Traditionsbrecher
Nikon D40 jetzt offiziell
2006-11-16 In einer Zeit, wo jede zweite größere Kameraankündigung von irgend welchen Lecks im Internet begleitet wird, fällt der "Überraschungseffekt" der Hersteller bei der offiziellen Vorstellung der neuen Kameras aus. So auch bei der neuen D40, dem jüngsten digitalen Spiegelreflexkameramodell aus dem Hause Nikon. Ihre wichtigsten Daten kennt schon fast jeder, seit Neckermann sie versehentlich zu früh ins Netz gestellt hat, und in den einschlägigen Foren streitet man sich darüber, ob die D40 ein Frevel ist oder nicht, aber ausführlich präsentiert werden soll sie hier trotzdem. (Yvan Boeres)
Stein des Anstoßes ist in den hitzigen Forendiskussionen vor allem Nikons Bruch mit der Rückwärtskompatibilität seiner Objektive. Nikon gehörte bisher nämlich – zusammen mit Pentax – zu den wenigen Kameraherstellern, die ein zweigleisiges System gefahren sind und sowohl eine rein elektronische Verbindung zwischen Kamera und Objektiv (wie es sich für ein modernes System gehört) als auch durch eine mechanische Kamera/Objektiv-Anbindung die Verwendung ältester Objektive an neueren Kameramodellen ermöglicht haben. Fiel die mechanische Blendenübertragung schon vor einiger Zeit bei den Nikon-(D)SLRs der unteren Preisklasse weg (was bereits zu Einschränkungen bei der Belichtungsmessung und -steuerung führte), wagt Nikon mit der D40 den letzten Schritt ins vollelektronische Zeitalter. So wurden bei der D40 der kamerainterne Schrittmotor und die mechanische Antriebswelle wegrationalisiert, die bis dato bei der automatischen Scharfstellung die Linsen im Objektiv in Bewegung setzten; der Autofokus funktioniert nur noch bei Objektiven mit eigenem AF-Antrieb. Nikon hatte im Laufe der Jahre die Zeit, sein Objektivprogramm nach und nach auf die AF-I-Optiken und auf die neueren AF-S-Optiken mit elektronischer Blendenübertragung und Silent-Wave-Motor bzw. Ultraschallantrieb umzustellen, die mittlerweile schon fast die Hälfte aller Objektive aus dem aktuellen Zubehörprogramm repräsentieren und die D40 wird auch ausschließlich im Paket mit zwei preisgünstigen AF-S-Objektiven (mehr dazu in unserer Begleitmeldung) verkauft, aber die D40 ist beileibe nicht mehr mit jedem Nikkor kompatibel. Das dürfte zwar der eigentlich von Nikon anvisierten Zielgruppe der Neueinsteiger noch relativ egal sein – weniger aber die Tatsache, dass außer ein paar Sigma-Objektiven mit so genanntem HSM (Sigmas eigener Bezeichnung für Objektive mit Ultraschallantrieb) auch die wenigsten Fremdobjektive zusammen mit der Kamera uneingeschränkt funktionieren. Tokina, Tamron und andere Fremdanbieter, die noch Nikon-kompatible Objektive mit konventionellem AF-Antrieb anbieten, werden ihre Nikon-Produktlinien komplett erneuern müssen – wollen sie große Teile ihrer Einnahmen nicht wegschwimmen sehen.
