Die feine Art zu drucken
Grundlagen Fotopapiere, Teil 2: Fine-Art-Papiere
2007-06-21 In der heutigen Folge unserer Papierserie beschäftigen wir uns mit Fine-Art-Papieren. Das Attribut "Fine Art" ist in und wird heutzutage gerne Produkten angehängt, um sie höherwertig erscheinen zu lassen. Vielerorts herrscht die Meinung, dass Fine Art mit dicken und matten Papieren gleichzusetzen ist. Aber so einfach ist es nicht. Welche Qualitätskriterien echte Fine-Art-Papiere erfüllen müssen und für welche Zwecke man sie am besten einsetzt, werden wir im folgenden Beitrag klären. (Daniela Schmid)
Fine-Art-Papiere sind Künstlerpapiere bzw. leiten sich davon ab. Begonnen hat die Ära der Inkjet-Fine-Art-Papiere 1997, als der traditionelle deutsche Papierhersteller Hahnemühle anfing, seine Künstlerpapiere für den Tintenstrahldruck zu beschichten. Nach einem Jahrzehnt feiert Hahnemühle Geburtstag mit einem Portfolio von 24 Medien, die sich für Digitalfotografen eignen. Die Beschichtung der Fine-Art-Papiere ist häufig eine matte poröse Beschichtung. Sie ist von der Zusammensetzung her ähnlich wie die mikroporöse, die für den normalen Fotodruck eingesetzt wird (siehe Link zur Papierkunde Teil 1). Die Schicht, die auf Fine-Art-Papiere aufgetragen wird, ist wesentlich gröber. Sie besteht überwiegend aus Kieselsäure (Silica), Bindemittel und – je nach Anwendung – optischen Aufhellern. Ein großer Unterschied zu normalen Fotopapieren ist die fehlende Sperrschicht zwischen Papierträger und Tintenaufnahmeschicht. Ist die Empfangsschicht übersättigt, dringt die Tinte in die Grundschicht ein, die Farben verlaufen, und das Papier beginnt sich zu wellen (cockling). Um das zu verhindern, sind die Fine-Art-Beschichtungen besonders hoch auflösend. Bei niedrigen Grammaturen (Gewicht in Gramm pro Quadratmeter) kann es trotzdem in bestimmten Fällen zu Problemen kommen, wenn beispielsweise die Druckköpfe mit dem sich wellenden Papier in Berührung kommen. Abhilfe schafft ein RIP (Raster Image Processor), den Profifotografen und -labore einsetzen; er kann beim Tintenauftrag regelnd eingreifen. Die naheliegendste Alternative ist eine andere Treibereinstellung für das entsprechende Papier.
Neben der fehlenden Beschichtung gibt es noch weitere Unterschiede zum regulären Fotopapier. An Fine-Art-Papiere wird der Anspruch einer hohen Haltbarkeit gestellt. Aus diesem Grund muss das Papier säure- und ligninfrei sein. Das schützt vor Säurefraß und Vergilben. Das Papier wird daher entweder aus Alpha-Zellulose oder Linters hergestellt (Linters bestehen aus dem Fasermaterial der Samenkapsel der Baumwollpflanze). Ein weiterer wichtiger Punkt bei den Fine-Art-Papieren ist die Verwendung von optischen Aufhellern bzw. ihre Nicht-Verwendung. Optischen Aufhellern wird nachgesagt, dass sie schnell verfallen und damit die Optik des Papiers beeinträchtigen. Aus diesem Grund versuchen die Hersteller von Fine-Art-Papieren weitestgehend auf deren Verwendung zu verzichten. Das ist natürlich nicht immer möglich, da viele Fotografen hochweiße Papiere wünschen. Es gibt daher naturweiße Papiere, die keine Aufheller besitzen, weiße Papiere mit wenig Aufheller und hochweiße Papiere mit einem Weißgrad von 100 bis 110 Prozent. Bei der Verwendung von Alpha-Zellulose und Linters kann höchstens ein Weißgrad von maximal 95 Prozent erreicht werden. Optische Aufheller sind also nötig, aber in Maßen. Im Falle von Hahnemühle wird der Einsatz von optischem Aufheller bei hochweißen Papieren auf 0,1 bis 0,8 Prozent beschränkt. Diese werden direkt der Papiersubstanz zugefügt und nicht nur der Tintenaufnahmeschicht wie beim herkömmlichen Fotopapier.
