Verlustfrei korrigieren mit Photoshop CS3 und Lightroom 1.0

2007-03-08 Die Adobe-Programme Lightroom 1.0 und Photoshop CS3 bringen neue Flexibilität in die Bildbearbeitung: Nicht nur Raw-Aufnahmen, auch JPEG- oder TIFF-Dateien lassen sich zerstörungsfrei korrigieren, weitergeben und dann beliebig neu einstellen – das Originalfoto bleibt unverändert erhalten. Ältere Programme spielen hier jedoch nur begrenzt mit. Digitalkamera.de sagt, was derzeit möglich ist.  (Heico Neumeyer)

 Ein Bild kontrastkorrigieren, zuschneiden und drehen, dann das Ganze an einen Kunden oder Kollegen schicken, und der bearbeitet die Änderungen nach eigenem Geschmack weiter – diese Flexibilität ließ sich bisher nur mit Software-Großeinsatz lösen, meist mit einer Photoshop-Vollversion. Aufwändiges Hantieren mit Ebenen war ebenso erforderlich wie viel Speicherplatz und Photoshop-Know-how.
 
Das Bild wird in Lightroom 1.0 zerstörungsfrei korrigiert, die Änderungswerte sichert das Programm direkt in der Datei [Foto:Heico Neumeyer]Leichter ging es bisher nur mit Raw-Dateien, die man in Photoshop Elements oder -Vollversionen bearbeitet: Änderungen bei Kontrast oder Bildausschnitt werden hier nicht dauerhaft ins Bild gerechnet, sondern nur über die Datei gelegt. Alle Korrektur-Informationen speichern die Photoshop-Ausgaben innerhalb der DNG-Datei, bei anderen Raw-Formaten – etwa von Canon oder Nikon – in einer Datenbank, oder (besser zum Weitergeben) in einer separaten XMP-Datei. Wird die Datei samt XMP-Daten weitergegeben, lassen sich die Änderungen auch auf anderen Rechnern nachvollziehen und weiter verfeinern.
 
Lightroom 1.0 und Photoshop CS3 entwickeln dieses Konzept nun deutlich weiter: Es gibt weitaus mehr Regler für verlustfreie Kontrastkorrektur und sogar eine kleine Fleckenretusche. Und zweitens: Nicht nur Raw-Dateien lassen sich als Original mit separater Korrekturschicht speichern – jetzt kann man auch JPEG- und TIFF-Vorlagen zerstörungsfrei und rücknehmbar bearbeiten. Wahlweise wandelt man diese Dateien ins DNG-Format um oder verstaut die Änderungsinformationen direkt in den JPEG- oder TIFF-Dateien. Auch dabei bleiben die Originalpixel unangetastet, lediglich Korrekturwerte werden als XMP-Datensatz direkt innerhalb der Datei dazunotiert. Beim nächsten Import erscheint das Foto zunächst korrigiert, doch alles lässt sich wieder zurücksetzen – am eigenen Rechner ebenso wie irgendwo auf der Welt bei Kunden, Kollegen oder Freunden.

Diese Freiheit kannte man zuerst von der öffentlichen Photoshop-CS3-Vorserienversion. Genauso macht es jetzt Lightroom 1.0. Kein Wunder: Der Bildbearbeitungsbereich dieses Programms enthält nichts anderes als ein "umgeschminktes" Camera-Raw-4-Modul, das exakt die Möglichkeiten aus Photoshop CS3 bietet. Neben Raw werden jetzt auch TIFF, JPEG, PSD und GIF angenommen. Auch bei Lightroom gilt: Die Änderungen werden zunächst nicht ins Bild gerechnet, sondern als Mathematik gespeichert. Darum kann man die Bearbeitung jederzeit wieder zurücksetzen.
 
Der Camera-Raw-Dialog von Photoshop CS3 übernimmt die Einstellungen aus Lightroom 1:1, hier zu erkennen an der Einstellung der Gradationskurve [Foto:Heico Neumeyer]Korrigierte Bilder lassen sich zwischen Lightroom und Photoshop CS3 austauschen. Das zeigt auch unser Test: Eine JPEG-Datei wird in Lightroom korrigiert; der Raw-Dialog von Photoshop CS3 öffnet das Bild, und Gradationskurve sowie Farbregler zeigen exakt die Werte aus Lightroom, auch die Fleckenretusche sitzt korrekt. Ist eine Datei bereits in Lightroom importiert und wird dann erst in Photoshop korrigiert, kann man sie in Lightroom auf den neuesten Stand der Photoshop-Korrektur bringen. Dazu wechselt man in Lightroom in die "Bibliothek" (früher Library, also die Bildverwaltung) und wählt "Metadaten, XMP, Metadaten aus Dateien importieren".

