Camera Bits

Testbericht: Camera Bits Photo Mechanic 4.4

2006-02-08 "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte" – das ist ein oft bemühter Spruch. Doch wie mit Worten die Bilder auf der Festplatte finden, wo doch der Bildinhalt in Pixeln beschrieben ist? Ohne Verschlagwortung geht hier gar nichts. Der Bildbrowser Photo Mechanic ist ein Spezialist in diesem Metier und bei vielen Sport- und Agenturfotografen die erste Software, mit der ihre frisch geschossenen Aufnahmen in Kontakt kommen.  (Mike Schelhorn)

Photo Mechanic 4.4.1.1 ist ein Bildbrowser für Digitalkamerabilder in den Formaten RAW, JPEG und TIFF und zusätzlich PSD, dessen Schwerpunkt auf dem Editieren von deskriptiven Bildinformationen liegt. In anderen Worten: Das Programm hat seinen Bearbeitungsschwerpunkt im Erstellen, Auszeichnen und Verwalten von Textinformationen für Kamera-Bilddaten sowie der Bildsuche anhand dieser Stichwörter und Bildbeschreibungen. Die für Digitalbilder üblichen "Container" für solche Textinformationen sind dabei EXIF, IPTC und mit zunehmender Bedeutung auch XMP, das Metadatengerüst von Adobe. Nun gibt es auch viele andere Programme, die die Verschlagwortung beherrschen, beispielsweise Adobe Bridge, Canto Cumulus oder iView Media Pro. Viel Konkurrenz also für ein Programm, das außer Bilder zu sichten, bewerten, sortieren und verschlagworten auf den ersten Blick sonst nichts Weiteres kann. Doch das Funktionsprinzip von Photo Mechanic ist klar und auf praktische Alltagsbedürfnisse abgestimmt. Nicht umsonst nutzen mehr als zwei Drittel der US-amerikanischen Sportfotografen und Nachrichtenagenturen (bei denen alles schnell gehen muss) diese Software des Herstellers Camera Bits.

Photo Mechanic 4.4 – Ingest  [Foto: Mike Schelhorn]Seinen Haupteinsatz findet Photo Mechanic bereits beim Transferieren der Aufnahmen von der Speicherkarte der Kamera zur Festplatte des Computers. Bei diesem Vorgang kann der Anwender schon im Voraus eine IPTC-Schlagwortvorlage vorbereiten. Beim Transfer werden diese IPTC-Informationen dann automatisch den übertragenen Bilddaten als Metadaten angehängt. In einem "Ingest" (zu deutsch etwa "Aufnehmen", "Einverleiben") benannten Dialog wählt man die Speicherkarte als Ausgangsverzeichnis; auf Wunsch lässt sich dabei die auf der Karte vorhandene Ordnerstruktur auflösen, so dass nur die Bilddateien übertragen werden. Als Zielordner können gleich zwei verschiedene Verzeichnisse gewählt werden, so speichert man gleich beim Import der Bilddateien diese als Backup auf einem weiteren Volume. Neben der Umbenennung der Dateinamen kommt nun auch die oben erwähnte IPTC-Schlagwortvorlage ins Spiel. Mit der dafür aktivierten Option werden die IPTC-Metadaten den transferierten Bilddaten einverleibt oder als XMP-Dateien den Bildern zugeordnet. Dies macht soweit Sinn, wie man alle auf der Speicherkarte vorhandenen Aufnahmen zusammen verschlagworten kann, beispielsweise Fotograf, Copyright oder CreditsPhoto Mechanic 4.4 – IPTC Stationary  [Foto: Mike Schelhorn]. Eine Besonderheit der IPTC-Schlagwortvorlage ist es, dass man hier auch EXIF-Informationen als Variablen herauslösen und in die IPTC-Informationen übertragen oder zur Dateiumbenennung verwenden kann. Damit lässt sich beispielsweise das Aufnahmedatum in den Dateinamen einbeziehen. Nach der Übertragung und ersten IPTC-Auszeichnung der Bilddaten kann man nun einzelne Bilder oder Sequenzen mit weiteren Schlagworten versehen. Das ist zwar arbeitsaufwändig, aber für Profifotografen oft unerlässlich. Photo Mechanic bietet dafür jedenfalls mehr Komfort und Tempo als viele andere Lösungen zur Verschlagwortung, und das große Dialogfenster mit Aufklappmenüs für häufig verwendete Stichwörter ist sehr komfortabel.

