Gutmütiger Goliath
Kardankopf eki Teleschwenker Pro im Praxistest
2009-12-13 Kardanische Stativköpfe, auch Teleneiger oder -schwenker genannt, erfreuen sich weltweit zunehmender Beliebtheit, insbesondere bei Natur- und Sportfotografen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Vielfalt des Angebots durch neuartige Konstruktionen zunimmt. Durch Alleinstellungsmerkmale versuchen sie jeweils ihre Marktnischen zu finden, was auf kleineren Märkten wie Deutschland naturgemäß schwer ist. Daher stammen die bisher führenden Marken und Modelle meist aus den USA. Aber auch zwei deutsche Hersteller mischen inzwischen mit Kardanköpfen der Oberklasse mit: der Stativkopf von Dietmar Nill aus dem baden-württembergischen Mössingen und (als jüngstes Modell) der eki Teleschwenker Pro von Alfred Krappel aus dem bayerischen Ismaning. Den eki hatte digitalkamera.de jetzt im Praxistest. (Ralf Germer, Jan-Gert Hagemeyer)
Der Teleschwenker Pro von eki-foto stammt von dem Diplomingenieur und ehemals für die Formel-1-Elektrik und -Elektronik von BMW verantwortlichen Alfred Krappel. Selbst ein ambitionierter Vogelfotograf, hatte er bereits als Anwender eine Kardankopf-Karriere (vom Manfrotto MA 393 zum Wimberley WH-200) hinter sich, als er sich entschloss, im Jahr 2007 eine eigene Konstruktion auf die Stativbeine zu stellen. Heraus kamen dabei zunächst ein einarmiger Carbon-Teleschwenker für kürzere Brennweiten (200-300 mm) und unlängst der zweiarmige eki Teleschwenker Pro aus Luftfahrt-Aluminium 7075 für deutlich längere Brennweiten (bis ca. 800 mm, auch mit Telekonverter). Dieser wurde erstmals auf den Naturfototagen in Fürstenfeld 2009 der Öffentlichkeit vorgestellt, und ein Modell aus der ersten Serie stand nun für den Praxistest von digitalkamera.de zur Verfügung.
Das besondere Merkmal des neuen eki-Teleschwenkers Pro ist in seiner außerordentlichen Trag- und Aufnahmefähigkeit zu erkennen. Sie reicht durchaus bis etwa 20 Kilogramm, dazu aber auch für bis zu drei optische Geräte nebeneinander. Dies hat der eki-Kopf seinen CNC-gefrästen Tragelementen zu verdanken, die nach Luftfahrtleichtbauart mit Aussparungen versehen sind. Diese bewirken durch stehen bleibende Verstrebungen hohe Stabilität und Tragfähigkeit wie das volle Material bei gleichzeitiger Gewichtsreduktion. So kommt es, dass der eki bei einem Eigengewicht von 1,733 kg bis zu 20 kg wuppen kann. Weitere konstruktive Vorkehrungen ergänzen dies: etwa die doppelte Kugellagerung im Drehfuß, die Kunststofflagerung für den Gleit- und Bremsring sowie die oberen Lager mit einer Temperaturbeständigkeit von -50 bis 100 °C (kurzzeitig auch 140 °C), die beiden Bohrungen in den Drehgelenken zur Aufnahme weiterer optischer Geräte und schließlich die doppelte Sicherung von Schnellwechselplatten durch zwei unabhängig verstellbare Rundelemente. All dies zusammen soll sich bei allen Bewegungen derart auswirken, dass Schwenks und Neigebewegungen (Tilt&Shift), auch kombiniert, unter allen Umständen ungehindert möglich sind, selbst in der Arktis oder in der Sahara.
Ein Wort gebührt auch den Funktionen der von Krappel vorgesehenen Feststellschrauben. Nur eine, nämlich die Vordere, ist physikalisch "analog" ausgelegt und daher für Friktion und Fixierung (Bremsung) geeignet; daher kann sie für schnelle oder langsame Schwenkbewegungen bei unterschiedlichem Ausrüstungsgewicht eingestellt werden. Die beiden hinteren Stellschrauben fungieren dagegen physikalisch "digital"; sie haben keine wesentlich dosierbare Bremsfunktion, sondern dienen zur Fixierung, etwa bei statischen Motiven oder beim Transport. Auch die beiden oberen Feststellschrauben wirken "digital" und spielen insbesondere bei der Montage von Kamera und Objektiv mittels Schnellwechselplatte in der Aufnahmevorrichtung zwecks Sicherung eine Rolle. An zwei kleinen, aber starken Magneten ist im Rahmen des eki Teleschwenkers ein etwas angespitzter Stahlstift im Lieferumfang; er dient ausschließlich zur Montage des Stativkopfes auf dem Stativ (im Test ein Gitzo GT3541 LS aus der Serie Systematic), indem er nämlich in der richtigen Position zum An- und Abschrauben des Kopfes in ein im Fuß befindliches kleines Loch gesteckt wird. Auch diese simple Vorrichtung ist einzig beim eki Teleschwenker Pro vorzufinden – andere Modelle verwenden zu diesem Zweck die vorhandenen Friktions- oder Feststellschrauben.
