Adobe Systems

Testbericht: Adobe Systems Lightroom Public Beta 1.1

2006-01-31 Kaum war Apples Postproduction-Tool Aperture auf dem Markt, zog Adobe mit einer öffentlichen Beta-Version von Lightroom für Mac OS X nach – einem Produkt, das wohl aus der "Erbmasse" des kürzlich geschluckten Konkurrenten Macromedia stammt. Lightroom zielt mit seinem Schwerpunkt – dem Sichten und Korrigieren von digitalem Bildmaterial – auf den Workflow des Fotografen und glänzt auf den ersten Blick mit einer schlichten, aber effektiv aufgebauten Oberfläche. Diese ist entsprechend in vier Module für Organisation (Library), RAW-Entwicklung (Develop), Bildschirm-Präsentation (Slideshow) und Druckausgabe (Print) eingeteilt. Ein Schwerpunkt liegt natürlich dank des von Photoshop bekannten Camera-Raw-Moduls auf der Entwicklung von Raw-Aufnahmen.  (Torsten Kieslich)

Neben den “üblichen” Bildbearbeitungswerkzeugen bietet Lightroom auch ein paar vorgefertigte Einstellungen. Kontrasteinstellungen finden sich hier ebenso wie verschiedenen Tonungen oder eine S/W-Umwandlung [Foto: MediaNord]Auf den ersten Blick fallen die Systemanforderungen von Lightroom auf. Das Programm präsentiert sich unerwartet schlank, und zum Betrieb reicht bereits ein G4-Prozessor unter Mac OS X 10.4 (Tiger) aus. Lightroom benötigt mindestens 512 MBytes Arbeitsspeicher, 1 GByte Festplattenplatz und eine Bildschirmauflösung von 1024 x 768 Pixeln. Das von Adobe als "Image Handler" bezeichnete Lightroom lediglich als aufgeräumtes Frontend für das Camera-Raw-Modul zu bezeichnen, wäre zu kurz gegriffen. Lightroom tritt vielmehr als Lösung für das effiziente Sortieren, Katalogisieren, Präsentieren und Drucken digitaler Fotos an. Damit bietet es alle Werkzeuge unter einem Dach, die ein Digitalfotograf für seinen Workflow benötigt.

So weit die Theorie. Aber wie arbeitet es sich jetzt wirklich mit dem Programm? Der erste Eindruck ist viel versprechend. Die Installation verläuft schnell und problemlos, die Oberfläche präsentiert sich sehr aufgeräumt – schon nach wenigen Minuten hat man das Gefühl, mit dem Programm vertraut zu sein. Die Ansicht wird erwartungsgemäß vom virtuellen Leuchttisch dominiert. Rechts oben finden sich die Schaltflächen für die vier Kernmodule Library, Develop, Slideshow und Print, zwischen denen jederzeit mit einem Mausklick hin- und hergewechselt werden kann.

Adobe Lightroom Beta – Die “Library”, der eigentliche Leuchttisch von Lightroom [Foto: MediaNord]Lightroom arbeitet mit einer eigenen "Library", in der die importierten Bilder verwaltet werden. Nach der Auswahl von "File" und "Import" öffnet sich ein Auswahlfenster, in dem einige pfiffige Optionen ausgewählt werden können. So muss die existierende Bildersammlung nicht als Kopie in die Library überführt werden, sondern diese kann mit der Auswahl "Reference files in existing location" an ihrem ursprünglichen Speicherort bleiben. So lassen sich auch Bildübersichten über mehrere Laufwerke hinweg erstellen. Wer seine existierenden RAW-Dateien auch gleich noch in einem kameraunabhängigen Standard vorliegen haben möchte, kann mit dem Befehl Copy photos as Digital Negative" in einem Rutsch seine Bilder in die Library kopieren und in das DNG-Format umwandeln lassen. Der Import selbst geht – je nach Bildanzahl und verfügbarem Arbeitsspeicher – relativ zügig vonstatten. Jedes Bild wird dabei mit einem Vorschaubild auf dem Leuchttisch abgelegt.

