Prophoto-Report
Wie aussagekräftig sind Kameratests?
2005-09-08 In einer vierteiligen Folge von März bis Mai 2005 hat die Prophoto GmbH sich grundlegend und kritisch mit Kameratests in den Fachmedien befasst. Die Frankfurter Prophoto GmbH ist eine Gründung des Photoindustrie-Verbandes e.V. mit derzeit 58 Mitgliedern unter den Herstellern und Importeuren der Feinmechanik und Optik, der Photochemie und -elektronik, des Digital Imaging, der Videotechnik und des Zubehörs. Dieser sieht sich als "Dienstleister im Sinne der Absatzförderung im Amateur- und Profimarkt". Zu den Hauptaufgaben seiner Prophoto GmbH (siehe weiterführende Links unten) zählt die "Förderung der Amateurphotographie und der photokina, die Weltmesse des Bildes". Der Report des Interessen-Verbandes über Testmethoden der Fachmedien soll Verbrauchern den kritischen Umgang mit Kameratests für ihre eigenen Kaufentscheidungen nahe legen. Wir veröffentlichen den ungekürzten Report mit Genehmigung der Prophoto GmbH in digitalkamera.de, einem Fachmedium, das selbst Kameratests durchführt und publiziert, ohne eigene Kommentare. Wir illustrieren den Bericht mit Fotos eines von digitalkamera.de in Zusammenarbeit mit Panasonic Deutschland durchgeführten Tests der neuen Lumix DMC-LZ2 durch Leser von digitalkamera.de an Ferienzielen in aller Welt; zur Identifikation der Testbilder war jeweils das Maskottchen "Sweety" mit abzubilden. (Jan-Gert Hagemeyer)
Im
vergangenen Jahr wurde durchschnittlich pro Tag ein neues Kameramodell
vorgestellt. Der harte Wettbewerb brachte Verbrauchern den Vorteil einer
großen Auswahl, verbunden mit günstigen Preisen. Der Nachteil: Verwirrung
bei der Entscheidung für das richtige Modell. Der Ausweg für viele ist der
Vergleich der Testergebnisse in renommierten Fachmedien. Doch wie sind
solche Tests zu lesen? Was sollten Verbraucher über Tests wissen, um die für
sie richtige Kaufentscheidung treffen zu können?
Verbrauchertests wollen Kaufentscheidungen erleichtern und vor Fehlkäufen
schützen. Sie sollen bei wichtigen Anschaffungen helfen, das optimale
Produkt zu finden. Dazu müssen Tests aussagekräftig, zuverlässig und
nachvollziehbar sein. In der Regel kann der Leser von Verbrauchertests davon
ausgehen, dass seriöse Fachzeitschriften und Institute sorgfältig und
verantwortungsbewusst ihre Messungen vornehmen, so dass an der Richtigkeit
dieser Messdaten kaum Zweifel bestehen. Allerdings tauchen bei der Auslegung
und Wertung dieser Messungen starke Unterschiede auf. So werden
Funktionalität und Verarbeitung von den Testinstitutionen unterschiedlich
gewichtet und viele Eigenschaften, wie etwa Design und Handhabung, subjektiv
gewertet. Kaum Erwähnung findet der zu erwartende Service, falls trotz aller
Qualitätskontrollen das Produkt nicht den versprochenen Standard erfüllt.
Die Artikel dieser Beitragsreihe sollen Verbrauchern helfen, aus der
Mischung subjektiver und objektiver Urteile eine individuelle, auf ihre
Bedürfnisse bezogene Kaufentscheidung treffen zu können.
Äpfel mit Birnen
Basis aller aussagekräftigen Testversuche ist die Vergleichbarkeit der
getesteten Produkte. Würden Autotester Michael Schumachers Ferrari mit einem
Golf GTI vergleichen, würde möglicherweise der Ferrari die Bestenliste der
Tester anführen, obwohl er beim TÜV nicht einmal eine Verkehrszulassung
bekäme. Ein Megapixel Photohandy würde den Vergleich mit einer Digitalkamera
mit gleicher Pixelzahl nicht bestehen, obwohl sein Funktionsumfang weit über
den der Kamera hinausgeht.
