Leistungsfähigkeit im robusten Retro-Gehäuse

Pen-F, OM-1 und OM-5 verschmelzen zur OM System OM-3

2025-02-06 Mit der OM System OM-3 platziert OM Digital Solutions eine neue Kamera zwischen die OM-5 und OM-1 Mark II. Die neue OM-3 lehnt sich noch enger an die historische Spiegelreflexkamera Olympus OM-1 von 1972 an als alle vorherigen Modelle und tritt gleichzeitig das Erbe der legendären Pen-F von 2016 an, indem deren Kreativrad an der Vorderseite mit Millionen von Gestaltungsmöglichkeiten übernommen wird. Dabei muss man weder auf einen leistungsfähigen Bildstabilisator und Autofokus mit Motiverkennung noch auf ein robustes, wetterfestes Metallgehäuse verzichten.  (Benjamin Kirchheim)

Wir konnten bereits ein Serienmodell der OM System OM-3 testen. Der ausführliche Testbericht inklusive Labortest, Testbildern in Raw und JPEG bei allen ISO-Empfindlichkeiten sowie die ausführlichere Premium-Version des Testberichts sind über die weiterführenden Links zu finden.

Die OM System OM-3 nimmt vor allem Anleihen bei der OM-1 Mark II, aber auch bei der OM-5 und Pen-F. So geht die Robustheit des Gehäuses eher Richtung OM-1, denn es besteht im Gegensatz zur OM-5 aus Metall. Das Design lehnt sich interessanterweise sehr eng an dem der Olympus OM-1 von 1972 an und nicht, wie man vom Namen her vermuten würde, am Design der OM-3 von 1983. So gibt es beispielsweise keinerlei Griffsteg. Stattdessen hat das silber-schwarze Gehäuse nur eine Gummierung mit einer genarbten Leder-Struktur.

Das Gehäuse ist gemäß IP53 gegen Staub und Spritzwasser geschützt, was nicht einmal tausende Euro teurere Profikameras anderer Hersteller bieten. Ein Betrieb bis -10 °C ist ebenfalls gewährleistet. IP53 bedeutet einen Staubschutz nach IP5X, der das Eindringen von für die Funktion schädlichem Staub verhindert. Der IPX3-Schutz soll Sprühwasser aus bis zu 60 Grad gegenüber der Senkrechten abhalten. Auch die Ultraschall-Sensor-Reinigungs-Funktion ist mit an Bord, die den Sensor bei jedem Einschalten mit mehreren 30.000 Schwingungen pro Sekunde bewegt und so Staub abschüttelt, falls der sich trotz staubabweisender Beschichtung auf den Sensor gesetzt hat.

Mit der neuen Kamera möchte OM Digital Solutions auch neue Nutzergruppen ansprechen, die mit „Urban Nature“ umfasst werden. Die OM-3 wiegt ohne Objektiv knapp unter 500 Gramm und ist recht kompakt und damit gut transportabel, muss bei widrigen Aufnahmebedingungen aber nicht in einer Tasche versteckt werden. Das Gehäuse fällt etwas breiter aus, sodass es auch für die linke Hand am Gehäuse viel Platz gibt, falls man mit dieser nicht das – womöglich kleine – Objektiv stützen möchte. Einen Griffsteg gibt es allerdings nicht mal optional, hier hoffen die Japaner offensichtlich auf Drittanbieter wie SmallRig.

Der 17,3 x 13 Millimeter große Four-Thirds-Sensor löst 20 Megapixel auf und bietet dank Stacked-BSI-CMOS-Bauweise eine hohe Performance und Lichtausbeute. Alle Pixel bestehen aus Quad-Pixel-Phasen-AF-Sensoren – dieselbe Technik setzt Canon inzwischen in seinem neuesten Flaggschiff EOS R1 ein. Dabei werden im Benutzerinterface 1.053 Fokuspunkte angeboten. Sie sollen denselben leistungsfähigen Autofokus wie die OM-1 Mark II ermöglichen, wofür auch der Bildprozessor TruePic X mit an Bord ist. Die KI-gestützte Motiverkennung kann Gesichter und Augen, Autos und Motorräder, Flugzeuge und Hubschrauber, Züge und Lokomotiven sowie Vögel, Hunde und Katzen (auch andere ähnliche Tiere) erfassen.

