Bildbearbeitungssoftware für Ambitionierte

Testbericht: Affinity Photo Windows Beta Version 1.5.0.30

2016-11-22 Seit Affinity Photo vor etwas mehr als zwölf Monaten für Apple OS X veröffentlicht wurde, konnte die Bildbearbeitungssoftware nicht nur mehrere Preise gewinnen, sondern auch weltweit Bildbearbeiter überzeugen. Im November legte der Softwarehersteller Serif nach und stellte die öffentliche Beta-Version der ambitionierten Bildbearbeitung für Windows-Systeme bereit. Wir haben uns die Photoshop-Konkurrenz näher angeschaut.  (Harm-Diercks Gronewold)

Um an der Beta teilzunehmen, ist lediglich eine Registrierung auf der Affinity-Photo-Website notwendig (siehe weiterführende Links). Die Installationsdatei ist 277 Megabyte groß. Genaue Systemanforderungen gibt es zwar nicht, aber ein Mehrkernprozessor, mindestens zwei Gigabyte RAM und eine schnelle Festplatte sind ebenso empfehlenswert wie eine schnelle Grafikkarte. Wir haben Affinity Photo auf einem AMD Phenom II X6 mit 3,3 GHz Taktung, acht Gigabyte RAM und einer Samsung SSD sowie einer NVIDIA GeForce GTX 960 getestet.

Die Arbeitsoberfläche von Affinity Photo ist übersichtlich strukturiert. Auf der linken Seite ist die Werkzeugleiste positioniert, und auf der rechten Seite befinden sich drei untereinander angeordnete Fenster. In den Fenstern sind wiederum Reiter positioniert, die zueinander passende Funktionssammlungen beinhalten. Ein Herausstellungsmerkmal von Affinity Photo sind die sogenannten „Personas“. Die fünf in Affinity Photo vorhandenen Personas sind Betriebsarten der Software, die auf einen speziellen Einsatzzweck ausgerichtet sind. Die erste Persona ist die Photo-Persona. Sie enthält alle Funktionen, die der Anwender zum bearbeiten, montieren und manipulieren benötigt. In der zweiten Persona verbirgt sich ein leistungsstarkes „Verflüssigen“-Werkzeug. Die Dritte Persona nennt sich Develop und beherbergt den Rohdatenkonverter. In der vierten und vorletzten Persona dreht sich alles um das Tonemapping von Belichtungsreihen oder Einzelaufnahmen. Die fünfte und letzte Persona ist die Export Persona und beinhaltet alle Funktionen, um Bilder in verschiedene Ausgabeformate zu bringen.

Affinity Photo gehört, wie Photoshop, zu den Programmen, die dem Anwender nicht destruktives Arbeiten erlauben. Ein durchdachtes und dennoch einfaches Ebenensystem bietet in Kombination mit den ebenfalls vorhandenen Maskierungsfunktionen eine umfangreiche „Werkzeugkiste“ für ambitionierte Fotokunstprojekte. Porträtfotografen können auf Werkzeuge zurückgreifen, wie beispielsweise „Schönheitsfehler entfernen“ sowie weitere "intelligente" Retuschewerkzeuge. Auch die bereits erwähnte leistungsstarke Liquify Persona kann sehr gut für Porträt- und Beauty-Fotobearbeitung eingesetzt werden.

Von Haus aus bietet Affinity Photo die Möglichkeit, Belichtungsreihen zu kombinieren, um so ein HDR-Foto zusammenzufügen. Nach dem Zusammenfügen wechselt man lediglich in die Tonmaping-Persona. Je nachdem, wie groß das Bild ist, kann der Wechsel einige Zeit in Anspruch nehmen. Zu beachten ist jedoch, dass man die Bildebene wählt, die auch tatsächlich per Tonemapping-Persona geändert werden soll. Wird eine darunterliegende Ebene ausgewählt, so wird die Änderung unter Umständen nicht sichtbar sein. In der Tonemapping-Persona bietet Affinity Photo verschiedene Voreinstellungen und natürlich manuelle Einstellmöglichkeiten. Auch in dieser Persona steht die Kontrolle über Veränderungen im Bild an oberster Stelle. So finden sich auch hier eine Protokollfunktion sowie die Möglichkeit „Overlays“ in das Bild einzubringen. Overlays arbeiten prinzipiell wie Masken und lassen nur dort Änderungen erscheinen, wo diese Änderungen auch tatsächlich landen sollen.

Weitere Assistenten umfassen einen vollautomatischen Panoramasastitcher und eine Exportfunktion, die in der Lage ist, die Ausgabe der Bilder in verschiedenste Formate zu bringen. Neben JPEG- und Tif-Dateien finden sich auch Photoshop-Dateien (PSD) sowie 32 Bit HDR-Dateien und natürlich das hauseigene Affinity-Photo-Dateiformat. In dieses lässt sich auch das Bearbeitungsprotokoll einbinden, um so das Bild auf einem anderen Rechner mit Affinty Photo weiter bearbeiten zu können. Große Funktionskomplexe zur Bildbearbeitung umfassen Filter für pixelbasierte Ebenen, Ebeneneffekte und es stehen verschiedenste Verrechnungsmethoden für Ebenen zur Verfügung. Wie jede gute Software in der Bildbearbeitung, bringt auch Affinity Photo alles mit, was man für einen professionellen Farbmanagementworkflow benötigt.

Fazit

Unzählige Bildbearbeitungsprogramme versuchen ihre eigene Nische in der von Adobe Photoshop dominierten Bildbearbeitungswelt zu sichern. Softwareentwickler Serif geht mit Affinity Photo einen anderen Weg und rüttelt ganz gewaltig am Thron von Photoshop. Dabei erfindet Affinity Photo das Rad nicht neu, sondern bringt dort Verbesserungen, wo es seit langem notwendig ist und bleibt bei den Dingen, die sich bewährt haben. Durchgehend logisch präsentiert sich dabei der Arbeitsablauf und bleibt jederzeit schnell und kontrollierbar. Zwar ist die Windows Beta nicht fehlerfrei, wir mussten mehrere Abstürze über uns ergehen lassen, dennoch ist das Potential groß und bei einem Preis von knapp 50 Euro ist die Software ein echtes Schnäppchen.

Kurzbewertung

  • Großer Funktionsumfang
  • Durchdachte Funktionen
  • Einfacher Einstieg
  • Niedriger Preis
  • Beta-Version hat noch diverse Bugs

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