Kameras haben die Aufgabe, Daten für technisch einwandfreie Photos zu
liefern. Multifunktionsgeräte, wie zum Beispiel Kamerahandys, müssen einen
optimalen Kompromiss zwischen Bildqualität und den Funktionen der Sprach-
und Bildkommunikation liefern. Das beste Photohandy ist also das Produkt,
bei dem Bildqualität und Kommunikationsfunktionen sich optimal ergänzen. Es
wird aber niemanden überraschen, wenn ein Kamerahandy mit mittlerer
Bildqualität und hervorragenden Kommunikationseigenschaften in einer
Photozeitschrift schlechter abschneidet als vielleicht bei den Testern einer
auf Mobiltelefone spezialisierten Zeitschrift.
Digitale Kameras sind technologisch hoch entwickelte Werkzeuge zur
Bilderstellung. Die Qualität eines solchen Werkzeugs zeigt sich darin,
welche Ergebnisse sich mit welchem Aufwand, welchen Vorkenntnissen und
welchen Kosten realisieren lassen. Tester teilen daher sinnvoller Weise die
Kameras, die sie testen und vergleichen wollen, auch nach den Ansprüchen
ein, die sie an das Können der Anwender stellen. Jemand, der schnelle
Schnappschüsse ohne photographische Vorkenntnisse machen möchte, wird mit
einem hochwertigen, komplexen Spiegelreflexsystem vermutlich weniger
zufrieden stellende Ergebnisse erzielen als mit einer vollautomatischen
Kompaktkamera. Dennoch werden Tester die SLR-Bildqualität gegebenenfalls
höher bewerten als die einer Kompaktkamera. Um objektiv gültige Aussagen
machen zu können, müssen die Testanordnungen und Verfahren zudem über einen
längeren Zeitraum wiederhol- und vergleichbar sein.
Kriterien für die Bildqualität – Farbwiedergabe
Wenden wir uns der Farbwiedergabe zu, einem der Testkriterien. Farbe ist
nicht messbar. Mit Messungen kann höchstens der Sinneseindruck mathematisch
beschrieben werden. Zudem sagt eine messtechnisch richtige Farbwiedergabe
wenig darüber aus, ob sie dem Betrachter gefällt. Im Gegenteil, oftmals wird
sie sogar als unschön empfunden. Farbtöne, von denen wir in unserer
Erinnerung eine ganz bestimmte Vorstellung haben, sind beispielsweise
Hauttöne, das Himmelsblau oder das Grün der Vegetation. Diese
Farbvorstellungen haben meist nur wenig mit der Realität zu tun und sind
obendrein ethnisch und regional recht verschieden. So haben Japaner andere
Vorstellungen von einer optimalen Hauttonwiedergabe als Afrikaner, Europäer
oder Amerikaner. Ob ein Bild jemandem gefällt oder nicht, ist daher kaum
objektivierbar. Aus diesem Grund bedarf es langjähriger Erfahrung seitens
der Kamerahersteller, die mit der Kamera erfassten Farben für den Anwender
angenehm erscheinen zu lassen. Daraus ergibt sich für Tester und Hersteller
ein Teufelskreis: Kameras, deren angenehme Farbwiedergabe Kunden zufrieden
stellen, werden häufig bei objektiven Messverfahren abgewertet. Eine als
angenehm empfundene Farbwiedergabe ist nur mit großem zeitlichen und
personellen Aufwand aufzuspüren. Derartige Tests lassen sich nur innerhalb
eines einzigen Testdurchgangs evaluieren, da physiologische und
psychologische Bedingungen sonst nicht vergleichbar sind. Eine langjährige,
objektive Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist auch deshalb schwer möglich,
weil für einen relevanten Test auch Motive in der Natur herangezogen werden
müssten. Doch dafür lassen sich wiederum keine vergleichbaren Bedingungen
schaffen. So stützen sich die meisten Tester auf möglichst realitätsnahe
Testaufbauten im Studio, wo unter kontrollierten wiederholbaren Bedingungen
photographiert werden kann. Die dort erzielten Ergebnisse werden meist mit
dem Original verglichen - mit Farbtafeln, bunten Gegenständen mit kniffligen
Strukturen und Oberflächen, mit Dingen, wie sie so in der Natur eigentlich
nicht vorkommen. Über die zu erwartende Qualität unter realistischen
Bedingungen, beispielsweise von Photos bei Sonnenlicht, blauem Himmel und
mit grüner Vegetation, sagen sie wenig aus. Gültige Aussagen über die
Farbgebung von Portraits bei Tageslicht oder mit Blitzlicht sowie von
Landschaftsaufnahmen bei Sonne oder bedecktem Himmel lassen sich so nicht
machen.
