2019-03-07 Bei einer Hands-on-Veranstaltung in Hamburg bekamen wir einen ersten persönlichen Eindruck der neusten Ausgabe einer "GR" aus dem Hause Ricoh. Die Kameras waren (angeblich) noch Vorseriengeräte, aber schon mit der finalen Firmware versehen. Damit aufgenommene Fotos dürfen wir veröffentlichen (was wir hiermit gerne tun). Labortests sollen aber erst mit den Großseriengeräten gemacht werden. Die Kamera kommt noch im März in den Handel. (Jan-Markus Rupprecht)
Eine Schönheit ist die Ricoh GR III nicht gerade. Aber hochwertig und funktionell gestaltet und zudem die kleinste je gebaute APS-C-Kamera. [Foto: Ricoh]
Die ersten 1.000 Stück der Ricoh GR III in Deutschland werden zusätzlich zum abnehmbaren schwarzen Objektiv-Ring noch einen blau eloxierten Ring mit im Karton haben und kennzeichnen damit die rare erste Serie. Testgeräte für Redaktionen werden erst mit der zweiten Lieferung im April verfügbar sein, dann folgt unser regulärer Test inklusive Labortest.
Kurz zu den wesentlichen Eckwerten: Wir sprechen hier über eine Kamera mit 24-Megapixel-Sensor im APS-C-Format mit Hybrid-Autofokus und Sensorshift-Bildstabilisator. So etwas ist normalerweise in einer Spiegelreflexkamera oder einer spiegellosen Systemkamera eingebaut. Hier finden wir die Technik in der kleinsten Kompaktkamera mit APS-C-Sensor, die jemals gebaut wurde.
Die aufgeräumte Rückseite der Ricoh GR III erlaubt beim Fotografieren eine Einhandbedienung. [Foto: Ricoh]
Das Produktmanagement von Ricoh sieht die GR-Reihe selbst als Nischenmodelle für eine recht spitze Zielgruppe. Der Grund hierfür dürfte das fehlende Zoom sein. Die meisten Menschen erwarten bei "richtigen" Fotokameras ein optisches Zoom, während es bei Handys interessanterweise jahrelang völlig in Ordnung war, dass diese nicht zoomen können. Dabei liegt ein Geheimnis der ziemlich guten Bildqualität vieler Smartphones eben genau darin, dass diese kein Zoom haben (bzw. hatten, heute versucht man das "Problem" ja u. a. mit Mehrfach-Kameras zu umgehen), sondern ein scharfes und lichtstarkes Festbrennweiten-Objektiv. Überträgt man dieses Konzept – kein Zoom, sondern eine hochwertige Festbrennweite – auf Kompaktkameras, dann kommt dabei ein Gerät heraus, wie es Ricoh mit der GR-Baureihe seit längerem im Programm hat. Eine Kamera, die so klein ist, wie man es von einer wahren Kompaktkamera erwartet, die aber einen richtig großen Sensor im APS-C-Format hat, vor dem ein 28mm-Festbrennweiten-Objektiv sitzt. Natürlich ist Ricoh mit dem Konzept nicht ganz allein auf dem Markt, aber sehr viele Mitbewerber gibt es nicht. Die Fujifilm XF10 wäre beispielsweise so eine. Auch die Sigma dp-Quattro-Serie müsste man im Grunde nennen oder die Fujifilm X100F.