Extremen Testsituationen haben die digitalkamera.de-Tester den Teleschwenker Pro nicht aussetzen können. Unsere Tests erfolgten indessen (auch) um den Gefrierpunkt herum, der auch erstklassige Kugelköpfe durchaus schon beeinträchtigen kann. Wir belasteten den eki mit einer Nikon D2X mit Nikkor 400 mm F2,8, einer Pentax K20D mit Sigma 50-500 mm F5,6-6,3 sowie einem Nikon SpottingScope RAII 65 WP plus Okular mit zusammen etwa 10 kg Gewicht. Die Nikon D2X war zentral auf dem U-förmigen Neigemodul mit einer 150 mm langen Schnellwechselplatte (voll Arca-Swiss- kompatibel) angebracht, die zusätzlichen Geräte waren mit Berlebach-Schnellkupplungen Modell 150 und speziellen eki-Bolzen im Drehpunkt befestigt. Diese Art der Montage hat den Vorteil der Schwerpunkt-Neutralität – ein besonderer Unterschied zu verwandten, mehrgerät-aufnahmefähigen Kardanköpfen wie dem Stativkopf von Dietmar Nill (siehe weiterführenden Link).
Unsere Testaufnahmen bezogen sich insbesondere auf bewegte Vögel, eines der Genres, für das der eki Teleschwenker Pro eigens konzipiert worden ist. Dabei stand uns ein Testgerät aus der ersten Serie zur Verfügung, das einen noch etwas zu langen Mittelsteg besaß (der in Folgeserien verändert werden wird). Dabei erwiesen sich die Montage und Austarierung der zentralen Kamera als etwas "hakelig", was auf die Duplizität der Rundelemente zur Fixierung oder eben auf den zu langen Mittelsteg zurück zu führen sein mag. Nach erfolgter Montage saß die Ausrüstung allerdings exakt und ließ sich millimetergenau ohne jegliches Spiel auf das jeweilige Motiv ausrichten. Auch die gleichzeitige Verwendung der drei optischen Geräte war praktisch: Mit dem lichtstarken Spektiv konnten zunächst (auch wenig ausgeleuchtete) Motive ausgespäht werden, und mit beiden Kameras waren dann Nah- und Landschaftsaufnahmen fast zeitgleich ohne Umrüstung möglich. Dies kann sich insbesondere bei Naturaufnahmen, etwa aus engen Tarnzelten oder anderen Ansitzen, als sehr vorteilhaft erweisen. Mit der umfangreichen Bestückung war der eki Teleschwenker Pro keineswegs überlastet, nach unserer Einschätzung kann man auf ihm noch deutlich mehr draufpacken – vorausgesetzt, das Stativ spielt dabei mit. Alles in allem: Der eki Teleschwenker Pro ist der gutmütige Goliath unter den Kardanköpfen.
|
|
Hersteller |
eki-GmbH |
Modell |
eki Teleschwenker Pro |
Material |
tragende Elemente: Luftfahrt-Aluminium 7075, hart eloxiert; Friktions- und Feststellschrauben: Edelstahl, kunststoffarmiert |
Schnellwechselsystem |
Arca-Swiss-kompatibel |
Objektiv-Platte |
Arca-Swiss-kompatible Platten (nicht im Lieferumfang), min. ca. 120 mm lang |
stativseitiges Gewinde |
3/8" |
Auflagefläche (Durchmesser in mm) |
70 |
Tragfähigkeit |
bis ca. 20 kg |
Transport- bzw. Kipp-Sicherung |
4 Feststellschrauben |
Plattensicherung |
– |
Hebelarm(e) verstellbar/Änderung Drehmoment |
– |
Bedienungsanleitung |
zwei DIN A4-Seiten (deutsch) |
Herstellergarantie |
3 Jahre |
Service in Deutschland |
ja |
Libelle(n)/Nivellierneiger |
– |
Skalierungen |
– |
Werkzeug im Lieferumfang |
Verriegelungsstift |
mitgeliefertes Zubehör |
– |
Maße in mm (HxBxT) |
237 x 232 x 116 |
Gewicht in g; ohne Objektiv-Platte |
1.733 |
Preisempfehlung (ca. EUR inkl. MwSt.) |
785 |