Keine Tags nötig: künstliche Intelligenz identifiziert Objekte

Excire Search Plugins für Lightroom bieten intelligente Bildersuche

2016-08-31 Mit Excire Search sind zunächst zwei Plug-ins für Adobe Lightroom erhältlich, die das Auffinden von Fotos in umfangreichen Bildersammlungen kinderleicht und rasend schnell machen soll – und ganz ohne manuelle Pflege von Suchwörtern auskommt. Gesucht werden kann entweder nach Suchbegriffen (Haus, Schiff, Auto, Flugzeug usw.) oder ein im Lightroom-Katalog vorhandenes Fotos dient einfach als Muster und die Excire Such-Engine findet in Sekundenbruchteilen alle Fotos mit ähnlichem Bildinhalt und zeigt das Suchergebnis in Lightroom an.  (Jan-Markus Rupprecht)

Das Expertenteam der Pattern Recognition Company GmbH (kurz PRC), einem Spin-off der Universität zu Lübeck, beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit Mustererkennung und Bildbearbeitung in industriellen Anwendungen und war damit normalen Endanwendern gänzlich unbekannt. Das soll sich nun ändern, denn neuerdings bietet das Unternehmen auch zwei Such-Plugins für Adobe Lightroom an, die sich auch an "normale Endanwender" richten. Zufällig liegen die Büros von PRC und der digitalkamera.de-Redaktion keine 500 Meter voneinander entfernt, sodass wir auf kurzem Wege die Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen mit den Ideengebern und Entwicklern von Excire Search hatten.

Wer viel fotografiert und seine Fotos gezielt wiederfinden will, musste seine Bilder bisher umfassend verschlagworten. Technische Infos, z. B. Aufnahmedatum, Kameramodell, verwendetes Objektiv und idealerweise auch Geodaten, sind im Foto gespeichert. Will man aber alle Katzenfotos oder alle Fotos mit Autos oder Sonnenuntergängen wiederfinden, musste man seine Fotos bislang konsequent mit Schlagworten ("Tags") versehen. Diese manuelle Verschlagwortung liegt aber nicht jedem.

PRC bietet mit seinen Plug-ins für Adobe Lightroom jetzt eine ganz neue, benutzerfreundliche Möglichkeit, Fotos wiederzufinden. Die manuelle Verschlagwortung wird dabei durch künstliche Intelligenz ersetzt. Die Software Excire Search analysiert die Fotos auf den Festplatten des Nutzers und weist diesen individuelle Signaturen zu. Hierbei werden Technologien des Deep Learning verwendet, einer speziellen Form des maschinellen Lernens. Excire Search hat damit selbstständig gelernt, Frauen, Männer, Hunde, Katzen, Häuser, Brücken, Autos, Schiffe, Flugzeuge usw. zu erkennen. 110 Suchbegriffe stehen heute schon für die Abfrage im Lightroom Plug-in Excire Search CT zur Verfügung.

Das zweite, schon erhältliche Modul aus der Excire-Plug-in-Familie heißt Excire EX und stellt eine Ähnlichkeits-Suche bereit. Hat man schon eines oder mehre Foto mit einem passenden Wunsch-Motiv gefunden, findet Excire EX blitzschnell alle anderen, ähnlichen Fotos. Ein Bild mit einem Haus als Vorlage findet alle anderen Fotos, auf denen Häuser sind. Oder ein Eiffelturm-Foto als Vorlage beispielsweise findet alle anderen Fotos, auf denen ein Turm zu sehen ist.

Aber auch Fotografen, die ein gut mit Suchbegriffen versehenes Bildarchiv besitzen, profitieren von dieser Ähnlichkeits-Suche, die zudem noch durch Farben (12 verschiedene Grundfarben) und Formate (Hochformat, Querformat, Quadratisch) ergänzt werden kann. Das eine Hochformat-Foto mit rotem Haus vor blauem Himmel ist so in Sekundenbruchteilen gefunden. Eine Demo-Version auf der Website des Herstellers (siehe weiterführende Links) veranschaulicht die Suche nach Stichworten, nach Ähnlichkeit und nach Bildeigenschaften und zeigt, was mit den Plug-ins für Lightroom (ab Version 5) möglich ist.

Technisch funktioniert die Sache so, dass alle Fotos auf den Festplatten des Anwenders zunächst von dem Excire Search Hintergrund-Prozess analysiert werden. Bei sehr umfangreichen Bildersammlungen mit mehreren 10.000 Fotos kann das durchaus einige Stunden dauern. Dies insbesondere dann, wenn die Fotos nur im Raw-Format vorliegen oder wenn bei sehr vielen Fotos Bildkorrekturen in Lightroom gemacht wurden (die nondestruktiv erfolgen, d. h. zunächst gar nicht aufs Ausgangsfoto angewendet werden). Excire Search muss solche Fotos dann zunächst exportieren, um anschließend das Ergebnis zu analysieren. Das Konvertieren und Exportieren großer Fotos kostet, je nach Leistungsfähigkeit des Rechners, verhältnismäßig viel Zeit. Bei sehr umfangreichen Sammlungen sollte man den Rechner bei der Erst-Analyse am besten einfach über Nacht laufen zu lassen. Einige hundert neue Fotos, die bei jedem neuen Speicherkarten-Import hinzukommen, analysiert Excire Search dagegen nahezu unmerklich im Hintergrund.

Für die eigentliche Analyse wird im Grunde nur eine kleine Version des Fotos benötigt. Tatsächlich, so sagten uns die Entwickler, werden alle hochauflösenden Fotos für die Analyse zunächst einmal auf eine kleinere Version heruntergerechnet. Extrem viel schneller geht die Analyse deshalb bei Katalogen, für die Adobe Lightroom bereits sogenannte Smart-Vorschauen erstellt hat (das wird normalerweise beim Importieren gemacht, der Prozess kann aber auch separat angestoßen werden). Smart-Vorschauen sind stark komprimierte Versionen der Original-Bilder, die nur wenig Speicherplatz auf der Festplatte benötigen, aber für die Bildschirmanzeige ausreichen. Sie ermöglichen in Lightroom sogar die Bearbeitung von Fotos, die derzeit gar nicht im Zugriff sind, z. B. weil sie auf einer nicht verbundenen externen Festplatte liegen. Solche Smart-Vorschauen sind ideal für Excire Search und werden zur Analyse vorrangig genutzt.

Die Plug-ins Excire CT (Suchbegriff-Suche, CT für „Content“) und Excire EX (Ähnlichkeitssuche, EX für „Example“) gibt es aktuell für MacOS X (Version 10.7 oder neuer). Die Versionen für Microsoft Windows werden voraussichtlich auf der Photokina vorgestellt und dann auch zeitnah erhältlich sein. Excire CT und Excire EX kosten zusammen 59,00 Euro. Einzeln kosten sie theoretisch 39,00 Euro, aber aktuell sind beide Versionen nur als Paket erhältlich. Das wird sich vermutlich ändern, wenn weitere Plugins auf den Markt kommen, die bereits in der Entwicklung sind: Eines wird es ermöglichen, die durch die intelligente Analyse automatisch ermittelten Tags in die Fotos zu schreiben (als sogenannte IPTC-Tags), das andere wird eine vollautomatische Qualitätsanalyse anhand technischer Kriterien vornehmen, sodass unter zahlreichen ähnlichen Fotos schnell die technisch besten Fotos gefunden werden können.

PRC zeigt Excire Search am Donnerstag, den 22.09.2016 auf der Photokina auf der Sonderfläche "Futurezone" in Halle 9.

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