Aus dem digitalkamera.de-Testlabor
Sony Cyber-shot DSC-HX20V im Bildqualitäts-Labortest
2012-06-20 Auf dem Papier prahlt die Sony Cyber-shot DSC-HX20V mit Superlativen: 18 Megapixel Auflösung, optisches 20-fach-Zoom von 25-500 Millimeter Brennweite (KB), GPS, kompaktes Gehäuse, Automatiken plus manuelle Kontrolle etc. Kurz gesagt: Die ideale Allroundkamera für jede fotografische Aufgabe, sogar den Camcorder will die kleine Sony aus dem Reisegepäck vertreiben. Doch ob bei all diesen technischen Raffinessen nicht die Bildqualität auf der Strecke bleibt, haben wir im digitalkamera.de-Testlabor in Lübeck untersucht. (Benjamin Kirchheim)
Bei der Messung der Auflösung im Testlabor gab es eine, wenn auch nicht unbedingt neue Erkenntnis und ein Problem. Die HX20V erlaubt die manuelle Steuerung der Blende und der Belichtungszeit. Allerdings hat der Anwender nur die Wahl zwischen Offenblende und geschlossener Blende. Die Messung dazu zeigt, dass das Schließen der Blende kaum einen Einfluss auf die Auflösung hat, obwohl bei der hohen Pixeldichte eigentlich die Auflösung einbrechen müsste. Des Rätsels Lösung: Statt einer Blende verwendet die HX20V einen einschwenkbaren Graufilter. Das verhindert zwar beugungsbedingte Auflösungsverluste, die Blende kann damit aber als fotografisches Stilmittel zur Steuerung der Schärfentiefe nicht mehr eingesetzt werden; auch wenn dies bei den kleinen Sensoren ohnehin kaum zu einem Effekt führt, da die Schärfentiefe enorm groß ist. Eine Unzulänglichkeit der Kamera macht sich bei der Messung im Telebereich bemerkbar. Der Bildstabilisator ist nicht abschaltbar. Bei Stativverwendung allerdings sollte man Bildstabilisatoren normalerweise abschalten, da die Kamera ja fest steht. Mit aktivierten Bildstabilisator kann es passieren, dass er versucht, nicht vorhandene Schwingungen zu kompensieren und dadurch Unschärfe im Bild verursacht. Und genau das passierte in Telestellung bei der HX20V, wenn auch nur bei geschlossener Blende von F14. Denn nur so ist die enorme Unschärfe beziehungsweise der Auflösungsverlust gegenüber offener Blende zu erklären.
Die Schärfe ist, mit dieser einen Ausnahme, in allen gemessenen Brennweiten und Blenden bezogen auf ein 20 mal 30 Zentimeter großes Papierbild von der Bildmitte bis zum Bildrand ohne Fehl und Tadel. Wer also nicht größer ausbelichtet oder die Fotos nur am Bildschirm betrachtet, wird sich über scharfe Fotos freuen können. Will man aber die vollen 18 Megapixel ausschöpfen und geht ins Detail, so zeigen sich doch Unterschiede zwischen den verschiedenen Brennweiten und vor allem zwischen der Bildmitte und dem Bildrand. Für eine Kompaktkamera löst die HX20V im Weitwinkel erstaunlich hohe 46 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) auf. Damit übertrumpft sie so manche ausgewachsene Systemkamera oder DSLR. Zum Bildrand hin allerdings bricht die Auflösung auf etwa 25 lp/mm ein. Gleichmäßiger zeigt sich die Cyber-shot bei etwa 100 Millimeter Brennweite. Im Bildzentrum erreicht sie knapp 40 lp/mm, ein immer noch guter Wert, den 12-Megapixel-Systemkameras kaum erreichen, der Auflösungsverlust zum Bildrand auf etwa 32 lp/mm ist moderat. Dass die HX20V im mittleren Brennweitenbereich keine 46 lp/mm mehr erreicht, liegt vermutlich zu einem guten Teil an der Blende, denn die liegt bei F4,5, wohingegen bei 25 Millimeter noch F3,2 als Lichtstärke erreicht wird. Bei der kleinen Pixelgröße setzt bei F4,5 bereits die Beugung ein, was die maximale Auflösung begrenzt. Im Telebereich mit F5,8 als Offenblende macht sich die Beugung noch deutlicher bemerkbar, ohnehin ist die Telestellung, hier immerhin 500 Millimeter entsprechend Kleinbild, selten eine Stärke der Zoomriesen. So erreicht die HX20V hier lediglich, aber immer noch gute 30 lp/mm im Bildzentrum und 26 lp/mm am Bildrand. Der Auflösungsverlust ist mit gut 20 Prozent also wieder recht moderat.
Weder Randabdunklung noch Verzeichnung sind ein Problem der Bilder, wobei diese Objektivfehler wahrscheinlich auch von der Bildaufbereitung in der Kamera korrigiert werden. Chromatische Aberrationen, also Farbsäume, treten in mäßigem bis geringem Umfang auf. Im Mittel sind sie gering, stärkere Ausprägungen, die sich typischerweise in Richtung Bildrand finden, sind an den beiden Brennweitenenden zu finden. Mit bis zu 1,5 Pixeln Breite sind diese angesichts der enormen Auflösung relativ gesehen aber gering. Bei mittlerer Brennweitenstellung von ca. 100 Millimeter sind die Farbsäume stets unter einem halben Pixel Breite. Im Gegensatz zu so mancher Superzoomkamera, die mit starken Farbsäumen zu kämpfen hat, ist die Sony also gut aufgestellt. Insgesamt macht es den Anschein, als stünde das G-Label tatsächlich für ein gutes Objektiv.
