei hohen Empfindlichkeiten noch ausreichen gut wieder. Richtig gut ist sie bis ISO 800, im Bereich bis ISO 1.600 können ganz leichte Texturverluste sichtbar werden, darüber etwas mehr.
Das 105er Makro zeigt die insgesamt beste Leistung der drei gemessenen Objektive. Die Verzeichnung ist minimal tonnenförmig und kaum zu sehen, die Vignettierung nur bei Offenblende in den äußersten Bildecken auszumachen. Leicht sichtbar sind die extremeren Ausprägungen der Farbfehler in den äußeren Bildbereichen, wobei die Blenden F4 und F5,6 die geringsten Farbfehler zeigen. Selbst bei Offenblende erreicht das Objektiv schon sehr hohe Auflösungswerte, in der Bildmitte gut 64 lp/mm, am Bildrand 52. Um zwei Stufen abgeblendet wird das Maximum in der Bildmitte mit 72 lp/mm erreicht, der Bildrand kommt erst bei F8 auf sein Maximum von 66 lp/mm, die Bildmitte liegt hier bei 71 lp/mm. Bei F8 sind also die schärfsten Aufnahmen zu erreichen. Bis F16 abgeblendet bleibt das Objektiv auf höchsten Auflösungsniveau, auch wenn die Beugung hier bereits ein paar Details kostet. Bei F22 und F32 schlägt sie allerdings dann sehr deutlich zu, mit jeder Blende verliert man gut 20 lp/mm an Auflösung.
Das AF-S 50 mm 1,8 G ist bei Offenblende recht weich und erreicht gut 42 lp/mm. Dies ist immer noch ein Wert, von dem manch andere Kamera nur träumen kann. Blendet man leicht ab, so zeigt sich ein deutlicher Abfall der Auflösung von der Bildmitte zum Bildrand, erst bei F8 sind dann auch die Ränder im Vergleich zur Bildmitte auf einem hervorragenden Auflösungsniveau. Der hohe Randabfall ist aber dahingehend zu relativieren, dass das Objektiv nicht etwa am Rand gering auflöst, sondern dass es in der Bildmitte einfach nochmal deutlich besser ist. Sehr gering sind die Farbfehler des Objektivs, es ist sogar besser als das 105er Makro. Die Verzeichnung ist mit knapp über einem Prozent Tonnenform für unseren Geschmack einen Hauch zu hoch, dennoch ist die kaum zu sehen und stört mit ihrem natürlichen Charakter das Bildempfinden des menschlichen Auges kaum. Die leichte Randabdunklung von etwas über einer halben Blendenstufe verschwindet ab Blende F2,8 komplett. Insgesamt also ein Objektiv auf hohem Bildqualitätsniveau, das sich gut zum Freistellen und abgeblendet für knackscharfe Bilder eignet. Die Verarbeitung aus hochwertigem Kunststoff mit Metallbajonett geht auch in Ordnung.
Beim AF-S 28 mm 1.8G sticht vor allem dadurch hervor, dass es kaum verzeichnet. Mit gut einem Prozent Tonnenform ist die Verzeichnung für ein Weitwinkel.Objektiv hervorragend gering. Die Randabdunklung ist bei Offenblende mit 1,5 Blendenstufen schon deutlich sichtbar, ab F2,8 liegt sie jedoch unter einer halben Blendenstufe und ist damit nicht mehr relevant. Die Farbfehler sind insgesamt etwas höher als bei den anderen beiden Objektiven, in den extremeren Ausprägungen zum Bildrand hin stechen sie mitunter schonmal ins Auge. F1,8 ist für ein solches Weitwinkel ziemlich lichtstark, entsprechend ist es bei Offenblende ziemlich weich. Eine Auflösung von gut 20 Linienpaar pro Millimeter wird erreicht. Ab F2,8 steigt die Auflösung im Zentrum deutlich auf über 40 lp/mm, bei F4 auf über 60 lp/mm. Der Bildrand allerdings zieht kaum mit und überschreitet die 50 lp/mm erst bei Blende 8. Auch bei der kleinsten einstellbaren Blende F16 löst das Objektiv noch sehr gut auf, im Zentrum 65 lp/mm und am Bildrand 56. Das AF-S 28 mm 1.8G ist also ein Objektiv, dessen Lichtstärke man sich mit nicht ganz so knackscharfen Bildern bei geöffneter Blende erkauft. Die Verarbeitung aus hochwertigem Kunststoff mit Metallbajonett ist auf ähnlichem Niveau wie beim 50er.
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.