Bewegte Bilder enträtselt
Hintergrundinformationen zu Videoformaten
2004-03-10 Digitalkameras holen in der Videoqualität gegenüber den Camcordern immer mehr auf. Längst gibt es zahlreiche Digitalkameras mit Videoauflösungen von 640 x 480 Bildpunkten bei ruckelfreien 30 Bildern pro Sekunde, ein Modell schafft gar 800 x 600 Bildpunkte bei 15 Bildern pro Sekunde. Was jedoch ist genau ein Video? Welche Formate spielen dabei eine Rolle und wie ist die Qualität? Mit welchen Programmen können Videos abgespielt und konvertiert werden? Auf diese und einige andere Fragen geht dieser Grundlagenartikel ein. (Benjamin Kirchheim)
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In der Auflösung und Bildrate ziehen Digitalkameras mit Camcordern
gleich, das sind jedoch nicht die einzigen Qualitätskriterien. Eine hohe
Auflösung sorgt für viele sichtbare Details, eine hohe Bildrate für
ruckelfreie Bewegungen. Nachteile haben Digitalkameras in der
Speicherkapazität, die meistens auf wenige Minuten begrenzt ist, in
fehlendem Brennweitenbereich, schlechter Tonqualität, fehlender
Bildstabilisierung und zu langsamen Autofokus- und
Belichtungsnachführungsautomatiken. Gerade in den letzten beiden Bereichen
holen die Digitalkameras immer mehr auf, starkes Zoom und einen
Bildstabilisator bieten jedoch nur sehr wenige Modelle. Nichtsdestotrotz
werden Digitalkameras für kleine Erinnerungsvideos immer interessanter, die
Bildqualität übertrifft durchaus die von alten analogen Camcordern.
Die Aufnahmeverfahren der Digitalkameras sind recht simpel: In schneller
Folge werden Bilder gemacht und komprimiert, synchron dazu wird Ton
aufgenommen. Von Serienbildern unterscheidet sich das nur bezüglich
Auflösung und Kompression sowie durch die gleichzeitige Tonaufnahme.
Entsprechend einfach sind die gängigen Videoformate von Digitalkameras:
Motion-JPEG komprimierte Videos im Windows-verbreiteten AVI-Format oder im
Apple QuickTime-Format. Motion-JPEG sind JPEG-komprimierte Einzelbilder,
entsprechend hoch ist der Speicherplatzbedarf.
Bessere Videokompressionen errechnen die Unterschiede zwischen zwei
Folgebildern – die oft sehr gering sind – und speichern nur diese. Bleibt
der Hintergrund gleich und bewegt sich nur ein Objekt im Bild, kann durch
dieses Verfahren viel Speicher gespart werden. Nachteile ergeben sich bei
Übertragungsfehlern: Ist eine der Bildinformationen fehlerhaft, bleibt
dieser Fehler erhalten, bis ein neues Vollbild im Video kommt. In bestimmten
Abständen werden daher komplette komprimierte Bilder gespeichert, damit
solche Fehler nur über einen kurzen Zeitraum sichtbar sind. Bei
verlustbehafteter Kompression wird auch auf die Eigenarten des menschlichen
Auges Rücksicht genommen. So hat der Mensch viel mehr und empfindlichere
Rezeptoren für Helligkeit als für Farbe (daher ist nachts auch alles grau).
In der Bildinformation werden deshalb Farbe und Helligkeit getrennt
komprimiert und gespeichert. Immer neue und bessere Verfahren wurden in den
letzten Jahren entwickelt und veröffentlicht, die Videoqualität wurde bei
sinkender Datenmenge immer weiter verbessert. Ein 90 Minuten langer Film in
guter Qualität verbraucht unkomprimiert ca. 45 GByte an Daten. Mit moderner
Kompression nach DivX (gleich MPEG-4) jedoch nur noch 700 MByte oder weniger
und passt damit auf eine handelsübliche CD.
