First Look
Ein erster Blick auf die neue Olympus E-3 DSLR-Kamera
2007-10-29 Die digitalkamera.de-Redaktion hatte einen Tag lang die Gelegenheit, das erste im deutschsprachigen Raum zur Verfügung stehende Vorseriengerät der Olympus E-3 eingehend in Augenschein zu nehmen. Dabei hielten wir es (im Gegensatz zu Besuchern der PhotoPlus Expo in New York) nicht für erforderlich, uns auf die Kamera drauf zu stellen, um deren mechanische Stabilität auszuloten. Vielmehr haben wir ein kritisches Auge auf Verarbeitung, Haptik und Praxiseinsatz geworfen. Insbesondere Autofokus und Bildstabilisator, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen sollen, haben wir erprobt. Dafür stand uns auch das neue 12-60mm-Zoomobjektiv mit Ultraschallantrieb zur Verfügung. (Benjamin Kirchheim)
Die Olympus E-3 begeistert gleich auf den ersten Blick bzw. beim ersten Anfassen. Die Kamera ist grundsolide gebaut und sehr gut verarbeitet. Das Metallgehäuse besteht aus einer Magnesiumlegierung in drei Teilen, und der wohlgeformte Handgriff schmiegt sich geradezu in mittelgroße Hände. Das Kameragewicht ist mit knapp 1,5 kg samt 12-60mm-Objektiv schon ganz ordentlich, und sie hält sich sicherer, wenn man beide Hände verwendet. Sowohl der Handgriff als auch die Rückseite sind teilweise mit einer aufgerauten, rutschfesten Gummioberfläche versehen, so dass man weder den Halt verliert noch direkt mit dem kalten Metallgehäuse in Berührung kommt. Es stören auch keine vorstehenden Ösen zur Anbringung eines Kameragurtes, denn die sind vorbildlich eingelassen. An Batterie- und Speicherkartenfach kann man sehr gut die butterweichen Gummidichtungen sehen, auch die Kameraknöpfe fühlen sich richtig gut an. Beim Drücken knacken sie nicht, sondern sie haben viel Hub und drücken sich butterweich – man hat regelrecht das Gefühl, die Dichtungen zu spüren. Man will die Kamera also am liebsten nicht mehr aus der Hand geben – "Klebefaktor" nennt sich das im Olympus-Jargon.
Dieses Gefühl guter Verarbeitung bekommt man auch beim Abnehmen des Objektivs oder Ausklappen des eingebauten Blitzgeräts, das mit einer Leitzahl von 13 (die wir mit unserer eigenen Messung bestätigen können) für ein integriertes Blitzgerät auch ganz gut Licht macht. Im Drahtlosmodus ist somit eine Steuerung von Blitzgeräten in einer Entfernung bis zu 10 Metern möglich. Dabei kann auf einem von vier Kanälen gearbeitet werden, damit sich E-3-Benutzer nicht gegenseitig stören. Die Blitzgeräte selber lassen sich in maximal drei Gruppen einteilen, die Leistungsabgabe der Gruppen ist dabei von der Kamera aus steuerbar. Die Blitzeinstellungen des internen Blitzes lassen ebenfalls kaum Wünsche offen. Im Drahtlosmodus kann man wählen, ob der Blitz nur die externen Blitzgeräte steuert oder auch selber zur Belichtung als Frontaufheller beiträgt. Zwar muss der Blitz manuell hoch geklappt werden, verfügt dann aber neben einer Automatik auch über eine Aufhellfunktion, eine Langzeitsynchronisation wahlweise auf den ersten oder zweiten Verschlussvorhang sowie eine manuelle Leistungsregelung von 1/1, 1/4, 1/16 und 1/64. Ein Vorblitz zur Vermeidung roter Augen ist ebenfalls möglich, aber dank des hoch ausklappenden Blitzes eher selten nötig. Selbstverständlich lässt sich die Blitzleistung auch korrigieren, und das sogar in einem Bereich von +/- 3 EV. Wen bisher die vorgegebene lange Synchronzeit im Automatikmodus gestört hat, findet selbst das nun im Menü unter "Zeit-Limit" einstellbar von 1/250 s bis zu 1/30 s.
