Pixel-Zaubereien

Neue Techniken verhelfen Digitalkameras zu verbesserter Bildqualität

2000-02-22 Mit dem Einzug der aktuellen Digitalkameramodelle ist ein Wandel in der Denkweise des potentiellen Digitalkamerabesitzers erforderlich: Galt bisher die reine Pixelzahl des CCD-Sensors als Referenz für die zu erwartende Bildqualität, ist das künftig nicht mehr der Fall.  (Yvan Boeres)

Neue Techniken wie die SuperCCD-Architektur von Fujfilm und die Pixel-Shift-Technologie von JVC sind die ersten Anzeichen dafür, daß die Kamerahersteller versuchen, die Bildqualität nicht nur per Pixel-Aufrüstung voranzutreiben, sondern auch über "Feintuning" den Pixelbildern den richtigen Schliff zu verpassen.

Von Seiten der Hersteller gab es schon immer Versuche, die Bildauflösung nachträglich zu erhöhen. Dabei wurde aber meist auf eine Softwareinterpolation zurückgegriffen, die mit mathematischer Hochrechnung die Auflösung steigen ließ. Mit anderen Worten: Die zusätzlichen Pixel wurden mit mehr oder weniger ausgeklügelten Algorithmen anhand der bestehenden Bildinformationen "erraten". Obwohl diese Softwareinterpolation bei den meisten Digitalkameraherstellern (u. a. PhotoGenie bei Agfa, HyPict bei Epson, Kodak) wesentlich bessere Resultate erzielte als die von Flachbettscannern bekannte Interpolationsverfahren, machten Digitalkamerabesitzer kaum Gebrauch von dieser Möglichkeit.

Selbst bei Kameras ohne zusätzliche Softwareinterpolation findet im Inneren der Kamera trotzdem eine gewisse Interpolation statt. In der digitalen Fotografie wird ein Bild aus den drei Primärfarben Rot, Grün und Blau zusammengesetzt. Da aber ein CCD-Sensor praktisch "farbenblind" ist, müßte man im Normalfall das Bild in drei Vorgängen mit jeweils einem vorgeschobenem Rot-, Grün- oder Blaufilter aufnehmen. Diese Methode eignet sich aber nur für statische Aufnahmen. Damit auch bewegte Motive aufgenommen werden können, werden die heutigen CCD-Sensoren mit einem Farbfiltermosaik versehen. Dabei erfaßt jedes lichtempfindliche Element der CCD das Licht von nur einer der drei Grundfarben. Da das menschliche Auge im Grünbereich weitaus empfindlicher ist, als im übrigen Farbspektrum, schenkt man diesem wichtigen Bereich besondere Aufmerksamkeit. Statt die Farbfilter gleichmäßig auf die drei Grundfarben zu verteilen, besitzen die CCD-Sensoren doppelt so viele Grünsensoren wie Rot- und Blausensoren.

Da jeder einzelne Sensor nur jeweils eine Farbe aufzeichnet, müssen die anderen Farbanteile softwaremäßig rekonstruiert werden, der Fachbegriff hierfür heißt "Farbinterpolation". Je nachdem, wie gut die Hersteller diese Rekonstruktionsarbeit meistern, ergeben sich auch zum Teil Qualitätsunterschiede im Bildergebnis verschiedener Digitalkameras, selbst wenn diese den gleichen CCD-Sensor eingebaut haben.

   Fujifilm SuperCCD [Foto: Fujifilm]
 

Unabhängig von jeglicher Interpolation ist es Fujifilm gelungen, mit weniger Pixeln eine bessere Bildqualität zu erreichen. Durch eine neuartige Pixelarchitektur (SuperCCD) können die einzelnen CCD-Elemente in vertikaler und horizontaler Richtung näher aneinanderrücken und dabei noch ihre lichtempfindliche Fläche vergrößern. Die ausführliche Beschreibung dieser Technik finden Sie in unserem Beitrag vom 22. Oktober 1999. Dabei nutzt Fujifilm sozusagen die natürlichen Schwächen des menschlichen Auges, um diesem ein schärferes und detailreicheres Bild "vorzugaukeln". Deshalb ist es für den Konsumenten auch schwer verständlich, daß eine CCD mit geringerer Auflösung bessere Bilder produzieren kann. Fujifilm hat es vorgezogen, in den Datenblättern seiner neuen SuperCCD-Digitalkameras nicht die effektive Pixelzahl (2,4 Megapixel bei der FinePix 4700 und 3,2 Megapixel bei der S1 Pro), sondern die Pixelzahl der resultierenden Dateigröße (4,3 Megapixel bei der FinePix 4700 und 6,1 Megapixel bei der S1 Pro) anzugeben. Mit anderen Worten: Man gibt bei Fujifilm die Auflösung an, die eine konventionelle CCD-Einheit besitzen müßte, um die gleiche Bildqualität zu erzielen. Damit man Fujifilm keine täuschende Werbung vorwerfen kann, legt der Hersteller Wert auf die Bezeichnung "Bilddateigröße" in seinen Produktbeschreibungen und erklärte sich anläßlich der SuperCCD-Produktvorstellungs-Pressekonferenz am 14. Februar bereit, jedem besorgten Kunden die effektive Auflösung gerne mitzuteilen.

Auch JVC hat tief in die Trickkiste gegriffen, um die schon beachtliche Auflösung von 3,34 Megapixeln bei seiner GC-X1 Digitalkamera nochmals zu steigern. Durch zwei um einen Pixel verschobene Aufnahmen, die im Bruchteil einer Sekunde gemacht werden, können die zwei Bilder mit verschiedenen Filterfarben erfasst werden – die Informationen im Grünbereich können zu 100 Prozent gesammelt werden, im roten und blauen Farbbereich braucht nur noch 50 Prozent interpoliert zu werden. Die "Pixel-Shift" genannte Technologie ist nur eine von drei auf Doppelbelichtungen basierenden Einstellungsmöglichkeiten, die JVC zur Verbesserung der Bildqualität an seiner neuen Digitalkamera anbietet. Details dazu können Sie in unserer Meldung vom 17. Februar 2000 nachlesen.

Die von Fujifilm und JVC eingesetzten Technologien beweisen, daß heutzutage die reine Pixelzahl des CCD-Sensors nicht mehr viel über die resultierende Bildqualität aussagt. Deshalb wird sich in Zukunft der Konsument nicht nur nach den Datenblättern richten können, sondern auch Praxistests und Testbilder aus seriösen Quellen abwarten müssen, um sich ein Bild über die tatsächliche Bildqualität seiner zukünftigen Digitalkamera zu machen.

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