Anfang der 90er Jahre wurden kleine Videofilme auf PCs populär. Sie waren
nur briefmarkengroß und verschlangen viel Speicherplatz, deshalb wurden sie
auf CDs verbreitet. Die damaligen Computer waren nicht so leistungsstark wie
heute, daher waren hohe Auflösung, hohe Bildrate oder gar ein Vollbildmodus
nicht realisierbar. Microsoft führte mit Windows 3.1 das AVI-Format (Audio
Video Interlaced) ein, das damals noch recht leistungsschwach und in
Hinblick auf Bildrate und Auflösung begrenzt war. Aufgrund der Offenheit des
Formates für viele Kompressionsverfahren (z. B. Cinepak, Intel Indeo,
Microsoft Video 1, Clear Video oder IVI) und Auflösungen wurde es von vielen
Herstellern erweitert, so dass es immer populärer und besser wurde. Noch
heute ist AVI das Standardformat auf Windows-Rechnern und vereint eine
Vielzahl an Kompressionsverfahren wie Motion-JPEG, DivX und andere. Die
Dekomprimierung geschieht hierbei durch so genannte Codecs, die beliebig
installiert werden können und die so das AVI-Format erweitern.
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Die Firma Apple brachte zeitgleich ein eigenes Format (QuickTime,
Dateiendung MOV) heraus, ähnlich dem AVI-Format mit verschiedenen
Kompressionsverfahren. In der Anfangszeit (1993 bis 1995) war das
QuickTime-Format dem AVI-Format in Qualität und Funktionalität weit
überlegen, jedoch holte AVI aufgrund der größeren Verbreitung von
Windows-PCs schnell auf. Der Apple QuickTime-Player wurde auch auf Windows
portiert, so dass dieses Format auf beiden Plattformen zur Verfügung steht.
Apple QuickTime verliert aufgrund der Verbreitung von MPEG immer mehr an
Bedeutung, ist aber heute noch häufig auf Werbe-CDs und bei Digitalkameras
zu finden, da diese Videos auf allen gebräuchlichen Computersystemen
verwendet werden können.
Am populärsten ist inzwischen das MPEG-Format geworden. MPEG steht für
"Motion Picture Experts Group", die seit 1993 einige Standards geschaffen
hat. Dabei ist nur das reine Datenmodell zur Kompression von bewegten
Bildern und Ton festgelegt. Die eigentlichen Algorithmen können auf jeder
Computerplattform implementiert werden. MPEG legt dabei momentan drei
verschiedene gebräuchliche Standards fest, die in Video- und
Audiokompression unterteilt sind. Am Bekanntesten dürfte dabei das MPEG-1
Layer 3 Audioformat sein, kurz MP3.
Das älteste Format ist MPEG-1. Es wurde 1993 verabschiedet und sollte vor
allem dazu dienen, in Heimanwendungen Videos mit niedriger Datenrate (1 bis
1,5 MBit/s) und guter, ruckelfreier Qualität zu speichern. Weiterhin sollte
der wahlfreie Zugriff auf Sequenzen innerhalb einer halben Sekunde
gewährleistet sein. Die Qualität von MPEG-1 ist für Heimanwendungen wie
Urlaubsvideos und Dokumentationen ausreichend.
MPEG-2 erlaubt dagegen wesentlich höhere Datenraten (bis 100 MBit/s) und
damit auch eine höhere Videoqualität als MPEG-1. Ab 4 MBit/s ist MPEG-2
deutlich überlegen. Es wurde 1995 verabschiedet und ist in einem weiten
Bereich (Auflösung, Datenrate) skalierbar. Das MPEG-2-Format stimmt dabei im
Wesentlichen mit dem MPEG-1-Format überein. Aufgrund der großen Datenmengen
eignet sich MPEG-2 jedoch im Heimbereich nur für die Wiedergabe und wird
z. B. bei digitalem Fernsehen und DVD-Videos eingesetzt. Inzwischen finden
aber auch DVD-Brenner eine wachsende Verbreitung, so dass MPEG-2 auch im
Heimbereich immer populärer wird.