Überhaupt sind die Individualisierungsfunktionen sehr umfangreich und lassen sich an dieser Stelle gar nicht alle beschreiben. So kann die Fn-Taste frei belegt werden, auch der Tausch mit der AEL-Taste ist möglich. Einstellräder können frei belegt werden, die Grenzen für die automatische Empfindlichkeitseinstellung sind ebenfalls wählbar. Wie von der E-410 oder E-510 gewohnt, kann man nach dem Aufruf des Info-Displays und einem Druck auf die OK-Taste die angezeigten Informationen ohne Umweg über das Menü verstellen. Etwas ungewöhnlich ist die Einstellung des Aufnahmeprogramms. Diese erfolgt nicht wie üblich über ein Programmwählrad, sondern über die Mode-Taste links vom Blitz zusammen mit dem hinteren Einstellrad. So kann man recht bequem zwischen Programmautomatik, Blendenautomatik, Zeitautomatik sowie manueller Einstellung und Bulb-Langzeitbelichtung wechseln.
Auf der Oberseite verfügt die Kamera über ein großes, beleuchtbares Info-Display, auf dem nicht nur zahlreiche Aufnahmeeinstellungen angezeigt werden, sondern mit dessen Hilfe auch die Änderung vieler Aufnahmeeinstellungen visuell dargestellt werden, z. B. wenn man die Empfindlichkeit mit dem Drücken der ISO-Taste und Drehen am hinteren Einstellrad auswählt – Werte über ISO 1.600 blinken dabei übrigens. Auch der Blick durch den Sucher begeistert. Er ist groß und hell und entspricht – trotz des kleinen FourThirds-Aufnahmesensors und der damit einhergehenden kleinen Mattscheibe – etwa der Größe anderer Mitbewerber mit APS-C-Aufnahmechip wie etwa der Nikon D200/D300 oder Pentax K10D. Unterhalb des Bildbereichs werden im Sucher zahlreiche Informationen eingeblendet, auch hier ist die Kamerabedienung mit visueller Kontrolle möglich, ohne das Auge vom Sucher zu nehmen – allerdings ist die Suchereinsicht mit Brille etwas eingeschränkt. Dies relativiert sich durch den Dioptrieneinstellbereich von -3 bis +1 dpt etwas.
Im Sucher werden auch die 11 Autofokuspunkte angezeigt. Olympus hat eigenen Angaben nach ein völlig neues AF-System entwickelt. Jeder der 11 Kreuzsensoren arbeitet mit 4 Datenpunkten und 8 Datenlinien, zur Erhöhung der Empfindlichkeit lassen sich die Punkte zusammen schalten. Der Autofokus soll somit bei bis zu -2 EV arbeiten, was schon verdammt dunkel ist. Diese Angaben konnten wir in der Praxis bestätigen. Der Autofokus findet in Situationen, wo es im Sucher längst zu dunkel zum manuellen Scharfstellen ist, noch sicher und recht zügig sein Ziel. Um den Autofokus möglichst schnell zu machen, setzt Olympus auf einen neuen Ultraschallantrieb direkt im Objektiv, der bei Olympus Supersonic Wave Drive (SWD) heißt. So soll der Fokusmotor nicht nur verzögerungsfrei anfahren, sondern vor allem auch abrupt ohne Nachlauf stoppen können. Dieses schnelle Bremsen soll das entscheidende Mehr an Autofokus-Geschwindigkeit bringen, so dass Olympus sich derzeit rühmt, den schnellsten Autofokus der Welt zu haben. Seriös messen können wir das mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln nicht. Es sei nur so viel gesagt: Der Autofokus geht sehr schnell zur Sache, allerdings genehmigt er sich bei schwierigen Kontrastverhältnissen auch gerne mal ein paar Millisekunden Bedenkzeit. Auch das Durchfahren des gesamten Fokusbereichs, wenn der Autofokus keinen vernünftigen Kontrast zum Scharfstellen findet, braucht durchaus seine Zeit. Der neue Olympus-Autofokus braucht also ein kontrastreiches Motiv, um seine volle Geschwindigkeit zu erreichen.
