Bibble Labs Inc.
Testbericht: Bibble Labs Inc. Bibble Pro 4.8.1
2006-08-16 Nachdem Pixmantecs "RawShooter" von Adobe geschluckt wurde, hat nun "Bibble Pro 4.8.1" von Bibble Labs aus Texas/USA gute Chancen, zum Favoriten unter den RAW-Konvertern von Fremdanbietern zu avancieren. Bibble Labs offeriert deshalb auch geschickt die aktuelle Version des Konverters mit der Möglichkeit der Weiterverarbeitung von RawShooter Settings (Filialdateien), und einen Preisnachlass für Umsteiger gibt es obendrein. Aber auch ohne solche Lockmittel hat Bibble Pro Beachtliches vorzuweisen. (Dr. Bernd Schäbler)
Hervorgegangen ist Bibble Pro aus einer Software, die von Eric Hyman und seinem Team als preiswerte Alternative in Konkurrenz zu einem Nikon-Programm entwickelt wurde. Seitdem ist der Konverter – eigenständiges Programm plus Photoshop-Plugin – recht preisgünstig geblieben, hat jedoch im Funktionsumfang mittlerweile gewaltig zugelegt, und auch durch einige Zusatztools "unter der Haube" lässt Bibble Pro die meisten Konkurrenten weit hinter sich zurück.
Bibble kann RAW-Dateien von über 70 Kameras verarbeiten – im Hintergrund und mit rasanter Geschwindigkeit! – und als 8-/16-Bit TIFF-, JPEG- und 8-/16-Bit PNG-Dateien speichern. Die Hauptstärken der Software liegen in der schnellen Konvertierung, der flexiblen Einrichtung von Stapelverarbeitungsprozessen und den diversen Zusatztools bzw. Plugins, die – zusammen mit den Korrekturwerkzeugen, die man zur Grundausstattung zählen kann – die Nachbearbeitung in einem separaten Bildbearbeitungsprogramm fast überflüssig machen. Wer seine RAW-Dateien in der Regel einzeln bearbeitet und spezifische Korrekturen wie z. B. stürzende Linien in Architektur-Aufnahmen ausgleichen möchte, kann in Photoshop mit Bibbles RAW-Plugin (nachdem das ACR-Modul deaktiviert wurde) die notwendigen Anpassungen vornehmen und anschließend in Photoshop weitermachen. Wer hingegen Arbeiten wie Umbenennen von ganzen Verzeichnisinhalten, Übertragen von ausgewählten Korrekturparametern von einer auf viele andere Dateien, Reduzierung von Bild- und Dateigröße, Erstellen eines Web-Katalogs, Auswahl von Bildern für einen Kontaktbogen oder Zusammenstellung von Dateien aus unterschiedlichen Festplatten- bzw. Archiv-Verzeichnissen in eine Stapelprozess-Gruppe (work queue) zur weiteren Bearbeitung und Abspeicherung vornehmen möchte, bleibt bei der Stand-alone-Version.
Im Folgenden konzentrieren wir uns auf diese: Wer so viele Funktionen anbietet, muss für eine übersichtlich bleibende Bedienoberfläche Sorge tragen. Es gelingt Bibble Labs, beides durch eine flexible, "virtuelle" Einteilung der Arbeitsoberfläche in Felder/panels unter einen Hut zu bringen. Die Vielzahl der Funktionen, die flexible Gestaltung der Oberfläche durch den Benutzer und die Übersichtlichkeit bilden eine gelungene Synthese. Dem Novizen sei der Layout-Assistent sowie die Tastenreihe F6 – F9 empfohlen; wer bereits Fortgeschrittener ist, gar über zwei Bildschirme hinweg arbeitet, kann die Panel-Struktur voll ausreizen und sich "sein Bibble" maßschneidern. Nebenstehende Abbildung zeigt die Wirkung von Taste F7: oben die Menü- und Werkzeugleiste, darunter die Hauptfelder Verzeichnisbrowser und Batchprozesse, Thumbnail-Vorschau und Bildfenster (darunter die EXIF-Informationen zuschaltbar), rechts die Bearbeitungswerkzeuge, über Tabs anwählbar und grob gegliedert in Grundfunktionen, erweiterte Optionen, Details und Schärfe sowie diverse Einstellungen.
