Megapixel-Handy
Das Nokia 7610 mit integrierter Megapixel-Kamera
2004-08-12 Waren Kamera-Handys bisweilen schon aufgrund ihrer sehr geringen Auflösung eher ein Foto-Spielzeug als eine ernst zu nehmende Alternative zu "richtigen" Digitalkameras, so bietet Nokia jetzt mit dem 7610 sein erstes Mobiltelefon mit integrierter Megapixel-Kamera an. Wir haben mal gecheckt, wie viel Digitalkamera in diesem Handy steckt. (Mario Stockmann)
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Extravagant und in edlem Design kommt es daher, das Nokia 7610. Neben dem
silber-grauen Modell ist es auch in schwarz-roter Optik erhältlich. Wir
wollen uns hier jedoch auf seine Eigenschaften als Digitalkamera
konzentrieren. In dieser Riege fällt das Nokia 7610 mit einem Gewicht von
118 g sehr leicht und klein aus (zu den kleinsten Handyleichtgewichten zählt
es damit freilich nicht). Hingegen verfügt es über ein 3,5 x 4 cm großes
Display, welches auf 176 x 208 Pixeln Fläche über 65.000 Farben darstellen
kann und ein klares Bild anzeigt. Die Verarbeitung macht insgesamt einen
soliden Eindruck, allein die rückseitige Abdeckung des Akkufachs macht –
nach etwas kniffeligem Öffnen – einen weniger soliden Eindruck. Das Öffnen
dieser Abdeckung und die Entnahme des Akkus sind nötig, wenn man an die
RS-MMC (Reduced Size MMC) herankommen will, die als Speicherkarte verwendet
wird. Eine großzügige 64 MByte-Version gehört zum Lieferumfang, so dass man
zum Anschaffungspreis von 590 EUR (ohne Vertrag, gem. Herstellerangabe)
nicht gleich noch einmal für mehr Speicherkapazität in die Tasche greifen
muss. Bei der Fotoauflösung von 1152 x 864 Pixeln und der höchsten von drei
Qualitätsstufen reicht dieser Speicher für etwa 200 Bilder. Hier liegen die
erzeugten JPEG-Dateien zwischen 150 und 400 KByte, je nach Bildinhalt.
Niedrigere Auflösungsstufen, etwa für mehr Bilder oder für MMS-Nachrichten,
lassen sich nicht einstellen. Mit dem Nokia 7610 sind auch Videoaufnahmen
mit Ton möglich. Sie werden mit einer Auflösung von 128 x 96 oder 176 x 144
Pixel im Format 3GGP aufgezeichnet und können bis zu zehn Minuten lang sein.
Bei eingeschaltetem Handy im Grundzustand gelangt man über die linke
Displaytaste innerhalb weniger Sekunden direkt in den Kameramodus. Etwa die
halbe LCD-Monitorfläche wird für die flüssige Bildanzeige verwendet, im
einstellbaren Nachtmodus wird diese jedoch arg ruckelig. Dafür sind in
diesem Modus Fotos bei wenig Licht möglich, welche zwangsläufig stärkeres
Rauschen aufweisen und leicht verwischen. Einen integrierten Blitz oder ein
Hilfslicht (z. B. LED) zur Motivaufhellung gibt es nicht. Über einen
optischen Zoom verfügt das Nokia 7610 nicht, statt dessen kann vierfach
digital gezoomt und so der Bildausschnitt verkleinert werden, welcher
anschließend auf die normale Auflösung hochinterpoliert wird. Die eingebaute
Weitwinkel-Optik hat eine Lichtstärke von F2,8. Als Auslöser fungiert der
5-Wege-Navigations-Knopf, über den auch das Digitalzoom eingestellt und
zwischen Foto- und Videomodus gewechselt wird. Zudem ist ein Selbstauslöser
(mit 10 s, 20 s oder 30 s Vorlauf) wählbar.