Dann ist man aber ganz schnell bei einer Gehäusegröße, bei der die Kamera so groß wie eine kleine Systemkamera ist, d. h. wirklich "kompakt" ist da dann nichts mehr. Selbst der Größenunterschied der Ricoh GR III zur ebenfalls ziemlich kleinen Fujifilm XF10 ist erheblich. Die Ricoh ist nicht nur etwas schmaler und niedriger, sie ist vor allem 20 Prozent weniger dick! Mit nur 33 mm Gehäusetiefe gleitet die Ricoh GR III locker in jede Jeans-Hosentasche. Wolfgang Baus, Marketing-Manager bei Ricoh, sagte recht treffend: "Wo ein Handy reinpasst, passt auch die GR III rein." Das stimmt vielleicht nicht im wörtlichen Sinne (Smartphones sind flacher), aber praktisch schon: Jackentasche, Hosentasche, Hemdtasche – alles kein Problem. Zumal die Kamera an den Ecken schön abgerundet und mit nur 257 Gramm auch sehr leicht ist. Angesichts des geringen Volumens vermittelt dieses Gewicht aber bereits eine gute Wertigkeit. Die GR III ist auch gegenüber ihren direkten Vorgängermodellen GR und GR II noch einmal ein gutes Stück kleiner geworden. Der Diät fiel leider der eingebaute Popup-Blitz zum Opfer (wer blitzen will kann einen Pentax-Aufsteckblitz im Blitzschuh der GR III betreiben).
Nur 33 Millimeter tief ist die Ricoh GR III und dennoch eine ausgewachsene APS-C-Kamera mit sehr guter Bildqualität. [Foto: Ricoh]
Das Magnesiumdruckgussgehäuse der Ricoh GR III ist superleicht und stabil. [Foto: Ricoh]
Geliefert wird die GR III mit einer Handschlaufe statt einem Hals-Trageriemen. Um die Schlaufe zu montieren, gibt es gleich drei verschiedene, komplett ins Magnesiumdruckgussgehäuse integrierte Befestigungsmöglichkeiten. Das Objektiv zieht sich in ausgeschaltetem Zustand weitgehend ins Gehäuse zurück und steht dann nur soweit aus dem Gehäuse heraus, wie der schön ausgeprägte Handgriff, mit dem die Kamera wirklich sicher in der Hand liegt. Das Design mag nicht wirklich schön sein, wirkt etwas altbacken und überhaupt nicht "stylisch". Aber die Kamera liegt total sicher in der Hand und ist sogar auf Einhandbedienung ausgelegt (natürlich nur für die rechte Hand).
In ausgeschaltetem Zustand wird das Objektiv durch einen praktischen Vorhang geschützt, dessen Lamellen sich schützend vor die Frontlinse schieben. Trotz dieses Schutzes und des scheinbar unverwüstlichen Metallgehäuses ist die GR III weder gegen Staub, noch Spritzwasser geschützt. Anwender der Vorgängermodelle (GR und GR II) berichten, dass trotz fest angebautem Objektiv Staub in die Kamera und auf den Sensor gelangen kann. Die GR III hat allerdings im Gegensatz zu ihren beiden Vorgängerinnen einen Bildstabilisator eingebaut, der als Nebeneffekt auch möglichen Staub vom Sensor schütteln können soll.
Einen eingebauten Blitz hat die Ricoh GR III nicht. Wer blitzen will, kann einen Pentax-Systemblitz verwenden. [Foto: Ricoh]
Schaltet man die Kamera ein, fährt das Objektiv blitzschnell ein Stück heraus und der Objektiv-Vorhang öffnet sich. Innerhalb von nur 0,8 Sekunden ist die Ricoh GR III schussbereit. In Verbindung mit dem sehr schnellen Hybrid-Autofokus ist sie eine echte Schnappschuss-Kamera. Wer will, kann sogar den "Snap"-Modus benutzen und einen festen Fokus-Abstand voreinstellen, z. B. 2,5 oder 5 Meter. Damit gelingen dann wirklich blitzschnelle Schnappschüsse quasi aus der Hüfte. Ein cleveres Detail fand ich, dass im normalen Foto-Modus die Frontlinse ein gutes Stück hinter dem ausgefahrenen Objektiv-Tubus zurück bleibt. Der Tubus wirkt dann mit seinem kleinen, rechteckigen Rahmen wie eine Streulicht-Blende. Erst wenn man die GR III manuell in den Makro-Modus versetzt, fährt die Frontlinse bis direkt hinter den "Guckrahmen". Kameraseitig am Objektiv-Tubus sitzt ein abnehmbarer Aluring mit Bajonett für einen später optional erhältlichen Weitwinkelkonverter. Dieser wird sich über vier elektrische Kontakte gegenüber der Kamera automatisch zu erkennen geben und die Kamera stellt sich dann entsprechend ein. Beim Vorgängermodell musste man das noch manuell im Menü machen.