Der Sensor-Shift-Bildstabilisator erlaubt bis zu 6,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten. Zusammen mit einem stabilisierten Objektiv sind mit Sync-IS 7,5 Blendenstufen möglich. Auch die High-Resolution-Shot-Funktion, die vom Stativ 80 Megapixel liefert und aus der Hand immerhin noch 50 Megapixel, ist mit an Bord. Das Rauschen soll im High-Res-Modus übrigens um zwei Blendenstufen geringer sein und die Verrechnung dauert dank des schnelleren Bildprozessors und Sensors nur fünf Sekunden.

Die High-Res-Shot-Funktion ist wie andere Aufnahmemodi, die mehrere Bilder miteinander verrechnen, über eine separate Taste mit der Aufschrift „CP“ erreichbar, was für „Computational Photography“ steht, was so viel wie computergestützte Fotografie heißt. Dazu gehören die Funktionen Live-Bulb, Live-Time und Live-Composite für Langzeitbelichtungen, bei denen man den Fortschritt der Belichtung live auf dem Bildschirm (oder im Sucher) verfolgen kann. Aber auch das Fokus-Stacking zum automatischen Zusammensetzen von bis zu 15 unterschiedlich fokussierten Bildern ist mit an Bord. Noch längere Fokusreihenaufnahmen lassen sich ebenfalls anfertigen, müssen aber extern in einer Bildbearbeitungssoftware zusammengesetzt werden.

Sehr praktisch sind zudem die Funktionen Live-ND und Live-GND. Der Live-ND-Filter erlaubt 64-fach längere Belichtungszeiten, ohne das Motiv überzubelichten. Das entspricht 6 Blendenstufen, womit man Bewegungen verwischen lassen kann, etwa von fließendem Wasser. Der Live-GND-Filter hingegen simuliert einen Grauverlaufsfilter, womit man beispielsweise kontrastreiche Motive in den Griff bekommen kann. Hier sind 8-fach längere Belichtungszeiten möglich, was 3 Blendenstufen entspricht. Eine HDR-Funktion ist übrigens auch noch an Bord der OM-3 zu finden sowie eine Mehrfachbelichtungsfunktion.

Ein neues Rad am Gehäuse erlaubt den einfachen Wechsel zwischen Foto, Video sowie S&Q, was für Slow & Quick steht. Damit lassen sich zwischen 1 und 60 Bilder pro Sekunde bei 4K und 1-240 Bilder pro Sekunde bei Full-HD für Slow-Motion und Zeitraffer aufnehmen. Für mehr Individualisierbarkeit bietet das verriegelbare Programmwählrad nun 5 Benutzerspeicher.

Der elektronische Sucher der OM System OM-3 stammt hingegen nicht aus der OM-1, sondern der OM-5. Er löst damit 2,36 Millionen Bildpunkte auf und vergrößert 0,69-fach im Kleinbildäquivalent. Der 7,5 Zentimeter große Touchscreen bringt es auf 1,62 Millionen Bildpunkte. Er lässt sich seitlich schwenken sowie um die eigene Achse drehen, was Aufnahmen aus allen möglichen Perspektiven erlaubt. Auch Selfies beziehungsweise die Verwendung als Video-Kontrollmonitor ist damit möglich. Auf der Rückseite besitzt er dieselbe Retro-Gummitextur wie der Rest des Gehäuses, sodass die OM-3 noch mehr Retrocharme ausstrahlt, wenn man den Bildschirm verkehrtherum an die Rückseite klappt. Übrigens besitzt die OM-3 im Gegensatz zur OM-5 das neue Menü von OM System und nicht das alte von Olympus.

