Das "kleine" Rauschwunder
Real-Photo-Technologie von Fujifilm setzt neue Qualitätsmaßstäbe
2005-04-25 Sony hat es vorgemacht, Fujifilm setzt noch eins drauf. Dass die winzig kleinen CCD-Sensoren von Kompaktdigitalkameras noch lange nicht ausgereizt sind, beweisen zahlreiche 7-Megapixel-Kameras mit 1/1,8"-CCD von Sony, die trotz kleinerer Pixel bzw. höherer Pixeldichte nicht wesentlich mehr und teilweise sogar weniger Bildrauschen produzieren als ihre 5-Megapixel-Vorgänger. Nun zeigt auch Fujifilm, was sich an Qualität aus kleinen Sensoren herausholen lässt, und tut dies so eindrucksvoll, dass man von neuen Maßstäben in der Kompaktdigitalkameraklasse reden kann. Ein triftiger Grund, die neue Real-Photo-Technologie von Fujifilm einmal näher zu beleuchten. (Yvan Boeres)
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Wir geben es zu: Nicht Fujifilm selbst, sondern erst der Tipp eines
Journalistenkollegen aus einem bekannten deutschen Digitalkamera- bzw.
Foto-Magazin und ein Artikel über das sensationell niedrige Bildrauschen der
Fujifilm FinePix F10 in einer französischen Foto-Fachzeitschrift haben uns
auf die neue Real-Photo-Technologie aufmerksam gemacht – so bescheiden ist
Fujifilm in seiner ursprünglichen Pressemitteilung bei der offiziellen
Vorstellung der Real-Photo-Technologie mit dem Thema umgegangen. Doch unsere
erweckte Neugier hat uns dazu bewogen, Fujifilms neueste technologische
Errungenschaft und die darauf basierende FinePix F10 genauer anzuschauen.
Informationen aus erster Hand bekamen wir dazu in der vergangenen Woche
während eines persönlichen Gesprächs mit Fujifilm-Entwicklern aus Japan.
Bei der Real-Photo-Technologie handelt es sich nicht um eine
Einzelkomponente, sondern um ein Gesamtkonzept. Kernstück der neuen
Technologie ist zwar der gleichnamige Signalprozessor, aber laut Fujifilm
sollen die Fujinon-Objektive und der SuperCCD fünfter Generation dabei eine
mindestens genauso wichtige Rolle spielen. Erst die symbiotische Abstimmung
von Objektiv, SuperCCD und Signalprozessor soll dem ganzen Konzept seine
besondere Bedeutung verleihen. Konkrete Angaben über die
Abbildungsleistungen (wie z. B. das Auflösungsvermögen) der
Fujinon-Objektive macht Fujifilm zwar nicht. Es ist aber klar, dass selbst
der beste Bildsensor und die leistungsfähigste Signalverarbeitung die
Schwächen einer schlechten Optik nicht ganz kaschieren können. Bei den
Beispielbildern, die uns die Herren Hiroshi Shirai (Manager Marketing Dept.
Electronic Imaging Products Division), Hitoshi Yamashita (Engineering and
Designing Division Electronic Imaging Products) und Mitsuo Takahashi (Assistant
Manager Marketing and Technical Department Electronic Imaging) zeigten,
waren zwar in einem Fall leichte chromatische Aberrationen in manchen
Bildpartien zu erkennen, aber insgesamt machte die Qualität der
Fujinon-Linsen – insbesondere bezüglich der visuellen Auflösung – der
Vignettierung und der Verzeichnung, einen sehr guten Eindruck.
Ein weiteres Schlüsselelement der Real-Photo-Technologie ist der
SuperCCD-HR-Sensor fünfter Generation. Seit seiner Einführung im Jahre 2003
hat der SuperCCD-HR mehrere "Entwicklungsschübe" durchgemacht, und mit der
jüngsten SuperCCD-HR-Generation ist das Ende der Entwicklung noch lange
nicht erreicht. Wurde bei früheren SuperCCD-HR-Generationen hauptsächlich an
der Zahl und Form der Pixel gearbeitet, soll das wesentliche Merkmal der
fünften Generation eine verbesserte Mikrolinsenstruktur sein. Sie sorgt für
eine möglichst hohe Lichtausbeute und versorgt so im Rahmen des
Real-Photo-Technologiekonzeptes den Signalprozessor mit einem möglichst
"sauberen" Signal. Die ersten beiden Kameras mit Real-Photo-Technologie, die
FinePix F10 und die FinePix Z1, machen beide von solchen – allerdings
unterschiedlich großen – SuperCCD-HR-Sensoren Gebrauch. Der Sensor der F10
hat einen Formfaktor von 1/1,7" mit 6,1 Millionen 2,6 µm kleinen Pixeln.
