Nostalgie-Show
Epsons digitale Messsucherkamera R-D1 ausführlich vorgestellt
2004-03-17 Auf der PMA zum ersten Mal gesichtet und letzte Woche offiziell vorgestellt, genießt die weltweit erste digitale Messsucherkamera mit Wechselobjektivsystem, die Epson R-D1, die Aufmerksamkeit vieler unserer Besucher. Konnte die Neugierde der zahlreichen Enthusiasten bereits zum Teil durch unsere PMA-Meldung und durch die Freischaltung unseres entsprechenden digitalkamera.de-Datenblatts vorerst gestillt werden, wollen wir die R-D1 nun auch in Form einer ausführlichen Meldung beschreiben. (Yvan Boeres)
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Schon seit der PMA wissen unsere Leser über die Existenz dieses durchaus
interessanten Kamerakonzepts Bescheid. In unserer damaligen Meldung (siehe
digitalkamera.de-Meldung vom 16. Februar) konnten wir schon einige Bilder
der zu diesem Zeitpunkt noch namenlosen Kamera präsentieren und waren auch
die einzigen, die die Kamera als digitale Ausführung der Voigtländer Bessa-R
identifizierten und entsprechende Links zu der Voigtländer-Website mit
ausführlichen Informationen über die analoge Bessa-Produktlinie (Kameras +
Objektive) angeben konnten. Seit letzter Woche ist es offiziell: Die von
Epson zusammen mit Cosina entwickelte Kamera heißt R-D1 und basiert
tatsächlich auf einer Voigtländer/Cosina Bessa-R (genau genommen einer Bessa
R2).
Eine Kamera wie die Bessa-R oder die Epson R-D1 ist sicherlich keine
Digitalkamera für den Massenmarkt, sondern eher ein Nieschenprodukt für
Liebhaber bzw. Besitzer analoger Messsucherkameras. Jedenfalls ist die R-D1
für Fotografen gedacht, die zwar bereit sind, den "Traditionsbruch" zu
begehen und den Schritt in die Welt der digitalen Fotografie zu tun, aber an
ihren Gewohnheiten und ihrer Objektivsammlung festhalten wollen. So sieht
man der R-D1 auf den ersten Blick kaum an, dass sie eine digitale Kamera
ist. Selbst beim Blick durch den Sucher bleibt alles beim Gewohnten.
Anstelle von AF-Markierungen erwartet einen ein Mischbildindikator, bei dem
man zur Scharfstellung durch das Drehen am Fokussierring des Objektivs zwei
Teilbilder zum Überlappen bringen muss. Es ist also Handarbeit angesagt,
einen Autofokus sucht man bei der R-D1 vergebens – wobei die meisten
Traditionalisten dieses "Manko" eher als Tugend ansehen, schließlich will
man ja die vorhandene Ausrüstung weiter benutzen und die Objektive aus
dieser Sammlung bieten eh keinen Autofokus. An der R-D1 finden
Leica-M-Objektive bzw. Objektive mit Leica-M-Bajonett und Objektive mit
M39-Schraubgewinde (auch als Leica-L-Anschluss bekannt) via Adapter
Anschluss. Während die Leica-M-Objektive vor allem wegen ihrer meist
kompromisslos hohen Qualität (die allerdings auch ihren Preis hat) unter den
"Kennern" beliebt sind, erfreuen sich die Fans von M39-Objektiven über die
Existenz von einigen "Exoten" mit ausgesprochen gutem
Preis-/Leistungsverhältnis. Zu letzteren gehören u. a. solche
"Schmuckstücke" wie die Superweitwinkelobjektive Ultra Wide Heliar 12mm/F5.6
und Super Wide Heliar 15mm/F4.5 oder dem hochlichtstarken Nokton 35mm/F1.2,
die alle von Voigtländer angeboten werden. Andere Objektive sind wegen
mechanischen (das Objektivrückteil darf nicht tiefer als 20,5 mm in das
Gehäuse hineinragen) und/oder optischen (bei Superweitwinkelobjektiven
fallen vermutlich die Strahlen zu schräg auf den CCD ein, um korrekt erfasst
zu werden) Inkompatibilitäten nicht an der R-D1 verwendbar; eine
ausführliche Kompatibilitätsliste wird demnächst von Epson bzw. Cosina
veröffentlicht.