Auch in einem anderen Punkt will Olympus die Mitbewerber in den Schatten stellen. Der Bildstabilisator wurde deutlich verbessert. Der Gyro-Sensor, der für die Detektion der Kameraerschütterungen zuständig ist, soll viel empfindlicher arbeiten. Der Aufnahmesensor wird mit Ultraschallmotoren entgegengesetzt der Verwackelungsrichtung bewegt. Fünf Blendenstufen Gewinn will Olympus damit erreichen – andere Hersteller versprechen gerade mal drei oder höchstens vier Blendenstufen. Ein Test eines Bildstabilisators gestaltet sich allerdings sehr schwierig, denn jeder Mensch wackelt anders stark. So entstand im Test bei 120 mm kleinbildäquivalenter Brennweite und 1/4 s Belichtungszeit kein scharfes Bild. Erst bei 1/8 Sekunden waren die Bilder recht scharf, bei 1/15 Sekunde noch besser. Drei Blendenstufen schaffte die Kamera also beim Test sehr gut, bei vier Blendenstufen fängt es an kritisch zu werden – das sind aber immer noch sehr gute Werte.
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Die aufgenommenen Fotos landen wahlweise als JPEG oder RAW oder parallel in beiden Formaten auf der Speicherkarte. Die RAW-Dateien der 10-Megapixel-Kamera sind auf immerhin nur 9,2 MBytes komprimiert. Allerdings war der Datenfluss der Testkamera trotz schneller Speicherkarten und UDMA-Unterstützung etwas zäh – die 10-MByte/s-Grenze wurde nicht durchbrochen, obwohl Speicherkarten wie eine Sandisk Extreme IV in Kameras der Konkurrenz deutlich mehr schaffen. Möglicherweise nutzt Olympus mit der Vorserienfirmware noch nicht die volle Geschwindigkeit aus. Man erinnere sich nur an die Konica Minolta Dynax 7D, deren Karteninterface sich nach einem Firmwareupdate erheblich beschleunigte. Volle Geschwindigkeit erreicht hingegen der Serienbildmodus. Fünf Bilder pro Sekunde machen, auch im Zusammenspiel mit dem schnellen Autofokus und dem angenehmen Spiegelschlag, mit der E-3 richtig Spaß. Zudem steht eine zweite Geschwindigkeitseinstellung mit dem Namen "Low" zur Verfügung, im Menü kann eingestellt werden, ob diese mit ein, zwei, drei oder vier Bildern pro Sekunde arbeitet.
Fazit Die Olympus E-3 ist eine grundsolide Kamera, die sicher vor allem bei den Fans des E-Systems ein Zucken Richtung Brieftasche auslösen wird. Aber auch verglichen mit den Konkurrenten hat die Kamera so einiges zu bieten, allerdings hat das auch einen stolzen Preis, und das ist der vielleicht größte Kritikpunkt an der Kamera, auch wenn sie beim Anfassen durchaus den Eindruck macht, dieses Geld wert zu sein. Jedenfalls macht das Fotografieren mit der Kamera Spaß, und die Bedienung ist gut durchdacht und erlaubt zügiges Arbeiten. Sobald Testgeräte aus der Serienproduktion zur Verfügung stehen, werden wir die Kamera in einem ausführlichen Test genauer unter die Lupe nehmen.
Kurzbewertung
- eingebauter, leistungsfähiger Bildstabilisator
- sehr schneller Autofokus
- sehr gute, arbeitsfreundliche Ergonomie
- solide Verarbeitung mit abgedichtetem Gehäuse
- etwas zu hoher Preis
- Speichergeschwindigkeit könnte höher sein
- Autofokus beim LiveView nur zusammen mit "Spiegelklappern"