Video- und "Wenig-Licht"-Spezialist
Sony Alpha 7S II komplettiert die Vollformat-Systemkamera-Reihe
2015-09-11 Sony erneuert nach und nach seine Alpha-7-Vollformatkamera-Baureihe. Oder besser gesagt: Erweitert die Serie. Denn bisher sind noch alle älteren Modelle im Programm geblieben. Jetzt ist die Videospezialistin (und "Nachtsichtgerät") Sony Alpha 7S dran, die mit der 7S II ein verbessertes Schwestermodell oder Nachfolgemodell bekommt und damit die Erneuerung der Reihe abschließt. Neben 5-Achsen-Bildstabilisator und deutlich verbessertem Autofokus sowie vieler anderer Verbesserungen, zieht die Kamera nun auch bei der 4K-Videoaufzeichnung nach, die jetzt direkt intern in der Kamera erfolgt. (Jan-Markus Rupprecht)
Mit der Sony Alpha 7S II ist nun die Runderneuerung der Alpha-7-Serie abgeschlossen: zu jeder Alpha 7 gibt es eine Römisch-2-Version. [Foto: Sony]
Ein Vorgängermodell im Lieferprogramm zu lassen, wenn es ein Nachfolgemodell gibt, das alles besser kann, hat natürlich technisch gesehen keinen Sinn. Kaufmännisch unter Umständen aber schon – wenn es denn einen wesentlichen Preisunterschied gibt. So hat Sony schon seine beliebte RX100-Kompaktkamera-Serie im Laufe der Zeit auf vier Modelle ausgebaut (alle älteren Modelle sind, teilweise preisgesenkt, noch von Sony erhältlich) und so ist es auch bei der Alpha-7-Serie. Diese besteht seit heute sogar aus sechs Modellen, denn von den ursprünglichen Geräten 7, 7R und 7S haben nun alle ein "Mark II"-Pendant. In der Sony-Pressemitteilung zur Alpha 7S II ist mal vom Nachfolgemodell, mal vom Schwestermodell die Rede. Nachfragen bringt in solchen Fällen immer: Das Vorgängermodell bleibt weiterhin im Programm! Bei der Sony Alpha 7S II kann das aber wiederum tatsächlich sein, denn diese ist in der unverbindlichen Preisempfehlung satte 1.000 Euro teurer als die 7S (2.400 versus 3.400 Euro). Mitverantwortlich für die (im Verhältnis zu früheren Modellen) sehr hohen Preise neu vorgestellter Sony-Kameras dürften Wechselkursveränderungen sein. Die Preise für bereits im Markt eingeführte Produkte nach oben zu korrigieren ist immer eine Sache (schwierig bis unmöglich). Ein neues Gerät aber gleich (deutlich) höher zu positionieren – das geht. Und so sehen wir bei Sony derzeit sehr kompakte Taschenkameras für 1.150 Euro, Superzoom-Bridgekameras für 1.700 Euro oder jetzt eine spiegellose Systemkamera mit 12 Megapixeln für 3.400 Euro ohne Objektiv. Sportlich. Aber der Erfolg gibt Sony definitiv recht, denn die Kunden wollen exklusive, leistungsfähige, hochwertige Kameras und sind bereit dafür auch etwas mehr zu zahlen.
