Maus oder Stift – das ist hier die Frage
Digitale Bildbearbeitung mit dem Grafiktablett
2004-06-03 Wie bei den meisten Computer-Anwendungen ist auch bei der Bildbearbeitung das gängige "Eingabegerät" die Maus. Doch gerade Grafiker und Nutzer aus dem Kreativbereich schwören stattdessen auf die Verwendung von Grafiktabletts. Kann auch bei der Bildbearbeitung diese Eingabeform besondere Vorteile bringen? Mit dem Intuos2 A5 Platinum Value von der Firma Wacom suchte die Redaktion Antworten auf diese Frage. (Renate Giercke)
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Das von uns verwendete Intuos2 besteht aus dem eigentlichen Tablett
(aktive Fläche ca. 200 x 162 mm mit transparenter Auflage, Gesamtmaße
334 x 258 x 14 mm), einer 2D-Maus und dem Grip Pen. Unter die transparente
Folie kann man Bilder oder Fotos legen und mit dem Grip Pen nachzeichnen.
Dieser Stift besitzt 1.024 druckempfindliche Stufen. Sein
Doppelseitenschalter (Duo-Switch) kann wahlweise mit Funktionen,
Tastenkombinationen usw. belegt oder auch ganz entfernt werden. 2D steht bei
der Maus für zwei vorhandene, frei programmierbare Maustasten (optional
4D-Maus = vier frei programmierbare Maustasten). Ergänzt werden sie durch
ein Scroll-Rad, dem ebenfalls eine Funktion zugewiesen werden kann.
Das Intuos2 ließ sich problemlos über die USB-Schnittstelle an den
Computer anschließen und die Software installieren (geeignet für Windows 98,
Me, 2000, XP sowie Macintosh OS 8.6, 9, 10.1 und höher). Eine umfangreiche
Hilfe erleichtert den Einstieg mit ausführlichen Beschreibungen zur
Konfiguration der Maus- und Stiftfunktionen. Ergänzt wird das Ganze durch
Übungshinweise zum Umgang mit den neuen "Gerätschaften": Dass "Maus" nicht
gleich "Maus" und der Grip Pen eine echte Herausforderung in Sachen
"Auge-Hand-Koordination" für den ungeübten Anwender sein kann, können wir
bestätigen … Doch Übung macht bekannter Weise ja den Meister!
Gegenüber seinem Vorgänger setzt Intuos2 eine höhere Abtastfrequenz ein
und nutzt eine neuartige digitale Mehrfachabtastung, um die Eingabegeräte
noch genauer zu erkennen. Aufgrund dieser Änderungen können
Intuos1-Eingabegeräte nicht auf Intuos2-Tabletts und umgekehrt genutzt
werden. Alle drei Komponenten können per Software konfiguriert werden. So
kann man z. B. beim Tablett die programmierbaren Tasten der Menüleiste
festlegen, beim Stift die Tasten des Duo-Switches, die Druck-, Radier- und
Neigungssensitivität einstellen sowie die beiden Tasten und das Fingerrad
der Maus mit bestimmten Funktionen belegen u.v.m.
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Da das Arbeiten mit der Intuos2-Maus keinen großen Unterschied zur
üblichen Maus darstellt und auch die Verwendung der Tasten auf der
Menüleiste des Tabletts die eigentliche Bildbearbeitung nicht gerade
revolutioniert, richten wir unser Hauptaugenmerk auf die Kombination von
Tablett und Stift. Der Intuos2 Grip Pen hat eine ergonomische Form und einen
gummierten Griffbereich und ist für Freihandarbeiten gut ausbalanciert. Wie
bereits erwähnt, lässt sich der im unteren Drittel des Stiftes befindliche
längliche Doppelseitenschalter Duo-Switch mit bestimmten Funktionen belegen.
