Was bedeutet mehr Auflösung für die Bildqualität?
Bildqualität der Smartphone-Kamera des Apple iPhone 6S Plus getestet
2015-10-29 Bei der neuen Version des iPhones (6S als Nachfolger des 6) erhöhte Apple die Auflösung bei ansonsten gleichen Parametern (Sensorgröße, Objektiv) von acht auf zwölf Megapixel. DxO bescheinigte den beiden Smartphone-Kameras kürzlich eine nahezu identische Bildqualität – doch kann das sein? Wir wollten es genau wissen und haben das neue iPhone 6S Plus in unserem mit DxO-Equipment ausgestatteten Labor durchgemessen und vergleichen die Ergebnisse mit denen des iPhone 6 Plus aus dem Januar 2015. (Benjamin Kirchheim)
Die Kamera hat beim Apple iPhone 6S im Vergleich zum Vorgängermodell 50 Prozent an Auflösung zugelegt, bleibt damit aber immer noch zurückhaltend, das heißt, Apple macht das Pixelrennen nicht mit. [Foto: Apple]
Das Apple iPhone 6S (ohne "Plus") besitzt ein 4,7-Zoll-Display. [Foto: Apple]
Das Apple iPhone 6S Plus besitzt ein 5,5-Zoll-Display. Seine Kamera ist, mit Ausnahme des Bildstabilisators des Plus-Modells, identisch zum 6S (ohne "Plus"). [Foto: Apple]
Bei kleinen Sensoren bringt eine Erhöhung der Auflösung effektiv gar keine höhere nutzbare Auflösung, sondern nur mehr Rauschen, heißt es immer. Das stimmt aber so pauschal nicht, denn erst im Grenzbereich bei identischer Technologie trifft dies zu. Ist der Sensor aber noch gar nicht an der physikalisch nutzbaren Auflösungsgrenze und/oder macht die Technologie einen spürbaren Sprung, etwa wie vor einigen Jahren mit den rückwärtig belichteten CMOS-Sensoren, kann eine höhere Auflösung tatsächlich zu einer besseren Bildqualität führen. Beim Generationswechsel des iPhones, das 6 Plus löst für heutige Verhältnisse bescheidene acht Megapixel auf, sollte mit einem höher auflösenden Bildsensor eigentlich noch etwas Auflösungsspielraum sein.
Bis auf die gestiegene Auflösung sind die Eckdaten der beiden jüngsten iPhone-Generationen identisch: Relativ kleiner 1/2,9"-Sensor (6,2 mal 4,6 Millimeter), 29 Millimeter kleinbildäquivalente Weitwinkel-Brennweite mit einer hohen Lichtstärke von F2,2. Eben jene, die Blende lässt sich bei Smartphones nicht verstellen, trägt ihren Teil dazu bei, dass das Objektiv mehr als acht Megapixel auflösen können müsste, schließlich stellt die Beugung vor allem bei kleinen Blendenöffnungen ein Problem dar. iPhone 6S und 6S Plus besitzen übrigens, mit Ausnahme des Bildstabilisators, der dem größeren Modell vorbehalten ist, eine identische Kamera.
Der Blick auf die Messwerte der Auflösung stellt unmissverständlich klar: Die Steigerung auf zwölf Megapixel bringt richtig viel. 50 Prozent mehr Pixel in 40 Prozent mehr Auflösung umzumünzen ist eine sehr gute Leistung, die man anderswo selten findet. Dass dabei die Schärfeartefakte nur minimal zunehmen, spricht dafür, dass es sich um eine "echte" Steigerung handelt und keine digital hervorgerufene. Chromatische Aberrationen, Verzeichnung und Randabdunklung sind gering bis irrelevant, hier tun die digitale Korrektur sowie die Tatsache, dass es sich um eine Festbrennweite handelt, ihr Übriges.
