Begegnung mit Nikons neuer Vollformat-DSLR

Die etwas andere Vorstellung der Nikon D700 bei digitalkamera.de

2008-07-01 Sie waren also doch wahr, die Gerüchte über eine "Vollformat"-DSLR namens D700! Bisher war Nikon größtenteils von so genannten "Leaks" verschont geblieben, aber ein etwas indiskreter und mit einem Kamerahandy bewaffneter Mitarbeiter der Druckerei, wo die D700-Prospekte vom Stapel gehen sollten, hat den Japanern einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Redakteure von digitalkamera.de gehörten hingegen zum kleinen Kreis der deutschen Journalisten, denen die D700 schon vor diesem kleinen Zwischenfall exklusiv präsentiert worden war und brauchten keine heimlichen Handy-Fotos davon zu machen. Wir haben die D700 zwar auch in Bildern festgehalten, aber mit der Erlaubnis von Nikon und mit ersten Fotos der deutschen Kameramenüs. Hier also unsere ganz eigene Präsentation des jüngsten Nikon-Coups.  (Yvan Boeres)

Nikon D700 [Foto: Yvan Boeres]Mit Außenmaßen von 147 x 123 x 77 Millimetern ist die neue Nikon D700 in etwa so groß wie eine D300 (147 x 114 x 74 mm). Rein äußerlich sind sich beide Kameras auch sehr ähnlich, wobei die D700 eher den Vergleich mit dem Flaggschiff- bzw. Profi-Modell D3 sucht. So besitzt die D700 wie diese eine runde Augenmuschel und einen eingebauten Okularverschluss; während aber die D700 einen integrierten Miniaturblitz (LZ 11 und Leuchtwinkel bis entspr. 24 mm) im Prismengehäuse des Suchers integriert und dieser auch bei der drahtlosen TTL-Blitzsteuerung als Steuerblitz eingesetzt werden kann, kommt die D3 ohne Bordblitz daher. Die D3 behält dafür den Vorteil der hundertprozentigen Bildfeldabdeckung. Ihre neue kleine Schwester muss sich da mit einem 95%-Sucher begnügen – und das bei einer 0,72-fachen Sucherbildvergrößerung. Das kompensiert die D700 wiederum mit einer in der Suchermattscheibe eingebetteten Flüssigkristallschicht, die es einem erlaubt, ein Gitternetz in den Sucher einzublenden. Für ein Gitternetz muss man bei der D3 die Suchermattscheibe wechseln.

Nikon D700 [Foto: Yvan Boeres]Gemeinsam haben die D700 und D3 den Bildsensor in Kleinbildfilm-Größe (FX-Format mit 36 x 23,9 mm). Das wirkt sich nicht nur auf die Bildqualität aus (die verhältnismäßig großen Pixel sorgen für weniger Rauschen und einen größeren Dynamikumfang), sondern erlaubt auch die Verwendung Kleinbild-kompatibler Objektive (alt und neu), ohne dass sich etwas am erfassten Bildausschnitt ändert (Bildwinkelverengung bzw. "Brennweitenverlängerung"). Bei beiden Kameras beträgt die Nettoauflösung des Sensors 12,1 Megapixel, und man kann die Signalverstärkung/Empfindlichkeit von entspr. ISO 200 auf bis zu entspr. ISO 6.400 (plus Lo1-, Hi1- und Hi2-Einstellungen für einen noch größeren Einstellungsumfang) erhöhen. Auch der Expeed-Signalprozessor soll derselbe sein, so dass man – je nachdem, ob dieselben Rauschunterdrückungsalgorithmen zum Einsatz kommen oder nicht – in etwa oder genau die gleiche Bildqualität erwarten darf.

Nikon D700 [Foto: Yvan Boeres]Weitere Gemeinsamkeiten bestehen bei der verwendeten Verschlusseinheit (für Verschlusszeiten von 30 bis 1/8.000s und für eine normale Blitzsynchronzeit von max. 1/250 s), beim Autofokus (MultiCAM-3500FX-Sensor mit 51 AF-Messfeldern), bei der Belichtungsmessung (3D-Colormatrixmessung II mit 1.005-Pixel-Sensor) sowie bei der Szenenerkennung (SRS-System). Ebenfalls identisch ist die Ausstattung beim Kamerabildschirm (3" bzw. 7,6 cm LTP-TFT-LCD mit 922.000 Pixeln und erweiterter Blickwinkelunabhängigkeit), bei der Livebild-Funktion (mit der D700 sogar über Tastendruck aktivierbar), bei der WT-4-Kompatibilität (für die drahtlose Bildübertragung übers WLAN/WiFi-Netz), bei der Kameraausrichtungsfunktion (virtueller Horizont) und auch bei der eingebauten HDMI-Schnittstelle.

Nikon D700 [Foto: Yvan Boeres]Wo also wurde im Vergleich zur D3 überhaupt der Rotstift angesetzt? Zum Beispiel ist die D700 nicht ganz so schnell wie ihre große Schwester. Die Auslöseverzögerung ist geringfügig länger, und die Bildfrequenz im Serienbildmodus liegt bei maximal 8 Bildern pro Sekunde (vs. 9 Bilder/s im FX-Format und 11 Bilder/s im DX-Format bei der D3). Diese Bildfolgerate ist auch nur bei Verwendung des optional erhältlichen und von der D300 bekannten Batterie-/Hochformatgriffs MB-D10 möglich – ohne diesen kommt die D700 sogar auf "nur" 5 Bilder pro Sekunde. Und weil der Griff dazu gekauft werden muss, ist bei der D700 eine bequeme Haltung und Bedienung der Kamera bei Hochformataufnahmen eben nur gegen Aufpreis möglich. Auch findet in der D700 nur eine (CompactFlash-)Speicherkarte Platz, während die D3 zwei Steckplätze dafür aufweist. Als weitere Sparmaßnahme verzichtet die D700 auf ein eingebautes Mikrofon/Lautsprecher-Set zur Aufnahme und Wiedergabe von Sprachnotizen, wie man das eben von der D3 her kennt.

Nikon D700 [Foto: Nikon]Was die D3 aber nicht hat und die D700 schon, ist ein eingebautes Sensorreinigungssystem wie bei der D300. Die D700 soll übrigens über den selben Spritzwasserschutz verfügen wie die analoge F6 und wiegt 995 Gramm ohne Akku bzw. 1.076 Gramm mit Akku. Selbstverständlich sind auch hier die Funktionen mit an Bord, die mittlerweile schon fast zur Grundausstattung aller Nikon-DSLRs gehören. Das sind unter anderem die Bildparameter-Sets (Picture Control System), das Info-Display (bei der D700 mit direkter Ansteuerungsmöglichkeit der auf dem Bildschirm angezeigten Aufnahmeeinstellungen und -parameter), die Active-D-Lighting-Funktion (zum elektronischen Kontrastausgleich mit lichterschonender Schattenaufhellung in Echtzeit) und die umfassenden Bildnachbearbeitungsfunktionen. Und das alles bekommt man ab Ende Juli (also noch zum Ende dieses Monats) zu einem Preis von rund 2.600 EUR (UVP). Das ist zwar etwas höher als der aktuelle Straßenpreis der Canon EOS 5D, aber unter Nikon-Usern wird man jetzt froh sein, überhaupt eine preisgünstigere Alternative zur D3 bzw. eine "Vollformatkamera" im mittleren Preisbereich zu haben.

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