Wer die Fülle der Einstellungsmöglichkeiten in Bibble Pro nutzt, kann sich in der Regel einen weiteren Korrekturgang in einer EBV ersparen. Folgende Parameter können – meist über Schieberegler – angepasst werden: Weißabgleich, Farbtemperatur, Belichtung, Sättigung, Brillanz, Kontrast, Schärfe sowie Ausgleich der Tiefen und Lichter; selbstverständlich ist eine kombinierte Histogramm-/Gradationskurvenfunktion vorhanden, und mit der Pipette können Schwarz- und Weißpunkt aufgenommen werden. Dann trumpft Bibble mit einigen Extras auf, und es werden noch weitere folgen, weil Interessierte von Bibble Labs zur Entwicklung von Plugins ermuntert werden: Zunächst genügt bereits ein Klick im Anwahlkästchen, um das Athentech-Tool "Perfectly Clear" zu starten, mit dem Kontrast, Farbe und Schärfe automatisch optimiert werden. Wer häufig mit hohen ISO-Zahlen fotografiert, wird die Rauschunterdrückung Noise Ninja zu schätzen wissen; eine Basisversion ist kostenlos in Bibble integriert, die Erweiterte kann man mit dem Freischaltcode des Herstellers in Betrieb nehmen. Hier ist aber zu beachten, dass sich die Schärfeeinstellungen – einmal mit Bibble und dann über das Noise Ninja-Plugin vorgenommen – ergänzen bzw. überlagern können, was durch eine bessere Plugin-Integration abgestellt werden sollte. Des Weiteren ist das seit der Version 4.8a mitgelieferte Schwarz-/Weiß-Plugin zu nennen, das eine Auswahl und sofortige Sichtkontrolle der unterschiedlichen Farbkanal-Kombinationen erlaubt und außerdem eine nachträgliche zweifarbige Kolorierung zulässt. Zu guter Letzt sorgt ein Korrekturwerkzeug für Abhilfe bei objektivspezifischen Verzerrungen, und auch Farbsäume sowie Randabschattungen können beseitigt bzw. ausgeglichen werden.
Sollte sich jemand bei der Fülle der Korrekturmöglichkeiten um die Authentizität seiner RAW-Dateien sorgen, kann Entwarnung gegeben werden. Den "digitalen Negativen" passiert in Bibble nichts, denn alle Veränderungen werden sofort in so genannten Filialdokumenten (*.bib) parallel gespeichert und lassen die Originale intakt.
Bei einer Umbenennung von Dateien per Stapelverarbeitung werden diese Filialdokumente selbstverständlich ebenso automatisch umbenannt; desgleichen bereits ins JPEG-Format konvertierte Dateien – nicht aber TIFF-Dateien oder etwa Filialdokumente anderer Hersteller wie z. B. Adobe (*.xmp)! Mit Bibble kann man auch keine nach TIFF konvertierten Dateien einlesen und bearbeiten. Dies ist bei der Umbenennung von Bilddateien zu berücksichtigen. RAW-Dateien müssen zuerst unter Beibehaltung des Formats stapelweise umbenannt und dann erst in 8-/16-Bit Tiff-Dateien umgewandelt werden. Die Umbenennung ist sehr flexibel und lässt sich über Variablen-Ketten steuern, die im entsprechenden Dialogfeld editiert werden. Einige Ergänzungen werden manuell eingegeben, und das Programm holt sich dann über die entsprechenden Variablen Informationen aus den EXIF- und IPTC-Daten. Ein Beispiel: "Bildergruppe[DAY][MONTH][YEAR][iso][lens][cseq][oext]" würde bedeuten, dass die Bezeichnung der Bildfolge vor dem Start des Batch-Prozesses manuell eingegeben wird und das Programm sich Datum, ISO-Zahl, Objektiv-Brennweite aus EXIF-Daten holt, die Dateien von 1 bis X durchnumeriert und die ursprüngliche Dateiendung beibehält.
Sollen bestimmte Korrektureinstellungen von einer auf andere Dateien kopiert werden, erstellt man eine Sammlung im Bereich Work Queues, wählt Dateien aus einem oder mehreren Verzeichnissen aus, indem man sie mit einer Kennzeichnung (tag) versieht und kopiert sie in die Sammlung zur Bearbeitung. Auf dieselbe Weise werden Bilddateien in so genannte Print Queues gezogen und können dann vom Konvertierprogramm aus direkt zum Drucker geschickt werden. Schade, dass die Tagging-Option so mager ausfällt, denn man kann gerade mal ein Häkchen setzen und nicht in einem Durchgang gleich mehrere ausgewählte Gruppen bilden.
Fazit: Die Vielzahl der Werkzeuge und Funktionen in Bibble Pro, die sich in der sehr flexibel einzurichtenden Bedienoberfläche widerspiegelt, kommt sicher den Wünschen anspruchsvoller Fotografen entgegen, und durch die Plugin-Schnittstelle wird bestimmt in Zukunft die eine oder andere interessante und nützliche Erweiterung hinzukommen.
Kurzbewertung
- Batch-Processing für Umbenennen, Kopie von Korrektureinstellungen, Ausdrucken
- zahlreiche Korrekturwerkzeuge und Plugins
- schnelle Konvertierung im Hintergrund
- gutes Preis-/Leistungs-Verhältnis
- Multilanguage-Version (Programmbedienung und Hilfefunktion) wäre wünschenswert
- Tagging-Funktion sollte erweitert werden
- simultane Präsentation von Vorher-/Nachher-Ansichten wäre bei Korrekturen hilfreich
- TIFF-Dateien können nur erstellt, aber nicht gelesen werden
- Verträglichkeit von Plugins und Hauptprogramm sollte genauer geprüft werden