Neues im Land der Speicherkarten
xD-Picture Card offiziell vorgestellt
2002-07-31 Was letzte Woche noch ein "Gerücht" bzw. eine unbestätigte inoffizielle Info war, ist jetzt offiziell. Montag stellten zeitgleich (aber nicht zusammen) die Firmen Olympus und Fujifilm ihren gemeinsam entwickelten und in Zukunft parallel vertriebenen, neuen Wechselspeicherkartenstandard xD-Picture Card vor. (Yvan Boeres, Jan-Markus Rupprecht)
Die geringe Baugröße ist auch eines der Hauptargumente beider
Hersteller, weshalb man unbedingt ein neues Speicherkartenformat brauche.
CompactFlash ist in hohen Kapazitäten erhältlich und hat einen hohen
Marktanteil; hat jedoch ein verhältnismäßig großes Gehäuse. SmartMedia hält zwar ebenfalls einen hohen Marktanteil; ist jedoch in der
Kapazität beschränkt (aufgrund der extrem flachen Bauform auf derzeit 128
MByte). Sollten einmal größere Kapazitäten technisch möglich werden, könnte
es außerdem zu Inkompatibilitätsproblemen kommen, ähnlich wie seinerzeit beim
Sprung von 8 auf 16 MByte. Der ausschließlich von Sony verwendete Memory Stick
ist Olympus und Fujifilm zu proprietär und zu teuer. Bliebe nur noch die
SecureDigital-Card bzw. die MultiMediaCard. Was Olympus und Fujifilm davon
abhält, dieses Speicherkartenformat zu adoptieren, ist offiziell der (noch) geringe
Marktanteil, aber wohl auch die mit diesen Speichermedien verbundenen
Lizenzgebühren. Auch sei die Fertigung der SD-Karten durch die enthaltenen
Mechanismen zum Digital Rights Management (Copyright-Schutzmechanismen) unnötig
teuer; zum Speichern von Bilddaten in einer Digitalkamera
ist diese Technik entbehrlich. Eine in den Abmessungen ultra-kompakte
Karte mit hohen
Speicherkapazitäten, hohen Transferraten und einem geringen Preis würde es
erlauben, die Digitalkameras weiter zu verkleinern und mit Hilfe der
Digitalkamera-Marktanteile von
Olympus und Fujifilm (sowie eventuell anderen potentiellen Partnern) auch dem
neuen Speichermedium große Verbreitung zu verschaffen.
Schauen wir also die Argumente von Olympus und Fujifilm einmal näher an.
Tatsächlich ist die Karte extrem kompakt. Das Schlagwort "extrem"
findet sich übrigens im Namen der Karte wieder: das Akronym xD steht für
"extrem Digital". Die xD-Picture Card ist so klein, dass man schon
sehr gut darauf aufpassen muss, wenn man sie nicht verlieren will.
Glücklicherweise wird die Karte (zumindest bei Olympus) generell mit
einem kleinen Etui im Scheckkartenformat ausgeliefert, in dem sich bis zu sechs
Karten unterbringen lassen. Die extreme Miniaturisierung der xD-Picture Card
soll es erlauben, extrem kleine Digitalkameras zu bauen. Zumindest der Bereich
der Ultrakompakt-Digitalkameras soll mit neuen, noch kleineren Digitalkameras
neu definiert werden. Im semiprofessionellen Bereich ist eine extreme
Verkleinerung der Digitalkameras aus Gründen der Verwacklungssicherheit und
Bedienbarkeit zwar nicht so erwünscht, vermutlich werden beide Hersteller aber
auch dort die xD-Picture Card integrieren – wie heute parallel zu einem Steckplatz
für CompactFlash-Karten.
Hohe Speicherkapazitäten versprechen die neuen Karten auf jeden Fall.
Bereits Anfang September sollen von Olympus Karten mit 16, 32, 64 und 128 MByte
im Handel erhältlich sein. Noch vor Jahresende soll eine 256 MByte-Karte
folgen. Nächstes Jahr folgt dann die 512 MByte-Version und eine 1
GByte-Ausführung ist für Ende 2003 oder Anfang 2004 angedacht. Die
Spezifikation der xD-Picture Card lässt sogar bis zu 8 GByte Speicherkapazität
zu, die später mit Zwischenstufen von 2 und 4 GByte folgen sollen. Durch
ihre vorausschauend geplante Block-Architektur soll es bei der xD-Picture Card
– trotz Fehlen eines Controllers auf der Karte und im Gegensatz zur
SmartMedia-Karte – keine Probleme mit der Abwärtskompatibilität geben. Die
bei Verfügbarkeit einer neuen SmartMedia-Kapazität regelmäßig auf unseren
Seiten erscheinenden Kompatibilitätslisten sollen sich bei xD-Picture Card
also nicht wiederholen, denn Konflikte sind nicht zu erwarten.
