EU-Attacke geplant

Vivitar expandiert auf den deutschen Markt

2006-12-27 Vivitar – der Name ist in Deutschland nicht gerade in aller Munde. Wird er aber vielleicht bald sein. Denn wenn sich die ambitionierten Pläne von Syntax Brillian, Vivitars neuem Eigentümer, wie geplant in die Tat umsetzen lassen, werden wir in Deutschland bald sehr viel mehr von diesem Kamerahersteller und -distributor aus den USA hören. Ende Oktober 2006 wurde bekannt, dass Syntax Brillian, ein HDTV-Hersteller, Vivitar aufgekauft hat. Das bedeutet nicht immer Gutes, im Falle von Vivitar allerdings scheint es so manche Tür zu öffnen. Noch gibt es kein Büro in Deutschland, im dritten Quartal 2007 aber wird die dritte Niederlassung in Europa nach Großbritannien und Frankreich Deutschland heißen.  (Daniela Schmid)

Vivitar Logo [Foto: Vivitar]Vivitars Firmensitz befindet sich in Oxnard im US-Staat Californien. Wenn man es ganz genau nimmt, ist die Firma aber eigentlich deutschen Ursprungs. Die beiden deutschen Emigranten Max Ponder und John Best haben die Firma 1938 in Hollywood gegründet. Ursprünglich als Ponder and Best bekannt, wurde die Firma 1979 zu Vivitar. Seit 1995 beschäftigt sie sich mit Digital Imaging. 35mm-Kameras, Blitze, Objektive und weiteres Fotozubehör wie Stative gehören traditionsgemäß ins Portfolio. Im Oktober 2006 erfolgte dann die Übernahme durch Syntax Brillian für eine Summe von 26 Millionen US Dollar. Die Syntax Brillian Corporation ist selbst ein Jahr zuvor durch einen Zusammenschluss der Syntax Gruppen und der Brillian Corporation zu dem geworden, was das Unternehmen heute darstellt. Der Aufstieg von Syntax in Nordamerika war bemerkenswert: Gegründet im Mai 2003, nahm die Firma im April 2004 den Versand ihrer Olevia-Breitbild-HD-ready-LCD-Fernseher auf. Das Ziel war, Qualität zu günstigen Preisen anzubieten, und bald war Syntax eine der am schnellsten wachsenden Marken in Nordamerika mit einer breiten Streuung in den nordamerikanischen Vertriebskanälen. Das Geschäft wurde bald nach Asien ausgeweitet. Brillian wurde – ausgestattet mit Forschungs- und Entwicklungsgeldern in Höhe von $ 100 Millionen – 1997 als Teil der Three-Five Systems Inc. gegründet. Seit 2003 unabhängig, verfügt Brillian über einen reichen Erfahrungsschatz an Display-Design und -Herstellung. Durch den Zusammenschluss zu Syntax-Brillian konnten die beiden ihre Energien optimal bündeln. Syntax-Brillian liefert TFT-LCDs und LCOS (Liquid Crystal on Silicon) für das Highend-Segment und den Massenmarkt.

Für Vivitar bietet Syntax-Brillian wertvolle Ressourcen, die auf dem Weg zu höheren Verkaufszahlen in Europa führen sollen. Momentan ist Vivitar mit Niederlassungen in Großbritannien und Frankreich auf dem alten Kontinent vertreten. Von Frankreich aus wird auch der momentane Vertrieb in Deutschland gesteuert, der bisher neben den Großen wie Canon und Sony kaum erwähnenswert ist. Das Geschäft in Großbritannien läuft dagegen hervorragend. Laut Absatzzahlen der ersten drei Quartale 2006 von IDG (International Data Group, Boston) ist Vivitar dort mit einem Marktanteil von 12 Prozent an dritter Stelle nach Fuji (12,7 %) und Samsung (12,1 %). Erst an vierter und fünfter Position sind Canon (10,1 %) und Sony (9,8 %) zu finden. Seit rund 55 Jahren ist Vivitar bereits in Großbritannien vertreten, anfangs als Distributor für beispielsweise Fuji und Toshiba. Seit Anfang der 90er Jahre sind die Partner wegen eigener Distributionssysteme nach und nach abgesprungen, und Vivitar hat sich auf die eigenen Produkte spezialisiert. Für deren Vertrieb haben sich Beziehungen aus früheren Zeiten bezahlt gemacht. Der Erfolg in UK ist im Wesentlichen auf eine aggressive Markteroberungstaktik zurückzuführen, die durch Partnerschaften entstanden ist. Die meisten Schlüsselvertriebskanäle wie Walmart, Dixons und Argos konnte Vivitar für sich gewinnen. Das alleine hilft natürlich nicht, ein großer Vorteil von Vivitar-Produkten ist der günstige Preis.

