Verdreht

Lensbaby Composer im Test

2009-01-10 Der Nachwuchs im Hause Lensbaby brachte einen Generationswechsel mit sich. Denn mit dem Composer kam nicht nur ein neues Modell der beliebten Objektivserie ins Haus, sondern es wurde auch eine Überarbeitung aller bisherigen Lensbaby-Modelle vorgenommen. So wurden die Namen geändert, aus dem Ur-Lensbaby wurde "Muse" und aus dem 3G der "Control Freak". Die größte Neuerung ist jedoch das Optical Swap System, welches es erlaubt, verschiedene Linseneinsätze zu benutzen. Ob und wie sich der neue Lensbaby Composer in die Lensbaby-Familie einfügt, soll unser kleiner Test zeigen.  (Harm-Diercks Gronewold)

Composer mit Blendenscheiben [Foto: MediaNord] Die Lensbaby-Modelle Muse und Control Freak haben wir schon vor einiger Zeit im Praxistest gehabt (siehe weiterführende Links), und in deren Bedienung hat sich soweit auch nichts geändert. Außer der Möglichkeit, nun – wie beim Lensbaby Composer – auch die optischen Systeme wechseln zu können. Dieses Optical Swap System ist für alle drei Modelle gleichermaßen verwendbar.

Der Lensbaby Composer wird mit einer doppelten Glaslinse ausgeliefert und kommt mit Schnappdeckel und breitem Fokusring daher. Das Verschwenken des Objektivs wird bei dem Composer über eine (Kunststoff-)Halbkugel bewerkstelligt, die mit Hilfe eines Feststellringes arretiert werden kann. Die Geräusche, die diese Konstruktion beim Arretieren abgibt, signalisiert Plastik, das aufeinander reibt. Zusätzliche optische Einsätze sind im Set erhältlich und umfassen einen Einlinser, eine Zonenplatte/Lochblende und eine Kunststofflinse.

Optical Swap System [Foto: MediaNord] Der Einsatz des Composers ist spielend einfach, auch wenn man ein geübtes Auge für gezielte Effekte braucht. Wichtig ist, dass die Kamera mit Arbeitsblenden zurechtkommt – also die Belichtungsmessung ohne elektronisches Feedback vom Objektiv durchführen kann. Die Schärfe wird vom Nutzer eingestellt, und dies kann manchmal schwer werden, denn gerade bei großen Blendenöffnungen ist der "Sweet Spot" – also der gewollt scharfe Punkt der Linse – sehr klein. Auch muss man erst etwas Erfahrung sammeln, bis man erkennt, wie sehr man den Composer neigen muss, um den "Sweet Spot" da zu haben, wo er hin soll. Das Wechseln der Blendenscheibe ist dank der pfiffigen Magnethalterung kinderleicht: einlegen, leicht herunterdrücken, fertig. Dies geschieht mit dem mitgelieferten Werkzeug, welches gleichzeitig der Aufbewahrung für die Blendenscheiben dient. Bemerkenswert ist, dass der Composer bei extremen Einstellungen an einer Vollformatkamera massiv "abschattet" – zwar ist "abschatten" nicht die korrekte Beschreibung, denn was im Sucher oder auf dem Bild sichtbar wird, ist kein Schatten, sondern der hintere Teil des Schwenkmechanismus.

Die Effekte der Module des Optical Swap System von Lensbaby lassen sich auch sehr gut für Crop-Kameras nutzen, auch wenn hier das Gleiche gilt wie beim "Subjektiv" von Monochrom (siehe weiterführenden Link): je kleiner der Sensor, desto geringer der (gewollte) Unschärfenbereich in der Randzone; das gilt nicht für die Zonenplatte, dort ist der Effekt (bei Voll- bzw. Crop-Format) gleich.


Die optischen Eigenschaften der Linsensysteme sind – egal wie wohlwollend man es betrachtet – bei offener Blende (also ohne Blendenscheibe) wirklich schlecht. Der Sweet Spot ist nahezu nicht identifizierbar, und ihr Einsatz gerät eher zum Ratespiel als ans Fotografieren. Doch sobald eine Blendenscheibe eingelegt wird, dann geht der Spaß los. Einem Anfänger ist eine kleine Blendenöffnung zu empfehlen, da er sich so eher mit dem Erkennen und der Benutzung des Sweet Spots vertraut machen kann. Fortgeschrittene hingegen werden sich gleich größeren Blendenöffnungen widmen können, um damit gezielt zu arbeiten. Die neuen Swap-Linsensysteme warten mit einem eigenem Bildcharakter auf und erweitern das Potential des Systems.

Als witziges Zubehör sind noch ein Macrolinsenset und Blendenscheiben erhältlich. Letztere sind vorgestanzt oder als "Blanko"-Scheiben zum Selbstausschneiden oder -stanzen zu bekommen. Die Blankoscheiben haben es in sich, denn hier kann man sich auch noch beim Erstellen von Formen der Blendenscheiben austoben, so dass die unscharfen Spitzlichter im Bild die eingeschnittene Form bekommen. Im Fall etwa eines kleinen Herzens sieht das recht putzig aus, jedoch sind auch andere Formen möglich.


Das Wechseln eines optischen Moduls gestaltet sich leider fummeliger als erwartet, denn man muss (mit Hilfe des Deckels einer Linseneinsatz-Verpackungsdose) die drei Sicherungspins auf dem Composer herunterdrücken, um dieses dann mit einer ca. 1/16- Drehung gegen den Uhrzeigersinn zu entriegeln. Um den Einsatz zu arretieren, ist die Prozedur in umgekehrter Reihenfolge vorzunehmen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass der Moduleinsatz bei dem Druck, den man benötigt, um die Sicherungspins herunterzudrücken, den Fokusring rotieren lässt. Dadurch bewegt sich der Moduleinsatz nach unten, weg vom Entriegelungswerkzeug. Am einfachsten lässt sich das Entriegeln noch bewerkstelligen, wenn man den Composer stark anwinkelt, arretiert, dann die Metallblende von unten festhält und jetzt den Moduleinsatz entsperrt.

Der neue Lensbaby Composer ist angesiedelt zwischen den beiden bisher erhältlichen Lensbaby-Modellen Muse und Control Freak. Er erreicht nicht die Geschwindigkeit des Muse Modells und ist nicht so exakt zu positionieren wie das Control Freak, hat aber das Beste aus beiden Welten in sich vereint und entspricht eher der "eierlegenden Wollmilchsau" im Lensbaby-Universum. Der Kreativität sind damit nahezu keine Grenzen gesetzt und das vor allem wegen des variabel zu verschiebenden "Sweet Spots". Die verschiedenen optischen Module für die Lensbabies sind dazu noch willkommene Erweiterungen. Den Lensbaby Composer gibt es für Canon-, Nikon-, FourThirds-, Pentax- und Sony-Alpha-Anschluss.

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