Eines der neuesten Formate ist MPEG-4. Es vereint eine hohe Videoqualität
mit möglichst niedrigen Datenraten und eignet sich besonders gut für
Streaming. Das Format wurde auf Robustheit gegen Datenübertragungsfehler
optimiert und bietet Datenraten von 10 KBit/s bis 1 MBit/s. Es ist daher
besonders auch für den Mobilfunk und die Internetübertragung geeignet.
Implementierungen von MPEG-4 sind z. B. DivX, Microsofts MPEG-4 V3 oder auch
XviD.
Auf dem Markt gibt es erste Digitalkameras, die direkt im MPEG-4 Format
speichern, weitere sind angekündigt. Mit MPEG-4 passen ca. 30 Minuten Film
auf eine 256-MByte-Speicherkarte bei einer Auflösung von 640 x 480
Bildpunkten und 30 Bildern pro Sekunde. Zum Vergleich: Bei Motion-JPEG (MOV
oder AVI) wären es nur ca. 4 Minuten. Daraus resultiert eine enorme
Steigerung der Einsatzmöglichkeiten und so passen auch längere Videos selbst
auf kleine Speicherkarten. Erkauft wird dieses allerdings durch eine etwas
schlechtere Videoqualität und eine etwas höhere Anfälligkeit für Datenfehler
und deren Sichtbarkeit in den Videos.
Fernsehen und DVD unterstützen eine Auflösung von 720 x 576 Bildpunkten
bei einer Bildrate von 25 Bildern pro Sekunde (europäische PAL-Norm) bzw.
720 x 480 Bildpunkte bei 30 Bildern pro Sekunde (USA-Norm NTSC). Viele
Digitalkameras haben ein Video-Out mit PAL/NTSC-Umschaltung. Für ruckelfreie
Videodarstellung sind mindestens 25 Bilder pro Sekunde erforderlich. Ein
kleines Problem ergibt sich durch die Wiedergabe von Videos auf Fernsehern,
sofern das Video 30 Bilder pro Sekunde hat (wie bei den meisten
Digitalkameras üblich). Die Darstellung ist dadurch nicht optimal, jede
Sekunde müssen fünf Bilder quasi weggerechnet werden. Aufgrund der
vergleichsweise relativ schlechten Qualität und Auflösung von Fernsehgeräten
fällt dieses jedoch nicht ins Gewicht.
Wesentlich besser für die Videowiedergabe sind Computermonitore geeignet;
das gilt für selbst gemachte digitale Videos ebenso wie für DVDs.
Computermonitore sind wesentlich schärfer und höher auflösend als Fernseher
und die Bildwiederholrate ist so hoch, dass sie weder flimmern noch Probleme
damit haben, ob ein Video nun aus 30 oder 25 Bildern pro Sekunde besteht. So
können Videos auf einem Computermonitor in 1:1-Darstellung (je nach
Videogröße wird mehr oder weniger Fläche des Monitors genutzt) oder in
Vollbilddarstellung wieder gegeben werden. Für die Vollbilddarstellung
werden die Bilder vom Computer bzw. der Grafikkarte in Echtzeit
hochgerechnet – die Qualität steigert sich dadurch nicht, lediglich das Bild
wird größer.
Weitere Wiedergabemöglichkeiten sind z. B. Videoprojektoren oder auch an
den Computer (per TV-Out) angeschlossene Fernseher. Ebenfalls ist es
möglich, die Videos auf DVD oder Video-CD zu brennen und diese dann mit
einem DVD-Player auf dem Fernseher wiederzugeben. Hierfür muss das Video in
das entsprechende MPEG-1 oder MPEG-2 Format konvertiert werden, das erledigt
oft die DVD- bzw. CD-Brennsoftware. Entsprechend nötige Codecs bzw. Encoder
werden mit der Software gleich mitgeliefert oder man lädt sie aus dem
Internet.