Um aussagekräftige Tests zur Farbwiedergabe einer Digitalkamera machen zu
können, sollten daher nicht die Kamera und die mit ihr erstellten Daten,
sondern die daraus resultierenden Bilder, sprich die Prints und die
Bildschirmdarstellung, untersucht werden. Das macht tausende von Aufnahmen
nötig, die unter realen, praxisnahen Bedingungen photographiert und in
tagelanger visueller Begutachtung durch Experten beurteilt werden müssten -
denn nicht Messwerte sind entscheidend, sondern der subjektive visuelle
Vergleich.
So sind beispielsweise Kameras, die Hautfarben realistisch wiedergeben,
kaum gefragt. Meist wünschen sich die Menschen in den verschiedenen
Erdteilen eine Wiedergabe, die meist diametral von der Realität abweicht. In
Asien wünschen sich die Menschen eine Magenta-lastige, keinesfalls gelb
wirkende Wiedergabe. In Mitteleuropa sollte sie gelber und dunkler, aber auf
keinen Fall magentastichig sein. In Südeuropa wünscht man sich einen
helleren Hautton, und in Afrika sollte er ebenfalls heller und gelber sein.
Erst durch die analoge Umsetzung mittels Monitor oder Printer werden
digitale Photos sichtbar. Die Farbwiedergabe dieser Geräte sollte für Tests
den höchsten Qualitätsanforderungen entsprechen und regelmäßig kalibriert
und ICC-profiliert werden.
Zwar ist eine messtechnische Beurteilung der Farbwiedergabe wichtig für
die objektive Vergleichbarkeit und Wiederholbarkeit, doch ob diese
messtechnisch korrekte Farbwiedergabe dem Kunden auch gefällt, kann nur in
praktischen Versuchen, mit realen Photos und mit viel Erfahrung festgestellt
werden. Die messtechnisch richtige Abbildung der Realität wird
erfahrungsgemäß selten als schön empfunden und ergibt keinesfalls
automatisch auch gute Prints.
Für Photoabzüge, die dem Kunden gefallen, müssen zahlreiche Optimierungen
der Bilddatei vorgenommen werden, die oftmals schon in der Kamera ablaufen.
Dazu gehören Gradationsaufsteilung, Belichtungskorrektur,
Farbstichkorrektur, Schärfung, lokale Dichte-, Gradations- und
Farbkorrekturen.
Um eine digitale Aufnahme – die auf eine brillante Darstellung am Monitor
optimiert wurde – auf Papier, das einen wesentlich geringeren Kontrastumfang
besitzt, stark reflektiert und durch Streulicht zusätzliche Kontrasteinbußen
erwarten lässt, optimal drucken zu können, muss der Brillanz- und
Sättigungseindruck mit – teilweise auch lokalen – Gradationskorrekturen
simuliert werden. Alle messbaren Eigenschaften eines Bildes beschreiben nur
Teilaspekte der Aufnahmequalität. Zahlreiche für die Bildqualität relevante
Faktoren sind nicht messbar. Tests, die sich ausschließlich auf Messdaten
stützen, sagen daher wenig über die Leistung von Digitalkameras in der
Praxis aus. Hinzu kommt, dass die Bildqualität auch nur einen Teilaspekt der
Leistungsfähigkeit einer Digitalkamera darstellt. Um Kameras und ihre
Bildqualität bewerten zu können, ist daher zusätzlich zu verlässlichen und
wiederholbaren Messdaten Expertenwissen unabdingbar.
