Halb Actioncam, halb Systemkamera
Z Cam E1: 4K-Videokamera mit Micro-Four-Thirds-Objektivbajonett
2017-06-28 Die Z Cam E1 kam schon 2015 nach einer Crowdfunding-Kampagne auf die Welt. Da der Hersteller aber offenbar direkt nach der Auslieferung das Interesse an dem Produkt verloren hat, war und ist es praktisch unmöglich, Informationen aus erster Hand zu der kleinen Kamera zu bekommen. Für unser Archiv haben jetzt doch einmal die Fakten, so gut es geht, zusammengetragen. Vom Konzept her macht die kleine Wechselobjektiv-Kamera viele Anleihen bei Actioncams: Sowohl das Design als auch die Bedienung sind einer Actioncam weitaus ähnlicher als einer herkömmlichen Foto- oder Videokamera. (Jan-Markus Rupprecht)
Die Z-Cam E1 besitzt ein Micro Four Thirds Bajonett. Seitlich direkt zugänglich ist der Mikrofon-Anschluss (3,5mm-Klinkenbuchse). Unter der Gummiklappe sind Netzteil-Anschluss, USB-2.0-Buche sowie HDMI-Monitor-Anschluss. [Foto: ImagineVision Technology]
Die kleinste Micro-Four-Thirds-Kamera, die jemals auf den Markt kam, ging im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne im Sommer 2015 einmal kurz durch die Presse aber danach wurde es danach ruhig um das Gerät, so ruhig, dass diese Kamera kaum jemand kennt. Wir hatten damals für digitalkamera.de ein Datenblatt angefangen und wollten die Kamera eigentlich ausführlich vorstellen. Aber halbwegs vollständige technische Daten oder Original-Herstellerfotos zu bekommen, war unmöglich, so dass wir das Thema erstmal auf Eis gelegt hatten. Bei der Arbeit an unserer Datenbank tauchte der Hersteller "Z Cam" nun wieder auf und wir haben erneut beim Hersteller angefragt – wieder erfolglos. Mehr als einen Verweis auf die Herstellerwebsite, auf der aber nichts zu holen ist, ist nicht zu bekommen. Aber die schon gemachte Arbeit sollte nicht ganz umsonst sein, und allein fürs Archiv wollten wir diese Kamera aufgearbeitet wissen. Also haben wir nun aus allen möglichen Quellen, so gut es ging, Informationen zusammengetragen.
Von der Z Cam E1 hörte man das erste Mal im Sommer 2015. Damals startete Z Cam (bzw. die dahinter stehende Firma ImagineVision alias Shenzhen Imaginevision Technology Co., Ltd) eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter, um eine winzig kleine Videokamera mit Micro Four Thirds Bajonett und FourThirds-Sensor zu bauen, die als Prototyp schon existierte. Die Kamera wurde in der Berichterstattung oft mit einer GoPro-Actionkamera vergleichen ("Wechselobjektiv-Kamera im GoPro-Format"), was aber völlig am Thema vorbei ist. Erstens ist die Z Cam nicht robust oder wasserdicht und zweitens nur ohne Objektiv ja wirklich super klein (dann aber nicht zu gebrauchen). Von Konzept her ist die Z Cam E1 aber natürlich nicht vorrangig dazu gedacht, dass man damit aus der Hand fotografiert oder filmt, sondern dass diese irgendwo hingebaut und dort fernbedient wird. So gesehen dann doch irgendwie wie eine Actioncam. Zumal eine solche kleine und leichte Kamera natürlich ideal beispielsweise für die Nutzung unter einer Drohne ist, zumal die Kamera Live-Video am HDMI-Ausgang versprach.
