Pixelschliff
Fujifilm kündigt 4. SuperCCD-Generation an
2003-01-22 Auch wenn die Pixel des SuperCCDs von Fujifilm mit ihrer Wabenform eigentlich schon genug Ecken und Kanten haben, "schleift" Fujifilm immer weiter daran. Kein Jahr hat Fujifilm seit der Einführung des neuartigen CCD-Konzeptes im Jahre 2000 ausgelassen, um neue, leistungsfähigere Generationen des SuperCCDs auf den Markt zu bringen. Der kommende ist ein ganz besonderer Jahrgang, denn mit der mittlerweile vierten SuperCCD-Generation gibt es gleich zwei Weiterentwicklungen, den SuperCCD HR und den SuperCCD SR. (Yvan Boeres)
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Hinter den beiden Kürzeln HR und SR verbergen sich zwei CCD-Sensoren mit
grundverschiedener Ausrichtung, die aber beide auf der SuperCCD-Architektur
aufbauen (vgl. digitalkamera.de-Hintergrundartikel vom 22.10.1999). Wie
schon seit der ersten SuperCCD-Generation ist das Kernstück der neuen bzw.
vierten Generation ein 1/1,7"-CCD-Bildwandler mit wabenförmigen
Pixelelementen. Im Vergleich zu früheren SuperCCDs konnte diesmal die Anzahl
der Pixel auf gleicher Fläche fast verdoppelt werden: Statt rund 3,1
Millionen finden künftig ca. 6,7 Millionen Pixelelemente Platz.
Diese Platzersparnis bzw. Miniaturisierung hat sich Fujifilm bei der
vierten SuperCCD-Generation gleich für zwei Entwicklungen zunutze gemacht.
Die nahe liegende Entwicklung ist der SuperCCD HR, wobei "HR" für "High
Resolution" (hohe Auflösung) steht. Die 6,63 Millionen Pixel haben
SuperCCD-typisch eine wabenförmige Struktur und besitzen grundsätzlich die
gleichen Eigenschaften wie die früheren SuperCCD-Generationen. So zum
Beispiel die Möglichkeit (bzw. die Notwendigkeit), die Bilder bei guter
Qualität stärker zu interpolieren als bei Kameras mit herkömmlichem
CCD-Sensor mit quadratischen oder rechteckigen Pixeln. Aus den 6,63
physikalisch vorhandenen Pixeln werden so Bilddateien mit bis zu 12,3
Millionen Bildpunkten (4.048 x 3.040 Bildpunkte) erzeugt. Die Erfahrung
zeigt, dass die von SuperCCDs erzeugten Bilder vom Auflösungsvermögen her
zwischen der physikalischen und interpolierten Auflösung liegen, sich in
diesem Fall also mit Kameras messen könnten, die mit einem "konventionellen"
7- oder 8-Megapixel-CCD-Sensor ausgerüstet wären.
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Doch mehr Pixel auf einen gleich großen Chip unterzubringen ist
allerdings noch lange nicht so spektakulär wie die zweite
SuperCCD-Innovation von Fujifilm. Beim SuperCCD SR hat man ebenfalls von der
Miniaturisierung profitiert, hier jedoch auf eine viel raffiniertere Weise.
Fujifilm hat sich in diesem Fall vom Farbnegativfilm inspiriert lassen, der
mit Kristallen bzw. "Körnern" verschiedener Formen beschichtet ist. Je nach
Farbschicht besitzt ein Farbnegativfilm unterschiedlich große – und folglich
unterschiedlich lichtempfindliche – Silberhalogenid-Körner. Nach demselben
Prinzip funktioniert der SuperCCD-SR-Sensor. Statt 6,7 Millionen
Pixelelementen mit gleicher Lichtempfindlichkeit besitzt der Super CCD SR
jeweils 3,35 Millionen so genannte R-Pixel und S-Pixel. Die großen S-Pixel
verfügen wegen ihrer Größe über eine hohe Lichtempfindlichkeit, die
flächenmäßig viel kleineren R-Pixel hingegen über eine niedrige
Empfindlichkeit. Wozu diese Aufteilung in große und kleine bzw.
hochempfindliche und niedrigempfindliche Pixel? Bei jedem CCD bündeln
mikroskopisch kleine Sammellinsen die vom Objektiv eingefangenen
Lichtstrahlen auf den einzelnen Pixelelementen. Der SuperCCD vierter
Generation teilt sozusagen die Lichtstrahlen und "belichtet" so gleichzeitig
die S- und R-Pixel. Es findet also ohne Zeitverzögerung eine Art
"Doppelbelichtung" statt, bei der die S- und die R-Pixel dasselbe Bild in
zwei unterschiedlichen Empfindlichkeiten liefern. In beiden Bildern sind die
Helligkeitswerte unterschiedlich verteilt. Das "helle" Bild enthält
Informationen, die das "dunkle" Bild nicht enthält und umgekehrt. Aus den
jeweiligen Informationen rechnet die Kamera dann ein "Super-Bild" zusammen,
das über einen erweiterten Kontrast- bzw. Informationsumfang verfügt.
