Eine Ära geht zu Ende

Konica Minolta zieht sich aus dem Kamerageschäft zurück

2006-01-19 Doppelter Schicksalsschlag für die gesamte Fotobranche: Mit der heutigen Erklärung von Konica Minolta, sich aus dem Kamerageschäft zurückzuziehen, verabschieden sich gleich zwei traditionsreiche Marken vom Fotomarkt. Denn nicht nur Minolta, sondern auch Konica haben über fast ein Jahrhundert den Fotomarkt geprägt. Zwar bleibt die Firma Konica Minolta u. a. auf dem Gebiet der Büromaschinen bestehen, und Sony wird in gewisser Weise die "Erbschaft" von Konica Minolta antreten, aber die Fotoszene muss noch über den Schock hinwegkommen.  (Yvan Boeres)

Minolta RD-175  [Foto: Minolta]Für die Mitarbeiter von Konica Minolta Deutschland/Europe kam die Nachricht über den Rückzug der Firma aus dem Foto-Geschäft fast genauso überraschend und schockierend wie für die Fotoszene. Doch die offizielle Pressemitteilung lässt keinen Zweifel offen: Ein Stück Fotogeschichte geht mit dem Teil-Abgang des Firmenpaares zu Ende.

Zusammengefunden hatten sich Konica und Minolta vor knapp drei Jahren (siehe digitalkamera.de-Meldung vom 05.08.2003 unter den weiterführenden Links). Beide Firmen waren feste Größen auf dem Gebiet der Fotografie; Minolta war Fotografen vor allem für sein Kleinbild-System (Kameras und/oder Objektive, Blitzgeräte usw.) und seine Messgeräte (u. a. Belichtungsmesser, Farbtemperaturmesser) bekannt, während Konica zwar auch Kameras gebaut hat (alte "Fotohasen" erinnern sich z. B. an die exzellente Hexar-Serie), aber der breiten Öffentlichkeit eher von seinen Kleinbild-Filmen (der Werbespruch "Kuck mal, Konica!" dürfte noch so manchem in Erinnerung sein) und seinen Minilabs her bekannt war. Konica war dabei die ältere der beiden Firmen, ihre Geschichte geht auf 1873 zurück. Die Minolta-Story begann 1928 und nahm ihren Ursprung zum Teil in Deutschland. Denn es war deutsche Kameratechnik, die der Minolta-Vorläufer Nichi-Doku Shashinki Shoten (was ungefähr so viel bedeutet wie "Japanisch-Deutsche Kamera- bzw. Fotogesellschaft") importiert hatte, um seine ersten Kameras (Balgenkameras wie z. B. die Nifcalette von 1929) zu produzieren. 1934 kam dann die erste Kamera unter dem Namen Minolta auf den Markt, und bis zum heutigen Tag ist die Firma maßgeblich an der Evolution der Fotografie beteiligt gewesen.

Zu den Highlights in der Geschichte von Konica zählen u. a. die Entwicklung des ersten Farbfilms für den japanischen Markt, die erste Spiegelreflexkamera mit eingebautem Filmtransportmotor (Konica FS-1), einige legendäre Objektive (aus der Hexanon- und Hexar-Serie) sowie das Hexar-Kamerasystem, das vor allem bei Reise- und Reportagefotografen sehr beliebt war. Minolta hat auch zahlreiche Entwicklungen als erste auf den Markt gebracht, aber ihr größter technologischer "Coup" war sicherlich die Minolta 7000 AF, mit der die Firma aus Osaka den Autofokus "salonfähig" gemacht hat. Technologische Akzente hat Minolta sonst noch u. a. mit der Wabenmessung (Mehrfeldmessung mit wabenförmigen Messzellen), dem ersten drahtlosen TTL-Blitzsystem, dem Eye-Start-System (Aktivierung der Kamera bei Heranführen des Auges an den Sucher), dem Spherical-Acute-Matte-System (Suchermattscheibe mit Mikrolinsen-System für ein besonders helles/klares und feines Sucherbild), der Highspeed-Blitzsynchronisation und zuletzt dem Anti-Shake-System (kamerainterne Bildstabilisierung über CCD-Shift) gesetzt; nicht so erfolgreich bzw. kontrovers waren solche Entwicklungen wie das Power-Zoom (Wechselobjektive mit eingebautem Zoommotor) oder die Motivprogramm- bzw. Funktions-Erweiterung per Chipkarte für KB-SLRs der Dynax-Serie.

