Neues spiegelloses Kamerasystem von Nikon mit großem Bajonett
Spiegellose Vollformat-Systemkameras Nikon Z 6 und Z 7 mit Z-Bajonett
2018-08-23, aktualisiert 2019-01-21 Nach dem gescheiterten spiegellosen Nikon-1-System mit seinem kleinen 1"-Sensor startet Nikon mit den deutlich ambitionierter angelegten Kleinbild-Vollformat-Modellen Z 6 und Z 7 einen neuen Versuch, im Segment der spiegellosen Systemkameras (DSLM) Fuß zu fassen. Dabei möchte Nikon die Vorteile bisheriger DSLRs und DSLMs vereinen. Die beiden Kameras sind technisch und äußerlich mit Ausnahme der unterschiedlich auflösenden Bildsensoren völlig identisch. Das neue Kamerasystem kommt zudem mit einem neuen, besonders großen Bajonett. (Benjamin Kirchheim)
Die Z 7 ist das erste spiegellose Vollformat-Flaggschiff von Nikons neuem Z-System. Der Vollformatsensor ist bildstabilisiert und integriert Phasen-Autofokus-Sensoren auf 90 Prozent der Fläche. [Foto: Nikon]
Auf der Rückseite bieten die Nikon Z 7 und Z 6 einen 3,7 Millionen Bildpunkte auflösenden elektronischen Sucher und ein 8,1 Zentimeter großes Touch-OLED mit 2,1 Millionen Bildpunkten Auflösung. [Foto: Nikon]
Die Nikon Z 6 und Z 7 bieten dank des ausgeprägten Handgriffs und der vielen Bedienelemente eine sehr gute Ergonomie. Zudem zeigt ein OLED auf der Oberseite die wichtigsten Aufnahmeeinstellungen an. [Foto: Nikon]
Der Kleinbild-Vollformatsensor der Nikon Z 7 ist dank BSI-CMOS-Technologie sehr lichtempfindlich und löst hohe 45,7 Megapixel auf. Neun Serienbilder pro Sekunde und 4K-Videoaufnahmen sind ebenfalls kein Problem. [Foto: Nikon]
Der Philosophie von der Vereinigung der Vorteile unterschiedlicher Systemansätze (mit und ohne Spiegel) setzt Nikon nicht ausschließlich auf besonders kleine Kameras, sondern möchte die Robustheit und Ergonomie in den Vordergrund stellen. Die Z 6 und Z 7 sind nicht die kompaktesten spiegellosen Systemkameras, sparen gegenüber einer DSLR aber durchaus Platz und Gewicht, ohne dabei jedoch auf eine gute Ergonomie zu verzichten. So ist der Handgriff deutlich ausgeprägt und besitzt eine tiefe Griffmulde, zudem sind die Gehäuse spritzwasser- und staubgeschützt. Das Bedienkonzept soll dem von Nikons DSLRs ähnlich sein (und ist es auch, wie wir bei einem ersten Ausprobieren von Vorserienmodellen feststellen konnten). Des Weiteren lösen die beiden DSLMs leise aus und bieten eine hohe Serienbildrate.
Kernstück der Z 6 und Z 7 sind die von Nikon entwickelten und bei anderen Firmen im Auftrag produzierten Kleinbild-Vollformatsensoren (36 mal 24 Millimeter) mit 24,5 beziehungsweise 45,7 Megapixeln Auflösung. Die etwa 1.400 Euro günstigere Z 6 löst 24,5 Megapixel auf, wobei 273 Phasen-Autofokus-Sensoren auf 90 Prozent der Sensoroberfläche untergebracht sind. Sie sollen laut Nikon keine Bildqualitätseinbußen bringen. Zwölf Serienbilder pro Sekunde sind mit diesem Sensor möglich, die ISO-Empfindlichkeit bewegt sich in einem Bereich von 100 bis 51.200, erweitert von ISO 50 bis 204.800. Der Sensor der Z 7 bringt es auf 45,7 Megapixel Auflösung und 493 Phasen-Autofokus-Messfelder, die ebenfalls 90 Prozent des Bildfelds abdecken. Die Serienbildrate liegt bei maximal neun Bildern pro Sekunde, die ISO-Empfindlichkeit beträgt ISO 64 bis 25.600 beziehungsweise ISO 32 bis 102.400 mit Erweiterung. Damit ist die Z 6 nicht nur das günstigere, sondern auch das sportlichere und besser für Low-Light geeignete Modell, dafür ist die Z 7 für Studioaufgaben, Landschaften und Architektur und Mode- sowie Porträtaufnahmen prädestiniert. Das sind auch schon die Unterschiede der Z 6 und Z 7 gewesen.