Bei genauem Hinschauen ist im Suchermodus häufig ein leichtes Wechseln
des Weißabgleichs erkennbar, so dass sich mehrere Aufnahmen einer gleich
beleuchteten Szene in der Farbcharakteristik unterscheiden können. Drückt
man den Auslöser, so friert das Bild kurz ein und wird daraufhin in seiner
Speicher-Ansicht dargestellt. Bei diesem Bildübergang erkennt man (am
Versatz von bewegten Motiven) eine deutliche Auslöseverzögerung. Nach dem
Speichern gelangt man per Knopfdruck wieder zurück in den Aufnahmezustand.
Zwischen zwei Aufnahmen vergehen auf diese Weise etwa acht Sekunden.
Gespeichert werden alle Bilder in einer Galerie, die ebenfalls über das
Kamera-Menü geöffnet werden kann. Dort werden drei Bilder zugleich in einer
Liste, zusammen mit Name, Datum und Uhrzeit, dargestellt. Fotos können
markiert, kopiert, gelöscht, umbenannt, in andere Ordner verschoben und von
hier aus mit dem ImageViewer geöffnet werden. Im ImageViewer erscheint die
Aufnahme in Displaygröße, nebst Bildname und Bildnummer. Die Bilder können
zur Ansicht gedreht, vergrößert und in Volldarstellung auf dem Bildschirm
angezeigt werden. Mit dem Navigationsknopf kann zwischen den Bildern in
gemächlichem Tempo (Bildaufbau in ca. 2 s) gewechselt werden.
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Direkt vom Nokia 7610 aus können die Digitalfotos per MMS versendet oder
auf einen Foto-Server hochgeladen werden, zur Veröffentlichung oder um
Prints davon zu bestellen. Außerdem können sie als Hintergrundbild gesetzt
und Anrufern zugewiesen werden. Zum Kopieren der Fotos auf den PC gibt es
mehrere Möglichkeiten: den Einsatz eines Kartenlesegerätes oder per
USB-Kabel. Mit einem Kartenleser für normale MMC-Speicherkarten ist durch
einen mitgelieferten Adapter die schnellere RS-MMC-Übertragung möglich, aber
leider durch das umständliche Entnehmen der Karte aus dem Nokia 7610 (siehe
oben) erschwert. Stattdessen bietet sich eine Verbindung des Handys mit dem
Computer per USB-Kabel oder drahtlos per Bluetooth an. Zum Datenaustausch
ist die Nokia PC Suite vorgesehen. Leider wird das Nokia 7610 nicht als
Wechseldatenträger erkannt, was das unkomplizierte Kopieren der Bilder an
jedem modernen PC enorm erleichtern würde.
Die erreichte Bildqualität ruft – je nach Erwartungshaltung
–unterschiedliche Beurteilungen hervor. Aus der Sicht von Benutzern früherer
Foto-Handys mit geringerer Auflösung liefert das Nokia 7610 Bilder von
bisher unerreichter Qualität. Anwender aus dem Bereich aktueller
Digitalkameras werden eher sagen: "Besser als befürchtet, aber schlechter
als erhofft." Denn schon im Vergleich mit vernünftigen Digitalkameras der
Einsteigerklasse sind die Defizite in Sachen Schärfe, Rauschen und
Farbwiedergabe unverkennbar. Besonders Gegenlichtsituationen verträgt das
7610 nicht gut. Hier kommt es zu starken Überstrahlungen der Lichter mit
Farbsäumen.
Fazit: Das Nokia 7610 macht keine aktuelle Digitalkamera überflüssig. Ein
kompromissloser Vergleich wäre aber auch nicht fair – immerhin kann man
(bisher) mit keiner Digitalkamera telefonieren … Wer als Handy-Nutzer von den
sonstigen Ausstattungsmerkmalen des Nokia 7610 überzeugt ist, bekommt eine
brauchbare Digitalkamera dazu, die immer zur Hand ist und ausreicht, einen
schönen Moment im Bild festzuhalten. Gute Fotoqualität, erweiterte
Einflussmöglichkeiten und eine hohe Geschwindigkeit sollte man jedoch nicht
erwarten. Im fernen Osten ist man den Europäern auf diesem Gebiet allerdings
schon um einiges voraus: Nach Casio hat Samsung soeben seine erste
Kombination aus Handy und Digitalkamera mit 3 Millionen Pixeln und 3-fach
optischem Zoom in Korea vorgestellt.