Verbraucherschutz oder -nepp?
ID-Security-Chips in Akkus sperren Dritthersteller aus
2009-06-17 Panasonic kündigt für eine ganze Reihe von Digitalkameras ein Firmwareupdate an, das zum "Schutz" der Verbraucher dafür sorgen soll, dass so genannte Fremdakkus nicht mehr funktionieren. Panasonic gibt an, festgestellt zu haben, dass diversen Akkus von Drittanbietern die Schutzschaltung gegen Kurzschluss, Überhitzung oder Überladung fehle und sie daher für den Nutzer und die Kamera gefährlich seien. Um die Akkus überhaupt zu erkennen, setzen einige Kamerahersteller seit geraumer Zeit so genannte ID-Security-Chips ein. Wir haben nachgefragt und versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. (Benjamin Kirchheim)
Wer einen Tintenstrahldrucker hat, kennt das Problem bereits: Die Tintentanks sind mit Chips ausgestattet. Der Hersteller will den Kunden damit vor minderwertiger Billigtinte schützen, der eine oder andere Kunde wird es hingegen als Gängelung ansehen, sind insbesondere Originaltinten doch besonders teuer und erreichen Preise von 1 Euro pro Milliliter, also 1.000 Euro pro Liter.
Bei Akkus ist es im Prinzip ähnlich. Billiganbieter bieten solche oft zu Preisen zwischen 5 und 10 Euro an, Zubehöranbieter mit Qualitätsanspruch (Hama, Pixo etc.) bringen es schon auf 20-35 Euro, Originalhersteller langen gerne richtig hin, und der Preis erreicht teilweise um die 80 Euro für einen Akku. Lithium-Ionen-Akkus sind dabei nicht ganz ungefährlich. Bei Kurzschlüssen, Überhitzungen oder beim Überladen können sie Feuer fangen oder sogar explodieren. Davor sollen diverse Schutzmaßnahmen helfen, die in besseren Akkus verbaut werden. Trotzdem kommt es auch bei Markenherstellern immer wieder zu Rückrufaktionen, besonders Notebookbesitzer können ein Lied davon singen. Meist sind es Produktionsmängel oder Verunreinigungen, die das Problem hervorrufen.
Inzwischen bauen die Hersteller Panasonic und Sony digitale Chips in ihre Akkus ein, die über zusätzliche elektrische Kontakte (bei Panasonic sind es zwei) mit der Kamera kommunizieren und eine ID übermitteln. So ist es der Kamera möglich, den Dienst mit nicht autorisierten Akkus zu verweigern. Denkbar wären aber auch Regionalcodes in Akkus, um so beispielsweise Grauimporte zu unterbinden (deutsche Kameras würden dann nur mit deutschen Akkus funktionieren). Interessanterweise gibt es auf der deutschen Website von Panasonic (im Gegensatz zur amerikanischen Seite) keinen Hinweis auf diese Einschränkungen, der Käufer erfährt erst beim Studium des Handbuchs davon.
Für seriöse Zubehöranbieter wie Hama oder Pixo ist das ein Problem. Nicht nur der Nachbau von Akkus mit ID-Security-Chip ist aufwändiger und damit teurer, was den Preis der Akkus unweigerlich steigert, sondern vor allem können die Kamerahersteller mit einem Firmwareupdate jederzeit dafür sorgen, dass die Fremdakkus – auch wenn sie eine gute Qualität haben – nicht mehr mit der Kamera funktionieren. Das passiert, wenn der Benutzer das Firmwareupdate einspielt, was er spätestens dann gerne machen möchte, wenn es auch neue Funktionen beinhaltet oder Fehler behebt.
Panasonic macht jetzt davon Gebrauch und bietet Firmwareupdates für alle Kompaktkameras an, die die Akkutypen DMW-BCF10 und DMW-BCG10 benutzen (siehe weiterführende Links). Das sind insgesamt 14 Lumix Kompaktkameras: DMC-FS4, DMC-FS6, DMC-FS7, DMC-FS8, DMC-FS15, DMC-FS25, DMC-FS42, DMC-FS62, DMC-FX40, DMC-FX550, DMC-TZ7, DMC-TZ6, DMC-TZ65 und DMC-FT1. Die beiden Micro FourThirds Kameras DMC-G1 und DMC-GH1 sollen in Kürze folgen. Als Grund nennt Panasonic gefährliche Drittherstellerakkus. Wer dieses Firmwareupdate einspielt, sollte sich also im Klaren darüber sein, dass seine Fremdakkus anschließend nicht mehr funktionieren werden. Schon für das Update selbst sollte man unbedingt den Originalakku einlegen.
Bei Akkuladegeräten besteht dieses Problem übrigens nicht. Wie uns Pixo bestätigte, können Akkus von Panasonic, die mit ID-Security-Chip ausgestattet sind, an jedem Ladegerät geladen werden, der Akku wird also nicht erst vom Ladegerät digital zur Stromaufnahme aufgefordert.
Für den Kunden erhöht sich mit den ID-Security-Chips einerseits zwar vermeintlich die Sicherheit, denn vor fehlerhaften Originalakkus schützen sie nicht, andererseits wird er aber auch entmündigt und gezwungen, teure Originalware zu kaufen. Der Hersteller gesteht dem Kunden nicht die Wahl zu, einen hochwertigen Akku eines Drittherstellers zu kaufen oder eben sogar einen absoluten Billigakku, das Risiko bewusst in Kauf nehmend. Bisher haben noch keine anderen Kamerahersteller solche Akkus angekündigt, die meisten aber schweigen sich auch auf unsere entsprechende Nachfrage vom Februar 2009 beharrlich aus. Die deutschen Niederlassungen verweisen auf Japan, leiten die Anfrage angeblich weiter, die dann aber im Sande verläuft. Als einziger hat Olympus auf unsere Nachfrage reagiert. Dort plant man zwar zurzeit keine ID-Security-Chips einzubauen, beobachtet aber den Markt und wird die Chips, wenn man es für nötig erachtet, auch einbauen. Die Akkus würden dann teurer werden. Olympus empfiehlt aber selbstverständlich jetzt schon, nur Originalakkus einzusetzen.