Nun aber zur Sache. Sony Alpha 7S II. Was ist das? Wie das Vorgängermodell ist die Kamera zum einen der Video-Spezialist in der Alpha-7-Serie. So war es zumindest beim Vorgängermodell noch, heute stimmt das nicht mehr ganz so, denn auch das Generation-II-Alpha-7-Modell 7R II kann heute 4K-Video und auch sonst alles was das Herz begehrt (und zudem noch 30 zusätzliche Funktionen für kaum mehr Geld). Was also noch? Nur 12,2 Megapixel auf einem vergleichsweise riesengroßen 35-mm-Kleinbild-Vollformat-Sensor, das ist nahezu ein Nachtsichtgerät. Unglaubliche ISO 409.600 erreicht die Kamera maximal sowohl automatisch als auch manuell. In Verbindung mit einer längsten Belichtungszeit von automatisch 30 Sekunden kann man damit vom Stativ aus mit fast gar keinem Licht mehr fotografieren. Dank sehr großer Pixel hält sich das Rauschen dabei noch in Grenzen. Unsere Laborergebnisse beim Vorgängermodell waren zwar nicht so "berauschend" (bzw. eben doch), aber visuell funktionierten die Bilder auch bei hohen Lichtempfindlichkeiten bis ISO 52.100 noch recht gut. Zumindest der Vorgänger Alpha 7S war mit einer sehr zurückhaltenden Rauschunterdrückung ausgestattet (was zu den nicht so guten Laborwerten führte), dafür waren im Bild noch viele Details enthalten und nicht glattgebügelt und der Dynamikumfang und die Farbwiedergabe in Ordnung, was bei hohen ISO-Zahlen ganz und gar nicht selbstverständlich ist. Auch zur Alpha 7S II schreibt Sony in der Pressemitteilung: "Der Sensor optimiert den Dynamikumfang über den gesamten ISO-Bereich, erweitert die Farbtiefe in heller Umgebung, minimiert Rauschen bei dunklen Szenen und verhilft so der Kamera auch unter extremen Bedingungen zu eindrucksvollen Ergebnissen." Das hört sich nach einer ähnlichen Abstimmung wie bei der Vorgängerin an. Der neue Bildprozessor Bionz X soll aber mit neuen Algorithmen die anschließende Bildoptimierung vornehmen und laut Sony-Presseinfo "verbessert er die Bildqualität über den gesamten Empfindlichkeitsbereich mit besonderem Fokus auf die hohen ISO Zahlen. Konkret bedeutet das: geringes Rauschen bei hohen ISO Werten." Wir sind also gespannt, wie sich die Alpha 7S II im Labor und in der Praxis schlagen wird.
Das Gehäuse und die Bedienung der Sony Alpha 7S II entspricht den der anderen Mark-II-Geräten der Serie. Dazu zählt auch der ausgeprägte Handgriff, der für ein gute Handlage des für eine Vollformat-Kamera recht kompakten Geräts sorgt. [Foto: Sony]
Die größten Vorteile der Alpha 7S II dürften wohl (von der Handhabung und dem Gehäuse abgesehen, dazu kommen wir noch) im Video-Bereich liegen. Zwar wurde die 7S vom Hersteller schon als Videospezialist für 4K-Aufnahmen deklariert, aber aufzeichnen konnte die Kamera das hochauflösende Videoformat nicht. Dazu brauchte man einen externes Aufzeichnungsgerät, für dessen standesgemäße Speisung die Alpha 7S bestens vorbereitet war. Solcherlei Gerätepark mag den Video-Profi nicht schrecken, er liebt es (behaupten wir mal), wenn viele Geräte zusammengestöpselt werden müssen und ist sowieso mit einer Hilfsmannschaft für Ton und Beleuchtung unterwegs. Für Kinofilm-Produktionen also eine super Sache. Aber für den gelegentlich videofilmenden Vollformat-Fotografen ein NoGo, da war 4K bei der 7S praktisch nicht nutzbar und die Kamera damit insgesamt eigentlich ziemlich unattraktiv. Ein Anzeichen, dass das tatsächlich so ist, sind z. B. die Zugriffszahlen unserer Tests. Während der Test des Allround-Modells Alpha 7 zu den meistgelesenen Tests überhaupt auf digitalkamera.de zählt, erreicht der Test der Alpha 7S gerade mal rund ein Viertel davon. Oder immerhin! Für solch einen Sonderling.
Die neue Alpha 7S II kann nun selbstverständlich 4K-Video intern aufzeichnen und zwar im Sony-typischen, sehr hochwertigen XAVC S Format. Erforderlich hierfür sind SDXC-Karten ab 64 GByte mit Klasse 10. Anders als beispielsweise die Kameras von Panasonic versuchten Sony-Kameras erst gar nicht mit langsameren Speicherkarten, ob es nicht vielleicht doch funktioniert, sie geben stattdessen eine Fehlermeldung aus und starten die Videoaufzeichnung in dem Modus erst gar nicht. Mit UHS-Speicherkarten der Klasse drei ist die Alpha 7S als erstes Modell der Alpha-7-Serie in der Lage 120 FullHD-Bilder pro Sekunde mit einem Datenstrom von 100 MBit/s aufzuzeichnen. Sinnvoll beispielsweise für Zeitlupen-Videos: Mit 30 fps abgespielt bzw. ausgegeben bekommt man eine vierfache Zeitlupe in bester Qualität (FullHD allerdings, versteht sich, nicht 4K). Eine Neuigkeit wird besonders kreativen Videografen gefallen. Die Video-Funktion der Alpha 7S II bietet nun zusätzliche Profile: S-Gamut3.Cine/S-Log3 und S-Gamut3/S-Log3. Sie stehen für einen umfangreichen Dynamikumfang. Farbkorrekturen können so noch einfacher durchgeführt werden. Ganze 14 Blendenstufen deckt die Alpha 7S ll in der S-Log3 Gamma-Einstellung ab. Selbstverständlich unterstützt die Kamera darüber hinaus auch S-Gamut/S-Log2, das unter vielen Kameraleuten und Fotografen extrem beliebt ist. Der "Gamma Display Assist" hilft Nutzern dabei, schon während der Aufnahme im S-Log Profil alle Bilder zu überwachen oder zu prüfen, ob der Schärfepunkt exakt an der richtigen Stelle sitzt. Außerdem wurde die Zebra-Funktion weiter verbessert, um Nutzern eine noch genauere Bildkontrolle zu ermöglichen.