Allerdings: Auf die richtige Voreinstellung kommt es an. Wer Bilder mit Korrekturwerten weitergeben oder auch nur extern speichern will, muss die Änderungsangaben direkt im oder beim Bild speichern und nicht in den Tiefen der programmeigenen Datenbank versenken. So geht's bei Lightroom und Photoshop CS3:

  • Lightroom: Anwender dieser Bildverwaltung wählen "Bearbeiten, Voreinstellungen" und gehen ins Register "Dateimanagement". Hier nehmen Sie die Vorgabe "Änderungen automatisch in XMP speichern". So landen die Änderungswerte nicht in der ohnehin ausufernden Lightroom-Datenbank, sondern direkt in den Bilddateien, die dadurch zehn oder 40 Kilobyte größer werden.
     
  • Lightroom, Alternative: Man sichert die Werte generell in der Datenbank und nicht in den Fotodateien. Doch bei einzelnen Bildern verwendet man den Befehl "Metadaten, XMP, XMP-Metadaten in Datei exportieren". Das wird im Programmbereich "Bibliothek" erledigt; die gewünschten Bilder werden zweckmäßiger Weise vorab markiert.
     
  • Photoshop CS3: Im Raw-Import-Modul öffnet man die Voreinstellungen unter Windows mit Strg+K, am Mac mit Befehlstaste+K. Die englische Vorserienversion bietet neben dem Punkt "Save image settings" die Option "Sidecar '.xmp' files" an, das entspricht im Deutschen den "Filialdokumenten". Doch tatsächlich sichert CS3 die Änderungshinweise direkt in den Dateien, dazu reicht im Raw-Dialog ein Klick auf die Schaltfläche "Done" (Fertig).
     
  • Photoshop CS3, Alternative: Man sichert die Bildänderungen in der Regel in der Programmdatenbank, nicht in den Fotodateien selbst. Um einzelne Dateien dennoch mit den Korrekturwerten auszustatten, öffnet man stattdessen im Raw-Modul das Menü zu den Einstellungen mit der Menü-Schaltfläche rechts oben. Der Befehl heißt in der englischen Vorserienfassung "Export Settings to XMP". Die Einstellungen landen nun in einem XMP-Datensatz, meist innerhalb der Bilddatei.

Ältere Versionen von Photoshop oder auch Photoshop Elements werten die Korrekturangaben aus Lightroom oder CS3 nur begrenzt aus. Zunächst einmal: Hier müssen DNG- oder andere Raw-Dateien angeliefert werden, mit JPEG oder TIFF geht nichts – solche Dateiformate werden im Originalzustand angezeigt. Zum Glück kann man in Lightroom und CS3 auch TIFFs und JPEGs in eine DNG-Datei umverpacken. Dann lassen sich die Änderungen in Elements 4 und 5 sowie in Photoshop CS2 darstellen und mit Einschränkungen auch weiterbearbeiten. Allerdings muss man diese Programme auf Camera Raw 3.7 aufrüsten – und dieses Raw-Modul bringt deutlich andere Arbeitsweisen als vorherige Fassungen.
 
Lightroom wird so eingestellt, dass die Informationen über Kontrast- oder Randänderungen als XMP-Daten in der Datei gesichert werden [Foto:Heico Neumeyer]Selbst mit ACR 3.7 geht nicht alles. Fehlerretuschen und korrigierte Blitz-Augen werden gar nicht dargestellt. Für viele andere Regler und ganze Bereiche aus Lightroom oder aus dem Raw-Import von Photoshop CS3 bietet Raw 3.7 keine Entsprechung, so etwa für die Korrektur starker Über- und Unterbelichtungen, die komplexe Farbabstimmung, Graustufen- und Tonungssteuerung. Mit den in den älteren Programmen vorhandenen Reglern lässt sich das Bild jedoch weiter bearbeiten. Um die Eingriffe aus Lightroom oder CS3 zu annullieren, öffnet man das Menü rechts oben und wählt "Importierte Einstellungen löschen".