Die Z-Cam E1 besitzt auf der Oberseite außer dem OLED-Statusdisplay lediglich den Video-Start/Stopp-Knopf. [Foto: ImagineVision Technology]
Beeindruckend waren aber die Spezifikationen: 4K-Videos sollte das kleine Ding können (2015 war das alles andere als selbstverständlich), das Gewicht war in der Crowdfunding-Kampagne mit 210 Gramm angegeben. Eine nahezu verzögerungsfreie Übertragung des Live-Bilds auf ein Android- oder Apple-Smartphone und eine bequeme Fernbedienung per Smartphone-App gehörten zum Konzept. Die Kamera ist praktisch exakt so hoch, wie das Micro Four Thirds Bajonett im Durchmesser misst, und nur etwas breiter. Die Bedienelemente sind aufs Mindeste beschränkt. Auf der Rückseite gibt es aber immerhin einen 2,5-Zoll-Farbmonitor als Sucher und zur Bedienung der Menüs. Die Preise während der Crowdfunding-Kampagne begannen bei 449 US-Doller, die meisten Unterstützer haben knapp 600 Dollar bezahlt. Über 300.000 US-Dollar kamen dabei zusammen. Als Liefertermin wurde November und Dezember 2015 angepeilt, also wirklich recht kurzfristig nach der bis August 2015 laufenden Kampagne. Und erfreulicherweise kamen die Geräte offenbar auch wie versprochen zur Auslieferung.
Ab diesem Zeitpunkt scheint der Hersteller Z Cam aber jegliches Interesse an dem Gerät verloren zu haben. Z Cam konzentriert sich derzeit offenbar voll auf VR-Kameras und hat eine sehr interessante, leistungsfähige, professionelle VR-Videokamera namens Z Cam S1 im Programm. Die ganze Website und das gesamte Handeln konzentrieren sich auf diese Kamera. Selbst über einen Link aus der Kickstarter-Kampagne zu mehr Informationen über die E1 landet man auf einem Video zur VR-Kamera, nicht aber zur E1. Die Micro Four Thirds Kamera Z Cam E1 wird mehr oder weniger in der Rubrik "Firmengeschichte" geführt. So beklagen Unterstützer der Kickstarter-Kampagne, die ihre Kamera bekommen haben, dass es praktisch keinen Support gäbe. Ein Support-Forum, dass es wohl einmal auf der Hersteller-Website gab, ist verschwunden.
Weil der Akku bei der Z-Cam E1 zwischen Bildsensor und LCD-Monitor sitzt, ist das sonst winzige Gehäuse relativ tief. Unter der Akkufach-Klappe sitzt auch der Steckplatz für die MicroSD-Speicherkarte. [Foto: ImagineVision Technology]
Seit Frühjahr 2016 gibt es die Z Cam E1 auch im allgemeinen Handel. Jedenfalls ein ganz bisschen. Einen Distributor für Europa gibt es nicht. Der Hersteller verweist auf Amazon. Schaut man bei Idealo, findet man einige ganz, ganz wenige weitere Händler, die die Kamera vorrätig haben, auf eBay findet sich sogar ein Media Markt. Der offizielle Preis ist offenbar 799 Euro. Amazon verkauft die Kamera für 713,16 Euro. Der Marketplace-Händler "Maga-Foto", eigentlich Foto Ehrhard, bot die Kamera auf Amazon vor ein paar Tagen noch für 499 Euro an (auf der eigenen Website hingegen für 599 Euro), aktuell ist der günstigste Preis 545 Euro. In dem Preis enthalten sind bereits zwei 2.000mAH-Akkus sowie ein Ladegerät, eine rudimentäre Bedienungsanleitung und natürlich die Kamera selbst. Geladen werden die Akkus in der Kamera. Die Stromversorgung erfolgt nicht über USB, sondern über einen runden Netzgeräte-Stecker. Ein mobiles Laden ist also nicht möglich. Als Speicherkarten verwendet die kleine Kamera MicroSD-Karten, wie sie bei Smartphones oder Actioncams üblich sind. Ein Status-Display auf der Oberseite ergänzt den Monitor. Das ganze Bedienkonzept entspricht eher einer Actioncam.
