Mit Leica-L-Bajonett

Panasonic entwickelt mit der S1 und S1R spiegellose Vollformatkameras

2018-09-25, aktualisiert 2018-09-29 Die Spatzen pfiffen es schon von den Dächern: Panasonic entwickelt spiegellose Vollformat-Systemkameras und passende Objektive. S1 und S1R sollen die ersten Modelle heißen, die 24 beziehungsweise 47 Megapixel auflösen. Statt ein eigenes Bajonett zu entwickeln, verstärkt Panasonic seine Kooperation mit Leica und lizensiert das L-Bajonett, das in leicas SL- und TL-Serie zum Einsatz kommt. Dadurch stehen bereits acht Vollformatobjektive zur Verfügung. Panasonic will bis Ende 2020 über zehn Objektive beisteuern, den Anfang machen ein 50 mm F1,4, ein 24-105 mm sowie ein 70-200 mm.  (Benjamin Kirchheim)

Die Nomenklatur mit dem "R" als Zeichen für das hochauflösende Modell sollte Sony-Fotografen bekannt vorkommen. Panasonic will mit seinen beiden neuen Kameras gleich zwei Alleinstellungsmerkmale bieten: Sie sollen einerseits Videos in 4K-Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde aufnehmen können. Dabei ist die S1 als Foto-Video-Hybrid konzipiert, die S1R hingegen eher als hochauflösender Fotospezialist, auch wenn sie ebenfalls 4K60p aufnimmt. Zweitens wir sie über einen 5-Achsen-Dual-IS verfügen, der den Sensor-Shift-Bildstabilisator mit dem im Objektiv kombiniert. Laut unseren Informationen sollen alle drei angekündigten Objektive, also auch die lichtstarke 50mm-Festbrennweite, über einen optischen Bildstabilisator verfügen.

Der Sensor-Shift-Bildstabilisator arbeitet allein schon mit fünf Achsen. Anders als die Konkurrenz werden bei der Kombination mit dem optischen Bildstabilisator der Objektive aber nicht einzelne Achsen der Sensor-Shift-Stabilisierung abgeschaltet, sondern stattdessen für eine noch höhere Effektivität synchronisiert werden. Das L-Bajonett mit seinem 19 mm kurzen Auflagemaß bietet mit 48,8 Millimetern nicht den größten Durchmesser, schließlich war es wie bei Sony ursprünglich ein APS-C-Bajonett (eingeführt mit der Leica T), aber immerhin ist der Durchmesser etwas größer als bei Sony. Für einen schnellen Autofokus sollen nicht etwa Phasen-AF-Sensoren auf dem Bildsensor sorgen, sondern Panasonic setzt ganz auf sein DFD-System, das weiter verbessert werden soll, auch im Videobereich. Beim DFD-System werden zwei leicht unterschiedlich fokussierte Bilder miteinander verglichen und anhand der Objektivcharakteristik die Entfernungseinstellung berechnet, die der Fokusmotor direkt anspringen kann. Der Kontrastautofokus sorgt dann für die Feinjustage.

Als weiteres "Highlight" betont Panasonic den Dual-Kartenslot, der neben einer XQD- auch eine SD-Karte aufnimmt. Damit reagiert Panasonic direkt auf die starke Kritik, die Canon und Nikon für ihre Single-Speicherkartenslots in den Modellen Z 6, Z 7 und EOS R ernten. Dafür ist die Panasonic S1R jedoch sehr viel größer und schwerer als andere spiegellose Vollformat-Systemkameras, ausgenommen die Leica SL, die ebenfalls extrem groß geraten ist. Die Gehäuse der Lumix S1 und S1R werden dank des großen Griffs sehr ergonomisch sein und über einen Spritzwasser- und Staubschutz sowie einen robusten Verschluss verfügen. Auch niedrige Temperaturen sollen den Lumix S-Modellen nichts anhaben können. Neben einem elektronischen Sucher kommt auch ein in drei Achsen schwenk- und drehbarer Bildschirm für Aufnahmen aus allen möglichen Perspektiven zum Einsatz, wie man es auch aus dem Lumix-G-System (Micro Four Thirs) kennt. Auch für den elektronischen Sucher verspricht Panasonic höchste Qualität: Er soll schlicht zum Besten gehören, das es derzeit auf dem Markt gibt. Das "S" in den Kameras soll übrigens für "Specialized for Professionals" stehen.

Panasonic will mit dem neuen Lumix-S-System sein Portfolio erweitern, um auch den Ansprüchen von Profifotografen gerecht zu werden. Das Micro-Four-Thirds-System bleibt weiterhin bestehen und wird auch weiterentwickelt, wie Panasonic uns gegenüber betonte. Das parallel angekündigte Panasonic Leica 10-25mm F1,7 sollte ein deutlicher Beweis dessen sein, schließlich ist es das lichtstärkste Objektiv seiner Art. Das kompakte MFT-System mit den relativ kleinen Objektiven hat neben dem neuen Vollformatsystem jedenfalls definitiv seine Berechtigung. Eine APS-C-Kamera mit L-Bajonett ist daher als weitere Sensorgröße für Panasonic eher weniger denkbar und damit unwahrscheinlich.

Panasonic will sich bei den Objektiven nicht allein auf Leica verlassen, die immerhin bereits acht Vollformatobjektive anbieten. Zusammen mit der S1 und S1R soll im Frühjahr 2019 eine F1,4 lichtstarke 50mm-Festbrennweite mit Bildstabilisator auf den Markt kommen. Des Weiteren arbeitet Panasonic an der Entwicklung eines 24-105mm-Zooms (vermutlich mit durchgehend F4) sowie eines 70-200mm-Zooms (vermutlich mit F2,8, evtl. aber auch "erstmal nur" F4). Bis Ende 2020 will Panasonic das Objektivangebot zügig auf über zehn Objektive erweitern.

Prototypen der neuen Kameras und Objektive will Panasonic auf der Photokina 2018 in Köln ausstellen, die morgen ihre Tore öffnet. Ein weiterer Partner im System ist übrigens Sigma sein. Vielleicht werden bereits heute Abend passende Produkte angekündigt, wir werden berichten.

Update  In den Tagen der Photokina 2018 haben wir noch laufend Fotos hinzugefügt, die wir während der Pressekonferenz und auf dem Panasonic Messestand aufgenommen haben. Offizielle Produktfotos werden von Panasonic erst später zur Verfügung gestellt.

Artikel-Vorschläge der Redaktion