Kriterien für die Bildqualität – Schärfe, Auflösung und Kontrast
Wesentliche Faktoren, die zur Bildqualität einer Digitalkamera beitragen,
sind neben der Farbwiedergabe auch der Kontrast, die Schärfe und die
Detailzeichnung. Alle diese Qualitätsmerkmale werden entscheidend
beeinflusst von der Charakteristik des Sensors, der Abbildungsleistung des
Objektivs und der Leistungsfähigkeit des nach geschalteten
Bildverarbeitungsprozessors. Das optimale Zusammenspiel all dieser
Komponenten ist ausschlaggebend für das Bildergebnis, dessen Qualität
wiederum nur zum Teil die Leistungsfähigkeit einer Digitalkamera beschreibt
und wenig darüber aussagt, wie einfach oder umständlich dieses Ergebnis
erzielt wird. So gesehen sind Tests, die nur das Ergebnis messen, ebenso
wenig aussagekräftig wie solche, die sich nur auf Einzelfunktionen berufen
und dabei das Ergebnis, sprich die endgültige digitale Bilddatei
beziehungsweise ihre Wiedergabe auf dem Bildschirm oder auf dem Papier
vernachlässigen. Wichtig für die Beurteilung einer Digitalkamera ist auch
die Angabe, für welchen Zweck sie eingesetzt werden soll. Es wird sich wohl
kaum lohnen, eine hoch auflösende Spiegelreflexkamera zu kaufen, wenn nur
Schnappschüsse im Format 10 x 15 cm oder die Darstellung auf dem Fernseher
oder Videoprojektor das Ziel sind. Für hochwertige Fachabzüge im
Postkartenformat werden heute nicht mehr als drei Millionen Pixel benötigt,
wenn alle übrigen Parameter stimmen.
Pixel ist nicht gleich Pixel
In der Digitalphotographie kommen unterschiedliche Sensortypen mit
abweichenden Pixeleigenschaften und Anordnungen zum Einsatz. Die Pixel eines
CMOS, CCD, Super-CCD oder Foveon Sensors haben jeweils ihre eigenen Vorzüge
und Nachteile. So variieren ihre lichtempfindlichen Transistoren
beispielsweise in Größe, Form und Empfindlichkeit. Viele Verbraucher
betrachten die Pixelzahl des Kamerasensors noch immer als das wichtigste
Kriterium für die Schärfe. Dabei bleibt im Rennen um die höchste Pixelzahl
oftmals die Bildqualität auf der Strecke. Mehr Pixel heißt nämlich
keineswegs, dass eine Kamera auch bessere oder schärfere Bilder liefert. Es
kann genauso gut das Gegenteil bedeuten. Um die Produktionskosten für die
Bildsensoren zu senken, werden mitunter immer mehr Pixel auf immer kleineren
Chips platziert. Das bedeutet, die Pixel werden kleiner, können daher
weniger Licht einfangen und führen so zu höherem Rauschen. Die Folgen sind
eine geringere Sensorempfindlichkeit sowie ein geringerer Kontrastumfang.
Entscheidend ist also nicht die reine Quantität der Pixel, sondern vielmehr
ihre Qualität und die Qualität der Verarbeitung der mit ihnen gewonnenen
Informationen. Zwar ist eine bestimmte Pixelzahl des Sensors erforderlich,
um eine spezifische Auflösung zu erzielen, allerdings ist diese weder ein
ausreichendes Kriterium für die Auflösung noch für die Schärfe.
Schärfe ist nicht messbar
Als Schärfe wird in der Photographie die Fähigkeit eines optischen
Systems bezeichnet, ein Objekt detailgenau abzubilden. Dabei lässt sich der
Schärfeeindruck eines Photos – der von einer Vielzahl von Faktoren abhängig
ist – mathematisch nicht exakt beschreiben. Neben dem Auflösungsvermögen,
das die Fähigkeit eines optischen Systems beschreibt, feinste, nebeneinander
liegende Details differenziert wiederzugeben, sind die Wiedergabe des
Kontrastumfangs und die Konturenschärfe weitere wichtige Kennzeichen für
Schärfe.
Für die meisten Anwendungen in der Photographie ist das
Wahrnehmungsvermögen der verbindliche Qualitätsmaßstab für Schärfe. Messbare
Werte, die darüber hinausgehen, was das menschliche Auge noch erkennen und
differenzieren kann, bringen dem Photographen keinerlei Nutzen. Das
Auflösungsvermögen einer Satellitenkamera, mit der eine auf der Straße
liegende Zeitschrift aus dem All so photographiert werden kann, dass sich
ihr Inhalt lesen lässt, wird demjenigen, der seine Aufnahmen nur in
Postkartengröße oder auf dem Bildschirm betrachtet, nicht zu schärferen
Photos verhelfen. Ganz gleich ob auf dem Drucker zu Hause oder im Fachlabor
– die Informationen einer digitalen Aufnahme werden bei der Ausgabe auf die
für die gewünschte Bildgröße erforderliche Menge reduziert. Eine große
Anzahl von Pixeln ist nur notwendig, um großformatige Abzüge oder
Ausschnittsvergrößerungen herstellen beziehungsweise digital zoomen zu
können.