Standardmäßig ist der obere Taster als linker Mausklick und der untere als
rechter Mausklick vordefiniert. Doch die wirklich für uns interessanten
Teile sind die Spitzen. Sie werden aktiv, sobald sich ein Ende des Stifts
ca. 6 mm über der aktiven Fläche befindet. Die dünnere untere Spitze dient
allen ausgewählten Werkzeugen und Funktionen, während die dickere Spitze
ausschließlich als Radierer fungiert (das Radierwerkzeug muss dazu nicht
extra ausgewählt werden). Und mit diesen Spitzen kommt auch der große
Unterschied bei der Bildbearbeitung ins Spiel: das drucksensitive Arbeiten.
Hat man als Werkzeug z. B. den Pinsel ausgewählt und arbeitet mit der Maus,
so sind durch die Werkzeug-Optionen die Pinselgröße und Deckkraft
unveränderlich eingestellt. Verwendet man aber einen drucksensitiven Stift,
kann man sowohl die Deckkraft (bis zur per Schieberegler festgelegten
Deckkraft) als auch z. B. bei einem "weichen" Pinselrand die Pinselgröße
durch unterschiedlichen Druck auf das Grafiktablett variieren. Diese Vorzüge
werden im Grafik-Gewerbe schon lange eingesetzt. Doch wo zeigen sich nun die
Vorteile beim Einsatz zur Optimierung digitaler Fotos? Überall dort, wo
gezielt und dosiert bestimmte Effekte, Filter, Funktionen o. ä. auf einzelne
Bildbereiche angewendet werden, spielt das drucksensitive System seine
Stärken aus. Ob Nachbelichtung, Abwedler, Scharf- oder Weichzeichnen,
Radieren usw.: Durch gezielten (und geübten) Druckeinsatz erreicht man eine
ganz neue Präzision. Auch bei der Verwendung von Zusatz-Modulen von
Photoshop empfiehlt sich der Stift. Nicht grundlos hat Wacom eine zeitlang
seine Intuos-Produkte im Bundle mit Dfine von nik multimedia vertrieben.
Dfine Selective bietet eine Reihe von Optionen zur Rauschunterdrückung und
ebenso eine Reihe von Detail-Pinseln, die zur selektiven Rauschunterdrückung
und Detailoptimierung dienen. Bei Verwendung eines druckempfindlichen
Grafiktabletts lassen sich die Korrekturen in verschiedenen Stärkegraden
einbringen und somit noch besser kontrollieren. Auch im Bereich des
Composings, z. B. bei der Verwendung von Ebenenmasken, lernt man die Vorzüge
der Drucksensitivität schnell zu schätzen. Bei der Erstellung von Auswahlen
im Maskierungsmodus zeigt das Grafiktablett seine ganze Stärke. Besonders
weiche Übergänge lassen sich mit dem Airbrush schaffen. Wer dabei nicht nur
auf das Airbrush-Werkzeug seines Bildbearbeitungsprogramms zurückgreifen
möchte, kann aus dem Zubehör-Programm von Wacom einen speziellen
Airbrush-Stift (ca. 150 EUR) erwerben, mit dem die Handhabung noch mehr dem
Umgang mit einer Airbrish-Spritzpistole ähnelt.
Fazit: Wer sich bei der Bildbearbeitung oder -optimierung überwiegend
zwischen Zuschneiden, Tonwertkurve und Farbbalance bewegt und seine
Einstellungen fast immer auf das komplette Bild anwendet, dem werden sich
die Vorteile des Intuos2 (oder ganz allgemein eines drucksensitiven
Grafiktabletts) kaum erschließen. Wer aber seine Fotos detailliert
bearbeitet, hohe Ansprüche an das Endprodukt stellt oder im Bereich des
Bildcomposings tätig ist, wird beim Arbeiten mit dem Intuos2 eine
Unterstützung finden. Da die Intuos2-Produkte aber mit rund 230 EUR (DIN A6)
bis 1.000 EUR (DIN A3) nicht ganz billig sind, muss sich der Anwender sicher
einige Gedanken über das Kosten-/Nutzenverhältnis machen. Für einzelne
Anwendungen ist die Anschaffung sicher fraglich, für die dauerhafte,
produktive Bildbearbeitung bestimmt eine Bereicherung.