Die im ersten Abschnitt dieses Artikels schon genannten Nachteile der
Digitalkameras gelten auch im Vergleich mit üblichen DVDs bzw. der
Fernsehwiedergabe. Auflösung und Bildrate der Videos aus Digitalkameras
bewegen sich zwar inzwischen auf dem DVD- und Fernsehqualitätsniveau, aber
in Sachen Tonwiedergabe, Schärfenachführung und Helligkeitsanpassung gibt es
noch größere Defizite. Bei Schwenks von nahen auf entfernte Objekte oder
beim Zoomen (sofern die Digitalkamera das überhaupt erlaubt) ist die
Schärfenachführung nur sehr träge, manchmal kommt es zu
Autofokus-Pump-Effekten, weil sich der Autofokus bei zwei im Bild
befindlichen, unterschiedlich entfernten Objekten nicht entscheiden kann,
welches scharf dargestellt werden soll. Diese Punkte sollten bei der
Aufnahme berücksichtigt werden. Schwenks sollten vermieden werden oder sehr
langsam erfolgen, Objekte möglichst in derselben Entfernung bleiben (wenn
bei Aufnahmen Menschen im Vordergrund durch das Bild laufen, werden
Digitalkameras schnell irritiert) und das Zoom nur möglichst vorsichtig
(oder gar nicht) eingesetzt werden. Beachtet man diese und einige weitere
Regeln (siehe Fototipps) kommt man auch mit digitalen Fotokameras zu schönen
Videos.
Als letztes soll noch kurz auf die Wiedergabemöglichkeiten eingegangen
werden. Es gibt eine Vielzahl von Programmen, die Videos wiedergeben. Für
Apple QuickTime Videos ist das der Apple QuickTime-Player, auch einige
Open-Source-Player (z. B. unter Linux) unterstützen Apple QuickTime. Im
Allgemeinen ist jedoch anzuraten, solche Videos nach AVI oder MPEG zu
konvertieren, besonders bei selbst aufgenommenen Videos, weil dadurch viel
Speicherplatz gespart werden kann (siehe Fototipps). Standard auf
Windows-PCs ist der Microsoft-eigene Media Player. Dieser gibt mit Hilfe von
zahlreichen Codecs, die man überall im Internet herunterladen kann, fast
alle Videoformate wieder. Viele andere Programme, die Videos abspielen
können oder diese schneiden etc., greifen auf die unter Windows
installierten Codecs zurück, da diese im System frei zur Verfügung stehen.
Andere Programme, wie beispielsweise Cyberlinks PowerDVD, sind speziell zur
Wiedergabe von DVDs, Video-CDs und allgemein MPEG-Filmen spezialisiert. Oft
werden solche Programme mit PCs oder Sound- und Grafikkarten mitgeliefert.
Sollte einmal ein Video nicht losspielen, weil ein entsprechender Codec
fehlt, bietet der Windows Media Player eine automatische Funktion, um nach
einem Codec auf dem Microsoft-Server zu suchen. Ist diese Suche erfolglos,
muss sich der Anwender selbst auf die Suche machen. Hierbei empfiehlt es
sich, zuerst DivX und das Nimo Codecs Pack herunterzuladen, gerade Letzteres
ist eine Sammlung von sehr vielen gängigen und auch exotischen Codecs. Gibt
es dann immer noch Probleme, gilt es herauszufinden, womit das Video kodiert
wurde und welcher entsprechende Codec benötigt wird. Man sollte am besten
dort nachforschen, wo man das Video her hat – vielleicht wird ein sehr
exotischer Codec benötigt, der auf derselben Seite wie das Video zum
Download bereit steht. Für Audio-Codecs gilt übrigens dasselbe. Auch hier
gibt es viele verschiedene Formate, manchmal wird ein Video ohne Ton wieder
gegeben, weil der Codec fehlt. Umgekehrt kann es passieren, dass von einem
Video nur der Ton wieder gegeben wird. In diesen Fällen muss sich der
Anwender um die entsprechenden Codecs bemühen, gegebenenfalls per Suche über
Google.
Auf einige praktische Aspekte der Videoaufnahmen mit Digitalkameras gehen
wir in zahlreichen Fototipps ein. Dort findet man einige Tipps zu
Videoaufnahmen, wie diese konvertiert und bearbeitet werden können und wie
die Videos mit einfachen Mitteln geschnitten werden können.