Objektiv und Sensorabstimmung
Wichtiges Kriterium für Schärfe und Detailwiedergabe ist die
Abbildungsleistung des Objektivs und damit die Qualität des auf den Sensor
projizierten Bildes. Zusätzlich spielt die Abstimmung der
Objektiveigenschaften auf die spezielle Beschaffenheit des Sensors eine
maßgebliche Rolle für die Qualität der vom Sensor erfassten Bildinformation.
Je besser Sensor und Objektiv miteinander harmonieren, umso wahrscheinlicher
wird ein Ergebnis, in dem die Stärken beider Komponenten deutlich werden. So
gesehen sagen Objektivtests für digitale SLR-Kameras nur in Kombination mit
der Kamera etwas aus, auf deren Sensor und Prozessor die
Abbildungsleistungen abgestimmt wurden.
Unterschiedliche Sensortypen stellen unterschiedliche Anforderungen an
die Beschaffenheit und Charakteristik der Lichtstrahlen eines projizierten
Bildes. So gibt es Sensoren, die beispielsweise durch winzige Linsen auf den
lichtempfindlichen Photodioden auch schräg auftreffende Lichtstrahlen, die
sonst nicht voll erfasst würden, einfangen und so die drohende
Randabschattung ausgleichen. Auch dieses Beispiel zeigt, dass Messungen von
Einzelkomponenten wenig aussagefähig für das zu erwartende Bildresultat
sind. Nur die optimale Abstimmung von hoher Objektiv- und Sensorqualität
lässt – eine ebenso hohe Qualität des Bild erzeugenden Prozessors
vorausgesetzt – ein hochwertiges Ergebnis erwarten.
Kurzer Prozess
Die letzte Station, die ein digitales Photo im Laufe seiner Entstehung in
der Kamera durchläuft, ist der Prozessor, der die vom Sensor erfassten
Informationen schließlich wieder zu einem Bild zusammensetzt. Auch seine
Leistungsfähigkeit hängt von zahlreichen Faktoren ab. So bestimmt seine
Rechenleistung, wie schnell das Ergebnis vorliegt. Für die Qualität des
Bildes allerdings ist die Komplexität der für die Bildbearbeitung
verwendeten Algorithmen zuständig. Die internen Bildverarbeitungsprozesse
vor der eigentlichen Bildausgabe können heute mögliche Schwächen von
Objektiv und Sensor kompensieren, so dass dennoch optimale Ergebnisse
erzielt werden. Das beginnt bei der Vignettierung und reicht über
Verzeichnungen bis hin zu der automatischen Eliminierung von roten
Blitzaugen oder stürzenden Linien bei Aufnahmen von hohen Gebäuden mit
gekippter Kamera. Auch die nachträgliche Anhebung der Schärfe lässt sich in
manchen Digitalkameras durch die interne Bildverarbeitung realisieren.
Entscheidenden Einfluss auf die Schärfeleistung einer Digitalkamera haben
auch die vom Prozessor vorgenommene Kantenkorrektur und Kontrastanhebung.
Die Kantenkorrektur dient zur Steigerung des subjektiven Schärfeeindrucks.
Dieser wiederum hängt unter anderem vom Kontrast kleiner Bilddetails ab.
Neben der angestrebten Erhöhung der subjektiven Schärfe kann die
Kantenanhebung dem Bild jedoch auch eine unnatürliche Wirkung geben. Sie
kann auch zur Folge haben, dass winzige Details des Bildes verdeckt werden.