Schnell wird die xD-Picture Card ebenfalls sein. Die xD-Karten mit 16 und 32
MByte sollen bereits mit 1,3 MByte pro Sekunde beschrieben und mit 5 MByte pro
Sekunde ausgelesen werden können. Zum Vergleich: Schnelle
CompactFlash-Karten kommen beim Schreiben auf bis zu 1 MByte/s und beim Lesen
auf 3 bis 4 MByte/s. Die xD-Karten ab 64 MByte aufwärts sollen
(bei identischer Lesegeschwindigkeit) beim Schreiben sogar noch einen Zahn zulegen: 3
MByte pro Sekunde sind dann theoretisch möglich. Allerdings räumt Olympus
ein, dass derzeit noch die Digitalkameras selbst den limitierenden Faktor bei
der Schreibgeschwindigkeit darstellen. Aktuelle und in naher Zukunft
erscheinende Modelle werden nicht einmal die 1,3 MByte der kleinen xD-Karten
ausreizen. Zukünftig wird eine schnellere Datenverarbeitung in Digitalkameras
allerdings auch höhere Schreibgeschwindigkeiten ermöglichen, so dass die hoch
angesetzten Werte durchaus Sinn machen.
Auch wenn weder Fujifilm noch Olympus konkrete Preise nennen wollen, spricht
man von Endverbraucherpreisen, die sich in den Preisgefilden von
SmartMedia-Karten bewegen dürften. Dies wohlgemerkt auf dem durchaus etwas
höheren Preisniveau der Marken-Karten, denn xD-Karten kommen zunächst nur von
Olympus und Fujifilm und nicht etwa von den etablierten
Speicherkartenherstellern wie SanDisk oder Lexar oder gar als billige
No-Name-Karten auf den Markt. In welchen Preisregionen sich die Lizenzgebühren
für die potentiellen Partner von Olympus und Fujifilm bewegen, ist eine andere
Sache. Hier differenzieren die beiden Initiatoren des neuen xD-Picture
Card-Standards sehr genau zwischen "Freund" und "Feind". So
darf jeder andere Hersteller gerne und ohne Lizenzgebühren zahlen zu
müssen seine Digitalkameras oder Fotodrucker mit xD-Picture Card-Steckplatz
bestücken. Wer aber selbst xD-Picture Cards fertigen oder unter eigenem Namen
vertreiben will, wird zur Kasse gebeten.
Ob man allerdings etwaige Nachahmer der xD-Picture Card belangen kann, ist
noch nicht ganz klar. Sicher ist, dass das (mikro)elektronische Innenleben der
xD-Picture Card auf marktüblichen Komponenten basiert und somit keinen
speziellen Schutz genießt. Was das Äußere der xD-Picture Card betrifft, meint
Olympus, dass das Design der Karte patentierbar sei. Andere Stimmen lassen jedoch
verlauten, dass das Design nur dann patentierbar wäre, wenn es ein
außergewöhnliches Merkmal besitzt – was bei der xD-Picture Card nicht der Fall
sei. Die Namensrechte (die übrigens Fujifilm hält) an der Bezeichnung "xD-Picture
Card" ließen sich umgehen, indem man die Karte als "xD-kompatibel"
verkauft. Hier wird also die Zukunft zeigen, ob einige Firmen es auf einen
Versuch ankommen lassen werden, xD-Picture Card-Plagiate bzw.
"Nachbauten" herzustellen und anzubieten. Derzeit hat jedenfalls nur
ein einziges Unternehmen, nämlich Toshiba, das Recht xD-Picture Cards
herzustellen (nicht aber unter eigenem Namen zu vertreiben). Verkauft werden die
bei Toshiba gefertigten Karten dann als Olympus- oder Fujifilm-Karten.