Vivitar ViviCam X30 [Foto: Vivitar]Unter dem Motto "60 years of excellence" und "we make it easy" vertreibt Vivitar erschwingliche Kameras für Anfänger und Fortgeschrittene. Die momentane Range reicht von 5- bis 10-Megapixel-Modellen. Interessanterweise ist das erst seit zwei Tagen vor Weihnachten der Fall. Bis dahin war die US-Website die Original-Vivitar-Seite mit einem Portfolio von VGA-Kameras bis zum 8-Megapixel-Modell 8300s. Jetzt begrüßt einen auf der Startseite der Satz "Vivitar is a Syntax-Brillian Company", damit jeder weiß, wo der Hammer seit neuestem hängt. Informationen, die Vivitar vorher ein Gesicht verliehen haben, wie Fakten über die Firmengeschichte, Corporate News und das Motto "We are the point & shoot people" – ausgelöscht. Die Seite ist geschrumpft, was das Drumherum angeht, aber hinsichtlich der Produkte gewachsen. VGA und alles bis vier Megapixel ist heutzutage kaum mehr verkaufsfördernd. Das haben Vivitar und Syntax-Brillian erkannt und verbessert. Und die Zukunft sieht hinsichtlich weiterer Entwicklungen und Neuheiten rosig aus. Vivitar besitzt ein R&D-Department in Kalifornien und Entwicklungspartner in Taiwan, wo Ideen gesammelt und umgesetzt werden. Den Schwerpunkt setzt Vivitar dabei für das nächste Jahr auf Ausstattung. Das Unterwassermodell ViviCam 6200W ist kurz vor Weihnachten vorgestellt worden, und das übliche optische Dreifachzoom wurde in vielen Modellen auf 6-fach-Zoom erweitert. Dinge, die längst überfällig sind, denn andere Hersteller haben sie seit Langem im Programm. Ein 12-Megapixel-Modell soll zur PMA vorgestellt werden, und der Sprung auf den digitalen SLR-Markt ist nicht ausgeschlossen. Momentan laufen Verhandlungen mit diversen potentiellen Partnern. Fakten gibt es noch keine zu verkünden, außer dass die IFA eine willkommene Plattform für weitere große Neuheiten ist. Zur Zeit der IFA im dritten Quartal 2007 soll dann auch die Niederlassung in Deutschland eröffnet werden. Wo genau, ist noch nicht bekannt. Syntax-Brillian macht die Mittel locker, und statt Einsparungen und Stellenstreichungen, wie das oft bei Firmenübernahmen der Fall ist, wird hier Vollgas gegeben. Abbas Bhanji von Vivitar UK bestätigte gegenüber digitalkamera.de, dass ein Stellenanstieg um 30 Prozent in Europa erwartet wird. Zurzeit arbeiten 26 Leute für das Büro in UK. Damit die Mühen nicht vergeblich sind, müssen wir uns in Deutschland auf harte Marketingstrategien gefasst machen. "Wir werden den deutschen Markt aggressiv angehen, wie wir das in Großbritannien gemacht haben," kündigt Abbas Bhanji an. Da spielt zum einen wieder der günstige Preis eine Rolle. Zum anderen profitieren sowohl Vivitar als auch Syntax-Brillian von den Vertriebskanälen des Partners, die sich im Falle Syntax-Brillian neben dem amerikanischen Kontinent mittlerweile von Weißrussland bis nach Südafrika erstrecken. Durch die Verschmelzung der beiden entsteht ein Multimediakonzern nach dem Beispiel von Sony und Panasonic, wo beide eine erfolgreiche Kamerasparte haben, aber von Playstations bis hin zu HDTVs noch viel mehr geboten wird. Als Einzelkämpfer haben sich Vivitar und Sytax-Brillian ihre Kontakte geschaffen, gemeinsam werden sie sie nutzen. Und die Kamerasparte scheint ein essentieller Bestandteil davon zu sein. "Es ist wichtig, dass wir unsere Kamera- und Fotografiesparte aufrecht erhalten", sagt Abbas Bhanji.

Warum Vivitar gekauft wurde, verrät das Unternehmen nicht. Offensichtlich ist, dass das Portfolio veraltet war und etwas geschehen musste. Syntax-Brillian bringt neue Finanzmittel und neuen Schwung. Und all die wertvollen Partnerschaften, Vivitar vertreibt beispielsweise Filmkameras der Marke Kodak, und Vertriebskanäle schaffen Chancen für Vivitar, sein Fotosegment in Europa auszubauen. Weitere Pläne stehen schon fest. Nach Deutschland gibt es vermutlich ab 2009 zusätzliche Niederlassungen in Italien und Spanien. Wir dürfen gespannt sein. Aber eines ist sicher: Wenn Vivitar kommt, lesen Sie bei www.digitalkamera.de, ob die versprochene Qualität hält, was sie verspricht.

Artikel-Vorschläge der Redaktion