Mittelformat-Kompaktkamera

Fujifilm GFX100RF mit 102 Megapixel und 28 mm F4 Objektiv angekündigt

2025-03-20 Mit der Fujifilm GFX100RF kommt die erste Mittelformat-Kompaktkamera auf den Markt. Sie ist zwar absolut gesehen nicht klein, für den 44x33 mm großen Mittelformatsensor aber schon. Der bringt es auf 102 Megapixel für Fotos, während Video maximal mit 4K-Auflösung und nur 30 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden können. Das Objektiv bietet eine Brennweite von 35 Millimeter, was 28 Millimeter im Kleinbildäquivalent sind, bei einer Lichtstärke von lediglich F4. Einen Bildstabilisator gibt es nicht, wohl aber einen Sucher, einen beweglichen Touchscreen und eine manuelle Bedienung mit vielen Drehrädern sowie ein bei Verwendung des mitgelieferten Zubehörs spritzwassergeschütztes Gehäuse.  (Benjamin Kirchheim)

Die Kategorie der Kompaktkameras steht nicht etwa für kleine Kameras, sondern für Kameras mit fest verbautem Objektiv. Der Trend in dieser Kategorie geht klar in Richtung größere Sensoren, so feiert etwa die X100-Serie von Fujifilm mit ihren Bildsensoren in APS-C-Größe so große Erfolge, dass sie trotz gesteigerter Produktion quasi dauerhaft ausverkauft sind. Mit der neuen GFX100RF treibt Fujifilm die Sensorgröße im Kompaktkamerasegment aber in vollkommen neue Dimensionen, war doch bisher beim Kleinbildformat Schluss.

Die GFX100RF hingegen besitzt einen 44x33 Millimeter großen Mittelformatsensor, der sensationelle 102 Megapixel auflöst. Das ermöglicht äußerst detailreiche Weitwinkelaufnahmen oder aber Teleaufnahmen entsprechend 63 Millimeter Kleinbildäquivalent mit gecropten 19 Megapixeln. Im Gegensatz zum neuesten X100-Modell oder den GFX-Wechselobjektivkameras ist der Sensor der GFX100RF jedoch fest verbaut und nicht zur Bildstabilisierung beweglich gelagert. Das ist einer der Kompromisse, die man für das relativ kleine und leichte Gehäuse eingehen muss.

Der zweite Kompromiss ist die Lichtstärke des Objektivs, die lediglich F4 beträgt. Die Brennweite beträgt 35 Millimeter, was durch den großen Bildsensor einem Kleinbildäquivalent von 28 Millimeter entspricht. Von der Schärfentiefe her kann man die Lichtstärke ebenfalls umrechnen, die entspricht F3,2. Auch das Objektiv besitzt keinen optischen Bildstabilisator. Die optische Konstruktion besteht aus 10 Linsen, die in 8 Gruppen angeordnet sind. 2 asphärische Linsen sollen Bildfehler minimieren. Zudem kommt die Nani-GI-Vergütung zum Einsatz, um Reflektionen zu reduzieren. Das Objektiv selbst bietet zwei Bedienringe, um den Fokus und die Blende optional manuell einstellen zu können. Automatisch wird mittels eines schnellen Motors fokussiert. Die Naheinstellgrenze beträgt kurze 20 Zentimeter.

Die Blende lässt sich in Drittelstufen bis F22 schließen. Für eine bessere gestalterische Freiheit gibt es einen einschwenkbaren Graufilter, der die Belichtungszeit um 4 Blendenstufen verlängert. So lässt sich bei hellem Sonnenschein besser mit Offenblende arbeiten oder aber abgeblendet besonders lange Belichtungszeiten für kreative Wischeffekte erzielen. Das Objektiv verfügt über einen bis zu 1/4.000 Sekunde schnellen Zentralverschluss. Das ist damit auch die kürzeste Blitzsynchronzeit, wobei die Fujifilm keinen internen Blitz bietet, immerhin aber einen TTL-Blitzschuh. Elektronisch kann sogar mit bis zu 1/16.000 Sekunde kurz belichtet werden. Die längste Belichtungszeit liegt hingegen bei 60 Minuten, was sehr lange Belichtungen ermöglicht.

Der Autofokus arbeitet mit auf dem Sensor integrierten Phasen-Sensoren sowie mit einer Kontrastmessung, es handelt sich also um einen hybrid-Autofokus. Dieser wird von mittels Deep Learning trainierten KI-Algorithmen unterstützt, die allerlei Motive erkennen und auch die Bewegungen des Motivs vorausberechnen und verfolgen. Erkannt werden Menschen samt Gesichtern und Augen, Tiere und Vögel sowie Flugzeuge, Autos, Züge und Motorräder.

Die Autofokus-Funktionen stehen auch im Videomodus zur Verfügung, wobei ein Antippen des Motivs auf dem Touchscreen genügt, damit es verfolgt wird. Beim Videomodus gibt es die dritte Einschränkung durch die geringe Gehäusegröße, denn der große Sensor produziert eine Menge Abwärme, die abgeleitet werden muss. So verzichtet Fujifilm auf 8K-Videos und sogar 4K60. Stattdessen kann maximal mit 4K30 oder Full-HD 60p aufgenommen werden. Hier gibt es immerhin einen digitalen Bildstabilisator und sogar die Möglichkeit, Videos in Apple ProRes HQ mit 10 Bit Farbtiefe und 4:2:2 Farbsubsampling mit 720 Mbps aufzunehmen, wofür man jedoch eine SSD per USB-C anschließen muss.