Den Sensoren gemeinsam ist der rückwärtig belichtete Aufbau für eine effektivere Lichtausbeute, auf einen Tiefpassfilter verzichtet Nikon hingegen nur bei der Z 7, die Z 6 besitzt als einen. Eine Premiere feiert zudem der Sensor-Shift-Bildstabilisator, der auf fünf Achsen bis zu fünf Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglicht. Noch effektiver wird die Bildstabilisierung in Zusammenarbeit mit einem optischen Bildstabilisator im Objektiv, was vor allem im Telebereich Vorteile bringt. Der robuste Verschluss arbeitet sehr leise und ist auf 200.000 Auslösungen ausgelegt. Einen lautlosen elektronischen Verschluss bieten die beiden Z-Systemkameras ebenfalls, auch eine Kombination aus elektronischem ersten und mechanischem zweiten Verschlussvorhang ist möglich.
Der Vollformat-BSI-CMOS-Sensor der Nikon Z 6 bringt es auf "nur" 24,5 Megapixel Auflösung, dafür bietet er eine höhere Empfindlichkeit und eine um 33 Prozent schnellere Serienbildrate als die Z 7. [Foto: Nikon]
Auf der Rückseite gleichen sich die Nikon Z 6 und die Z 7 wie ein Ei dem anderen. So ist es kein Problem, beide Kameras parallel zu verwenden und je nach Aufgabe die eine oder andere zu bevorzugen. [Foto: Nikon]
Videos nehmen die Z 6 und Z 7 in 4K-Auflösung (3.840 x 2.160) mit 30 Bildern pro Sekunde auf. In Full-HD sind sogar 120 Bilder pro Sekunde für Slow-Motion-Effekte möglich. Dank 10-Bit-HDMI-Ausgabe kann laut Nikon dank N-Log ein Dynamikumfang von bis zu zwölf Blendenstufen erreicht werden, auch Timecodes lassen sich mit aufzeichnen. Während der Aufnahme arbeitet ein zusätzlicher elektronischer Bildstabilisator für noch ruhigere Videoaufnahmen, auch Fokus-Peaking kann während der Aufnahme genutzt werden. Ermöglicht wird das alles durch den neuen leistungsfähigen Bildprozessor Expeed 6.
Der elektronische Sucher besitzt eine hohe Auflösung von 3,69 Millionen Bildpunkten (QVGA) auf einem OLED, das mit 60 Bildern pro Sekunde arbeitet. Die 0,8-fache Vergrößerung bietet ein großes Sucherbild. Zudem steht der Sucher nach hinten sehr weit vor, sodass man sich nicht die Nase am Bildschirm plattdrückt. Apropos Bildschirm: Hierbei handelt es sich um ein 8,1 Zentimeter (3,2 Zoll) großes, 2,1 Millionen Bildpunkte auflösendes OLED mit Touchfunktion, das sich zudem nach oben und unten klappen lässt. Selbstverständlich wird ein Touch-Autofokus unterstützt, jedoch nicht während des Blicks durch den Sucher. Dank des Joysticks lassen sich die Fokuspunkte auch ganz klassisch verschieben.
Das neue Z-Bajonett besitzt mit 55 Millimetern einen deutlich größeren Innendurchmesser als das Nikon-F-Bajonett, das nur auf 47 Millimeter kommt. Das ursprünglich nur für APS-C ausgelegte Sony-E-Bajonett misst sogar nur 46,5 Millimeter Innendurchmesser. Das Auflagemaß fällt mit 16 Millimetern dagegen besonders klein aus, was wiederum ein Vorteil gerade im Weitwinkelbereich ist. Dank eines nur 150 Euro Aufpreis kostenden F-Bajonett-Adapters (FTZ) lassen sich jedoch fast alle Nikkor-Objektive ohne Einschränkungen an den neuen Z-Kameras betreiben. Sie müssen nur einen eigenen Autofokusmotor mitbringen (AF-S- und AF-P-Objektive), dann sollen sie ebenso schnell fokussieren wie an einer Nikon-DSLR. Auch Fremdobjektive von Sigma funktionierten bei einem kurzen Test an dem Adapter. Der uralte, externe Blendenmitnehmer wird jedoch nicht unterstützt, hier bleibt die Nikon DF das einzige DSLR-Modell, das das beherrscht.
Der rückwärtige OLED-Touchscreen der Nikon Z 6 und Z 7 lässt sich nach oben und unten klappen. [Foto: Nikon]
Das Speicherkartenfach der Nikon Z 6 und Z 7 nimmt nur eine vergleichsweise teure XQD- oder CF-Express-Karte auf. [Foto: Nikon]
Die Nikon Z 6 und Z 7 bieten viele Anschlüsse: Mikrofon und Kopfhörer (jeweils 3,5 mm Stereo-Klinke), USB Typ C, HDMI Mini und Fernauslöser. [Foto: Nikon]
Eine Kröte allerdings müssen Käufer einer Nikon Z 6 oder Z 7 schlucken: Die Kameras bieten nur einen einzigen Speicherkartenslot, bei dem es sich obendrein um einen XQD-Schacht handelt. Die Karten kommen bisher sehr selten zum Einsatz, entsprechend klein ist die Auswahl, der Preis jedoch besonders hoch. Theoretisch sind XQD-Karten ein wenig schneller und robuster als SD-Speicherkarten, in der Praxis ist der Unterschied aktuell jedoch nicht sonderlich groß. In den XQD-Schacht lassen sich aber auch CF-Express-Karten einlegen. Bleibt zu hoffen, dass die Zahl der Speicherkartenanbieter steigt und der Preis entsprechend sinkt.