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Überbelichtung (+ 1 EV) mit SuperCCD
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Überbelichtung (+ 1 EV) mit SuperCCD SR
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In der Praxis hat der erweiterte Kontrastumfang eine sehr wichtige
Bedeutung. Eine Kamera bzw. dessen Film oder Bildwandler kann nur eine
begrenzte Anzahl von Helligkeitsstufen wahrnehmen. Genauso wie wir nicht
mehr alle Details wahrnehmen können, wenn es zu hell/grell oder zu dunkel
ist, hat eine Kamera bzw. ein Film/Bildwandler auch seine Grenzen. Ist es zu
hell, können wir eine Sonnenbrille aufsetzen – sehen aber mit Sonnenbrille
nicht mehr so gut, wenn es dunkel ist. Setzen wir hingegen die Sonnenbrille
ab, sehen wir besser im Dunkeln; bei grellem Licht aber nicht mehr so gut.
Der SuperCCD SR von Fujifilm hat sozusagen Pixel mit Sonnenbrille und Pixel
ohne Sonnenbrille. Dadurch "sieht" der SuperCCD SR mehr als ein
herkömmlicher Film oder Bildwandler. Wenn dieser Sensor hält, was er
verspricht, stellt er zweifellos eine kleine Revolution dar, denn bisher
konnten CCDs einen eher bescheidenen Kontrastumfang bewältigen. Im
günstigsten Fall lag dieser zwischen dem eines Dia-Filmes (5 bis 6
Blendenstufen) und eines Farbnegativfilmes (7 bis 9 Blendenstufen).
Besonders anfällig sind die meisten CCDs auf Überbelichtung: Bereits bei 1
bis 2 Blenden Überbelichtung bzw. bei extremen Motivkontrasten enthalten die
hellsten Bildpartien ("Lichter") keinen Helligkeitsunterschiede
("Zeichnung") mehr. Besonders deutlich wird dies bei Motivpartien mit hohem
Reflexionsvermögen wie etwa die weiße Seide eines Brautkleides oder
weiß-glänzendes Porzellan. Deshalb belichten viele Digitalkameras etwas
knapp, um zumindest einige Details in den Lichtern zu retten. Fujifilm nennt
zwar keine konkreten Zahlen, gibt aber an, dass der SuperCCD SR einen im
Vergleich zu bisherigen Fujifilm-Digitalkameras viermal höheren
Kontrastumfang bewältigen kann. Man geht davon aus, dass der SuperCCD SR
einen Kontrastumfang von insgesamt 11 Blenden verkraften kann. Die beiden
Beispielbilder verdeutlichen, wozu der SuperCCD SR im Ansatz fähig ist. Bei
einer Blende Über- bzw. Unterbelichtung gehen schon beim herkömmlichen
SuperCCD in den Lichtern und Schatten Details verloren, die beim SuperCCD SR
noch im Bild enthalten sind. Eine Testreihe von Bildern, die Fujifilm uns
vorgelegt hat, zeigt dass der SuperCCD SR sogar noch bei drei und vier
Blendenstufen Über- bzw. Unterbelichtung eine Menge aus dem Bild herausholt.
Bei stärkeren Über-/Unterbelichtungen muss man dann mit einem
Qualitätsverlust rechnen, der aber weit weniger ausgeprägt ist, als man es
von konventionellen CCD-Kameras gewohnt ist.
Bei der vierten SuperCCD-Generation besteht also grundsätzlich die Wahl
zwischen einem Sensor mit sehr hoher Auflösung und einen mit erweitertem
Kontrastumfang. Der hoch auflösende SuperCCD HR liefert mit seinen "ganzen"
Pixeln eine Bilddatei mit 12,3 Megapixeln (4.048 x 3.040 Bildpunkte), der
SuperCCD SR mit seinen "geteilten" Pixeln hingegen "nur" 6 Megapixeln
(2.832 x 2.128 Bildpunkte). Die interessante Frage ist deshalb, wie Fujifilm
die beiden neuen SuperCCD-Sensoren innerhalb der FinePix-Produktlinie
platzieren wird. Wird es zwei Ausführungen einer Kamera – einmal mit hoher
Auflösung und einmal mit erweitertem Kontrastumfang – geben? In knapp
anderthalb Monaten könnte es schon eine Antwort auf diese Fragen geben, wenn
Fujifilm auf der PMA (2. bis 5. März) in Las Vegas und/oder auf der CeBIT
(12. bis 19. März) in Hannover neue Produkte vorstellt. Fujifilm will noch
nichts verraten, aber aus den Daten der neuen SuperCCDs geht hervor, dass
eine damit ausgerüstete Kamera die o. g. Auflösungen, eine 14 Bit-A/D-Signalverarbeitung
und einen einstellbaren Empfindlichkeitsbereich von ISO 200 bis 1.600
(letztere Empfindlichkeitsstufe bei 1.280 x 960 Pixel) bieten könnte. Was
Fujifilm immerhin verrät, ist, dass die neuen SuperCCD-Sensoren
hauptsächlich in Consumer- und Prosumer-Kameras bzw. "geschlossenen
Systemen" eingebaut werden sollen. Das ist auch nahe liegend, da Kameras wie
die FinePix F601 Zoom oder die FinePix S602 Zoom bereits heute über die
gleiche Sensorgröße von 1/1,7" verfügen. Mit dem SuperCCD HR und SuperCCD SR
hat Fujifilm jedenfalls einen tollen Grundstein für eine neue
Kamerageneration gelegt, auf die man sicherlich gespannt sein darf.