Noch kleiner, nämlich 2,26 µm, sind die 5,04 Millionen Pixel des 1/2,5"
kleinen Sensors der Z1. Die Fujifilm-Entwickler schließen nicht aus, dass
demnächst auch größere, höher auflösende und/oder "zweigeteilte" (SuperCCD-SR-Sensor
mit unterschiedlich großen S- und R-Pixeln für einen erweiterten
Dynamikumfang) SuperCCDs im Real-Photo-Konzept Verwendung finden könnten.
Die interessanteste und wichtigste Komponente des Real-Photo-Konzeptes
ist jedoch der gleichnamige Signalprozessor. Zu welchen Leistungsschüben die
kleinen "Elektronenhirne" fähig sind, haben schon etliche Hersteller (u. a.
Canon mit DiGIC und DiGIC II, Sony mit dem Real Imaging Prozessor, Olympus
mit True Pic Turbo, Kyocera mit NuCore usw.) bewiesen. Nun zeigt auch
Fujifilm, wie man mit einem eigens "hochgezüchteten" Signalchip die
Bildqualität, die Schnelligkeit und die Ausdauer einer Digitalkamera zum
Teil drastisch verbessern kann. Der Real-Photo-Prozessor bietet die
notwendige Rechenleistung, um immer leistungsfähigere
Bildaufbereitungsalgorithmen auf das Bild anzuwenden. Bei der
Rauschunterdrückung verwenden die neuen FinePix-Kameras zum Beispiel
Algorithmen, die direkt von der Hyper-Utility-Software für das hauseigene
Profi-DSLR-Modell FinePix S3 Pro abstammen. Dass die FinePix F10 und Z1
heute Aufgaben erledigen, die bisher nur den CPUs rechenstarker
Desktop-Computer vorbehalten waren, deutet an, wie viel Rechenkraft im
Real-Photo-Signalprozessor steckt.
Das Resultat ist tatsächlich sehr eindrucksvoll. Bei visueller
Betrachtung der Bilder rauscht eine FinePix F10 in allen
Empfindlichkeitsstufen so wenig, dass es einem die Sprache verschlägt. Wir
veröffentlichen hier ein paar Beispielaufnahmen in Originalgröße, damit sich
jeder selbst ein Bild von den Leistungen der kleinen Kamera machen kann.
Messtechnisch (DCTau 4.1) gesehen, schlägt die FinePix F10 mit ihrem
winzigen Sensor selbst so manche digitale Spiegelreflexkamera. Im Vergleich
mit der brandneuen Canon EOS 350D liegt das Rauschen der FinePix F10 bei
ISO 100 und ISO 200 nur geringfügig über dem ihrer Konkurrentin. Bei ISO 400
liegen die beiden Kameras praktisch gleichauf; bei ISO 800 und 1.600 liefert
die FinePix sogar die rauschfreieren Bilder. Dabei spielt die EOS 350D als
Spiegelreflex-Kamera in einer ganz anderen Liga, und ihr wesentlich größerer
Sensor besitzt ungleich größere Pixel (6,4 vs. 2,6 µm)! Dafür hat die Canon
aber ein dezenteres Rauschmuster, so dass das Rauschen bei der FinePix F10
u. U. störender wirkt. Wer befürchtet, dass die Rauschfreiheit auf Kosten
der Bilddetails geht, wird eines Besseren belehrt. Die Rauschunterdrückung
arbeitet wenig destruktiv – und in gewisser Weise auch selektiv. So wird der
Tatsache Rechnung getragen, dass das menschliche Auge unterschiedlich
empfindlich auf verschiedene Rausch-"Arten" reagiert. Durch eine
Frequenzanalyse nimmt sich die Signalverarbeitung dann auch stärker des
augenfälligeren Farbrauschens an als des Helligkeitsrauschens. Genauso
selektiv geht die FinePix F10 mit der Scharfzeichnung um. Bei Bildpartien
mit hohem Kontrast werden die Bilddetails weniger stark scharf gezeichnet
als bei Stellen mit niedrigem Kontrast.
