Die Spinne kehrt zurück
Praxistest ColorVision Spyder2 plus
2005-04-19 Waren auf Hardware basierende Farbmanagement-Systeme vor einigen Jahren noch Profis vorbehalten, so hat das US-Unternehmen ColorVison mit seinen einfach zu handhabenden Spyder-Systemen schon seit einigen Jahren auch den Markt der Amateurfotografen erschlossen. Es hat eindrucksvoll gezeigt, dass Farbmanagement mit Monitor- und Druckerprofilierung nicht teuer sein müssen und dass ein System sowohl Profis als auch Amateure zufrieden stellen kann. Der Spyder2 ist der neueste "Sprössling" aus der Familie der ColorVision-"Spinnen"; wir haben ihn in der Variante Spyder2 plus (mit umfangreichem Softwarepaket) getestet. (Harm-Diercks Gronewold)
|
|
Das von uns getestete Set kostet bei Bestellung im Online-Shop des Herstellers ColorVision etwa 270 EUR (zuzüglich Mehrwertsteuer und Versand) und umfasst neben dem eigentlichen Spyder2 die Kalibrierungs-Software, den ProfilerPlus zur Erstellung von Druckerprofilen und den Pantone Colorist zur Farb-Spezifizierung; abgerundet wird das ganze Softwarepaket durch Adobe Photoshop Elements 3.0. Die Lizenzierung ist großzügig dimensioniert, so erlaubt es ColorVision, die Kalibrierungssoftware auf eine unbestimmte Anzahl von Computern an einem Standort und zusätzlich noch auf maximal fünf anderen Computern, auch Laptops und Notebooks, zu installieren. Die übrige beigefügte Software beschränkt sich dagegen auf Einzellizenzen.
Die Vorgehensweise ist einfach. Zunächst wird die Kalibrations-Software von der beiliegenden CD-ROM installiert. Darüber hinaus wird noch ein nützliches Tool mit dem Namen "Profile Chooser" installiert; die Aufgabe dieses kleinen Programms ist die Verwaltung von verschiedenen Farbprofilen. So ist es möglich, schnell zwischen Profilen zu wechseln, ohne den langen Weg über die Systemeinstellungen gehen zu müssen.
Ein PDF-Handbuch ist leider ebenso wenig vorhanden wie ein Handbuch in gedruckter Form. Statt dessen wurde die Kalibrations-Software mit einer "Soforthilfe" Funktion ausgestattet, die Dokumente sind grafisch ansprechend gestaltet und vermitteln in verständlicher Form Sinn und Zweck des jeweiligen Arbeitsschrittes, man erfährt hier beispielsweise, dass bei Arbeitsplätzen mit zwei Monitoren und einer Multihead-Grafikkarte unter Windows nur der Haupt-Monitor korrigiert werden kann, während bei Apple Macintosh Rechnern beide Bildschirme kalibriert werden können.
Vor der ersten Kalibration muss der Rechner neu gestartet werden. Dann kommt das Spyder2 Colorimeter ins Spiel. Diese "Monitor-Spinne" ist, wie schon ihre Vorgängerin, mit 8 Fotodetektoren und 7 Farbfiltern ausgestattet, die laut ColorVision aber fünfmal sensitiver sein sollen als die der Vorgängerin. Der Spyder2, ein schwarz-silbernes, rundes Gerät mit drei außen liegenden Saugfüßchen, muss zunächst je nach Bildschirmart vorbereitet werden. So kommen bei Röhrenbildschirmen die an den Beinen des Spyder2 befindlichen Saugnäpfe zum Einsatz, mit deren Hilfe man das Gerät auf der Glasfront befestigt. Bei einem LCD-Monitor wird das Messgerät einfach mit Hilfe des an dem USB-Kabel befestigten Gegengewichtes über die Monitor-Oberkante gehängt. Bei der Montage des LCD-Aufsatzes muss man darauf achten, die Saugfüße nicht zu quetschen. All das ist Schritt für Schritt in einer gedruckten Kurzanleitung beschrieben, leicht nachzuvollziehen und dauert nur wenige Minuten. Dann verbindet man den Spyder2 mit seinem über zwei Meter langen USB-Kabel mit einem freien USB-Anschluss, woraufhin dieser vom Betriebssystem automatisch als neue Hardware erkannt wird.