Je größer der Helligkeitsunterschied kleiner noch sichtbarer Details im Bild
ist, desto höher ist auch der Schärfeeindruck. Die Helligkeitsunterschiede
erleichtern die Wahrnehmung feiner Strukturen und Bilddetails. Dieser
Helligkeitsunterschied wird auch als Kontrast beschrieben. In der Natur gibt
es maximale Helligkeitsunterschiede bis zu etwa 1:1.000.000. Diese Spreizung
vom hellsten zum dunkelsten Punkt einer Szene kann weder mit Film noch auf
photographischem Papier wiedergegeben werden. Auch Sensoren oder Displays
können dies nicht. Filme können einen Kontrastumfang von etwa 1:500
erfassen. Der Sensor einer Digitalkamera erkennt nur eine begrenzte Anzahl
von Helligkeitsstufen. Bei den meisten Kameras dürfen die
Helligkeitsunterschiede nicht mehr als 5 bis 6 Blendenwerte übersteigen, da
sonst weder in den dunklen noch in den hellen Bildpartien Detailzeichnung zu
erkennen ist. Inzwischen gibt es bereits Digitalkameras mit speziellen
Sensoren, die auch größere Helligkeitsunterschiede erfassen können. Vor
allem Überbelichtungen machen den meisten Sensoren zu schaffen. Schon ein
bis zwei Blendenwerte Überbelichtung kann zu Detailverlust in den hellsten
Bildpartien führen. Moderne Sensoren können heute einen Kontrastumfang von
etwa 11 Blenden verkraften.
Eine Anhebung des Kontrasts kann oftmals für die Verbesserung des
Schärfeeindrucks nützlich sein. Bei vielen Kameras werden die Bilddaten
daher bereits in der Kamera automatisch nachgeschärft. Ein zu starkes
Nachschärfen kann sich jedoch auch negativ auf die Bildqualität auswirken.
Überzogene Scharfzeichnung mit einer Überbetonung der Kanten lassen die
Aufnahmen leicht unnatürlich aussehen. Die Beurteilung der Qualität der
automatischen Schärfeanhebung ist daher nur anhand einer großen Anzahl
unterschiedlicher Testmotive subjektiv durch ein geschultes Auge möglich.
Wichtig bleibt daher für die Beurteilung der Bildqualität einer digitalen
Kamera die visuelle Prüfung der Bildergebnisse durch Experten. Dazu sollten
sowohl Ergebnisse aus realen Praxistests als auch von reproduzierbaren
Testmotiven herangezogen werden. Synthetische Testmotive sind allerdings nur
dann sinnvoll, wenn sie auch die Vielfalt der Qualitätskriterien
verdeutlichen und sich nicht auf einige wenige Eigenschaften beschränken.
Kriterien für die Bildqualität – Schärfe und Autofokus
Unter optimalen Aufnahmebedingungen, sprich bei ausreichender
Motivhelligkeit, ruhiger Kamerahaltung oder dem Einsatz eines Stativs sowie
unbewegten Aufnahmeobjekten werden die meisten modernen Kameras der
Mittelklasse nicht nur zufrieden stellende, sondern auch technisch perfekte
Photos liefern. Doch erst die Eignung einer Kamera, überraschende
Situationen auch unter widrigen Bedingungen blitzschnell zu erfassen, macht
sie wirklich praxistauglich. Um eine technisch perfekte Aufnahme schießen zu
können, müssen nämlich vom Anwender oder von der Kameraautomatik zuvor eine
ganze Reihe von Parametern ermittelt und die entsprechenden Einstellungen am
Aufnahmesystem gewählt und eingestellt werden. Testbilder unter
kontrollierten Studiobedingungen geben daher über die Praxistauglichkeit
eines Aufnahmesystems oft nur wenig Auskunft.
Schärfe als Gestaltungsmittel
Um einen Bildpunkt scharf abbilden zu können, muss das Objektiv präzise
auf die Motivebene, in der sich das Hauptobjekt befindet, eingestellt
werden. Würde man die Schärfe rein rechnerisch beurteilen, so dürften nur
die Punkte als wirklich scharf angesehen werden, die sich exakt auf der
Motivebene befinden, auf die das Objektiv scharf gestellt wurde. Diesen
theoretischen Wert aus Millionen unendlich kleiner, auf einer Ebene
liegender Punkte kann das menschliche Auge jedoch nicht mehr differenziert
wahrnehmen. Es nimmt vielmehr auch vor und hinter dieser Ebene liegende
Bildpunkte noch als scharf war, selbst wenn diese nicht mehr punktförmig,
sondern als mehr oder weniger große, unscharfe Scheibchen wiedergegeben
werden, solange deren Durchmesser nicht eine bestimmte Größe übersteigen.
