Versteckte Botschaften
Japanische Kameraentwickler zeigen sich mitteilungsbedürftig
2004-04-01 Lässt sich aus RAW-Dateien das volle Qualitätspotential eines Bildes ausschöpfen, fördern die Rohdaten vieler aktueller Digitalkameras auch ganz unerwartet die kleinen Geheimnisse der japanischen Kameraentwickler zu Tage. Ähnlich so genannten "Easter Eggs" der Software-Entwickler (versteckte Gimmicks und Botschaften) enthalten auch viele Digitalkamera-Rohdaten "inoffizielle" Nachrichten der Entwickler. (Yvan Boeres)
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Eine interessante Entdeckung machte kürzlich der Informatik-Student und
digitalkamera.de-Leser Bernd Herring. Beim Versuch, die SRF-Dateien seiner
Sony DSC-F828 zu "entschlüsseln", um auf diese Weise einen RAW-Converter
fürs Linux-Betriebssystem zu entwickeln, stieß er innerhalb der Dateien auf
eine ganz ungewöhnliche Textstelle. Mitten in der Datei konnte man nämlich
ein "Sony rulez" (frei übersetzt: Sony ist Klasse) herauslesen. Sichtlich
davon amüsiert, setzte uns Bernd Herring noch am selben Tag über seinen Fund
in Kenntnis. Auch wenn wir zuerst an einen Scherz glauben wollten, liegt es
uns fern, die Glaubwürdigkeit unserer Leser in Frage zu stellen und gingen
so der Sache nach. Tatsächlich fanden auch wir in unseren SRF-Dateien die
entsprechende Botschaft.
Von der Neugier getrieben haben wir dann auch RAW-Dateien anderer
Digitalkameras nach versteckten Mitteilungen abgesucht. Und wurden auch
ziemlich schnell fündig. Nicht nur die SRF-Dateien der DSC-F828 enthalten
solche Sprüche, sondern fast jede Digitalkamera, die das Abspeichern von
Bildern im RAW-Format anbietet. So fanden wir in der ORF-Datei einer Olympus
C-8080 Wide Zoom die Liebeserklärung eines Entwicklers an seine Liebste ("aishiteru
yo" als japanisch für "ich liebe dich"); in der NEF-Datei einer Nikon D70
plaudert der Entwickler sogar Firmengeheimnisse aus ("D2X is coming"). Das
Repertoire an versteckten Botschaften reicht von Aussagen politisch-witziger
Art ("Make Cameras NOT War" bei der Canon PowerShot Pro1) über
Selbstdarstellungsversuche ("Yusuke was here" bei der Minolta Dimage A2) bis
hin zu Kampfansagen an die Konkurrenz ("Nuke Canon" bei der Pentax *istD).
Solche Mitteilungen scheinen sich zum Volkssport unter den Entwicklerteams
japanischer Kamerahersteller entwickelt zu haben und belegen, dass die von
uns Europäern als zurückhaltend bzw. seriös angesehenen Japaner durchaus zu
Späßchen aufgelegt sind.
Wer selbst auf Sprüche-Suche gehen will, muss beileibe kein
Computerexperte sein. Es reicht, mit seiner Kamera ein beliebiges Bild im
RAW-Format zu schießen und die Datei lokal auf dem Computer abzulegen
(entweder über die mitgelieferte Software oder über ein externes
Kartenlaufwerk). Diese Datei öffnet man dann mit einem beliebigen Text- oder
HEX-Editor; unter Windows reicht schon der im Systemzubehör enthaltene
Texteditor (unter: Start > Programme > Zubehör > Editor). Um die
versehentliche Beschädigung wichtiger Bilddateien zu vermeiden, sollte man
ein unbedeutendes Bild nehmen. Hat der Editor den Inhalt der RAW-Datei
angezeigt (was u. U. etwas länger dauern kann), findet man irgendwo im
Zeichenwirrwarr die gesuchten Textstellen. Skurrilitäten dieser Art sind in
der Welt der Unterhaltungselektronik – und vor allem der Computerwelt –
übrigens keine Seltenheit: Die – passend zu den bevorstehenden Ostertagen –
so genannten "Easter Eggs" sind u. a. in Computerprogrammen, Videospielen
oder auch in DVD-Bonusmaterial versteckt. Den besten von uns gefundenen
Spruch haben wir uns allerdings für den Schluss aufgehoben; was aber das
Japanische "e-purirufu-ru" bedeutet, werden unsere Leser selbst herausfinden
müssen (eine kleine Schützenhilfe gibt es unter den weiterführenden Links).