Dank des von der Olympus Pen-F geerbten Kreativ-Rads kommen auch experimentierfreudige Fotografen, die ihren Fotos einen individuellen Touch verpassen wollen, nicht zu kurz. 4 Farbprofile mit 12 Farbkontrollen und 5 anpassbaren Parametern (Sättigung, Tiefen und Lichter, Vignette, Schärfe, Kontrast) sowie 4 monochrome Profile mit 7 Farbfiltern und 6 anpassbaren Parametern bieten Millionen von Kombinationsmöglichkeiten, wodurch kein Profil dem anderen gleicht. Aber auch der Farbgestalter und die Art-Filter lassen sich über dieses Drehrad erreichen, was weitere individuelle Looks ermöglicht. Im Gegensatz zur Pen-F sitzt das Rad auch nicht mehr im Weg beim Greifen der Kamera.

Dass die OM-3 denselben Sensor besitzt wie die OM-1 Mark II, merkt man nicht nur am Autofokus, sondern auch an der leistungsfähigen Serienbildfunktion: Sie erreicht 120 Bilder pro Sekunde ohne und 50 Bilder pro Sekunde mit Autofokus. Auch das übertrifft – wie die Robustheit – so manche Profikamera.

Die Videofunktion muss sich mit 4K60 bei 10 Bit Farbtiefe ebenfalls nicht verstecken. Selbstverständlich stehen hier sowohl der Autofokus samt Motiverkennung als auch der leistungsfähige Bildstabilisator zur Verfügung. Der Ton lässt sich sogar mit bis zu 96 kHz 24 Bit aufzeichnen. Für ein Mikrofon steht ein 3,5mm-Anschluss zur Verfügung, genauso wie für Kopfhörer zur Tonkontrolle. Auch das Kreativrad entfaltet in der Videofunktion seinen vollen Funktionsumfang für einen individualisierbaren Look. Mit Zebra, Timecode und einer HDMI-Raw-Videoausgabe über die Micro-HDMI-Schnittstelle sowie OM-Log400 für eine flache Tonwertkurve und spätere Gradationsmöglichkeiten kommen auch anspruchsvolle Videografen auf ihre Kosten. Wer möchte, kann die OM-3 sogar als USB-Webcam zum Livestreaming verwenden, allerdings lediglich in 720p30.

Apropos USB-Buchse: Bei der handelt es sich um USB-C mit Superspeed 3.0 und Unterstützung von Power Delivery. Ausgeschaltet wird der Akku in der Kamera geladen, eingeschaltet wird sie direkt mit Strom versorgt. Beim Akku handelt es sich um den BLX-1 wie in der OM-1 (Mark II), was immerhin 590 Aufnahmen nach CIPA-Standard ermöglicht. Die SD-Karte wird seitlich entnommen, wobei es jedoch nur einen Slot gibt. Dieser ist auch zu SDHC, SDXC, UHS I und UHS II kompatibel. Drahtlos nimmt die OM-3 via WLAN und Bluetooth Kontakt zu Smartphones, Tablets und Computern auf. Neu im Zubehör ist die Bluetooth-Fernbedienung RM-WR2.

Die viele Technik in der OM-3, die damit näher an der OM-1 Mark II ist als an der OM-5, hat allerdings auch ihren stolzen Preis: knapp 2.000 Euro soll die OM System OM-3 ohne Objektiv kosten. Im Set mit dem 12-45 mm F4 (24-90 mm Kleinbildäquivalent) steigt der Preis auf knapp 2.400 Euro. Vorerst gibt es die Kamera nur in Silber-Schwarz. Die Markteinführung ist für Ende Februar 2025 geplant. Es wurden bereits viele Kameras vorproduziert, unser Testmodell stammt beispielsweise aus dem Oktober 2024.


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