Diese vor und hinter der Schärfenebene liegenden Scheibchen werden in der
Optik als Zerstreuungskreise bezeichnet. Ihre Größe nimmt zu, je weiter sie
sich von der eingestellten Schärfenebene befinden. Den Raum vor und hinter
der eigentlichen Schärfenebene, der vom Auge noch als scharf wahrgenommen
wird, bezeichnet man als die Schärfentiefe. Sie wird von der Blende, der
Brennweite und der Aufnahmedistanz beeinflusst. Bleiben Brennweite und
Aufnahmedistanz gleich, so wird die Schärfentiefe umso größer, je weiter die
Blende geschlossen wird. Umgekehrt verringert sie sich, je weiter man die
Blende öffnet. Bleiben Blenden- und Entfernungseinstellung konstant,
vergrößert sich mit kürzer werdender Brennweite die Schärfentiefe. Bei
gleicher Blende und Brennweite nimmt die Schärfentiefe bei größer werdender
Aufnahmedistanz zu. Aufnahmedistanz und Brennweite wiederum bestimmen, wie
groß ein Objekt auf dem Photo abgebildet wird. Daraus ergibt sich eine
direkte Abhängigkeit von Abbildungsmaßstab, Blende und Schärfentiefe. Je
größer der Abbildungsmaßstab, umso geringer wird die Schärfentiefe.
Ein weiterer Faktor ist das Aufnahmeformat. Die kleineren Sensorformate
in der digitalen Photographie, verbunden mit den geringen Anfangsöffnungen
vieler Superzoomkameras, führen ebenfalls zu einer größeren
Schärfenausdehnung im digitalen Bild. Für die Beurteilung der technischen
Bildqualität spielt die Schärfentiefe nur in den wenigsten Tests eine Rolle.
Für die Praxistauglichkeit, vor allem in Bezug auf die Bildgestaltung, sind
die Steuerungsmöglichkeiten der Schärfentiefe durch Blenden- und
Brennweitenwahl aber sehr wohl wichtig. Die gestalterischen Möglichkeiten,
die sich durch ein Objektiv mit hoher Lichtstärke, verbunden mit einem
größeren Sensor, ergeben, finden in vielen Kameratests kaum Niederschlag.
Schon gar nicht die Qualität der Darstellung der Unschärfe, die auch durch
die Form der Blendenöffnung beeinflusst wird. Je präziser der von den
Blendenlamellen geformte Kreis der Blende, umso gleichförmiger wirkt der
Verlauf der Unschärfe. Doch welcher Tester achtet schon auf die
gestalterisch wichtige Unschärfe?
Automatisch schneller scharf
Unterschiedliche Methoden der automatischen Scharfstellung führen zu
unterschiedlichen Ergebnissen. So sagt die Geschwindigkeit der unter
Studiobedingungen gemessenen Scharfstellung und auch deren Präzision meist
wenig darüber aus, wie eine Autofokussteuerung in der Praxis reagiert. Vor
allem moderne Mehrfeldmessungen für die optimale Entfernungseinstellung sind
schwierig zu beurteilen. Da kann theoretisch die Spotmessung mit variablem
Messfeld zum gleichen Ergebnis führen wie die Mehrfeldmessung, die das Motiv
mit etlichen, im Kameraprozessor gespeicherten Mustern vergleicht und dann
entscheidet, auf welches Detail die Schärfenebene gelegt werden soll. Wie
beurteilt ein Tester Sonderformen der Autofokussteuerung, die anhand der
Hautfarbe Gesichter identifizieren und automatisch darauf scharf stellen?
Wie werden aktive AF-Systeme bewertet, die nur eine geringe Reichweite
haben, wie umgekehrt passive Systeme, die dann versagen, wenn die
Umgebungshelligkeit nicht ausreicht und wie wiederum jene Automatiken, die
sich für Nachtaufnahmen nicht manuell auf Unendlich schalten lassen, etwa
für Photos von einem Feuerwerk oder einer nächtlichen Mondlandschaft? Das
alles sind Fragen, die in der Praxis häufiger auftauchen als unter
reproduzierbaren Bedingungen im Teststudio.