ACR 3.7 lässt sich leicht beschaffen und installieren, die Verfahren für Elements und CS2 unterscheiden sich kaum: Unter adobe.de klickt man auf "Support" und dann auf "Updates". Im Klappmenü gibt man den Programmnamen an, dann fehlt nur noch der Klick auf "Camera Raw 3.7 update". Die 2,1 Megabyte große Zip-Datei wird durch einen Doppelklick geöffnet. Für Photoshop CS2 öffnet man im Programmverzeichnis den Unterordner "Zusatzmodule/Importieren-Exportieren". Dort wird die vorhandene Datei "Camera Raw.8bi" umbenannt, danach zieht man die neue Datei gleichen Namens aus dem herunter geladenen Zip-Ordner in dieses Verzeichnis. In Elements 4 und 5 heißt der Ordner "Plug-Ins/File Formats". Nach dem nächsten Programmstart öffnet sich das Camera-Raw-Modul mit den Möglichkeiten von ACR 3.7.

Wer freilich die neue Freiheit zerstörungsfreier Bildkorrekturen voll ausnutzen will, braucht derzeit Adobe Lightroom 1 oder Photoshop CS3 (derzeit nur als Vorserienversion). In CS3 muss man die Bilder erst in den Raw-Dialog holen, entweder mit dem Befehl "Öffnen als" oder generell per Voreinstellung. Beide Programme bieten exakt die selben Funktionen – unter der Haube steckt jeweils ACR4 –, doch Lightroom hat die bessere Bedienung: Dieses Programm zeigt sämtliche Reglerbereiche wie Gradationskurve, Farbbearbeitung oder Objektivkorrektur auf Wunsch in einer langen Leiste. Dagegen muss man sich bei Photoshop CS3 durch die einzelnen Register hangeln, die zudem nur über unklare Minisymbole geöffnet werden.
 
Das Raw-Modul von Photoshop CS3 wird so eingerichtet, dass das Programm Korrekturwerte direkt in der Bilddatei sichert [Foto:Heico Neumeyer]Auch sonst haben sich die Lightroom-Gestalter die bessere Bedienung ausgedacht. Beispiel Gradationskurve: Hier schaltet man das Werkzeug "Direktes Anpassen" an und klickt ins Bild. Der angewählte Helligkeitsbereich wird nun durch Ziehen nach oben heller, Ziehen nach unten senkt die Tonwerte in diesem Helligkeitsspektrum ab, die Gradationskurve formt sich sofort passend um. Ein vergleichbares Werkzeug liefert auch  die Farbbearbeitung: Man klickt in den Himmel, und sofort sind die Blautöne ausgewählt. Durch Ziehen lassen sie sich je nach Vorgabe intensivieren oder farblich verschieben.
Auf Basis der zerstörungsfreien Korrekturen bietet Lightroom noch mehr raffinierte Lösungen, die man bei den Vorserienfassungen von Photoshop CS3 derzeit nicht entdecken kann. So lassen sich in Lightroom innerhalb einer Bilddatei verschiedene "Schnappschüsse", also unterschiedliche Korrekturversionen sichern und jederzeit wieder aufrufen. Außerdem gibt es virtuelle Kopien, mit denen das Bild gleich mehrfach – und mit unterschiedlichen Bearbeitungen – in der Bilddatenbank erscheint. Schnappschüsse und virtuelle Kopien kann man allerdings nur innerhalb der eigenen Lightroom-Installation nutzen.

Freilich: Wer rein zerstörungsfrei auf Basis von ACR 4 korrigieren will, nimmt Einschränkungen in Kauf: So gibt es keinerlei örtliche Kontrastkorrektur; Bildteile lassen sich nicht auswählen, man kann Helligkeitsänderungen nicht in einzelne Zonen pinseln. Doch viele Motive erfordern genau das – eine abgestufte Korrektur für unterschiedliche Motivpartien. So braucht ein Himmel oft andere Korrekturen als die Landschaft darunter, das Gesicht andere Werte als der diffuse Hintergrund. Und nicht alle Bildfehler lassen sich gleichermaßen subtil bearbeiten. So gibt es zwar Regler gegen Randabschattung und chromatische Aberrationen. Kissen- und tonnenförmige Verzeichnungen bearbeiten Lightroom oder das Raw-Modul von Photoshop CS3 aber ebenso wenig wie stürzende Linien. Scharfzeichner und die Bekämpfung von Bildrauschen wirken etwas schlicht, auch die Korrekturen für stark abgesoffene Schatten und ausgefressene Lichter erfüllen nicht alle Wünsche. Wer solche Fehler zerstörungsfrei und mit mehr Feinsteuerung beheben will, arbeitet direkt in Photoshop CS3 mit seinen widerrufbaren "smarten Filtern". Dabei entstehen freilich sehr große Dateien, die man derzeit auch nur in Photoshop CS3 weiterbearbeiten kann.

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