Das Modus-Wahlrad oben rechts auf Oberseite ist praktischerweise verriegelt. Um es in eine andere Stellung zu bringen, muss gleichzeitig eine kleine Taste gedrückt werden. Das ist super sinnvoll, denn das Wahlrad liegt ganz am Rand. Dort ist es zwar gut zu bedienen, könnte sich ohne die Verriegelung aber auch leicht versehentlich verstellen. Den üblichen grün gekennzeichneten Vollautomatik-Modus auf dem Modus-Wahlrad, den noch die Vorgängermodelle hatten, besitzt die GR III nicht mehr. Natürlich kann man sie in der Programm-Automatik betreiben, aber dort hat ein unbedarfter Benutzer auch die Möglichkeit, alle Einstellungen zu verändern und somit trotz Automatik beispielsweise völlig falsch belichtete Fotos aufzunehmen. Damit ist wohl klar, wen die GR-Entwickler als Zielgruppe der Kamera sehen: ganz sicher keine Einsteiger, sondern Fotografen, die wissen, was sie tun – und die eine superkompakte Zweitkamera mit großartiger Bildqualität als Ergänzung zu ihrer bestehenden Ausrüstung suchen. Dazu passt, dass die Ausstattung und Einstellmöglichkeiten auch sonst opulent und eher professionell sind und gängige Einsteiger-Ausstattungsmerkmale auch an anderen Stellen fehlen.
Hier sieht man, wie groß die Bildstabilisator-Einheit der Ricoh GR III ist. In einer "dicken" Spiegelreflexkamera fällt sowas nicht weiter auf. In der winzigen GR III nimmt sie einen Großteil des Gehäuses ein. [Foto: Ricoh]
Der Sensor-Shift-Bildstabilisator der Ricoh GR III gleich drei Achsen aus: horizontale und vertikale Verwackelungen sowie Drehbewegungen. [Foto: Ricoh]
Ich will an dieser Stelle nicht auf alle Details eingehen. Vieles hat Benjamin Kirchheim bei der Vorstellung der Kamera im Februar schon geschrieben. Auf vieles andere werden wir im April in unserem ausführlichen Testbericht noch eingehen. Da ich gestern die Gelegenheit hatte, kurz mit der Ricoh GR III zu fotografieren, will ich einige Eindrücke schildern und auch Fotos zeigen.
Makro-Beispielaufnahme der Ricoh GR III. Alle Fotos können Sie im Original über die verlinkte ZIP-Datei herunterladen. [Foto: MediaNord]
Die Ergonomie der Ricoh GR III gefällt mir überwiegend sehr gut. Die Kamera liegt dank Handgriff und mit rutschfester Gummierung sicher in der Hand. Auch der Daumen ruht auf rutschfestem Gummi. Einschalter, großer Auslöser, verriegeltes Modus-Wahlrad, Drehrad für den Zeigefinger – alles super. Nicht so gut gefiel mir die Adjust-Wippe. Mit dieser stellt man die Belichtungskorrektur ein oder bedient das Menü. Die Wippe liegt voll im Aktionradius des Daumens und ist so sensibel, dass ich bei der Handhabung der Kamera mehrfach versehentlich die Belichtungskorrektur aktiviert habe. Darauf weist natürlich eine Anzeige auf dem Bildschirm hin. Aber man ist gut beraten, vor jeder Aufnahme zu überprüfen, ob die Belichtungskorrektur nicht aus Versehen verstellt ist.