Die Nikon Z 6 und Z 7 sind mit modernen Schnittstellen ausgestattet. Beide beherrschen WLAN, Bluetooth und Snapbridge in der neuesten Version. Anders als bisher ist die WLAN-Schnittstelle wieder offen, lässt sich also auch ohne Snapbridge nutzen. Ein Zugriff vom Computer auf die Kamera inklusive Fernsteuermöglichkeit ist kein Problem und von Nikon auch so vorgesehen. Damit reagiert der japanische Hersteller auf die anhaltende Kritik. Die HDMI-Schnittstelle kommt in der Mini-Ausführung, der USB-Anschluss in der Typ-C-Version. Darüber lässt sich nicht nur der Akku laden, sondern auch die Kamera dauerhaft mit Strom versorgen, von einer Powerbank auch mobil, was beispielsweise lange Zeitrafferaufnahmen, die die Z 7 sogar in 8K-Videos wandeln kann, vereinfacht. Des Weiteren sind ein Stereo-Mikrofoneingang, ein Kopfhörerausgang und ein Fernauslöseanschluss verbaut (der klassische eckige von Nikon). Auch ein TTL-Systemblitzschuh fehlt nicht, nur auf einen integrierten Blitz müssen die Käufer verzichten.
Das des Magnesiumgehäuses sind die Nikon Z 6 und Z 7 äußerst robust. [Foto: Nikon]
Zudem schützen zahlreiche Dichtungen das Innere der Nikon Z 6 und Z 7 sowie des Objektivs (hier das 24-70 mm F4) vor dem Eindringen von Staub und Feuchtigkeit. [Foto: Nikon]
Der elektronische Sucher der Nikon Z 6 und Z 7 besitzt einen hochwertigen optischen Aufbau für eine gute Bildqualität und ermüdungsfreies Arbeiten. Zudem ist die Äußere Linse dank einer Fluorbeschichtung schmutzabweisend und lässt sich einfach reinigen. [Foto: Nikon]
Gute Nachrichten gibt es zudem von der Akkufront: Nikon setzt auf die bekannte Typfamilie EN-EL15, die auch beispielsweise in der D850 zum Einsatz kommt. Konkret handelt es sich um den EN-EL15b, aber auch die älteren Versionen EN-EL15a und EN-EL15 passen. Trotz der großen Power reicht ein Akku aber nur für gut 330 Aufnahmen aus einer Ladung. Sehr edel fällt das monochrome OLED-Statusdisplay auf der Kameraoberseite aus. Des Weiteren entwickelt Nikon aktuell einen Akku-Handgriff vom Typ MB-N10 für die Z 6 und Z 7. Er soll ebenfalls staub- und spritzwassergeschützt sein und zwei Akkus vom Typ EN-EL15 für eine 1,8-fache Akkureichweite aufnehmen. Über USB sollen sie sich direkt im Griff laden lassen können.
Mehr als diese per 3D-Druck hergestellte erste Designstudie gibt es von dem vorangeküdigten Batteriegriff noch nicht zu sehen. Er soll zwei Akkus aufnehmen können. Ob er auch Hochformat-Bedienelemente haben wird, ist unklar. [Foto: MediaNord]
Pünktlich zur Photokina 2018 soll die Nikon Z 7 Ende September erhältlich sein, die Z 6 folge Ende November 2018. Zusammen mit dem FTZ-Bajonettadapter soll die Nikon Z 7 knapp 3.850 Euro kosten, das Set mit dem Standardzoom 24-70 mm F4 S soll 4.300 Euro kosten, mit FTZ-Adapter und dem Objektiv liegt der Preis bei knapp 4.450 Euro. Die jeweiligen Kits der Z 6 mit Adapter, mit Objektiv sowie mit Objektiv und Adapter sind jeweils 1.400 Euro günstiger, kommen also auf 2.450, 2.900 und 3.050 Euro. Über die Objektive, den Adapter und die Objektiv-Zukunftspläne (Roadmap) berichten wir der Übersichtlichkeit halber in einer separaten Meldung (siehe weiterführende Links).
Haben Sie Fragen zum Nikon Z-System? digitalkamera.de ist beim Launch-Event in Tokyo vor Ort und wird gern versuchen, offene Fragen zu klären. Schreiben Sie Ihre Frage am besten mit Betreff "Nikon Z" direkt an jmr@medianord.de.
Der FTZ-Bajonettadapter erlaubt den Anschluss von AF-S- und AF-P-Nikkoren an die Z 6 und Z 7, hier das AF-S 28 mm F1.4. [Foto: Nikon]
Der FTZ-Bajonettadapter bietet die volle Autofokusunterstützung des AF-S 28 mm F1.4 und anderer Autofokusobjektive an der Z 6 und Z 7. Dank des Stativgewindes am Adapter ist die Kombination auf dem Stativ nicht so kopflastig. [Foto: Nikon]