Bei allen Objektiven mit denen sich die R-D1 verträgt, muss man die
Brennweite faktisch um den Faktor 1,53 multiplizieren. Denn der in der R-D1
verbaute CCD-Chip ist kein Vollformat-Sensor mit 24 x 36 Millimetern,
sondern besitzt APS-C-Größe (23,7 x 15,6 mm). Dabei handelt es sich nicht –
wie auf einigen anderen Websites vermutet – um denselben CCD wie er z. B.
bei der Nikon D100 zum Einsatz kommt, sondern um eine "Sonderanfertigung"
mit spezieller Mikroprismenschicht. Rund 6 Millionen Pixel "bevölkern" den
CCD; die R-D1 liefert wahlweise RAW- oder JPEG-Bilddateien mit einer
Maximalbildgröße von 3.008 x 2.000 Bildpunkten, die auf
SecureDigital-Speicherkarten Platz finden. Selbst bei den Bedienelementen
hält sich die R-D1 weitgehend an die analoge Vorlage Bessa-R. So findet man
bei der R-D1, wie bei Kleinbild-Messsucherkameras gewohnt, u. a. einen
Schnellschalthebel, eine Rückspulkurbel, einen Brennweitenschalter (zur
Anpassung des Sucher-Leuchtrahmens an die Objektivbrennweite) und ein
Verschlusszeitenrad (mit eingefasstem Auslöser) vor, wobei einige dieser
Teile ihre ursprüngliche Funktion nicht mehr erfüllen. So dient zum Beispiel
der Schnellschalthebel selbstverständlich nicht mehr dem Filmtransport,
sondern nur noch zum Spannen des Verschlusses. Die Rückspulkurbel dient
ihrerseits jetzt dem Navigieren durch die Kameramenüs. Diese werden auf dem
großflächigen (2") und hoch auflösenden (235.000 Pixel) LC-Farbbildschirm
eingeblendet, der sich zur Seite aufklappen lässt und am sichtbarsten daran
erinnert, dass man es bei der R-D1 doch mit einer Digitalkamera zu tun hat.
Ein optischer Hingucker ist sicherlich auch die an eine Uhr erinnernde
Nadelanzeige zwischen dem Mittenkontakt-Blitzschuh und dem
Verschlusszeitenrad. Der Vergleich mit einer Uhr kommt nicht von ungefähr,
da Epson der Seiko-Gruppe angehört und so mancher eine Seiko-Uhr am
Handgelenk trägt. Die kreisrunde Anzeige gibt jedenfalls per Nadelausschlag
Auskunft über die eingestellte Bildqualität, die Weißabgleicheinstellung,
die Restbildmenge und den Akkuladestand. Der Akku ist übrigens ein
Lithiumionenakku; ein anderes digitalkameratypisches Merkmal, nämlich eine
Datenschnittstelle, besitzt die R-D1 dagegen überhaupt nicht (die
Anschaffung eines Kartenlaufwerks ist also Pflicht).
Weitere mal analog, mal digital verwandte Funktionen und
Ausstattungsmerkmale sind bei der R-D1 u. a. die verstellbaren
Empfindlichkeitsstufen (ISO 100/200/400/800/1.600), der
PC-Blitzsynchronanschluss, die Histogrammanzeige, die Hervorhebung der
Lichter, die mehrsprachige Menüführung, die Personalisierungsfunktionen, die
Weißabgleichfunktionen (Automatik + Voreinstellungen) sowie die Einstellung
diverser Kameraparameter (z. B. Scharfzeichnung, Farbsättigung,
Bildkontrast). Eingestellt wird die Belichtung manuell bzw. semi-automatisch
(Zeitenautomatik); eine Lichtwaage bzw. LED-Pfeilanzeige hilft im manuellen
Modus die korrekte "Paarung" von Verschlusszeit und Blende zu finden.
Ergänzende Informationen und Details zur Epson R-D1 finden unsere Leser wie
üblich im entsprechenden digitalkamera.de-Datenblatt. Da Epson Deutschland
die R-D1 erst nach der CeBIT offiziell vorstellen will, wir aber nicht bis
dahin warten wollten, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt, ob
Epson bis dahin einen Preis und einen Markteinführungstermin für die R-D1
nennen kann. An dieser Stelle müssen wir also spekulieren bzw. auf Angaben
von Epson in Japan zurückgreifen, wobei man dort bisher auch nur einen
ungefähren Markteinführungstermin (Sommer 2004) kommuniziert. Beim Preis
bleibt also genügend Raum für Spekulationen übrig; Branchen-Insider gehen
derzeit von einem Preis aus, der deutlich über der 2.000-EUR-Grenze liegen
müsste.