Keine Treibersoftware mehr nötig
Firmwareupdate 2.00 macht Sony ZV-1 zur USB-Webcam
2021-02-09 Nachdem Sony letztes Jahr mit Hilfe einer Treibersoftware über 33 Kameras behelfsmäßig eine USB-Webcam-Funktion verpasste, folgt nun ein kostenloses Firmwareupdate für die Sony ZV-1, das nicht nur die Treibersoftware überflüssig macht, sondern auch das hervorragende Mikrofon der Kamera nutzbar macht. Dank UVC- und UAC-Standards funktioniert das kabelgebunden mit allen Geräten, die diese Standards unterstützen. Zudem sind mit bestimmten Xperia-Smartphones sogar mobile Livestreams möglich. (Benjamin Kirchheim)
Die Sony ZV-1 war von vornherein als Vlogger- und Videokamera mit guter Foto-Funktion konzipiert, daher ist es nur logisch, dass sie als erstes dieses Update erhält. Sony will aber auch weitere Kameras mit UVC und UAC nachrüsten. [Foto: Sony]
UVC (USB Video Class) und UAC (USB Audio Class) sind "uralte" USB-Standards, die von jeder einfachen Webcam verwendet werden. Dadurch sind keine speziellen Treiber notwendig, was die Kompatibilität mit verschiedenen Computersystemen und Softwarelösungen erhöht. Bereits Sigma setzt mit seiner fp auf diesen Standard (Testbericht siehe weiterführende Links) und auch Fujifilm machte letztes Jahr mit Firmwareupdates zumindest die Einsteigermodelle X-A7 und X-T200 mit UVC kompatibel (siehe weiterführende Links).
Zusätzlich hält die Firmware für die ZV-1 eine Besonderheit für Besitzer von Smartphones des Typs Xperia 1 II und Xperia 5 II bereit: Damit sind auch mobile Livestreams möglich und das Smartphone kann nicht nur als Kontrollmonitor verwendet werden, sondern auch Kommentare von Livestreams können dort verfolgt werden. Die Smartphones benötigen dafür das aktuelle Update auf Android 11, das seit letztem Monat verteilt wird.
Zudem hat Sony angekündigt, auch weitere Kameras per Firmwareupdate mit UVC und UAC zu versehen.
Kommentar
Nachdem durch die Corona-Pandemie bedingtes Home-Office die Bedeutung von Webcams und Livestreams schlagartig zunehmen ließ, was den Webcam-Markt leerfegte und für explodierende Preise sorgte (der Markt hat sich inzwischen wieder beruhigt), machten die Kamerahersteller mit Treibern ihre Digitalkameras behelfsmäßig zu Webcams. Nun folgt der nächste logische Schritt, der sich hoffentlich schnell und weit im Kameramarkt verbreitet. Sony könnte hier, wenn auch nicht der erste Hersteller mit dieser Funktion, zum Trendsetter werden, dem sich die anderen Kamerahersteller nicht entziehen können.
Per Micro-USB kann die Sony ZV-1 ohne weiteren Treiber als Webcam genutzt werden, auch ein externes Mikrofon für noch besseren Ton lässt sich anstöpseln. [Foto: Sony]
Die Vorteile liegen auf der Hand: Qualitativ hochwertige Webcams gibt es praktisch nicht, die meisten in Notebooks verbauten Geräte haben eine grauenhafte Qualität, vor allem bei den Farben und bei schlechtem Licht. Externe Webcams sind oft zwar etwas, aber nicht entscheidend besser. Webcams mit großen Bildsensoren (1" und aufwärts) gibt es unseres Wissens nicht am Markt, Digitalkameras mit großen Sensoren sind hingegen weit verbreitet.
Was liegt da näher, als eine sowieso vorhandene Kamera als Webcam zu nutzen? Schließlich bringen die Kameras alles mit: eine hohe Bildqualität, eine Videofunktion samt ordentlichen, teilweise sogar ziemlich guten Mikrofonen und externen Mikrofon-Anschlussmöglichkeiten, einen leistungsfähigen Bildprozessor und eine USB-Schnittstelle. Einzig ein kleines Stück Programmcode in der Firmware zur Unterstützung eines verhältnismäßig alten USB-Standards (UVC und UAC) fehlte da noch.
Die im vergangenen Jahr von allen großen Herstellern zur Verfügung gestellten Treiber waren nur Notlösungen. In der Regel wurde die Livebildübertragung der Kamera-Fernsteuerungsfunktion (Tethering) genutzt, so dass man ein mehr oder weniger schlecht (im Vergleich zu Full-HD) aufgelöstes Bild ohne Ton hatte. Auch ein HDMI-USB-Capture-Stick ist für die meisten Anwender eher eine Bastellösung.
Die nun per Firmwareupdate nachgereichte UVC-/UAC-Funktion will Sony nicht nur für die ZV-1 anbieten, sondern auch für weitere Kameras. Andere Hersteller ziehen hoffentlich nach. Ähnlich zu beispielsweise Bluetooth und WLAN könnte UVC/UAC zu einer Standardfunktion von neuen Kameras werden. Das könnte im Übrigen auch neue Käuferschichten erschließen, denn Livestreams werden für immer mehr Menschen interessant, was nicht nur bei YouTube und auf Social-Media-Webseiten wie Facebook und Instagram zu beobachten ist, sondern sogar Treiber für Plattformen wie Twitch ist, die komplett auf Livestreams setzen. Wir haben die USB-Webcam-Funktion übrigens inzwischen in unsere Kameradatenblätter aufgenommen.