Gedacht, das muss man deutlich sagen, ist die Z Cam E1 eigentlich als Video-Kamera. "4K Interchangeable Lens Mini Video Camera" nennt der Hersteller das Gerät. Natürlich lassen sich damit auch Fotos machen, aber Anwender beklagen einen sehr langsamen Autofokus. Auch die Ergonomie beim Fotografieren dürfte zu wünschen übrig lassen. Da trifft im Grunde doch auch wieder der Vergleich zu Actioncams. Mit denen kann man auch fotografieren. Aber eigentlich sind die zum Filmen gemacht. Auch Actioncams werden normalerweise irgendwo montiert und nicht aus der Hand bedient. Trotz nur 255 Gramm Gewicht (aktuelle Angabe der Seriengeräte) hat die E1 ein robustes Magnesiumgehäuse. Von der Gehäusetiefe von 5 cm ist fast die Hälfte ein Tubus, an dessen Ende das Objektivbajonett sitzt. Dieser Tubus stellt quasi den richtigen Abstand zum Sensor her. Dass die Gehäusetiefe überhaupt so groß ausfällt liegt daran, dass der Akku bei der E1 zwischen Sensor und LCD-Monitor sitzt. Das eigentliche Kameragehäuse ist komplett kubisch und misst nur etwa 76 x 56 x 30 mm. Damit könnte die Z Cam E1 im Grunde als die kleinste überhaupt jemals gebaute digitale Systemkamera durchgehen – berücksichtigt man die volle Gehäusetiefe von 50 mm, dann ist sie es jedoch nicht (die Panasonic GM1 und GM5 sowie die Pentax-Q-Modelle sind kleiner).
Im Lieferumfang der Z-Cam E1 sind zwei Akkus und ein Steckernetzteil enthalten. [Foto: ImagineVision Technology]
Von der Fotoleistung spricht der Hersteller kaum. Im Innern werkelt ein 16-Megapixel-Sensor im 4:3-Seitenverhältnis, entsprechend macht die Kameras 16-Megapixel-Fotos in diesem Format. Wichtiger bei der E1 ist deren Video-Leistung. Bei 4K im 17:9-Format (auch Cinema-4K genannt) sind 24 Bilder/s drin. Beim üblicheren UltraHD-4K im 16:9-Format sind es 30 Bilder/s. Dabei wir nur der entsprechende Pixelbereich des Sensors ausgelesen, d. h. über die durch das Format bedingte Ausschnittsreduzierung von 4:3 auf 17:9 oder 16:9 wird nur eine Pixelfläche von 4.096 x 2.160 bzw. 3.840 x 2.160 genutzt. Das ist ein durchaus übliches Verfahren, dass z. B. auch die Panasonic GH4 genutzt hat. Durch den Beschnitt verschiebt sich die effektive Brennweite angesetzter Objektive ein klein wenig in Richtung Tele. Neben der hohen 4K-Auflösung beherrscht die Z Cam E1 auch satte 240 Bilder/s in HD-Auflösung. Das ist nicht gerade üblich, auch das kennt man eigentlich eher von Actioncams.
Durch das MicroFour Thirds-Bajonett können an der Z Cam E1 theoretisch alle MFT-Objektive (u. a. von Olympus und Panasonic) an der E1 verwendet werden. Viel Sinn machen natürlich vor allem die kleinen und leichten Objektive, beispielsweise die Pancake-Objektive von Panasonic. Darüber, ob die Fernbedienungsfunktion das Motorzoom steuern können, das einige wenige Objektive haben, ist uns nichts bekannt (der Hersteller schreibt zu dem Thema nichts, wahrscheinlich wird das nicht funktionieren).
Die Z Cam E-1 ist grundsätzlich mit allen Micro-Four-Thirds-Objektiven kompatibel. Am meisten Sinn machen an der kleinen Kamera aber natürlich kleine und leichte Pancake-Objektive. [Foto: ImagineVision Technology]
Die (relativ wenigen) Bewertungen auf der amerikanischen Amazon-Seite sind überwiegend positiv. Zwar hat die Kamera diverse Kinderkrankheiten, die ihr der Hersteller mangels Interesse wohl auch auch nicht mehr austreiben wird. Aber im Großen und Ganzen funktioniert sie ganz gut. Schade eigentlich, dass der Hersteller das Produkt so stiefmütterlich behandelt.