Aus dem digitalkamera.de-Testlabor
Ricoh GXR 24-85 mm F3.5-5.5 A16 im Labor-Bildqualitätstest
2012-04-20 Das neue GXR-Modul 24-85 mm F3.5-5.5 A16 von Ricoh ist sicher eines der interessanteren, verfügt es doch über einen großen APS-C-Sensor mit einer zeitgemäßen Auflösung von 16 Megapixeln und verspricht dadurch eine hohe Bildqualität. So schrullig einem das Konzept der Wechselmodule auch vorkommen mag, hier bekommt man einen aktuellen Sensor für sein "altes" Gehäuserückteil. Wir haben das Modul im eigenen Labor ausführlich auf seine Bildqualität getestet. (Benjamin Kirchheim)
Was uns beim Labortest sofort auffiel war das klobige Gehäuse mit dem für diese zierliche Kamera riesigen Objektivtubus, der beim Einschalten und anschließenden Zoomen auch noch behäbig heraus fährt. Schnell und hochwertig fühlt sich der langsame, sich quälende Motor nicht an. Auch der Autofokus fühlt sich nicht so flott an, wie er in er Labormessung ist, was ebenfalls an der Geräuschkullisse liegt, mit der man den Autofokusmotor arbeiten hört. Rund 0,5 Sekunden, am Teleende sogar etwas schneller, sind aber gar kein so schlechter Wert. Das zeigt sich umso mehr, wenn man bedenkt, dass allein die Auslöseverzögerung mit 0,09 Sekunden zu Buche schlägt – im digitalen Zeitalter eher ein schlechterer Wert. Eine Sport- oder Actioncam ist die Ricoh weniger, dafür fehlt es auch an der nötigen Telebrennweite. Vielmehr bietet sie sich bei der Städte- und Landschafts- sowie Street-Fotografie an. Objektiv und Sensor erreichen mit über 50 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) eine sehr hohe Auflösung, deren Maximum bei Blende F8 erreicht wird. Im Weitwinkel fällt die Auflösung allerdings zum Bildrand hin recht deutlich auf unter 30 lp/mm ab, bei mittlerer Brennweite von 52 Millimeter ist der Randabfall recht gering, in Telestellung fast gar nicht vorhanden. Die Randunschärfe relativiert sich, wenn man das Ausgabeformat mit einbezieht, bei unserem Labor klassischerweise 20 x 30 Zentimeter. Hier sind bei keiner Blende Einschränkungen zu beklagen.
Die Randabdunklung ist wie bei fast allen modernen Kameras mit elektronischer Korrektur gering, das Maximum wird im Weitwinkel bei Offenblende mit etwa 2/3 EV erreicht, was nicht weiter tragisch ist. Die Verzeichnung hingegen ist bei allen Brennweiten recht deutlich sichtbar. Im Weitwinkel gut drei Prozent tonnenförmig, bei mittlerer und langer Brennweite hingegen ein bis zwei Prozent kissenförmig. Da die Kissenform unangenehmer auffällt, weil sie noch unnatürlicher wirkt als die Tonnenform, ist dies nicht minder schlimm als im die Verzeichnung im Weitwinkel. Farbsäume sind im Weitwinkel am stärksten und nehmen mit zunehmender Brennweite ab. Im Mittel werden sie aber kaum sichtbar, sondern nur in den extremen Ausprägungen und naturgemäß am Bildrand stärker als im Zentrum.
Während der Signal-Rauschabstand bei ISO 100 noch bei guten über 40 dB liegt, sinkt er schon bei ISO 200 darunter, bewegt sich aber bis zur höchsten Lichtempfindlichkeit im akzeptablen Bereich von über 35 dB. Schon bei ISO 3.200 ist Schluss, Ricoh verzichtet also auf die extremeren ISO-Bereiche. Für available Light eignet sich dieses Modul angesichts der maximalen Empfindlichkeit und der mäßigen Lichtstärke sowie des fehlenden Bildstabilisators also weniger. Das Rauschen selbst wird im gesamten ISO-Spektrum kaum sichtbar, die Korngröße liegt durchweg unter zwei Pixeln, Luminanz- und Farbrauschen unter zwei beziehungsweise einer Grauwertstufe – hervorragend. Selbiges gilt für die Texturschärfe. Bis ISO 400 ist kein Detailverlust auszumachen, bis zur höchsten Empfindlichkeit bleibt er so gering, dass der Detailerhalt als gut bezeichnet werden kann. Ricoh betreibt den Sensor im wohl kontrollierbaren Rahmen und holt so das beste aus ihm heraus. Das gilt auch für den Dynamikumfang, der bis ISO 800 über elf Blendenstufen liegt, bei ISO 200 als Spitzenwert sogar bei 12,2. Auch bei ISO 1.600 und 3.200 bleibt die Dynamik mit 10,6 Blendenstufen gut.
Die Tonwertkurve hingegen verläuft sehr steil, Ricoh tut also viel dafür, dass die Bilder kontrastreich und knackig aussehen. Auch Schärfeartefakte sind omnipräsent und teilweise an der Grenze dessen, was noch gut aussieht. Erst Recht nimmt Ricoh es mit der Farbwiedergabe weniger genau, einige Werte weichen so stark ab, dass man es eigentlich nicht mehr als Herstellercharakteristik akzeptieren kann (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Vor allem die Sättigung einiger Farbtöne ist stark erhöht, Grün, Rot, Orange und Magenta leuchten geradezu, was den Bildern mitunter einen etwas unnatürlichen Bonbon-Charakter verleiht. Ricoh verdirbt sich damit die eigentlich sehr gute Bildqualität etwas. Zwar mögen wir knackige JPEGs, denn wer Bilder bearbeiten möchte, kann auf das RAW-Format zurück greifen, in diesem Fall spannt Ricoh den Bogen aber fast bis kurz vor dem Bersten. Man sollte in JPEG die Kameraeinstellungen nutzen, um Kontrast und Schärfe leicht zurück zu nehmen, die Sättigung aber etwas stärker. Denn bis auf dieses Makel und die etwas starke Verzeichnung und den Randauflösungsverlust im Weitwinkel liefert dieses GXR-Modul eine hervorragende Bildqualität. Es kann jedem empfohlen werden, der ein "Normalzoom" sucht und mit der Bildqualität des GXR-Moduls 24-72 mm 2.5-4.4 VC nicht zufrieden ist. Einen kleinen Tipp gibt der Labortest noch zum 24-85 her: Man sollte einen externen Blitz verwenden, denn der interne wird vor allem im Weitwinkel durch den mächtigen Objektivtubus stark abgeschattet. Wer sich für mehr Details des GXR-System interessiert, dem sei unser ausführlicher Test der Ricoh GXR mit dem GXR 50 mm 2.5 Macro ans Herz gelegt (siehe weiterführende Links).
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.