Hommage an die GR-Serie
Ricoh GR Digital als digitale Wiedergeburt der GR-KB-Kamerareihe
2005-09-13 Noch ist es zu früh, um von einem Trend zu sprechen, aber es hat den Anschein, als ob die japanischen Kamerahersteller sich derzeit aufs Wesentlichste beschränken wollen: nämlich auf die Bildqualität. Nachdem Sony kürzlich eine Prosumer-Kamera mit "hoch gezüchtetem" Bildwandler und Optik (die Rede ist von der DSC-R1) vorgestellt hat, folgt nun Ricoh mit der GR Digital, die einen ähnlichen Ansatz verfolgt. Ganz überraschend kommt diese Neuheit jedoch nicht, da Ricoh schon Wochen voraus eine digitale Ausführung seiner GR-Kameraserie angekündigt hat. (Yvan Boeres)
Kurz
nach Bekanntmachung von Ricohs Plänen (siehe digitalkamera.de-Meldung vom
30.08.2005 unter den weiterführenden Links), kursierten schon diverse
Beiträge auf Websites und in Foren, wo man schon die Eckdaten der Kamera
kennen wollte. Demnach sollte sie GR1d heißen, einen Foveon-Chip besitzen
und bei einer Brennweite von 28 mm (entspr. KB) mit F1,8 öffnen. Von all dem
ist letztendlich nur die Brennweite korrekt. Ricohs GR-Nachfolger trägt
schlicht und einfach den Namen "GR Digital" und bedient sich eines
konventionellen CCD-Chips (Formfaktor: 1/1,8") mit 8,13 Millionen Pixeln.
Das 28mm-Objektiv (KB-äquivalent) öffnet seinerseits bei F2,4.
Die Ricoh GR Digital soll vor allem hinsichtlich der Bildqualität in die
Fußstapfen der analogen GR-Serie treten. Eigenen Angaben zufolge wurde
besondere Aufmerksamkeit der Auflösung, dem Rauschverhalten, der Korrektur
chromatischer Aberrationen (sprich: Farbsäumen), der Farb- und
Tonwertwiedergabe sowie den Verzeichnungswerten gewidmet. So wurde der GR
Digital ein hoch auflösender CCD-Bildwandler spendiert und um diesen Chip
herum zwei Schlüsselkomponenten entwickelt: ein Hochleistungsobjektiv und
ein auf höchste Bildqualität getrimmter Signalverarbeitungsprozessor.
Besondere
Merkmale des Objektivs sind neben der festen Brennweite (28 mm entspr. KB)
und der Lichtstärke von F2,4 hohe Abbildungsleistungen, die Ricoh anhand
einer so genannten MTF-Kurve (siehe Abbildung) dokumentiert. Aus dieser
grafischen Darstellung der Objektiv-Eigenschaften lässt sich herauslesen,
dass das Objektiv der GR-Digital zumindest theoretisch ein außergewöhnlich
hohes Auflösungsvermögen, gepaart mit einem hohen Bildkontrast (dies wirkt
sich u. a. auf den Schärfeeindruck aus) aufzeigen müsste. Die Konstruktion
mit 6 Linsenelementen in 5 Baugruppen macht von einem so genannten "Retrofocus"-Design
Gebrauch, bei dem eine konkave d. h. nach innen gewölbte Linse dem Motiv
zugewandt ist und eine konvexe, d. h. nach außen gewölbte, Linse in Richtung
CCD zeigt. Zusätzlich kommen zwei, im Glasgussverfahren hergestellte,
asphärische Linsen und eine Linse mit besonders niedriger Dispersion (=
Lichtstreuung) zum Einsatz. Durch diesen Aufbau soll es den
Ricoh-Ingenieuren gelungen sein, ein lichtstarkes Weitwinkel-Optik mit
hervorragenden optischen Eigenschaften zu bauen. Weitere Eigenschaften des
Objektivs sind das Einschwenken einer der hinteren Linsengruppen beim
Einfahren (um das Unterbringen der aufwändigen optischen Konstruktion in das
nur 25 mm flache Kameragehäuse überhaupt zu ermöglichen), ein eingebauter
ND-Neutraldichtefilter und ein System, das die Linsen im Mikrometer-Bereich
aufeinander ausrichten kann. Zentrierungsprobleme dürfte es also mit der Ricoh GR Digital nicht geben.