Per USB-C lässt sich die GFX100RF auch per USB Video Class ohne spezielle Treiber oder Software ganz einfach als Webcam betreiben. Dann liefert sie einen Videostream inklusive Ton in 4K mit 30 fps oder alternativ in FullHD mit 60 fps. Ein Stereomikrofon lässt sich genauso anschließen wie ein Kopfhörer zur Tonkontrolle und ein HDMI-Rekorder, wenn auch nur über eine Micro-HDMI-Buchse. Eine flache Tonwertkurve lässt sich ebenfalls einstellen, um den Dynamikumfang auf bis zu 13 Blendenstufen ausdehnen zu können.

Das Speicherkartenfach nimmt zwei SD-Karten auf, wobei die Schächte zu SDHC, SDXC, UHS I und UHS II kompatibel sind. Der große Akku des Typs NP-W235 ist aus anderen Fujifilm-Kameras bekannt und bringt es auf 820 Fotos gemäß CIPA-Standard oder 100 Minuten 4K-Video. Geladen wird er intern via USB-C, worüber auch eine Dauerstromversorgung möglich ist.

Das Gehäuse selbst misst lediglich 13,4 Zentimeter in der Breite, 9 Zentimeter in der Höhe und 7,7 Zentimeter in der Tiefe – inklusive Objektiv. An der flachsten Stelle misst das Gehäuse nur 3,7 Zentimeter. Die Deckplatte wird aus einem Stück Aluminium gefräst, und das Gehäuse besitzt eine kleine Handgriffwölbung sowie eine rutschfeste Gummierung. Mit 735 Gramm inklusive Akku und Speicherkarte ist die GFX100RF die leichteste Mittelformatkamera, die Fujifilm bisher gebaut hat – wobei das fest verbaute Objektiv im Gewicht schon mit drin ist.

Wie bei den neueren X100-Modellen ist das Gehäuse bei Verwendung eines Adapterrings samt Schutzfilter gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet, bei der GFX100RF wird dieses Zubehör aber gleich mitgeliefert. Daran lassen sich auch andere 49 Millimeter Filter anschließen oder aber die ebenfalls mitgelieferte Gegenlichtblende. Sowohl für die Blende als auch für das Objektiv selbst sind passende Schutzdeckel im Lieferumfang.

Das Gehäuse ist im Messsucherdesign gehalten und besitzt zahlreiche Einstellringe, um beispielsweise die Belichtungszeit, die Belichtungskorrektur und die ISO-Empfindlichkeit manuell einstellen zu können. Zudem gibt es ein Seitenverhältnis-Einstellrad, womit sich statt des nativen 4:3 auch Seitenverhältnisse von 3:2, 16:9, 1:1, 17:6, 7:6, 5:4, 3:4 und 65:24 einstellen lassen. Unterstrichen wird der Retro-Anspruch durch die Möglichkeit, einen klassischen Drahtauslöser in den Auslöseknopf schrauben zu können. Alternativ kann ein Kabelfernauslöser an der Mikrofonbuchse angeschlossen werden.

Links oben auf der Gehäuserückseite befindet sich der im Kleinbildäquivalent 0,84-fach vergrößernde OLED-Sucher mit feinen 5,76 Millionen Bildpunkten Auflösung. Die Dioptrienkorrektur ist mit einem Bereich von -5 bis +3 Dioptrien sehr breit aufgestellt. Der rückwärtige Touchscreen misst 8 Zentimeter in der Diagonale und löst 2,1 Millionen Bildpunkte auf. Er besitzt ein Seitenverhältnis von 3:2, wobei der Platz außerhalb des Bildfelds laut Fujifilm optimal für Einblendungen von Aufnahmeparametern verwendet wird. Der Touchscreen lässt sich nach oben und unten neigen.

Was bei Fujifilm ebenfalls nicht fehlen darf, sind die charakteristischen Filmsimulationsmodi, auch wenn die GFX100RF im Gegensatz zu anderen jüngeren Fujifilm-Kameras kein dediziertes Drehrad dafür besitzt. 20 verschiedene Filmsimulationen lassen sich dabei einstellen, wobei die Auswahl die Nachahmung echter Analogfilme wie dem berühmten Velvia genauso beinhaltet wie die von "ausgedachten" Filmen für einen speziellen Look, etwa Classic Chrome. Auch Schwarzweiß, Sepia, ein Filmkorn, Eterna, Bleach Bypass oder Acros sind mit dabei. Es gibt zuschaltbare Color-Chrome-Effekte und auch einen Hautweichzeichner. Alles selbstverständlich für Foto- und Videoaufnahmen.

Drahtlos ist die GFX100RF ebenfalls gut aufgestellt. Sie funkt mit Bluetooth 4.2 sowie AC-WLAN. Damit lässt sich nicht nur dauerhaft eine Verbindung zu einem Smartphone oder Tablet aufbauen, um dessen GPS-Funktion zum Live-Geotagging zu nutzen, sondern auch eine Bildübertragung und Fernsteuerung samt Livebild sind dank des schnellen WLANs möglich. Selbst Firmwareupdates können auf diesem Wege eingespielt werden. Darüber hinaus wird der Camera-to-Cloud-Dienst Frame.io unterstützt, um den Workflow von der Aufnahme bis zur Bildbearbeitung zu vereinfachen.

Eine solche Mittelformatkamera hat allerdings auch ihren stolzen Preis. Knapp 5.500 Euro verlangt Fujifilm für die GFX100RF, die ab April 2025 in Silber-Schwarz oder Schwarz erhältlich sein soll. Der Lieferumfang ist mit Adapterring, Schutzfilter, Aluminium-Gegenlichtblende, zwei Deckeln, USB-Kabel und Schulterriemen umfangreich; nur ein Netzteil wird nicht mitgeliefert. Ein passendes USB-C-Netzteil mit Power-Delivery dürften aber die meisten bereits besitzen.


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