Zwar macht das Objektiv einen wichtigen Teil der Bildqualität aus, aber auch andere Parameter wie der Dynamikumfang, das Bildrauschen und die Farbwiedergabe tragen einen wichtigen Teil bei. Der Dynamikumfang beginnt bei ISO 100 bei guten 10,5 Blendenstufen und verliert bis ISO 400, wo er noch knapp gut ist, eine halbe Blendenstufe je voller ISO-Stufe. Bis ISO 3.200 verliert die HX20V dann nur noch 0,3 Blendenstufen je voller ISO-Stufe, der Dynamikumfang ist oberhalb von ISO 400 allerdings nur noch befriedigend bis ausreichend, rutscht aber nicht in den schlechten Bereich. Einstellbar sind auch noch ISO 6.400 und 12.800, die allerdings trickreich durch verrechnete Highspeed-Serienaufnahmen mit verminderter Auflösung und digitaler Texturhinzurechnung erreicht werden, was wir im Labor nicht messen wollten. Beim Signal-Rauschabstand bewegt sich die HX20V sogar bis ISO 800 im akzeptablen Bereich von über 35 dB, ist bei ISO 100 und 200 aber am besten, ohne in den guten Wertebereich oberhalb von 40 dB vordringen zu können. Farbrauschen spielt praktisch keine Rolle, Helligkeitsrauschen wird oberhalb von ISO 800 leicht sichtbar. Dabei bleibt der feinkörnige Rauschcharakter angenehm zurückhaltend. Bei 18 Megapixeln auf einem 1/2,3" Minisensor fragt man sich unweigerlich, wie diese guten Werte möglich sind. Der Blick auf die Texturmessung (siehe Diagramm unten) offenbart es. Diese Messung erfasst, wie gut eine Kamera feinste, zufällig verteilte und teils kontrastarme Details wiedergeben kann. Hier zeigt sich, dass schon bei ISO 100 und 200 Details geschluckt werden, ab ISO 400 wird der weiche Charakter der Bilder bereits durch sichtbare Unschärfe deutlich. Immerhin kommen diese Messwerte nicht in den Bereich der starken Unschärfe, auch bei ISO 3.200 nicht. Wer wirklich nur kleine Abzüge von etwa 10 x 15 Zentimeter braucht und die Bilder am nicht allzu hoch auflösenden Bildschirm betrachtet, sollte mit dem weichen Charakter der Bilder also durchaus leben können beziehungsweise ihn gar nicht bemerken, solange nicht versucht wird, Details herauszuvergrößern – dafür sollte lieber das Zoomobjektiv schon bei der Aufnahme eingesetzt werden.
Interessant ist auch, dass die HX20V Farben recht neutral wieder gibt. Der manuelle Weißabgleich arbeitet außerordentlich präzise und im gesamten gemessenen Farbspektrum gibt es keine groben Ausreißer. Die größten Abweichungen treten in den stärker gesättigten Rottönen auf, die Farben selbst bleiben dem Originalton aber recht treu, nur dass sie eben etwas stärker leuchten. So produziert die HX20V sehr angenehme, gefällige Farben. Auch die Differenzierung der einzelnen Farbtöne bleibt selbst bei hohen ISO-Stufen konstant auf höchstem Niveau, so dass die HX20V feine Abstufungen detailliert wiedergeben kann.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Sony Cyber-shot DSC-HX20V für ihre Klasse eine sehr ausgewogene Bildqualität liefert, bei niedrigen Empfindlichkeiten von ISO 100 und 200 sogar mit sehr hoher Auflösung. Letztlich aber muss der Käufer auch mit den klassenüblichen etwas weichen Bildern leben, denn bei der enorm hohen Auflösung müsste man sonst mit deutlich stärkerem Rauschen klarkommen. Hervorragend schlägt sich die HX20V auch bei der Autofokus- und Auslösegeschwindigkeit, wobei die Kamera hier etwas trickst. Der Fokus wird ständig nachgeführt, so dass die Kamera beim Auslösen nur noch das letzte Quentchen Schärfe nachjustieren muss. So erreicht sie mit 0,14 Sekunden im Weitwinkel und 0,18 Sekunden im Tele hervorragende Werte, den Ruf der langsamen Kompaktkameras jedenfalls widerlegt die Sony eindrucksvoll. Vorfokussiert sinkt die Auslöseverzögerung gar an die Messgrenze von 0,01 bis 0,02 Sekunden, hier hält selbst eine Profi-DSLR nicht mehr mit.
In den nächsten Wochen unterziehen wir die Sony HX20V noch einem zusätzlichen Praxistest, den wir dann Mitte bis Ende Juli in der Testrubrik auf digitalkamera.de, wie immer kostenlos, veröffentlichen werden.
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.