Weniger kontrovers wird die Tatsache aufgenommen, dass die D40 "nur" 6 Megapixel anbietet. Zumindest von denen, die sonst gegen das "Pixelrennen" wettern und konsequent bleiben wollen. Der 6,1-Megapixel-CCD der D40 ist – allem Anschein nach – derselbe, wie er schon bei der D50 zum Einsatz kommt; wer ein Mehr an Auflösung will (sie reicht jedenfalls völlig für postkartengroße Bilder und sogar Kleinposter aus), muss schon zur D80 greifen. Kommt man noch gut damit klar, dass die D40 im Vergleich zum Vorgängermodell D50 nicht an Auflösung gewinnt, ist es schwer verständlich, dass sie in Sachen Autofokus sogar einen Rückschritt macht. Besaß die D50 nämlich noch fünf AF-Messfelder und konnte so auch bei Hochformat-Aufnahmen auf Bildteile bzw. Personen scharf stellen, die sich außerhalb der Bildmitte befinden, muss die D40 nur noch mit drei horizontalen AF-Messfeldern (einem Kreuzsensor, flankiert von zwei Liniensensoren) auskommen. Da tröstet es einen nur wenig, dass das Multi-CAM-530-Modul der D40 von Algorithmen angesteuert wird, die direkt von der D200 und D80 übernommen wurden, die gleichen Betriebsarten (Einzelfeldsteuerung, dynamische Messfeldsteuerung, dynamische Messfeldsteuerung mit Priorität auf dem nächstgelegenen Objekt) anbietet und Nikon-typisch bei sehr wenig Licht (bis zu -1 LW) arbeitet; ein bisschen "kastriert" kommt einem die D40 hier doch schon vor.
Merkenswert ist die Tatsache, dass Nikon erst bei der D40 dieselben Sparmaßnahmen ergreift, wie sie Canon, Olympus & Co. bei den Kameras aus der nächst höheren Preis-/Auflösungsklasse (EOS 400D, E-400 usw.) anwenden. Dazu gehören eine Sucherkonstruktion mit verspiegelten Innenflächen (statt eines helleren Glasprismas), ein eingebauter Miniaturblitz ohne Steuerfunktion (beim drahtlosen TTL-Blitzen), die Zeit-/Blendeneinstellung mit nur einem Drehrad und der Verzicht auf eine monochrome Flüssigkristallanzeige. Letzteres bedeutet, dass man zahlreiche Kameraeinstellungen nicht mehr bei ausgeschaltetem LC-Farbmonitor prüfen oder vornehmen kann; in der Praxis kommt man aber mit dieser Art der Bedienung ziemlich gut zurecht. Bei der D40 erfolgt die Informationsanzeige automatisch oder über die Info-Taste (ganz unten links neben dem Monitor), und man kann sogar zwischen drei Stilen (Klassisch, Grafisch oder in Überblend-Manier) für die "grafische Benutzeroberfläche" wählen. Anschauliche Beispielbilder sollen den Anfänger bei der Einstellung der unterschiedlichsten Kameraparameter (Belichtungsmessart, Blitzeinstellungen, Autofokus-Einstellungen usw.) unterstützen, und im Menüsystem der Kamera bekommt man – wie bei der D80 und D200 – per Knopfdruck eine kleine Texterklärung.
Ansonsten steht die neue D40 den höherpreisigen Modellen in kaum etwas nach. Gemeinsam mit der großen Schwester D80 und z. T. auch mit der semi-professionellen D200 hat sie u. a. die Bildschirmgröße und -auflösung (2,5" bzw. 6,3 cm bei 230.000 Bildpunkten), das Erscheinungsbild der Menüs (farbkodierte Gliederung, große Schrift mit verbessertem Kontrast, leicht verständliche Schlüsselwörter), die Möglichkeit, jeden einzelnen Menüpunkt auszublenden, die Anpassungsfähigkeit (17 Benutzerfunktionen bei der D40), das Metallbajonett, die programmierbare Funktionstaste, die kamerainternen Bildbearbeitungsfunktionen (automatische Erkennung und Retusche roter Augen, elektronische Schattenaufhellung, Filtereffekte usw.), die Akkuanalyse, das RGB-Histogramm und die Hervorhebung der Spitzlichter, die Speichermöglichkeit im RAW/NEF-Format, die Lichtempfindlichkeitsstufen-Einstellung bis entspr. ISO 1.600 und darüber hinaus (entspr. ISO 3.200 in der HI-1-Stufe), die iTTL-Blitzbelichtungsmessung und -steuerung, die PictBridge-kompatible USB-2.0-Highspeed-Schnittstelle u. v. m. Sogar der Signalverarbeitungsprozessor soll von der D80 stammen; die Analog/Digital-Wandlung findet mit 12 Bit statt.
Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin, der Nikon D50, ist die D40 deutlich kompakter. Das solide anmutende Kunststoff-Gehäuse schrumpft mit Außenmaßen von 126 x 94 x 64 mm praktisch auf Canon-EOS-400D-Größe (129 x 94 x 65 mm), und mit einem Leergewicht von 475 Gramm dürfte sie zur Kategorie "Fliegengewicht" gehören. Das verdankt sie unter anderem einem neuen Lithiumionenakku vom Typ EN-EL9, der trotz schlanker Linie mit seinen 1.000 mAh (bei 7,4 V) auf bis zu 470 Aufnahmen pro Ladung im CIPA-Standardtestverfahren kommt und mit einem neu entwickelten Schnellladegerät (Typ: MH-23) geliefert wird. Wer an weiteren Zahlen interessiert ist, darf hier noch erfahren, dass die D40 in 0,18 Sekunden nach dem Einschalten aufnahmebereit ist, ihre Verschlusszeiten von 30 bis 1/4.000 Sekunden (Blitzsynchronzeit: max. 1/500 s) reichen, sie im Serienbildmodus bis zu 5 RAW/NEF- oder 100 JPEG-Aufnahmen in Folge bei einer Bildfrequenz von ca. 2,5 Bildern pro Sekunde macht, ihre 3D-Color-Matrixmessung II die ermittelte Belichtung mit 30.000 einprogrammierten Referenzmotiven vergleicht (alternativ stehen die mittenbetonte Integralmessung und die Spotmessung zur Auswahl), sie zwölf Belichtungsprogramme (P/S/A/M + acht Motivprogramme) besitzt, ihr eingebautes Miniaturblitzgerät eine Leistung von LZ 17 bei ISO 200 (LZ 12 bei ISO 100) aufweist, ihr Sucher bei einem Augenabstand von 18 mm sowie einer Bildfeldabdeckung von 95 Prozent das Bild 0,8-fach vergrößert und sie in zwei Gehäusevarianten (Silber oder Schwarz) erhältlich ist.
Die Nikon D40 ist mit Wechselspeicherkarten vom Typ SD-Card (Secure Digital) und SDHC (Secure Digital High Capacity) kompatibel, zählt zu den Motivprogrammen eine neue Einstellung (Blitz-Aus-Programm mit automatischer Lichtempfindlichkeitsstufen-Anpassung) und erkennt selbstständig, ob ein Bild im Hoch- oder Querformat aufgenommen wurde, um es sowohl auf dem Kameramonitor als auch auf dem Computerbildschirm entsprechend ausgerichtet anzuzeigen. Weitere Detailinformationen zu Technik, Funktion und Ausstattung des neuen DSLR-"Benjamins" von Nikon finden interessierte Leser (Anm. der Red.: Wir möchten noch einmal betonen, dass die D40 weniger etwas für gut mit Nikon-Material versorgte Fotografen als für Neueinsteiger ist) im passenden digitalkamera.de-Datenblatt vor, das – wie üblich – über die Kamerasuche oder über die entsprechende Verknüpfung am Ende dieser Meldung aufrufbar ist. Die Nikon D40 kommt, je nach Ausführung (im Kit mit dem AF-S DX 18-55/3.5-5.6G ED II oder im so genannten "Doppelzoom-Kit" mit zusätzlichem Tele-Objektiv) schon gegen Ende dieses Jahres (Dez. 2006) oder erst im Januar 2007 auf den Markt und kostet in der kleinsten Konfiguration knapp 650 EUR.