Adobe Lightroom Beta – In diesem Menü stehen Ihnen alle möglichen “Entwicklungs”- und “Belichtungs”-Werkzeuge zur Verfügung [Foto: MediaNord]Nach dem Importieren kann man sich seine Bilder auf dem virtuellen Leuchttisch ansehen, der den größten Teil des Programmfensters einnimmt. Hier steht auch eine Lupenfunktion zur Verfügung, die es ermöglicht, Bilddetails in ausreichender Größe zu betrachten. Schon in der Library-Ansicht lassen sich erste Einstellungen der Belichtung, Weißbalance, Sättigung etc. vornehmen. Hier können auch Stichwörter, Bildtitel und Bewertungen angegeben werden. Über diese Angaben kann dann die Bildersammlung bequem sortiert werden.

Nach einem Klick auf "Develop" wird ohne Wartezeit in den Bearbeitungsmodus umgeschaltet. Hier können zahlreiche Einstellungen aufgerufen und alle dazu notwendigen Menüs übersichtlich aus- und eingeschaltet werden. Wird noch etwas mehr Platz benötigt, können die Menüfenster über einen kleinen Pfeil am Rand des Programmfensters ausgeblendet werden. So kann man auch noch gut auf kleineren Bildschirmen, beispielsweise auf dem Laptop, arbeiten. Die zu bearbeitenden Bilder lassen sich bequem aus einer Auswahlleiste am unteren Rand aufrufen.

Slideshow ist der Präsentationsmodus von Lightroom. Hier werden Bildschirmpräsentationen oder PDFs erstellt [Foto: MediaNord]Neben ausführlichen Anpassungen der Gradationskurve, Objektivkorrekturen, HSL-Farben und natürlich Helligkeit, Kontrast, Schärfe und etlichen anderen Optionen können auch Voreinstellungen wie Sepia-Tonung, Graustufenumwandlung oder Kontrast-Voreinstellungen aufgerufen werden. Hier schlägt Lightroom in Sachen Geschwindigkeit Bearbeitungsriesen wie Photoshop um Längen und ist so ein ideales Programm, um schnell und effizient Portfolios zusammenzustellen. Natürlich können die Bilder auch direkt aus Lightroom an Photoshop zur weiteren Bearbeitung übergeben werden. Dazu wird automatisch eine Kopie des Bildes erstellt, so dass das Original unangetastet in der Library verbleibt.

Mit Slideshow können die zuvor ausgewählten Bilder zu einer Bildschirmpräsentation zusammengestellt werden. Komfortoptionen wie die Festlegung von Schatten, Hintergrundfarben, Verläufen und mit anzuzeigenden Bildinformationen ermöglichen hier recht vorzeigbare Ergebnisse. Das “Print”-Menü erlaubt zahlreiche Einstellungen und Extras wie die automatische Einblendung von Dateinamen, Copyrights etc [Foto: MediaNord]Um die Präsentationen weitergeben zu können, lassen sie sich als HTML-, Flash- oder PDF-Dateien speichern oder auf einen FTP-Server laden. Im Prinzip kann man so bereits Minuten nach einem Shooting seine Bilder im Internet präsentieren oder ein PDF-Booklet zur Ansicht der Bilder per E-Mail versenden.

Das Druckmenü von Lightroom macht den Ausdruck der Bilder zu einem Kinderspiel. Zahlreiche Formate vom Kontaktabzug bis zum Format füllenden Druck sind bereits angelegt. Eigene Formate können hier über Schieberegler zur Festlegung von Rändern und Abständen schnell selbst angelegt werden. Auf Knopfdruck werden Zusatzinformationen wie Bildnamen oder Titel automatisch eingeblendet. Besonders angenehm: die Option "Rotate photos automatically to best fit cells". Damit muss man nicht einmal mehr Hoch- und Querformate händisch vorsortieren.

Fazit: Obwohl es sich bei Lightroom derzeit noch um eine Beta-Version handelt, ist deutlich sichtbar, welches Potential in diesem Programm steckt. Durch den schnörkellosen Aufbau findet man sich schnell zurecht, und es macht Spaß, damit zu arbeiten. Laut Adobe soll das Programm in der Final-Version noch im Jahr 2006 (auch für PC) erscheinen. Wir dürfen also gespannt sein.

Kurzbewertung

  • Bildbearbeitungsfunktionen und -effekte integriert
  • setzt auf Adobe-Standards wie Camera Raw
  • bestehende Bilder müssen nicht in die Library kopiert werden
  • übersichtliches Design
  • geringe Anforderungen an Speicher und Bildschirmauflösung
  • keine Schneide- und Drehmöglichkeiten für die Bilder
  • kein Dual-Monitor-Betrieb
  • derzeit nur in englischer Sprache
  •  noch im Beta-Stadium

Artikel-Vorschläge der Redaktion