Die FinePix Z1 macht beim Rauschen ebenfalls eine sehr gute Figur.
Aufgrund der kleineren Pixel erreicht die Ultraflach-Kamera zwar nicht
ISO 1.600 (sondern "nur" ISO 800), und wir haben für dieses Modell noch
keine Messwerte, die Beispielbilder der Z1 waren aber ähnlich beeindruckend
wie bei der FinePix F10. Die Rauscharmut ist bei beiden Kameras so
ausgeprägt, dass Fujifilm die automatische Empfindlichkeitseinstellung
entsprechend erweitert hat. Wenn es die Lichtverhältnisse verlangen, kann
die FinePix F10 im Automatikmodus die Empfindlichkeit bis auf ISO 800
anheben; die FinePix Z1 schraubt die Empfindlichkeit ggf. bis auf ISO 640
hoch. Im "Natural Light Modus", wo – der Natürlichkeit zuliebe – auf den
Einsatz des Blitzes verzichtet wird, erfolgt die Empfindlichkeitsanpassung
in vollem Umfang (ISO 80-1.600 mit der F10 und ISO 80-800 mit der Z1). Doch
auch wenn man vom eingebauten Blitz der Kameras Gebrauch macht, kommen die
hohen Empfindlichkeiten zur Geltung, da sie die Blitzreichweite effektiv
erweitern. Ein weiterer Vorteil der hohen Empfindlichkeiten ist die
Verringerung der Verwacklungsgefahr. Im so genannten Anti-Blur-Programm ist
die Programmkurve so gestaltet, dass versucht wird, verwacklungssichere
Verschlusszeiten (z. B. 1/100 s in Weitwinkel- und 1/120 s in Tele-Position)
durch Anhebung der Empfindlichkeit so lange wie möglich zu erhalten. Im
Gegensatz zu den Bildstabilisierungssystemen anderer Hersteller werden so
nicht nur die Verwacklungen durch die Fotografenhand verringert, sondern
auch die Bewegungen des Motivs "eingefroren".
Neben einer leistungsstarken Rauschunterdrückung hat der
Real-Photo-Prozessor auch andere Vorteile. So konnte bei der FinePix F10 und
Z1 die Auslöseverzögerung auf nur 0,01 s (gegenüber beispielsweise 0,04 s
bei der FinePix F810 und E550) verkürzt werden, und der Autofokus ist – vor
allem bei der FinePix F10 – spürbar schneller geworden. Fujifilm gibt für
die FinePix F10 eine mittlere AF-Geschwindigkeit von 0,4 s (0,5 s bei der
FinePix 810 und E550) an. Die Einschaltzeit beträgt ihrerseits nur noch 1,3
(FinePix F10) bzw. 0,6 (FinePix Z1) Sekunden. Und da moderne
Signalverarbeitungsprozessoren durch eine effektivere Stromverwaltung einen
positiven Einfluss auf die Akkulaufzeit haben, sind z. B. bei der FinePix F10
mit einer Akkuladung um die 500 Aufnahmen möglich. In Japan haben die
Konsumenten offenbar die Vorzüge des Real-Photo-Konzeptes erkannt, da die
FinePix F10 in der kurzen Zeit seit ihrer Markteinführung ihren Marktanteil
von 1,5 auf 4,3 Prozent steigern konnte. Fest steht jedenfalls, dass
Fujifilm es mit dem Real-Photo-Konzept verstanden hat, aus den richtigen
"Zutaten" (SuperCCD, Fujinon-Optik und Real-Photo-Prozessor) ein "explosives
Gemisch" zusammen zu brauen, das die Vorurteile mancher Leute über die
Rauschanfälligkeit kleiner Bildsensoren bzw. von Kompaktdigitalkameras
erschüttern wird. Auf jeden Fall ist diese technologische Entwicklung
innovativ und wegweisend.