Nun startet man die Kalibrations-Software, diese führt Schritt für Schritt durch den Kalibrierungsvorgang. So wird beispielsweise nach der Bildschirmart gefragt und ob es sich um einen Röhren- oder LCD-Monitor handelt. Schrittweise werden Kontrast, Helligkeit und die Farbtemperatur angepasst. Zum Ermitteln der Farbtemperatur wird der Spyder2 auf das vorgesehene Feld auf dem Monitor platziert und eine Messung durchgeführt. Das Ergebnis wird anhand von Rot-, Grün- und Blau-Werten bzw. einer leicht verständlichen Balkengrafik verdeutlicht, die rechts neben dem Messfeld angezeigt wird. Liegen die Werte nicht in dem von der Software vorgeschriebenen Bereich, dann muss manuell am Monitor die entsprechende Farbe reguliert und eine weitere Messung durchgeführt werden. Die Messung wird solange wiederholt, bis die Werte der drei Grundfarben (Rot, Grün und Blau) in dem vorgeschriebenen Bereich liegen. Ist die Farbtemperaturmessung erfolgreich abgeschlossen, dann läuft alles Weitere automatisch.
Die Software ermittelt die tatsächliche Farbwiedergabe des Monitors und errechnet die benötigten Korrekturwerte. Zunächst erfolgt eine Angleichung des Weiß- und Schwarzpunktes. Anschließend werden anhand der RGB-Farben (Rot/Grün/Blau) so genannte Muster durchlaufen. Dabei werden jeweils ca. 15 bis 20 verschiedene Rot-, Grün- und Blau-Helligkeiten auf dem Bildschirm dargestellt und von den Sensoren im Spyder2 erfasst. Nach etwa zehn Minuten, in denen vom Benutzer keinerlei Eingriffe erforderlich sind, ist dieses Programm komplett durchgelaufen, und man kann den Spyder2 vom Bildschirm entfernen. Neu ist, dass es eine "Vorher"-"Nachher"- Funktion gibt, mit der sofort erkennbar wird, wie sich die Einstellungen des Monitors verändert haben. Die Kalibrierung ist sofort wirksam, d. h. die ColorVision-Software nimmt die erforderlichen Anpassungen über die Grafikkarte vor; am Monitor muss und darf man nun nichts mehr verstellen. Wenn es gewünscht ist, kann man sich durch einen Marker in den Einstellungen auch an eine regelmäßige Kalibrierung erinnern lassen. Im Gegensatz zum Vorgänger ist die Software in der Lage, die Vorkalibrierung eines Röhrenmonitors mit in das Hauptprogramm zu integrieren, was der Bedienbarkeit der Software sehr zuträglich ist. Auch hier wird dem Nutzer Schritt für Schritt erklärt, was er zu tun hat und vor allem warum er es tun sollte.
Nachdem der Monitor kalibriert ist, kommt die zweite Software zum Zuge, welche sich um die Profilierung des Druckers mit Hilfe eines Flachbettscanners kümmert. Da es sich hier um ein Photoshop-Plug-In handelt, muss eine Photoshop-Version installiert sein. Während der Installation muss der Plug-In-Ordner ausgewählt werden, und nach wenigen Sekunden ist die Installation dann abgeschlossen. Auf der CD findet sich ein ausführliches Handbuch im PDF-Format, welches Hinweise auf die Vorgehensweisen bei verschiedenen Photoshop-Versionen beinhaltet und den genauen Ablauf der Druckerprofilierung verständlich erläutert.
Pantone Colorist liegt in einer englischsprachigen Version dem Spyder2 plus Set bei. Es handelt sich um ein Farbbestimmungstool, welches dazu benutzt werden kann, aus der über 1.100 Farben umfassenden Pantone Farb-Bibliothek den gewünschten Farbton herauszufinden, und zeigt dabei – neben der Pantone Farbnummer – auch den Web-Hexagonalcode und die RGB-Werte der Farbe an. Der Pantone Colorist kann unter den verschiedensten Applikationen eingesetzt werden u. a. unter Adobe Photoshop, Macromedia Dreamweaver oder Quark XPress.
ColorVision hat es mit der Spyder2 geschafft, den einfach zu handhabenden "Ur"-Spyder zu ersetzen, sinnvolle Design-Veränderungen durchzuführen und alles mit einer einfach zu bedienenden Software zu versehen, welche sich schnell begreifen und flexibel einsetzen lässt. Einzig das fehlende PDF-Handbuch für die Kalibrations-Software und der zu spezifische Einsatz des Pantone Colorist könnte bemängelt werden. Die Kombination mit Photoshop Elements 3.0 und dem ProfilerPlus ist für den digitalen Workflow – auch im Amateurbereich – mehr als nur finanziell attraktiv.