Erstaunlicherweise kann das iPhone 6S Plus aber auch beim Signal-Rauschabstand, der erst bei ISO 800 den kritischen Wert von 35 dB (leicht) unterschreitet, der Eingangsdynamik und dem Luminanzrauschen gegenüber dem iPhone 6 Plus zulegen. Der Signal-Rauschabstand ist nun sogar bis ISO 200 im guten Bereich von über 40 dB (beziehungsweise bei ISO 200 nur minimal darunter), das iPhone 6 Plus konnte dieses Niveau nur bis ISO 100 halten. Besonders die Eingangsdynamik hat auf nunmehr bis zu elf Blendenstufen deutlich zugelegt, das allerdings nur bei ISO 25. Aber selbst bei ISO 200 ist das 6S Plus noch für zehn Blendenstufen gut und damit um eine halbe bis eine Blendenstufe besser als das 6 Plus. Dabei sollte man nicht vergessen, dass elf Blendenstufen einen um das doppelte höheren Helligkeitsunterschied von dunkel zu hell bedeuten als zehn Blendenstufen.
Wie beim Vorgänger können iPhone-6S-Käufer zwischen 4,7 und 5,5 Zoll großen Bildschirmen wählen. [Foto: Apple]
Die iPhone-6S-Generation beherrscht nun auch 4K-Videoaufzeichnung. [Foto: Apple]
Die neuen Apple iPhones 6S und 6S Plus gibt es jeweils in vier Farben. [Foto: Apple]
Spätestens aber die Tatsache, dass sogar das Luminanzrauschen, insbesondere bei den höchsten Empfindlichkeiten von ISO 1.600 und 2000 beim neuen Modell geringer ausfällt als beim alten, sollte stutzig machen. Der Blick auf die Texturschärfe (siehe Diagramm aus dem kostenlosen Labortest unten) offenbart es: Das iPhone 6S Plus unterdrückt das Rauschen stärker, was nicht nur dem Signal-Rauschabstand, sondern auch der Eingangsdynamik zu Gute kommt. Negative Auswirkungen auf die Texturschärfe hat das aber erst ab ISO 400, wo das 6S Plus im Vergleich zu ISO 200 deutlich an Details verliert. Bei niedrigen ISO hat man beim iPhone 6S Plus also einen Bildqualitätsgewinn gegenüber dem 6 Plus, ab ISO 400 dreht sich die Situation teilweise um.
Bei weiteren Bildqualitätsparametern hat das iPhone 6S Plus gegenüber dem Vorgängermodell ebenfalls leichte Vorteile, und das nicht nur bei niedrigen ISO-Empfindlichkeiten. So sind etwa die Farbgenauigkeit wie auch der Weißabgleich etwas präziser, die tatsächliche Farbtiefe etwas höher und auch der Ausgangs-Tonwertumfang etwas besser. Das 6S Plus zeichnet etwas feinere Farb- und Helligkeitsabstufungen. Interessant ist auch die Tatsache, dass die LED-Fotoleuchte des 6S Plus die Ecken sichtbar besser ausleuchtet als das Vorgängermodell.
Fazit
Dass das iPhone 6 und 6S dieselbe Bildqualität hätten, wie DxO behauptet, ist nur die halbe Wahrheit. Die zum Teil doch recht deutlichen Unterschiede liegen im Detail und hängen stark von der verwendeten ISO-Empfindlichkeit ab. Gewichtet man die hohen Empfindlichkeiten etwas stärker als die niedrigen und mixt alles zu einer Gesamtnote zusammen, käme sicherlich ein identisches Ergebnis dabei heraus. Vor allem bei hellem Umgebungslicht kann das 6S Plus aus unserer Sicht deutlich gegen das 6 Plus punkten, alleine schon aufgrund der um 40 Prozent höheren effektiven Auflösung und der um eine halbe bis eine Blendenstufe höheren Eingangsdynamik. Nur wer gerne in dunkleren Umgebungen, etwa in Innenräumen, fotografiert, fährt mit dem neuen Modell nicht besser als mit dem alten, im Gegenteil, sogar eher etwas schlechter.
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.