Auf elektronischer Seite sorgt neben dem 8,13-Megapixel-CCD ein "hoch
gezüchteter" Signalverarbeitungsprozessor für eine Optimierung der
Bildqualität. Die so genannte GR-Engine zeichnet sich dadurch aus, dass sie
bereits auf analoger Ebene (also noch bevor die Bildinformationen in
digitale Signale umgewandelt werden) das Bildrauschen unterdrückt, dass
benachbarte Pixel eine Art "Sonderbehandlung" bekommen (um u. a. solche
Phänomene wie Treppenstufen- und Übersteuerungseffekte zu bekämpfen) und
dass Schwankungen bei der Belichtung sowie beim Weißabgleich durch eine
Analyse verschiedener Bildmuster verringert bzw. beseitigt werden. Außerdem
soll die leistungsfähige Elektronik die Genauigkeit des Autofokus im
Makro-Modus (die GR Digital kann bis auf 1,5 cm herunter fokussieren)
verbessern.
Die GR Digital ist auch die erste Ricoh-Kamera, die ihre Bilder im
RAW-Format aufzeichnen kann – auf Wunsch auch gleichzeitig mit JPEG.
Interessant ist die Tatsache, dass man sich dabei auf Adobes DNG-Format
festgelegt hat (mehr dazu unter den weiterführenden Links). Gewählt werden
kann zwischen drei Belichtungsprogrammen (Programmautomatik mit Shift-Option,
Zeitautomatik, manuelle Belichtungssteuerung), zwei Serienbildmodi, mehreren
Weißabgleich-Einstellungen (Automatik, Voreinstellungen, manuell, erweiterte
Einstellungen, automatische Weißabgleich-Reihen) und drei
Belichtungsmessarten (Matrix-/Mehrfeld-Messung über 256 Messfelder,
mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung); die Bedienung der Kamera (u. a.
die Einstellung der Belichtungsparameter) soll durch ein Drehrad an der
Kamerafront und ein weiteres Eingaberädchen an der Kamerarückseite besonders
leicht von statten gehen. Für die gehobene Ausstattung sprechen auch der
Blitzschuh (wie bei der GX-Serie) und der aufklappende Bordblitz. Der
Blitzschuh dient dabei nicht nur der Aufnahme eines externen Blitzgerätes,
sondern wird auch zum Anbringen des optischen Suchers gebraucht. Dieser ist
nämlich – wie bei diversen Messsucherkameras – aufsteckbar und als
optionales Zubehör erhältlich. Sonst dient ein 2,5"-LC-Farbbildschirm mit
210.000 Bildpunkten als Sucher-Ersatz, Wiedergabe-Monitor und Menü-Anzeige.
Sonst noch hervorzuheben wären der PictBridge-kompatible USB-2.0-Anschluss,
die vielfältigen Auslösemöglichkeiten (Einzelbild, Serienbild,
Belichtungsreihe, Fernauslösung, Intervall-Modus), die schnelle Reaktion (u.
a. Auslöseintervall von 1,7 s), der 9-Punkt-Autofokus, die robuste
Gehäusekonstruktion (mit einer Magnesium-Legierung), die kompakten Außenmaße
(107 x 58 x 25 mm) und die Ausbaufähigkeit bzw. Erweiterungsmöglichkeit. So
findet man neben dem Aufstecksucher zum Beispiel noch ein externes
Blitzgerät, einen elektrischen Kabelfernauslöser, einen Objektivadapter mit
Sonnenblende und daran anschraubbare Filter im Zubehörprogramm. Ebenfalls am
Adapter anschließbar ist ein Objektivvorsatz, der die Brennweite auf
umgerechnet 21 mm herunter "schraubt". Die Ricoh GR Digital kann sonst noch
Videos mit/oder Ton aufzeichnen, verfügt über Lichtempfindlichkeitsstufen
von ISO 64-1.600 und ist mit 26 MByte an eingebautem Speicher (über
SD/MMC-Karten erweiterbar) ausgestattet. Die ausgeprägte Kompaktheit
erreicht die Kamera z. T. auch durch den Einsatz von 2 AAA/Micro-Zellen
(Einweg-Batterien oder Akkus) als Stromquelle. Reichen AAA-Einwegzellen
gemäß Ricoh-Angaben gerade mal für 30 Aufnahmen (nach
CIPA-Standardtestmethode), kommt man bei Verwendung des mitgelieferten
DB-60-Akkus auf bis zu 250 Aufnahmen. Weitere Infos zu Technik, Funktion und
Ausstattung der Kamera finden interessierte Leser im
entsprechenden digitalkamera.de-Datenblatt vor. Die Ricoh GR Digital kommt
Anfang November zu einem offiziellen Listenpreis von rund 600 EUR in den
Handel.