Die Schnelligkeit, mit der eine Kamera die präzise Schärfe findet, ist
zweifellos ein wesentliches Qualitätskriterium. Aber auch hier sind
praxistaugliche Tests eher die Seltenheit. Erst die Vielzahl der
Situationen, unter denen eine Kamera wie schnell und wie exakt scharf
stellt, zeigt ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit. Doch welche
Testverfahren können das leisten?
Schon allein wegen der Forderung der Wiederholbarkeit sind relevante
Testverfahren für die AF-Steuerung, die einen echten Vergleich
unterschiedlicher Systeme sicherstellen, kaum möglich. Ganz schwierig wird
es, wenn es darum geht, wie schnell eine Kamera ein bewegtes Objekt erfasst
– verfolgt und korrigiert sie nötigenfalls die Einstellung noch während der
Auslöseverzögerung bis zur tatsächlichen Belichtung?
Komplexe Testverfahren wären erforderlich, um Autofokussysteme
aussagekräftig zu prüfen. Die Praxis der Tester sieht aber anders aus. Hier
werden ausgewählte, messbare Kriterien praktisch in Form von Stichproben
stellvertretend für alle anderen geprüft. Von dem Ergebnis dieser Prüfungen
werden dann meist Schlüsse auf die Gesamtqualität gezogen – Schlüsse, die
leider oftmals praxisfern und theoretisch sind. Das liegt unter anderem
daran, dass Tester die individuellen Bedürfnisse eines Photographen nicht in
ihre Überlegungen mit einbeziehen können. Es ist nämlich durchaus möglich,
dass für Photographen, die vorzugsweise Nahaufnahmen machen, die
Schnelligkeit des Autofokussystems und die Auslöseverzögerung nicht so
wichtig sind wie beispielsweise der gleichmäßige Verlauf und die saubere
Trennung von Schärfe- und Unschärfezonen.
Kriterien für die Bildqualität – Bildstabilisatoren
Eine der häufigsten Ursachen für unscharfe Bilder ist nach wie vor die
Verwacklung. Als wirkungsvolle Methode zur Reduzierung von
Verwacklungsunschärfen verfügen moderne Kameras inzwischen immer häufiger
über ausgeklügelte Verfahren zur Bildstabilisierung. Diese unterscheiden
sich jedoch nicht nur deutlich in Bezug auf die eingesetzte Technik, sondern
auch hinsichtlich der Wirkungsweise. So werden beispielsweise bei dem einen
Verfahren bestimmte Linsenelemente im Objektiv, bei anderen Methoden der
Bild erzeugende Sensor zum Ausgleich der Bewegung verschoben. Beide Methoden
haben ihre Vor- und Nachteile. Wird der in der Kamera integrierte Chip
verschoben, kann die Bildstabilisierung mit jedem Wechselobjektiv genutzt
werden. Die Anwendung optischer Bildstabilisatoren ist auf das jeweilige
Objektiv beschränkt.
Verfahren zur Feststellung der Effektivität unterschiedlicher Systeme zur
Reduzierung von Verwacklungsunschärfen sind hochkomplex und stehen nur
wenigen Testinstituten zur Verfügung. Selbst dort werden mit hydraulisch
gesteuerten Geräten nur bestimmte, als typisch angesehene und wiederholbare
Kamerabewegungen simuliert. Anhand anschließender Messungen am Ergebnis
werden dann der Grad der Verwacklung beziehungsweise die Stärke ihrer
Unterdrückung oder die Grenzen der Effektivität erkannt.
Nicht einmal die technische Qualität eines Photos wird also
ausschließlich von der Leistungsfähigkeit der eingesetzten Kamera definiert.
Auch sie ist, ebenso wie die gestalterische Qualität, stets von der
Vorgehensweise des Photographen bei der Vorbereitung und Durchführung der
Aufnahme abhängig. Tests werden daher nur Teilaspekte der Eignung eines
Aufnahmesystems bewerten können, aus denen der Anwender selbst – basierend
auf der eigenen oder der Erfahrung von Photographen mit ähnlichen
Anforderungen – schließen muss, ob die Kamera für ihn die Richtige ist.