Als Bildbetrachter ist Photo Mechanic sehr schnell (PM_Contactsheet.jpg). Seine Kontaktabzüge zeigen die Bilddateien vorhandener Ordner auf den verfügbaren Laufwerken, allerdings werden dabei Inhalte von Unterordnern nicht mit angezeigt. Geht man mit dem Mauszeiger auf eine Bildvorschau, kann man das Bild rotieren (jedoch nur für die Vorschau), markieren, das IPTC-Stichwort-Dialogfenster aufrufen oder eine vergrößerte Vorschau aktivieren. Seit Version 4 sind die Vorschaubilder skalierbar, und auch die allermeisten RAW-Dateiformate werden flott angezeigt. Letzteres liegt daran, dass Photo Mechanic die in den meisten RAW-Formaten eingebetteten JPEG-Vorschauinformationen extrahiert. Bei einigen RAW-Formaten, beispielsweise von der Olympus C-8080 WZ, treten dabei jedoch Probleme auf. Größer skalierte Vorschaubilder erscheinen hier grob pixelig, und die integrierte Diashow liefert nur Briefmarken-Bildchen ab. Bei RAW-Bildern von Fujifilm, Canon oder Nikon sind wir hingegen auf keine Anzeigeprobleme gestoßen.

Photo Mechanic 4.4 – Doppel Preview  [Foto: Mike Schelhorn]Zum Werten und Sortieren stellt Photo Mechanic zwei Prinzipien bereit: Bilder lassen sich markieren ("taggen") oder mit einem Farbcode für gute bis schlechte Aufnahmen auszeichnen. Entsprechend diesen Kriterien lassen sich so gewertete Bilder gezielt anzeigen. Ebenfalls nützlich zum Sortieren und Auswählen ist die Vergleichsanzeige zweier Bilder, die man alternativ zur vergrößerten Vorschau wählen kann. Hier ruft man auch einen externen Editor wie Photoshop auf, wenn es darum geht, die Pixel und nicht die Metadaten zu bearbeiten. Immerhin: Neben der Rotation beherrscht Photo Mechanic auch das Beschneiden von Bildern. Bildausgabe und Export umfassen das Pflichtprogramm eines Bildbrowsers: Neben der bereits erwähnten Photo Mechanic 4.4 – Contactsheet  [Foto: Mike Schelhorn]Diashow sind gedruckte Kontakt- und Einzelabzüge möglich oder der Export als HTML-Bildergalerie. Daneben lassen sich Bilder direkt aus Photo Mechanic per E-Mail oder FTP verschicken.

Photo Mechanik 4.4 ist wohl das mächtigste und schnellste Programm zu IPTC-Verschlagwortung und -Auszeichnung von Digitalkamerabildern und zudem ein schneller Bildbrowser. Das Programm hat fast alles an Bord, was man – abgesehen von der Pixelbearbeitung – benötigt und zudem einige Finessen wie die umfassenden Variablen-Optionen. Macintosh-Anwender profitieren zudem von der integrierten Spotlight-Suche, deren Ergebnisse als programmeigene Kontaktabzüge angezeigt werden. Im Fotografen-Workflow bietet sich Photo Mechanic an erster Stelle im Verbund mit einem Pixeleditor und einer Bilddatenbank an. Das Update-Tempo der Entwickler ist übrigens sehr schnell, so etwa alle sechs Wochen erscheint ein neues Release. Einen ersten Eindruck kann man sich anhand der 20 Tage voll funktionsfähigen Demoversion verschaffen. Zu wünschen wäre vordringlich eine deutschsprachige Version und ein etwas günstigerer Preis.

Kurzbewertung

  • geringe Systemanforderungen
  • schnell und bequem
  • umfassender IPTC-Editor
  • Preis
  • viele EXIF-Daten werden nur nach Export zu IPTC angezeigt
  •  ungenügende Vorschau bei einigen RAW-Formaten

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