Selbstverständlich kann man Olympus-Karten in Fujifilm-Kameras verwenden und
umgekehrt. Bei Olympus tragen die Karten den Produktcode M-XDxxxP (wobei xxx
für die jeweilige Speicherkapazität steht); das P bedeutet, dass die Karten –
wie schon bei SmartMedia – mit einer Funktion versehen sind, die die
hauseigenen Digitalkameras um einen Panorama-Assistenten erweitern. Bei Fujifilm
lautet der Produktcode DPC-xxx, wobei xxx wiederum für die jeweilige
Speicherkapazität steht. An xD-kompatiblen Kameras soll es von Anfang an nicht
fehlen. Schon vor der Photokina wird Fujifilm fünf neue Digitalkameras
herausbringen. Eigentlich wird es sich dabei um bestehende Digitalkameramodelle
mit "aufgebohrtem" SmartMedia-Steckplatz handeln, der alternativ zu
SmartMedia-Karten auch xD-Picture Cards aufnehmen kann. Darunter wird mit
größter Wahrscheinlichkeit auch eine FinePix S304 Zoom sein; die auf der
FinePix 2800 Zoom basiert. Erst auf bzw. nach der Photokina wird Fujifilm dann
mit komplett neuen Digitalkamera-Modellen auf den Markt kommen. Bei Olympus will
man die Photokina abwarten und erst dann neue Digitalkameramodelle vorstellen.
Doch auf der Olympus-Pressekonferenz in Hamburg konnte man bereits den
funktionsfähigen Prototyp einer Kamera mit 2-in1-Slot (xD Picture Card oder SmartMedia) sehen,
dessen Namenszug aber unkenntlich gemacht worden war. Gerüchten zufolge soll auch eine 5
Megapixel-Version der C-40 Zoom mit 2-in-1-Steckplatz mit von der Partie sein.
Auch an Zubehör soll es von Anfang an nicht mangeln. Auf der
Olympus-Pressekonferenz war auch ein Prototyp eines neuen Epson Stylus
Photo-Tintenstrahldruckers zu sehen, der auf dem Stylus Photo 895 aufbaut und
xD-Picture Card-kompatibel ist. Ein externes Dual-Slot-Kartenlaufwerk (xD und
SmartMedia) mit USB 2.0-Schnittstelle wird in verschiedenen Farben (grau bei
Fujifilm, schwarz bei Olympus) und Bezeichnungen (DPC-R1 bei Fujifilm, MAUSB-10
bei Olympus) bereits bei Markteinführung der xD-Picture Card angeboten werden.
Neben einem PC-Card-Adapter werden Olympus und Fujifilm einen
CompactFlash-Adapter im Programm haben, der voraussichtlich ab Oktober auf den
Markt kommen und den Betrieb von xD-Karten in jedem CompactFlash-Steckplatz
ermöglichen wird. Einen Flash Path-Diskettenadapter, wie es ihn für
SmartMedia-Karten oder Sonys Memory Stick gab, wird es für xD-Picture Cards
definitiv nicht geben.
Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, wie das xD-Picture Card-System von den
Konsumenten akzeptiert wird. Olympus und Fujifilm setzen auf einen sanften
Übergang. Das SmartMedia-Format wird deshalb (zumindest vorläufig) nicht
begraben. SmartMedia-Karten werden noch sehr lange weiterhin erhältlich sein
und neue Kameras zunächst alle mit einem 2-in-1-Slot ausgerüstet sein. So wird
beispielsweise Olympus-Kunden, die vielleicht von ihrer bisherigen Digitalkamera
eine stattliche Anzahl an SmartMedia-Karten haben, die Möglichkeit eröffnet,
diese weiter zu verwenden. Andererseits werden dadurch neue Anwender in die Lage
versetzt ihre Neuerwerbung statt mit xD-Karten von Olympus mit billigen
SmartMedia-Karten von NoName-Anbietern zu bestücken. Inwieweit damit ein
Nachteil bei der Speichergeschwindigkeit verbunden ist, werden Tests zeigen. Der
Erfolg der xD-Picture Card dürfte also wesentlich davon abhängen, welche
Vorstellungen die Initiatoren des neuen Standards an die Gewinnmarge beim
Verkauf der Speicherkarten haben. Die Parallele zu Sonys Memory Stick zeigt, das
Sony sein neues Speichermedium zwar zunächst mit sehr attraktiven Preisen im
Markt platziert hat, um positiv im Vergleich mit den etablierten
Wechselspeichermedien abzuschneiden. Später kehrte sich diese Situation um und
Memory Sticks sind bis heute deutlich (etwa 40 Prozent) teurer als SmartMedia
und CompactFlash. Über reine Foto-Anwendungen hinaus eignet sich die xD-Picture
Card aufgrund ihrer geringen Baugröße und ihrer guten Leistungsdaten auch für
PDAs, Mobiltelefone bzw. so genannte Smartphones sowie Audio-Geräte (wie z. B.
Sprachrekorder von Olympus oder MP3-Spieler), so dass wir die weitere
Entwicklung der xD-Picture Card gespannt verfolgen werden.