Das, was ein Fine-Art-Papier auf den ersten Blick ausmacht, ist die Optik und die Haptik. Es sollte sich wie ein hochwertiges Künstlerpapier anfühlen, die Struktur muss erkenn- und fühlbar sein und dem Bild einen besonderen Touch verleihen. In der Optik gibt es auch im Fine-Art-Segment die Wahl zwischen glatt und stärker strukturiert oder matt, seidenmatt und glänzend. Im direkten Vergleich mit Fotopapier wirken die Fine-Art-Kandidaten meist rauer und fusseliger. Das kann bei manchen Druckern zu Problemen beim Papiereinzug führen, wenn Faserteile und anderer Papierabrieb die Transportrollen behindern. In manchen Fällen hilft es, einfach einige Normalpapiere durch den Drucker zu lassen, um den Schmutz abzuführen. Die Haptik des Papiers wird durch die Dicke bzw. das Volumen beeinflusst. Grammaturen über 300 g/m² sind beim Fine-Art-Printing durchaus üblich. Dieses Papiergewicht ist bei den meisten handelsüblichen Fotodruckern die Obergrenze dessen, was die Druckerhersteller für empfehlenswert halten. Für die "ganz dicken Dinger" (also Karton) empfiehlt sich entsprechend ein höherwertiger Drucker. Die Auswahl im Bereich bis 300 g/m² ist aber bei den meisten Papierherstellern für Fine-Art-Drucke ausreichend groß, so dass man auch mit dem eigenen Fotodrucker Drucke in Leinwandoptik erstellen kann. Für den Umgang mit Fine-Art-Medien gilt es zu beachten, dass Papiere aus Zellulose-Fasern stärker auf Feuchtigkeitsschwankungen reagieren als die mit Baumwollfasern. Eine Luftfeuchtigkeit zwischen 30 und 60 Prozent ist für die Papierlagerung ideal. PE-gesperrte Fotopapiere reagieren auf Luftfeuchtigkeit längst nicht so empfindlich und bleiben stabil. Fine-Art-Papiere müssen außerdem einen großen Farbraum und sattes Schwarz darstellen können, denn das ist es, was die Fine-Art-Papierhersteller sich auf die Fahnen schreiben. Die Farbdichte wird in Dmax angegeben und sollte bei der Druckfarbe Schwarz über 2,5 liegen.
Typische Fine-Art-Papiere sind beispielsweise Kupferdruckpapiere, Leinwand, Baumwollpapiere oder Büttenpapier. Echtes Büttenpapier erkennt man am gerissenen Rand. In der Hahnemühle wird dieses Papier noch auf traditionellen Rundsiebmaschinen hergestellt. Diese sind zwar mittlerweile technisch ausgefeilt, das Prinzip ist aber immer noch das Gleiche wie schon vor einigen hundert Jahren. Das Faser-Wassergemisch wird auf den Rundsiebzylinder aufgetragen, damit das Wasser abfließen kann. Das Vlies wird von einem Filz übernommen und in die Nasspressenpartie geführt und anschließend getrocknet. Für diese hochwertigen Spezialpapiere, die oft den Einsatz eines speziellen Profidruckers wie die HP Designjet-Serie erfordern, bieten viele Hersteller auf ihren Webseiten ICC-Profile für das Farbmanagement an. Diese Dateien enthalten Tabellen, mit deren Werten die Farben der Bilddatei in die Druckfarben umgewandelt und auf die Papieroberfläche angepasst werden sollen. Sobald die Datei in das richtige Verzeichnis kopiert wurde, kann sie in Photoshop unter "Drucken mit Vorschau" ausgewählt werden. Papiersorte und -qualität müssen laut Vorgaben angepasst und das eigene Farbmanagement abgeschaltet werden. Nur dann kann das ICC-Profil richtig greifen.
Es ist nicht ganz einfach, am eigenen Fotodrucker hochwertige künstlerische Ergebnisse zu erzielen. Fine Art Printing ist eine hohe Kunst, die viel Erfahrung und Know-how erfordert. Wer eine Ausstellung plant und sich bisher nicht viel mit dem Thema beschäftigt hat, der tut gut daran, sich an einen Fachmann zu wenden. Wer gerne einmal andere Effekte erzielen möchte und sein Bild mit bilderbuchhafter Toskanalandschaft gerne mal in Gemäldeoptik ausdrucken möchte, der kann mit Papieren wie Hahnemühle "German Etching" oder "Monoprint Avignon Smooth" schöne Effekte erzielen. Denn das ist der Punkt von Fine Art Printing – etwas Einmaliges, künstlerisch Wertvolles zu schaffen, kurz ein Kunstwerk. Hahnemühles "Photo Rag Pearl 320" ist dieses Jahr sogar mit dem TIPA-Award für "Bestes Fine Art Inkjet Papier" ausgezeichnet worden. Papiere mit hoher Opazität (am besten > 96 Prozent) können bei entsprechender Beschichtung beidseitig bedruckt werden und eignen sich damit für Fotoalben oder Kunstbücher. Wer nicht allzu viel Geld ausgeben möchte, sich aber auch nicht auf ein Papier festlegen möchte, der kann über Datacolor/Colorvision eine Musterbox mit je fünf Bögen sieben verschiedener Fine-Art-Papiere von moab bestellen. Die Kosten liegen bei 24 EUR plus Versand und Steuer. Mit Grammaturen zwischen 190 und 300 Gramm, verschiedenen Weißgraden und Beschichtungen bietet diese Box einiges an Potential für Einsteiger. Tecco offeriert beim Herunterladen seines Farmanagementtools Tecco:Print die Zusendung kostenloser Muster in Matt, Luster und Baryt an. Weitere Fine-Art-Papiere führen unter anderem Monochrom, Permajet, Ilford, Tetenal, Crane, Lumijet, Innova und Canson. Die wichtigsten finden sich unter www.fine-art-papiere.de (siehe weiterführende Links). Auch Canon, Epson, Kodak und HP haben hochwertige Papiere im Angebot, die sich für den Fine-Art-Druck eignen. Wer sich mit dem Thema Fine Art näher beschäftigen möchte, findet mit dem alle zwei bis drei Monate erscheinenden Magazin "Fine Art Printer" eine hervorragende Lektüre.