Minolta RD-3000  [Foto: Minolta]Vom Fiasko mit dem APS-Filmsystem schwer angeschlagen, hatte Minolta all seine Hoffnungen in die digitale Zukunft gelegt. Heraus kamen dabei solch interessante und technologisch hoch entwickelten Produkte wie die Kameras der Dimage-Serie, die auch in unseren Tests regelmäßig sehr gut abgeschnitten haben. Doch beim Aufbau eines digitalen Spiegelreflexkamera-Systems hat (Konica-)Minolta zunehmend Schwierigkeiten gehabt, den immer kürzer werden Produktzyklen zu folgen. So kamen die Dynax 7D und Dynax 5D verhältnismäßig spät auf dem Markt, und die marktbeherrschende Position des derzeitigen "Platzhirsches" Canon hat zu einer gewissen Monokultur geführt, unter der auch Konica Minolta stark zu leiden gehabt hat.

Sicherlich haben auch marketingpolitische Entscheidungen zum Abschied von Konica Minolta aus der Fotobranche geführt. In einer Zeit, wo nur noch die Börsenwerte und Dividenden zählen, wird in jeder Firma bis zum Gehtnichtmehr rationalisiert. Und da das Geschäft mehrheitlich (zu 54% des Umsatzes) mit Büromaschinen wie Fotokopiermaschinen, Faxgeräten und Dokumentenverwaltungssystemen gemacht wird, hat man sich bei Konica Minolta entschieden, das vergleichsweise unprofitable Foto-Geschäft mit einem Anteil von nur 26% zum 31. März 2006, dem Ende des Geschäftsjahres, fallen zu lassen.

Konica Minolta Dynax 7D  [Foto: MediaNord]Dieses Geschäft geht nun zu einem großen Teil an Sony über. Zwar hatte Konica Minolta schon im Juli vergangenen Jahres beschlossen, gemeinsam mit Sony digitale Spiegelreflexkameras entwickeln zu wollen (siehe entsprechende digitalkamera.de-Meldung unter den weiterführenden Links), doch nun sieht alles danach aus, als ob aus der einstigen Partnerschaft ein Alleingang wird. Ob – wie in diversen Fachkreisen vermutet – Konica Minolta noch im Hintergrund agieren wird (und z. B. die Objektive für das zukünftige DSLR-System von Sony inoffiziell entwickeln wird) und wie groß der "Erbteil" (Technologie- und Produktionstransfer) ist, auf den Sony hoffen kann, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht klar, ziemlich sicher ist aber, dass man das Konica-Minolta-Logo so bald nicht mehr auf einer neuen Kamera zu sehen bekommen wird. Gute Hoffnung besteht jedoch für die Besitzer der über 16 Millionen verkauften AF-Objektive der Marke (Konica-)Minolta, dass ihr Material nicht vollends reif fürs Museum ist. Spätestens wenn Sony dieses Jahr sein eigenes DSLR-System vorstellt, wird man wissen, wie weit das Sony-System mit dem Konica-Minolta-Zubehör (Objektive, Blitzgeräte usw.) kompatibel ist. Der Konica-Minolta-Kundenservice geht zum 1. April 2006 an Sony über.

Natürlich gehen unsere Gedanken auch an die Belegschaft von Konica Minolta. Das Unternehmen hat angekündigt, die Anzahl der Beschäftigten von weltweit zirka 35.600 Arbeitnehmern auf knapp 30.000 zu reduzieren (die Rede ist von 3.700 geplanten Entlassungen). Alleine in Europa sind um die 6.320 Personen bei Konica Minolta beschäftigt, und auch wenn nicht alle in der Foto/Kamera-Abteilung arbeiten, werden sich viele auf eine unsichere Zukunft einstellen müssen. Entsprechende Sozialpläne soll es aber schon geben (was darauf hindeutet, dass man sich zumindest in den Manager-Etagen schon etwas länger vom Kamera- bzw. Foto-Geschäft verabschiedet hat), und man kann nur hoffen, dass die betroffenen Mitarbeiter die Restrukturierungsmaßnahmen möglichst wenig zu spüren bekommen. Wir wünschen jedenfalls den Konica-Minolta-Mitarbeitern viel Glück und bedanken uns für die jahrelange gute Zusammenarbeit.

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