Der große Vollformat-Sensor der Sony Alpha 7S II besitzt lediglich 12,2 Megapixel. Damit ist die Kamera ideal für Aufnahmen bei wenig Licht. [Foto: Sony]
Die neue Alpha 7S II ist natürlich auch mit der 5-Achsen-Bildstabilisierung ausgerüstet, die bereits in der Alpha 7 II und Alpha 7R II eingeführt wurde. Das System korrigiert während der Aufnahmen Schwankungen der Kamera in alle Richtungen effektiv. Auch in punkto Autofokussystem hat Sony bei der Alpha 7S II spürbar nachgelegt. 169 Autofokus-Punkte sorgen nun im Vergleich zur Alpha 7S (mit nur 25 Messpunkten) für schnelles präzises Fokussieren mit noch größerer Genauigkeit. Selbst bei wenig Licht (bis EV-4) greift der Autofokus zielsicher. Dabei hilft der leistungsstarke Bildsensor kräftig mit. Schließlich muss der „Fast Intelligent AF“ keine Rücksicht auf Rauschen nehmen. Bei FullHD-Videoaufnahmen soll der Autofokus daher doppelt so schnell wie beim Vorgängermodell sein.
Der "XGA OLED Tru-Finder" genannte Videosucher der Alpha 7S II ist nun mit einer 0,78-fachen Sucher-Vergrößerung (ca. 38,5 Grad im diagonalen Sichtfeld) einer der größten weltweit und zeigt Fotografen und Filmern über den gesamten Display-Bereich ein scharfes, klares, kontrastreiches Bild. Die Zeiss T*-Beschichtung minimiert Reflexionen fast ganz. Auf Wunsch zeigt der Sucher das Bild inklusive Belichtungskorrektur oder Weißabgleich. Auch andere Parameter wie Belichtungszeit oder Histogramm lassen sich auf Knopfdruck einblenden. Äußerlich ist die Alpha 7S II von den anderen Mark-II-Modellen der Alpha-7-Serie bis auf das Typenschild kaum zu unterscheiden, d. h. sie besitzt ebenfalls die deutlich verbesserte Ergonomie, den deutlich weiter ausgestellten Handgriff und die dadurch bedingt gute Handlage.
Das Gehäuse und die Bedienung der Sony Alpha 7S II entspricht den der anderen Mark-II-Geräten der Serie. Die Anordnung der Bedienelemente hat sich bewährt. [Foto: Sony]
Wie die Alpha 7S verfügt auch die neue Kamera über den "Silent Shooting-Modus" für Serienaufnahmen mit rein elektronischem Verschluss. Dabei sind jetzt bis zu 5 Bilder pro Sekunde möglich (leider keine Steigerung gegenüber der Alpha 7S). Der Verschluss ist auf ungefähr 500.000 Aufnahmen ausgelegt. Beim Auslösen verfügt die Kamera nun über vibrationsreduzierende Elemente, um mit Hilfe des Stabilisators verwacklungsfreie Aufnahmen auch bei langen Verschlusszeiten aus der Hand auch bei langen Verschlusszeiten zu ermöglichen. Das Bajonett soll dank höherer Stabilität besser mit Objektiven anderer Unternehmen harmonieren und für einen besseren Schutz gegen Schmutz und Staub sorgen. Bei Langzeitaufnahmen besteht die Möglichkeit, die Kamera im Betrieb via USB (z. B. mit einem Smartphone-Zusatzakku) per Dauerstrom zu versorgen. Wie es sich für eine moderne Kamera gehört, ist die α7S II Wi-Fi und NFC-fähig und lässt sich per Smartphone-App fernbedienen.